JudikaturOLG Wien

33R81/21f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. November 2021

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Schutzzulassung der österreichischen Marke Nr. 309175 (Wortbildmarke „LOFT COLLECTION“) über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 29.3.2021, WM 130/2020 2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteigt insgesamt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

1. Im Widerspruchsverfahren stehen einander folgende Marken gegenüber:

2. Die Antragstellerin brachte in ihrem Widerspruch vor, dass zwischen der angegriffenen Marke und den Widerspruchsmarken sowie den angegebenen Dienstleistungen beider Marken Verwechslungsgefahr bestehe.

3. Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Widerspruchs und bestritt die Verwechslungsgefahr.

4. Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung den Widerspruch ab. Die angegebenen Dienstleistungen seien zwar als ähnlich und teils als ident zu beurteilen. Die Marken seien aber nach dem Gesamteindruck nicht als ähnlich einzustufen, weil sie sich in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht ausreichend voneinander unterscheiden würden.

5. Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss zu ändern, dem Widerspruch stattzugeben und die Registrierung der angegriffenen Marke aufzuheben.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt .

6. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

6.1. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [T4]; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 10 Rz 397 ff mwN).

Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482). So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon, Rz 17).

Die Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN). Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).

6.2. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 10 Rz 416 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt ( quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26). Dabei sind die unterscheidenden und dominierenden Elemente der einander gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RS0117324), ebenso wie der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp, ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) .

Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson ; Om 6/11, revölution ; RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro ; Om 9/04, McCruise ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RS0066749; RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

6.3. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Für die Ähnlichkeitsprüfung ist damit insbesondere auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen (RS0117324, RS0066753 [T9]; C 251/95, Sabel/Puma) . Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Klang, Bild oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Anderes gilt aber dann, wenn der Wortbestandteil weder unterscheidungskräftig und/oder prägend noch im Vergleich zum Bildbestandteil auffälliger ist (RS0066779 [T17, T20]).

6.4. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv ; 17 Ob /08h, Feeling/Feel ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s ; RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr aber nur dann, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones ; RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RS0079033 [T26]).

6.5. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz3 § 30 Rz 10 f mwN). Die Verwechslungsgefahr ist somit eine Rechtsfrage und grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RW0000786).

7. In Anwendung dieser Grundsätze teilt das Rekursgericht die Ansicht der Rechtsabteilung, dass sich die Widerspruchsmarken und die angegriffene Marke trotz der Ähnlichkeit und teilweisen Identität der angegebenen Dienstleistungen ausreichend voneinander unterscheiden, sodass keine Verwechslungsgefahr besteht.

7.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Wortbestandteil „LOFT COLLECTION“ für sich allein weder ein prägender Bestandteil der angegriffenen Marke ist noch im Vergleich zum Bildbestandteil auffälliger wäre. Dies gilt umso mehr für dessen ersten Teil, den Begriff „LOFT“, den es mit den Widerspruchsmarken gemeinsam hat. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke wird vielmehr von ihrer farblichen Gestaltung und vom Zusammenwirken ihrer charakteristischen Bildelemente, nämlich der drei äußeren Kreise, der Ornamente und des Wolkenkratzers im Zentrum, mit dem Wortbestandteil „LOFT COLLECTION“ geprägt. Die angegriffene Marke ist insofern mit jenen Zeichen vergleichbar, welche der Entscheidung 4 Ob 152/17g, Mozart-Kugel, zugrunde lagen. Schon aufgrund des vor allem durch die farbliche Gestaltung und die Bildbestandteile geprägten Gesamteindrucks unterscheidet sich die angegriffene Marke deutlich von den Widerspruchsmarken, sowohl den Wort- als auch der Wortbildmarke. Der im Rekurs besonders betonte Umstand, dass die einander gegenüberstehenden Marken den gemeinsamen Wortbestandteil „LOFT“ haben, begründet vor diesem Hintergrund – ungeachtet der Ähnlichkeit und/oder Identität der Dienstleistungen – keine Verwechslungsgefahr.

7.2. Für die Antragstellerin wäre aber auch nichts gewonnen, wollte man die Wortbestandteile der hier zu beurteilenden Zeichen in den Vordergrund stellen: Vom Wortklang und Wortbild her unterscheiden sich „ALOFT“ oder „ALOFT HOTELS“ einerseits und „LOFT COLLECTION“ andererseits ausreichend deutlich. Gemeinsam ist ihnen nur „LOFT“, das bei den Widerspruchsmarken die zweite Silbe, bei der angegriffenen Marke aber die erste Silbe bildet; in der letzteren ist ihr „COLLECTION“ nachgestellt. Dass „LOFT“ in allen Marken denselben Wortsinn hat, kann hier für sich noch keine Verwechslungsgefahr begründen: Das Publikum wird den Begriff „LOFT“, wie schon die Rechtsabteilung im Kern hervorgehoben hat, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch als Hinweis auf eine großzügig angelegte Wohnräumlichkeit verstehen und davon ausgehen, dass verschiedene Anbieter von Dienstleistungen der Klasse 43 diesen Begriff in ihre Marken aufnehmen, um auf die besondere Dimension ihrer Räumlichkeiten hinzuweisen.

7.3. Auch das weitere Argument der Antragstellerin, „LOFT“ sei für Hotels und Bars ein Fantasiebegriff – damit zielt sie augenscheinlich darauf ab, diesen Markenbestandteil im Rahmen des beweglichen Systems der Prüfung der Verwechslungsgefahr als besonders kennzeichnungskräftig darzustellen –, überzeugt das Rekursgericht nicht: Schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird das Publikum „LOFT“ ohne komplizierten Nachdenkprozess als Hinweis auf besonders großzügig angelegte Wohnräumlichkeiten verstehen und somit eine gedankliche Verbindung zu den hier zu beurteilenden Dienstleistungen herstellen. Gerade für die Dienstleistungen der Klasse 43 ist „LOFT“ somit im Ergebnis bestenfalls durchschnittlich, eher noch unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig.

7.4. Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf somit im Ergebnis keiner Korrektur.

8. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000 übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG iVm § 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG).

9. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880 [Ermessensspielraum]; RS0066779 [T24]), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

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