JudikaturOLG Wien

21Bs406/20i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
29. Juli 2021

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Krenn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Mag. Maruna und Mag. Meysel als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen DDr. A* B* ua Beschuldigte wegen §§ 12 zweiter Fall, 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerden des C* gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien, AZ 333 HR 151/19d, vom 16. November 2020 (ON 1059), sowie je vom 26. November 2020 (ON 1070 S 71 und ON 1071 S 71) sowie über die jeweils damit verbundenen Einsprüche wegen Rechtsverletzung gegen die jeweilige Anordnung und Durchführung der mit den genannten Beschlüssen bewilligten Durchsuchungen von Orten durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 18. November 2020 (ON 1036 S 35 verso) sowie je vom 26. November 2020 (ON 1070 S 71, ON 1071 S 71) nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Den Beschwerden und den damit verbundenen Einsprüchen wegen Rechtsverletzung wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (im Folgenden kurz: WKStA) führt gegen DDr. A* B* und weitere Beschuldigte ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des schweren Betrugs und anderer strafbarer Handlungen, das zunächst aufgrund einer Sachverhaltsdarstellung des Landes Burgenland vom 15. Jänner 2019 (ON 2) eingeleitet, infolge weiterer Sachverhaltsdarstellungen und Ermittlungsergebnisse sukzessive auf weitere Beschuldigte ausgedehnt wurde und zusammengefasst Malversationen im Zusammenhang mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit von drei Bauvereinigungen gemäß § 35 WGG durch die Burgenländische Landesregierung in den Jahren 2009 bis 2016 (betreffend die G* GmbH, vormals: I* m.b.H., in weiterer Folge kurz: G*) und 2015 bis 2016 (betreffend die „L*“ J* m.b.H. [seit 7. September 2015 „L*“ M* m.b.H.], in weiterer Folge kurz: L*, und die O* „P*“ Gesellschaft m.b.H. [seit 19. Dezember 2015 Wohnungsunternehmen „P*“ Gesellschaft m.b.H.] (in weiterer Folge kurz: P*) zum Gegenstand hat.

Unter den Beschuldigten befinden sich auch die Geschäftsführer der G*, Q* sowie Mag. D*, jeweils wegen des Verdachts nach §§ 146, 147 Abs 3, 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall, 12 dritter Fall StGB (Q* auch wegen des Verdachts nach § 33 Abs 1 FinStrG) sowie der Geschäftsführer der L* und der P*, Mag. E*, wegen des Verdachts nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall; 163a Abs 1 Z 1 StGB, DDr. F* und H* als Aufsichtsräte der G* jeweils wegen des Verdachts nach §§ 12 dritter Fall, 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall StGB, Dr. J* als faktischer Geschäftsführer, Aufsichtsratsvorsitzender und Vertreter der G*, L* und P* sowie Dr. K* als faktischer Geschäftsführer und Vertreter der G*, L* und P* sowie als Aufsichtsratsvorsitzender der G*, je wegen des Verdachts nach §§ 12, 146; 147 Abs 3 StGB (gegen Dr. K* auch wegen § 147 Abs 1 Z 1); 153 Abs 1 und Abs 3 zweiter Fall, 163a Abs 1 Z 1 StGB sowie gegen die L* wegen des Verdachts nach § 3 Abs 1 Z 1 und 2 und Abs 2 VbVG.

Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurde der Beschwerdeführer, der bei den genannten gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des WGG (§§ 5, 28 und 29 WGG) die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsgebarung in den für den Tatverdacht relevanten Zeiträumen geprüft hatte, aufgefordert, sämtliche bezughabende Unterlagen herauszugeben. Da der Revisionsverband dies unter Hinweis auf das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO - sowohl persönlich durch den Wirtschaftsprüfer Mag. M* anlässlich dessen Vernehmung als auch schriftlich mittels ablehnender Stellungnahme des Vertreters des Revisionsverbandes (ON 1010 S 15 und 19 ff) - ausdrücklich verweigerte, beantragte die Staatsanwaltschaft die gerichtliche Bewilligung der Durchsuchung der Räumlichkeiten des Revisisionsverbandes samt allfälliger dazugehöriger Keller und Dachbodenabteile sowie Archive an den Adressen V** Straße (ON 1036) und M**straße ** (ON 1070), je in **, sowie R** Straße ** in ** (ON 1071). Mit den angefochtenen Beschlüssen vom 16. November 2020 (ON 1059 iVm ON 1036) und je vom 26. November 2020 (ON 1070 S 71 und ON 1071 S 71) bewilligte die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien die beantragten Durchsuchungen von Orten, die mit Verfügung vom 18. November 2020 (ON 1036 S 35 verso), sowie vom 26. November 2020 (ON 1070 S 71 und ON 1071 S 71) angeordnet und am 26. November 2020 durchgeführt wurden (siehe den Anlassbericht zur Durchsuchung der Räumlichkeiten des Beschwerdeführers vom 4. Jänner 2021, ON 1128).

Gegen die bewilligenden Beschlüsse der Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien richten sich die rechtzeitigen Beschwerden des Revisionsverbandes, die mit Einsprüchen wegen Rechtsverletzung gegen die Anordnung und Durchführung der bewilligten Maßnahmen gemäß § 106 Abs 2 StPO verbunden wurden (ON 1092).

Darin bringt der Revisionsverband zusammengefasst vor, dass Revisoren, der Revisionsverband, ihre Gehilfen, die bei der Revision mitwirkenden gesetzlichen Vertreter des Revisionsverbands oder eine Prüfungsgesellschaft gemäß § 10 Abs 1 GenRevG zur Verschwiegenheit verpflichtet seien und diesen daher gemäß § 157 Abs 1 Z 2 StPO ein Recht zur Aussageverweigerung zukomme. Gemeinnützige Bauvereinigungen würden gemäß § 28 WGG in Verbindung mit § 1 Abs 1 GenRevG durch einen unabhängigen und weisungsfreien Revisor geprüft. Dieser werde durch einen Revisionsverband bestellt und dürfe nur ein eingetragener Revisor, ein beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, eine Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft, ein beeideter Buchprüfer und Steuerberater oder eine Buchprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft sein. Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ergebe sich das Recht zur Aussageverweigerung daher bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 157 Abs 1 Z 2 StPO. Allerdings seien auch eingetragene Revisoren, die nicht gleichzeitig Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater sind, Wirtschaftstreuhändern gleichgestellt, weil der Revisor wie der Wirtschaftstreuhänder als Jahresabschlussprüfer tätig werde.

Zudem sei zu beachten, dass der Revisionsverband neben der Revision auch die Beratung, Betreuung und Vertretung seiner Mitglieder vor Abgabenbehörden wahrnehmen kann und somit auch zwischen dem Revisionsverband und seinen Mitgliedern ein schützenswertes Vertrauensverhältnis bestehen könne. Auch aus diesem Grund könne sich der Revisionsverband auf das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO berufen, wofür auch spreche, dass nach § 157 Abs 1 StPO auch Fachärzte für Psychiatrie, Psychotherapeuten, Psychologen, Bewährungshelfer, eingetragene Mediatoren nach dem Zivilrechts Mediations Gesetz und Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur Psychosozialen Beratung und Betreuung zur Aussageverweigerung berechtigt seien.

Die Sicherstellung und Beschlagnahme von Unterlagen oder auf Datenträgern gespeicherten Informationen beim Beschwerdeführer sowie die Vernehmung seiner Hilfskräfte oder der von ihm auszubildenden Personen sei daher unzulässig und durch das Umgehungsverbot des § 157 Abs 2 StPO abgesichert, weshalb die gerichtliche Bewilligung einer Hausdurchsuchung durch die WKStA sowie die Anordnung und die Durchführung der Hausdurchsuchung das Umgehungsverbot verletzen und somit gegen Art 8 EMRK verstoßen würden.

Letztlich sei die Durchsuchung im Hinblick darauf, dass auch mit Sicherstellung hätte vorgegangen werden können, unverhältnismäßig, weshalb beantragt werde, die bewilligenden Beschlüsse (ON 1059, 1070 und 1071) sowie die Anordnungen der WKStA (ON 1036, ON 1070 und ON 1071) zur Gänze aufzuheben und die sichergestellten Unterlagen herauszugeben.

Rechtliche Beurteilung

Weder den Beschwerden noch den Einsprüchen wegen Rechtsverletzung kommt Berechtigung zu.

Nach § 119 Abs 1 StPO ist die Durchsuchung von Orten im Sinne des § 117 Z 2 lit b StPO unter anderem zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort wie hier relevant Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind. Sicherzustellen sind Gegenstände aus Beweisgründen, zur Sicherung privatrechtlicher Ansprüche und zur Sicherung einer vermögensrechtlichen Anordnung (§ 110 Abs 1 Z 1 bis 3 StPO). Grundvoraussetzung für eine Durchsuchung von Orten ist daher ein Anfangsverdacht in dem Sinne, dass bestimmte Anhaltspunkte vorliegen müssen, aus denen geschlossen werden kann, dass eine strafbare Handlung begangen wurde (§ 1 Abs 3 StPO).

Für die in Rede stehende Maßnahme reicht grundsätzlich ein einfacher Verdacht einer strafbaren Handlung aus, der sich auch nicht gegen die Person richten muss, die von der Durchsuchung betroffen ist. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich an der geschützten Örtlichkeit Gegenstände befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind, und dass deren Bedeutung für die Durchsuchung nachvollziehbar ist. Solcherart steht der Umstand, dass weder der Revisionsverband noch einer der für ihn tätigen Revisoren von der WKStA als Beschuldigter geführt wird, den in Rede stehenden Durchsuchungen nicht entgegen.

Weiters ist eine Durchsuchung stets auf konkrete Gegenstände auszurichten, die für das Strafverfahren gebraucht werden und daher sicherzustellen sind. Das sind in erster Linie Beweismittel für ein Strafverfahren, und zwar Gegenstände, die unmittelbar zur Aufklärung des Sachverhalts beitragen, zB in Wirtschaftsstrafsachen Vertragstexte, Protokolle von Besprechungen, Liefernachweise etc; sicherzustellen sind aber auch Sachen, die bloß einen Hinweis auf Beweismittel im engeren Sinn enthalten, und zwar ein Adressbuch, aus dem sich Hinweise auf Zeugen ergeben, oder ein Computer, auf dem weiterführende Informationen gespeichert sind ( Tipold/Zerbes , WK StPO § 119 Rz 4). Eine Durchsuchung kann jede natürliche oder juristische, verdächtige oder unverdächtige Person treffen, die als Inhaber das Hausrecht über die Räume hat, in denen die Behörde Gegenstände oder Spuren sucht, oder die das Grundstück, die sonstigen Räume, das Fahrzeug oder das Behältnis inne hat ( Tipold/Zerbes , WK StPO § 119 Rz 9).

Geschützte Örtlichkeiten und Gegenstände dürfen nur durchsucht werden, wenn bereits vor dem Eingriff ein begründeter Verdacht vorliegt, dass sich die gesuchten Gegenstände dort befinden. Der begehrte Gegenstand muss somit zumindest seiner Art nach konkretisiert sein. Bei der Suche nach Geschäftsunterlagen Bilanzen, Vertragsabschlüssen, Kontoauszügen etc wird keine allzu genaue Festlegung erforderlich sein. Dafür reicht es aber, wenn etwa die Bücher einer bestimmten Zeitperiode oder die Unterlagen zu einem konkreten Auftrag gesucht werden, wobei Tatsachen vorliegen müssen, aus denen vertretbar geschlossen werden kann, dass sich der gesuchte Gegenstand in den betroffenen Räumen befindet. Auch die Bedeutung der Gegenstände für die Untersuchung muss nachvollziehbar sein, andernfalls ist die Hausdurchsuchung unzulässig (vgl Tipold/Zerbes , WK StPO § 119 Rz 17 ff). Schließlich müssen Durchsuchungen von Orten sowohl in ihren Voraussetzungen als auch in ihrer Durchführung verhältnismäßig sein ( Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 119 bis 122).

Sämtliche dieser Voraussetzungen liegen für die mit den angefochtenen Beschlüssen bewilligten Durchsuchungen von Räumlichkeiten vor:

Die Bewilligung kann sich zunächst auf einen ausreichenden Tatverdacht der Begehung einer gerichtlich strafbaren Handlung durch zahlreiche Beschuldigte stützen. Zu diesem - von den Beschwerdeführern im übrigen auch nicht bestrittenen - Tatverdacht gegen DDr. A* B* und zahlreiche weitere Beschuldigte ist auf die ausführliche Darstellung des Tatverdachts in objektiver und subjektiver Hinsicht und seiner Begründung in den bekämpften Beschlüssen bzw Anordnungen (ON 1059 iVm ON 1036 S 2 bis S 34, ON 1070 bis 1071 S 2 bis 34) zu verweisen, der das Rechtsmittelgericht im Rahmen seiner reformatorisch zu treffenden Entscheidung (RIS Justiz RS0129396) beitritt und die hier als wiedergegeben anzusehen ist (RIS Justiz RS0124017).

Da der Revisionsverband die gemeinnützigen Bauvereinigungen G*, L* und P* in den relevanten Tatzeiträumen geprüft hat, ist davon auszugehen, dass an den Adressen, an denen der Revisionsverband entweder Büros betreibt oder Lagerräume hat, konkrete Gegenstände, nämlich Unterlagen zu finden sind, die für das Strafverfahren gebraucht werden und daher sicherzustellen sind. Der Zweck der Durchsuchung geht aus dem die Durchsuchung bewilligenden Beschluss deutlich hervor und die gesuchten Gegenstände werden durch ausdrückliche und genaue Auflistung vor dem Eingriff hinreichend konkretisiert (jeweils Punkt II./ der ON 1070, 1071 und 1059 in Verbindung mit 1036).

Die Durchsuchung war auch geeignet, ihren Zweck zu erreichen, weil zu erwarten war, dass durch die Einsichtnahme in die sicherzustellenden Unterlagen des Revisionsverbandes in den relevanten Tatzeiträumen weitere Erkenntnisse zu in strafrechtlicher Hinsicht relevanten Fragen gewonnen werden konnten, etwa dazu, wie weitreichend der Informations- bzw Wissensstand der Beschuldigten in den maßgeblichen Tatzeiträumen tatsächlich war und wer noch in die Malversationen eingebunden gewesen ist. Damit hängt wiederum die Beurteilung der subjektiven Tatseite untrennbar zusammen, und damit auch die Beantwortung der Fragen nach der Wissentlichkeit des Befugnismissbrauches bzw dem Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz, insbesondere aber auch danach, wer seitens der gemeinnützigen Bauvereinigungen mit den Revisoren des Revisionsverbandes kommuniziert hat und welche Informationen dabei an den Revisionsverband weitergegeben wurden. Von den gesuchten Gegenständen war daher berechtigt zu erwarten, dass sie den gegen die Beschuldigten bestehenden Verdacht entweder erhärten oder aber auch entkräften könnten.

Wenngleich weder der Revisionsverband noch für diesen tätige Personen im gegenständlichen Ermittlungsverfahren von der WKStA als Beschuldigte geführt werden und daher besondere Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der bekämpften Durchsuchungen in ihren Räumlichkeiten zu stellen sind, so erfolgte der Eingriff angesichts der dargestellten umfangreichen und weitreichenden Malversationen mit einem Schaden in Millionenhöhe für das Land Burgenland und der Zerschlagung von drei großen gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften im überwiegenden öffentlichen Interesse an deren Aufklärung.

Der strafprozessuale Eingriff stand den Beschwerdeausführungen zuwider auch in einem angemessenen Verhältnis zur damit verbundenen Rechtsgutbeeinträchtigung (Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn), gegen welche das Gewicht der Straftat, der Grad des Verdachts und der angestrebte Erfolg aufzuwiegen sind. Angesichts des das Gewicht der nach der Verdachtslage begangenen Straftat indizierenden Strafrahmens von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe (sowohl nach § 147 Abs 3 StGB als auch nach § 153 Abs 3 StGB), der gegen zahlreiche Beschuldigten bestehenden Dringlichkeit des Tatverdachts und der hohen Relevanz der durch die Durchsuchung zu erlangenden Gegenstände und Spuren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit an den betroffenen Orten zu erwarten waren, ist die Zweck-Mittel-Relation jedenfalls zu bejahen (vgl Wiederin , WK StPO § 5 Rz 80 ff).

Dem Einwand des Beschwerdeführers, eine Durchsuchung seiner Räumlichkeiten stelle eine Verletzung des Art 8 EMRK dar, ist zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer weder darlegt noch sonst erkennbar ist, weshalb die mit der Durchsuchung zweier Büroräumlichkeiten und eines Lagers verbundene Beeinträchtigung derart groß gewesen sein soll, dass diese nicht durch die Möglichkeit zur Aufklärung des dringenden Verdachts der Begehung qualifizierter und mit einer Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bedrohter Verbrechen, durch die Schäden von jedenfalls mehreren Millionen Euro entstanden sein sollen, aufgewogen wird. Im vorliegenden Fall konnte die Beeinträchtigung den anwesenden wenigen Mitarbeitern (siehe den Anlassbericht der Kriminalpolizei vom 4. Jänner 2021, ON 1128) daher durchaus zugemutet werden.

Ebenso wenig kann dem Beschwerdeargument gefolgt werden, die Durchsuchung sei im Hinblick auf die Möglichkeit gelinderer Mittel, und zwar der bloßen Anordnung zur Sicherstellung, unverhältnismäßig gewesen. Der Revisionsverband ist gemäß § 121 Abs 1 StPO zuvor ausdrücklich um Ausfolgung der bezughabenden Unterlagen ersucht worden und hat dies, vertreten durch den Wirtschaftsprüfer Mag. M*, anlässlich dessen Vernehmung als Zeuge (ON 1010 S 1 und 15 f) und mit schriftlicher Stellungnahme vom 7. Oktober 2020 (ON 1010 S 19 ff) ausdrücklich verweigert.

Da sich zudem die Begründung sowohl für die Relevanz der aus Beweisgründen gesuchten Unterlagen und den Verdacht, dass diese in den Räumlichkeiten des Beschwerdeführers zu vermuten sind, als auch für die Verhältnismäßigkeit der Durchsuchungen in hinreichender Weise in den angefochtenen Entscheidungen findet (ON 1070 und 1071, je S 34 f sowie ON 1059 iVm 1036 S 34 f), ist diese auch in formaler Hinsicht nicht zu beanstanden.

Soweit sich der Beschwerdeführer für die Unzulässigkeit der Durchsuchungen auf ein ihm bzw einem der für ihn tätigen Revisoren zukommendes Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO beruft, ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 157 Abs 1 Z 2 StPO sind Verteidiger, Rechtsanwälte, Patentanwälte, Verfahrensanwälte in Untersuchungsausschüssen des Nationalrats, Notare und - hier relevant - Wirtschaftstreuhänder über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist, zur Verweigerung der Aussage berechtigt.

Dazu ist festzuhalten, dass das Recht, die Aussage als Zeuge zu verweigern, bereits aufgrund der konkreten Ausgestaltung dieser Norm nur natürlichen Personen zukommt, weil nur solche als Zeugen vernommen werden können. Der Beschwerdeführer vermag als juristische Person demzufolge das Recht, die Aussage zu verweigern, für sich nicht in Anspruch zu nehmen.

Zutreffend verweist der Beschwerdeführer zwar darauf, dass nach Abs 2 leg cit das Recht einer im § 157 Abs 1 Z 2 StPO genannten Person, die Aussage zu verweigern, bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden darf, unter anderem nicht durch Maßnahmen im Bereich einer Haus oder Personsdurchsuchung. Da das Aussageverweigerungsrecht der in § 157 Abs 1 StPO bezeichneten Personen aber als Recht der dort Genannten höchstpersönlicher Natur ist und (anders als § 321 Abs 1 Z 3 ZPO) nicht der Disposition anderer unterliegt (EBRV StPRefG 205; RIS Justiz RS0092167, RS0105932; Schmölzer/Mühlbacher , StPO § 157 Rz 3), kann der Revisionsverband, der die Vertretung der bei ihm tätigen bzw der konkret mit der Prüfung der G* und der L* sowie der P* befassten Revisoren nicht behauptet, die Zulässigkeit der Durchsuchung seiner Räumlichkeiten nicht unter Berufung auf dieses Recht bekämpfen (13 Os 124/97). Auch auf die Umgehung kann sich nur derjenige berufen, dem das Recht auf Aussageverweigerung zukommt.

Die Beschwerdeausführungen zum Aussageverweigerungsrecht des Revisionsverbandes bzw der für diesen tätigen Revisoren und einer daraus resultierenden Unzulässigkeit der bekämpften Beschlüsse, Anordnungen und deren Durchführung sind selbst in dem hier nicht vorliegenden Fall der Revisionsverband vertrete die für ihn tätigen Revisoren und habe mit seinen Beschwerden und Einsprüchen das diesen zukommende Aussageverweigerungsrecht zulässig für diese geltend gemacht, nicht im Recht:

Der konkret in § 157 Abs 1 Z 2 StPO genannte entschlagungsberechtigte Personenkreis ist seit langem in der StPO verankert: Die schon in der Stammfassung enthaltene Zeugnisbefreiung von Verteidigern wurde durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1971, BGBl 1971/273, auf Rechtsanwälte und durch die Strafprozessnovelle 1972 BGBl 1972/143, auch auf Notare und Wirtschaftstreuhänder ausgedehnt. Erst mit der Strafprozessnovelle 2008 wurden auch die Patentanwälte berücksichtigt und erst seit 1. Jänner 2015 zählen auch die Verfahrensanwälte in Untersuchungsausschüssen des Nationalrats zum entschlagungsberechtigten Personenkreis nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO (BGBl 101/2014; Kirchbacher/Keglevic , WK StPO § 157 Rz 10 mwN).

Das Zeugnisverweigerungsrecht des Wirtschaftstreuhänders hat seine Wurzeln in seiner möglichen Stellung als Rechtsbeistand oder seiner unterstützenden Tätigkeit auch im gerichtlichen Finanzstrafverfahren. Seit 1. August 2018 sind zwar nur mehr Steuerberater zur Vertretung und Unterstützung in Abgabenangelegenheiten vor Finanzstrafbehörden vertretungsbefugt (EBRV 190 BlgNR 26. GP 57; § 77 Abs 1, § 199 Abs 1 FinStrG). Da § 157 Abs 1 Z 2 StPO allerdings weiterhin ausdrücklich allen Wirtschaftstreuhändern ein Aussageverweigerungsrecht (allerdings nur soweit sie rechtsberatend und vertretend tätig sind) zugesteht, ist § 157 Abs 1 Z 2 StPO diesbezüglich nicht einschränkend auszulegen ( Kirchbacher/Keglevic , WK StPO § 157 Rz 15). Den Beschwerdeausführungen ist daher zuzustimmen, dass es auf eine formale Vertretungsbefugnis in einem Straf oder Finanzstrafverfahren was allerdings das Erstgericht als ausschlaggebend ansieht (ON 1059 S 6) nicht ankommen kann.

Auf eine berufsrechtliche Verschwiegenheitspflicht allein kommt es für die grundsätzliche Zulässigkeit der Inanspruchnahme des Aussageverweigerungsrechtes nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO aber ebenfalls nicht an, weshalb es irrelevant ist, dass auch Revisoren, der Revisionsverband und ihre Gehilfen sowie die bei der Revision mitwirkenden gesetzlichen Vertreter des Revisionsverbands oder einer Prüfungsgesellschaft nach § 10 Abs 1 GenRevG zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Andernfalls kämen sämtlichen Berufsgruppen, denen eine Verschwiegenheitsverpflichtung auferlegt ist, das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 StPO zu.

Auch die konkrete Gestaltung der Verschwiegenheitspflicht (die für die in § 157 Abs 1 Z 2 StPO genannten Wirtschaftstreuhänder in § 91 WTBG und für Revisoren in § 10 Abs 1 GenRevG geregelt ist) ist dafür nicht maßgeblich. Denn ob Angehörige der im § 157 Abs 1 Z 2 StPO explizit aufgezählten Vertrauensberufe als Zeugen im Strafprozess ihre Aussage verweigern und Sachbeweise für sich behalten dürfen, richtet sich allein nach der StPO und nicht nach den berufsrechtlichen Verpflichtungen zur Verschwiegenheit. Denn die berufsrechtlichen Normen (§ 9 Abs 2 RAO, § 37 Abs 3 NO; § 91 Abs 3 WTBG) ordnen sich den jeweils verfahrensspezifischen Interessen unter, indem sie auf das Verfahrensrecht zurückverweisen. (vgl Stricker , Der Berufsgeheimnisträger als Zeuge, ÖJZ 2015/44, 315; Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 110 bis 115 Rz 19; 16 Os 15,16/91, Arnold , AnwBl 1992, 409; Probleme eines Wirtschaftsstrafverfahrens, JBl 1991/3, 198 f).

Letztlich verbietet sich sowohl nach dem klaren Wortlaut des § 157 Abs 1 Z 2 StPO, in dem weder der Revisionsverband noch für diesen tätige Revisoren genannt sind, als auch mit Blick auf den Umstand, dass der Aufnahme jeder einzelnen Berufsgruppe in diese Bestimmung sorgsame Abwägungen und Diskussionen vorangingen und die Aufzählung als taxativ anzusehen ist, deren exzessive Ausdehnung auf weitere Berufsgruppen. Weder dem Revisionsverband noch für ihn tätigen Revisoren kommt daher per se ein Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO zu.

Hinsichtlich der Frage, wer überhaupt zum entschlagungsberechtigten Personenkreis zu zählen ist, ist zunächst auf die Berufsberechtigung abzustellen (11 Os 28/90, Probleme eines Wirtschaftsstrafverfahrens, JBl 1991, 198 f; Mag. Dr. Carina Urban, MBA , Die Verschwiegenheitspflicht der Wirtschaftstreuhandberufe: Ein Abriss, ÖStZ 2012/522). So kommt das in § 157 Abs 1 Z 2 StPO statuierte, hier relevante Zeugnisverweigerungsrecht der Wirtschaftstreuhänder ausschließlich den in § 1 WTBG genannten Berufsgruppen der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu (RIS-Justiz RS 0097709 - wenngleich zur Vorgängerbestimmung des § 152 Abs 1 Z 2 StPO), wobei das WTBG detailliert regelt, welche Voraussetzungen letztlich für die öffentliche Bestellung und damit die Berufsberechtigung gemäß § 5 WTBG als Steuerberater bzw Wirtschaftsprüfer erforderlich sind (siehe § 8 WTBG ff). Nur wer diese Voraussetzungen erfüllt, kann sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht des § 157 Abs 1 Z 2 StPO berufen.

Wenngleich die Beschwerdeausführungen insofern zutreffend sind, als der durch den Revisionsverband zu bestellende Revisor, der die Gemeinnützige Bauvereinigung gemäß § 28 WGG iVm § 1 Abs 1 GenRevG von sich aus zu prüfen hat, gemäß § 3 Abs 1 GenRevG neben einem eingetragenen Revisor unter anderem auch ein beeideter Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, eine Wirtschaftsprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft, ein beeideter Buchprüfer und Steuerberater oder eine Buchprüfungs und Steuerberatungsgesellschaft – und darunter somit zur Aussageverweigerung Berechtigte - sein können, so hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt und ist auch sonst nicht zu erkennen, dass im konkreten Fall, und zwar für die Prüfung der G*, der L* und der P*, tatsächlich ein solcher, die Voraussetzungen des WTBG erfüllender Wirtschaftsprüfer eingesetzt war und er – als dessen Vertreter - für diesen das Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO in Anspruch nehmen will.

Hinzu kommt, dass das in der StPO normierte Aussageverweigerungsrecht der explizit in § 157 Abs 1 StPO genannten Berufsgruppen nicht nur hinsichtlich des Personenkreises, sondern auch thematisch begrenzt ist. Da das Zeugnisverweigerungsrecht der StPO den Sinn hat, den Klienten vor verfassungswidrigem Zwang zur Selbstbelastung und damit das verfassungsgesetzlich gesicherte Recht des Beschuldigten auf seine Verteidigung und die Vertrauenssphäre zwischen Vertreter und Vertretenem zu schützen ( Kirchbacher/Keglevic , StPO § 157 Rz 9 mwN und § 246 Rz 63f; Fabrizy/Kirchbacher , StPO 14 § 157 Rz 10), nicht aber Beweise im Strafverfahren generell zu immunisieren, dürfen die in § 157 Abs 1 Z 2 StPO Genannten im Strafverfahren die Aussage nur über das verweigern, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist. Erfasst werden somit Informationen, die der Mandant seinem Verteidiger usw gibt, Mitteilungen Dritter, die dem Verteidiger usw in seiner beruflichen Funktion anvertraut wurden, und Informationen, die der Verteidiger usw in dieser Eigenschaft erlangt (vgl EBRV StPÄG 1993, 27), wobei im Übrigen ein Mandatsverhältnis in diesem Sinn, und zwar ein vertragliches, hier gar nicht vorliegt.

Allerdings ist noch eine weitere Einschränkung zu beachten: Es sind nämlich auch nicht alle in beruflicher Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen vom Aussageverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger umfasst. So entschied der OGH, dass eine Rechtsanwältin, die ausschließlich zu Wahrnehmungen aus dem Konkursverfahren in ihrer Eigenschaft als Masseverwalterin befragt wird, nicht in der Funktion eines in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum Angeklagten oder Gläubigern stehenden Parteienvertreters tätig wird und ihr deshalb kein Zeugnisverweigerungsrecht zukommt (RIS Justiz RS0105934 [T3]). Weitere Beispiele sind Berufsgeheimnisträger als Stiftungs- oder Aufsichtsräte, der Rechtsanwalt als Manager in einem Unternehmen, als Sachwalter oder als bloßer Verwahrer von Unterlagen, usw (RIS-Justiz RS0105934; 14 Os 10/13x; vgl auch Stricker , Der Berufsgeheimnisträger als Zeuge, ÖJZ 2015/44, S 313 f).

Die Wortfolge „in dieser Eigenschaft“ in § 157 Abs 1 Z 2 StPO zeigt somit auf, dass es für das Aussageverweigerungsrecht den Beschwerdeausführungen zuwider nicht nur notwendig ist, dass der Zeuge zur Gruppe der geschützten Berufsgeheimnisträger gehört und somit beispielsweise Rechtsanwalt, Verteidiger, Notar, Patentanwalt oder Wirtschaftsprüfer ist, sondern auch, dass die Tätigkeit, in der dem Berufsgeheimnisträger Informationen mitgeteilt werden, den Schutz durch das Aussageverweigerungsrecht erfordert. Auch die zitierte Regierungsvorlage zum StPÄG 1993 beschränkt das Aussageverweigerungsrecht der genannten Berufsgeheimnisträger auf die spezifische Funktion als Parteienvertreter (ErlRV 924 BlgNR 18. GP 27). Davon erfasst sind daher nur Tätigkeiten der Rechtsberatung, vertretung und Verteidigung , weil nur in diesen Fällen zu befürchten ist, dass der Beschuldigte durch die Befassung des Parteienvertreters ein Beweismittel gegen sich selbst schafft. Aufgrund der rechtsstaatlichen Notwendigkeit dieser Tätigkeiten und des fairen Verfahrens ist dem Geheimnisschutz hier daher gegenüber dem staatlichen Strafverfolgungsinteresse der Vorrang einzuräumen.

Wirtschaftsprüfern, die seit 1. August 2018 nicht mehr zur Vertretung und Unterstützung vor den Abgaben und Finanzstrafbehörden vertretungsbefugt sind (EBRV 190 BlgNR 26. GP 57, § 77 Abs 1, § 199 Abs 1 FinStrG), kommt zwar aufgrund ihrer Aufzählung in § 157 Abs 1 Z 2 StPO nach wie vor ein Aussageverweigerungsrecht zu, jedoch - gemessen am Sinn und Zweck des Aussageverweigerungsrechts der StPO - nur dort, wo sie rechtsberatend und vertretend tätig sind und aufgrund dieser Tätigkeit in den Besitz von Unterlagen und Informationen gelangen.

Somit ist zu beachten, dass selbst dann, wenn im konkreten Fall tatsächlich ein Wirtschaftsprüfer mit der Berufsberechtigung nach dem WTBG bei der Prüfung der G*, der L* und der P* tätig geworden sein sollte, auch nicht erkennbar ist, welche rechtsberatende, vertretende oder verteidigende Tätigkeit dieser bei der gesetzlich vorgesehenen Abschlussprüfung und der Prüfung der Einhaltung der Vorschriften des WGG im konkreten Fall entfaltet haben soll. Zwar ist im Hinblick auf die auch zahlreichen beratenden, in § 3 Abs 2 WTBG (insbes Z 2 6 und Z 10, sowie Abs 3 Z 1 und 2 leg cit) genannten Tätigkeiten, zu denen Wirtschaftsprüfer grundsätzlich berechtigt sind, nicht gänzlich ausgeschlossen, dass solche getätigt wurden. Der Beschwerdeführer legt allerdings nicht dar, weshalb ein solcher vom Revisionsverband allfällig bestellter Wirtschaftsprüfer fallaktuell rechtsberatende oder vertretende Aufgaben für die geprüften gemeinnützigen Bauvereinigungen erfüllt haben soll, obwohl dieser ausschließlich aufgrund der gesetzlichen Vorschrift (und nicht etwa aufgrund eines Auftrags durch das Land oder die zu prüfende Gesellschaft) gemäß § 1 Abs 1 GenRevG tätig geworden ist und seine Prüfung unabhängig und weisungsfrei durchzuführen hatte. Es ist daher kein Fall vorstellbar, in dem in der vorliegenden Konstellation überhaupt ein Raum für ein Zeugnisverweigerungsrecht, das dem Schutz des Klienten vor Zwang zur Selbstbelastung und den Schutz der vertrauensvollen und vertraulichen Kontaktaufnahme mit einem Parteienvertreter dient, bestehen soll.

Letztlich bleibt anzumerken, dass selbst bei Bejahung eines solchen Zeugnisverweigerungsrechtes im konkreten Fall die Zulässigkeit der bekämpften Durchsuchung aufgrund der konkreten Ausgestaltung und Formulierung der Bewilligung bzw der Anordnung und deren Durchführung nicht betroffen wäre.

Aufgrund des in § 157 Abs 2 StPO normierten Umgehungsverbots darf grundsätzlich auch keine Durchsuchung von Orten zwecks Gewinnung von geschützten Informationen vorgenommen werden (vgl Tipold/Zerbes , WK StPO § 119 Rz 16). Worauf der Beschwerdeführer zutreffend hinweist, enthält neben § 157 Abs 2 StPO auch § 144 StPO eine Normierung und Konkretisierung des Umgehungsverbotes des Schutzes der gesetzlich anerkannten Berufsgeheimnisse. Nach § 144 Abs 2 StPO ist die Anordnung oder Durchführung der in diesem (achten) Hauptstück enthaltenen Ermittlungsmaßnahmen (somit auch einer Durchsuchung von Orten und Gegenständen) auch dann unzulässig, soweit dadurch das Recht einer Person, gemäß § 157 Abs 1 Z 2 bis 4 StPO die Aussage zu verweigern, umgangen wird, wobei dies seit BGBl I 2016/26 ebenso für Unterlagen und Informationen gilt, die sich in der Verfügungsmacht des Beschuldigten oder eines Mitbeschuldigten befinden und zum Zwecke der Beratung oder Verteidigung des Beschuldigten durch eine im Abs 1 Z 2 leg cit genannte Person von dieser oder vom Beschuldigten erstellt wurden. Das Umgehungsverbot besteht gemäß § 144 Abs 3 StPO nur insoweit nicht, als die betreffende Person selbst der Tat dringend verdächtig ist. Richten sich die Ermittlungsmaßnahmen beim nicht dringend tatverdächtigen Berufsgeheimnisträger somit gezielt auf Beweismaterial, das an sich dem Berufsgeheimnis unterfiele, so liegt ein Verstoß gegen das Umgehungsverbot des § 144 Abs 2 iVm § 157 Abs 2 StPO vor (für die gegenständlich nicht zu behandelnde Sicherstellung vgl AZ 13 Os 130/10g, EvBl 2011/20, 134 = MR 2010, 364; Reindl/Krauskopf , WK StPO § 144 Rz 21; Tipold/Zerbes , WK StPO § 121 Rz 12; aA Kirchbacher/Keglevits , WK StPO § 157 Rz 33, wonach bereits die bloße Beschuldigtenstellung eines Verteidigers usw sein Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 2 StPO beseitigt).

Daraus ergibt sich jedoch kein grundsätzliches Verbot der Durchsuchung von Räumlichkeiten eines Berufsgeheimnisträgers: Denn für die Beantwortung der Frage, was genau unter diesen geschützten Informationen bzw Gegenständen zu verstehen ist, ist wiederum auf den Zweck des Aussageverweigerungsrechts abzustellen. Wie bereits ausgeführt, soll das Recht auf Aussageverweigerung von Berufsgeheimnisträgern davor bewahren, gerade durch die Beauftragung eines Verteidigers, eines Therapeuten, eines Bewährungshelfers und (hier relevant) eines Wirtschaftsprüfers ein Beweismittel gegen sich selbst zu schaffen ( Tipold/Zerbes, WK StPO Vor §§ 110 bis 116 Rz 19 mwN).

Der Sicherstellung entzogen sind demnach beispielsweise alle schriftlichen Mitteilungen des Klienten an den Parteienvertreter, alle Aufzeichnungen darüber, auch über mündlich aufgetragene, siehe etwa Besprechungsnotizen und Zusammenfassungen, Unterlagen des Parteienvertreters über Erhebungen, die er zur Erfüllung seines Mandats bei Dritten vornimmt (Kopien eigener Schreiben, Aktenvermerke, Notizen über eigene Beobachtungen) sowie Aufzeichnungen über deren Ergebnisse, die Unterlagen des Parteienvertreters über Mitteilungen eines Prozessgegners, eines Zeugen, eines unbeteiligten Dritten oder des Gerichts, Aufzeichnungen des Aussageverweigerungsberechtigten über eigene, nicht bloß aus Anlass, sondern im Rahmen der Mandatserfüllung gemachte Wahrnehmungen sowie das Endprodukt des erteilten Auftrages (vgl Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 110 bis 115 Rz 22f). Diese Gegenstände beinhalten beruflich erworbenes Wissen zur Sache, und sie sind nicht bereits durch die Tatbegehung, sondern erst durch das Mandat entstanden.

Von diesem Ansatz aus begrenzt der Oberste Gerichtshof das Beschlagnahmeverbot gegenüber Berufsgeheimnisträgern auf Gegenstände, die gerade durch die Beiziehung eines Parteienvertreters erst hergestellt wurden und ein neues Beweismittel sind, das auftragsbedingt notwendig der Parteienvertreter inne hat ( Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 110 bis 115 Rz 20 mwN; 13 Os 71/13k; RIS Justiz RS0097381).

Den Beschwerdeausführungen zuwider würde daher selbst bei zulässiger Berufung auf ein Aussageverweigerungsrecht aus dem dazu normierten Umgehungsverbot gerade kein generelles Durchsuchungsverbot in Bezug auf Räumlichkeiten des genannten Personenkreises und somit auch nicht in Bezug auf Räumlichkeiten eines Wirtschaftsprüfers resultieren. Vom Berufungsgeheimnis nicht umfasstes (schon existent gewesenes, beim Parteienvertreter hinterlegtes) Beweismaterial kann nämlich sehr wohl Gegenstand einer Durchsuchungsanordnung gemäß §§ 119 Abs 1, 120 Abs 1 StPO sein (erneut RIS Justiz RS0097381; Tipold/Zerbes , WK StPO § 121 Rz 12). Da es im § 157 Abs 1 Z 2 StPO um Informationsschutz geht, werden Beweisstücke, die der Klient beispielsweise beim Wirtschaftstreuhänder hinterlegt, dadurch nicht immunisiert (vgl EBRV StPÄG 1993, 28; 13 Os 66/12y, EvBl 2013/34, 230). Somit sind Gegenstände, die nicht durch eine Mandatsausübung entstanden sind, der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht zugänglich.

Das betrifft jedenfalls: Instrumenta et producta sceleris ( Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 110 bis 115 Rz 24 mwN) sowie bereits bestehende (Original )Urkunden, die der Verdächtige dem Parteienvertreter übergibt, zB einem nicht vom betroffenen Notar errichteten, diesem aber zur Begutachtung zugesandten Vertrag. Eine diesbezügliche Sicherstellung betrifft keine mandatsmotivierte Information, sondern ein schon zuvor existentes Beweismittel, Bücher und Aufzeichnungen, einschließlich der dazugehörigen Belege, zu denen das Steuerrecht (§§ 124 bis 130 BAO) verpflichtet (§ 89 Abs 3 lit b FinStrG für das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren) oder die nach der handelsrechtlichen Buchführungspflicht (§§ 189 ff UGB) vorgeschrieben sind und andere schriftliche Mitteilungen, die nicht an den Parteienvertreter gerichtet sind (vgl zum Ganzen Tipold/Zerbes , WK StPO Vor §§ 110 bis 115 Rz 24 ff; § 121 Rz 12; RIS Justiz RS0097381; OLG Wien 19 Bs 144/16i, 19 Bs 145/16m, 21 Bs 33/20m uvm).

Wonach im vorliegenden Fall in den vom Beschwerdeführer benutzten Räumlichkeiten gesucht werden sollte, ergibt sich aus den den Durchsuchungsanordnungen/beschlüssen angeschlossenen Sicherstellungsanordnungen (siehe jeweils II. der ON 1036, 1070 und 1071).

Zwar werden darin auch potentiell von einem Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO umfasste Unterlagen genannt (beispielsweise Aktenvermerke, persönliche Notizen, Kalenderaufzeichnungen, E Mails und sonstige Korrespondenz, Telefonnotizen und Gesprächsprotokolle). Daraus allein kann jedoch eine gezielte Suche nach solchen Gegenständen nicht entnommen werden. Vielmehr können diese Unterlagen, sowie die weiters aufgezählten Aufzeichnungen über Bargeldbewegungen und Verwendungen, Kontoauszüge und Verdichtungen, Buchhaltungsunterlagen, Bankbelege, sonstige Belege sowie sämtliche im Zuge der gesetzlichen Prüfungen von den Gesellschaften vorgelegten Unterlagen wie Protokolle über Aufsichtsratssitzungen und Generalversammlungen und entsprechende Umlaufbeschlüsse auch völlig unabhängig von einem Mandatsverhältnis bestehende bzw bereits vorher vorhandene und somit nicht geschützte Informationen enthalten. Letztlich bringt auch die thematische Fokussierung auf solche Unterlagen, „die sich auf die wirtschaftlich Begünstigten der involvierten Gesellschaften und ihre (faktischen) Geschäftsführer bzw Vertreter“ beziehen, vor dem Hintergrund der dargelegten grundsätzlichen - und bei Wirtschaftsprüfern aufgrund ihrer hier relevanten unabhängigen und weisungsfreien, gemäß § 1 Abs 1 GenRevG gesetzlich vorgesehenen Tätigkeit als Abschlussprüfer noch einmal eingeschränkten - Grenzen des Aussageverweigerungsrechtes hinreichend zum Ausdruck, dass nach Aufzeichnungen gesucht werden soll, die unabhängig von einem etwaigen Vertretungsverhältnis existieren. Somit lässt sich selbst unter der Annahme, der Beschwerdeführer würde sich berechtigt auf ein Aussageverweigerungsrecht nach § 157 Abs 1 Z 2 StPO berufen, weder die Unzulässigkeit der bekämpften Beschlüsse, noch die Verletzung subjektiver Rechte durch die Anordnung der bewilligten Durchsuchungen sowie deren Durchführung ableiten.

Den Beschwerden war somit ein Erfolg zu versagen.

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