JudikaturOLG Wien

33R83/20y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Dezember 2020

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 296.141 über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 12.11.2019, WM 91/2018-10,11, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

I. Die Bezeichnung der Antragstellerin wird auf S***** I***** GmbH richtig gestellt.

II. Dem Rekurs wird nicht Folge geben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Be gründung

Text

Zu I.: Die Bezeichnung der Antragstellerin lautet nunmehr S***** I***** GmbH. Die Änderung des Firmenwortlauts wurde bereits am 12.5.2018 im Firmenbuch eingetragen. Diese Änderung der Parteibezeichnung war in analoger Anwendung des § 235 Abs 5 ZPO richtig zu stellen (vgl 1 Ob 72/97p).

Zu II.:

Es stehen einander folgende Marken gegenüber:

Die Antragstellerin trug vor, dass die angegriffene Marke zur Verwechslung mit den Widerspruchsmarken in der Klasse 32 geeignet sei, weil die Waren hochgradig ähnlich seien und durch den Bestandteil „Columbus“ auch hochgradige Zeichenähnlichkeit vorliege. Die Widerspruchsmarken seien in veränderter Form mit Zustimmung der Antragstellerin als Wortzeichen („COLUMBUS 1492“) durch die konzernverbundenen Unternehmen S***** GmbH und S***** GmbH Co. KG kennzeichenmäßig verwendet worden. Entsprechende Lizenzvereinbarungen seien mündlich geschlossen worden.

Der Antragsgegner bestritt die Verwechslungsgefahr, weil eine Zeichenähnlichkeit nicht gegeben und eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken im maßgeblichen Zeitraum nicht erfolgt sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Widerspruch statt. Es traf die auf den Seiten 8 bis 14 des Beschlusses ersichtlichen Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich folgerte die Rechtsabteilung, dass die beiden Widerspruchsmarken in abgeänderter Form rechtserhaltend verwendet worden seien. Die Konsumenten orientierten sich am Zeichenbestandteil „COLUMBUS“ und die angegriffene Marke übernehme diesen Zeichenbestandteil zur Gänze, sodass die Verwechslungsgefahr in Anbetracht der Gleichartigkeit der einander gegenüberstehenden Waren zu bejahen sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners aus den Rekursgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) mit dem Antrag, das Rekursgericht möge den angefochtenen Beschluss aufheben und den Widerspruch abweisen.

Die Antragsstellerin beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Zur Tatsachenrüge:

Der Antragsgegner argumentiert im Rekurs, dass sich aus den vorgelegten Urkunden (Buchhaltungslisten, Lieferscheine, Werbemaßnahmen) eine kennzeichenmäßige Benutzung der Widerspruchsmarken nicht ableiten ließe; die Belege seien nicht geeignet, den Verkauf auch nur einer Bierflasche zu belegen. Darüber hinaus ließe sich der Beginn der tatsächlichen Benutzungshandlungen aus diesen Urkunden nicht feststellen.

Damit bekämpft der Antragsgegner erkennbar die Feststellungen der Rechtsabteilung, dass sie in den Jahren 2016 und 2017 in Österreich rund ***** Trays mit jeweils 12 Flaschen zu 0,33 l unter der Markenbezeichnung „STIEGL COLUMBUS 1492“ verkauft habe und im Jahr 2016 ein Umsatz von EUR *****, im Jahr 2017 ein Umsatz von EUR ***** und im Jahr 2018 ein Umsatz von EUR ***** erzielt wurde.

Soweit der Antragsteller sich auf ./MM und ./NN stützt und ausführt, dass sich daraus der Verkauf der Bierflaschen nicht belegen lasse, ist auszuführen, dass die Rechtsabteilung diese Feststellungen nicht allein auf Rechnungen und Lieferscheine (./C bis ./X und ./NN) gründete, sondern in einer Zusammenschau mit den Eidestattlichen Erklärungen (./KK und ./Z) traf. Dr. ***** (Leiter der Marketingabteilung der S***** GesmbH) bestätigte in der ./KK die Umsatzzahlen. Darüber hinaus legt die Rechtsabteilung ihre Überlegungen, die zur bekämpften Feststellung führen, auf der Seite 13 der Entscheidung nachvollziehbar dar. Dass die Rechtsabteilung aus den Rechnungen und Lieferscheinen ableitet, dass die Bierflaschen an Merkur, Billa und Gastromiebetriebe ausgeliefert und so an den Endabnehmer gelangt sind, ist nicht zu beanstanden.

Der bloße Umstand, dass nach den Beweisergebnissen allenfalls auch andere Feststellungen möglich gewesen wären, oder dass es einzelne Beweisergebnisse gibt, die für den Prozessstandpunkt des Rekurswerbers sprechen, reicht nicht aus, eine unrichtige oder bedenkliche Beweiswürdigung aufzuzeigen (RES0000012). Vom Antragsgegner können keine stichhaltigen Gründe ins Treffen geführt werden, die beim Berufungsgericht erhebliche Zweifel an den beweiswürdigenden Erwägungen der Rechtsabteilung begründen könnten. Die Feststellungen der Rechtsabteilung sind daher nicht zu beanstanden.

2. Zur Rechtsrüge:

2.1. Zu den Lizenzverträgen:

Die Rechtsabteilung stellte fest, dass die Antragstellerin 1995 sowohl der S***** GmbH Co. KG als auch der S***** GmbH die Verwendung der Widerspruchsmarken genehmigt hat.

Dagegen wendet sich der Antragsgegner mit dem Argument, dass durch die Lizenzvereinbarung ausschließlich die Verwendung der beiden Widerspruchsmarken von der Antragstellerin gestattet worden sei, nicht jedoch die Verwendung der Widerspruchsmarken in einer abweichenden Form, sodass sich die Antragstellerin die Verwendung der Widerspruchsmarken in abweichender Form nicht zurechnen lassen könne.

Grundsätzlich richtig ist, dass bei der Verwendung einer nicht registrierten Ableitung anstelle der vereinbarten Verwendung der Widerspruchsmarken in der registrierten Form die Lizenzvereinbarung überschritten sein könnte. Im vorliegenden Fall stützt sich die Antragstellerin aber darauf, dass die beiden der S*****-Gruppe zugehörenden Unternehmen die Marke rechtserhaltend in der abgewandelten Form benutzt hätten. Den Ausführungen der Rechtsabteilung ist daher zuzustimmen, dass das Vorbringen der Antragstellerin, die Marke sei in abgewandelter Form von den beiden konzerninternen Unternehmen verwendet worden, als Zustimmung zur Verwendung in abgeleiteter Form zu werten ist. Darüber hinaus sind im vorliegenden Fall die Antragstellerin, die S***** GmbH Co. KG und die S***** GmbH Unternehmen einer Unternehmensgruppe („S*****-Gruppe“), weshalb schon aus diesem Grund von der Zustimmung zur kennzeichenmäßigen Benutzung der Bildmarke auch in abgewandelter Form durch die antragsstellende Markeninhaberin auszugehen ist (vgl Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 33a Rz 60 mwN).

2.2. Zur Benutzung der Widerspruchsmarken:

2.2.1. Der Antragsgegner kritisiert, dass die Rechtsabteilung keine Festellungen zur kennzeichenmäßigen Benutzung der Widerspruchsmarken getroffen hat, womit er einen sekundären Feststellungsmangel geltend macht. Die Rechtsabteilung hat auf Seite 13 der Entscheidung festgestellt, dass die Antragstellerin oder die mit ihr verbundenen Unternehmen von 2016 bis 2018 Bier unter der Bezeichnung „STIEGL COLUMBUS 1492“ verkauft haben.

Dass das Bier in folgender Aufmachung gekennzeichnet war, steht im vorliegenden Fall außer Streit (vgl Schriftsatz des Antragsgegners vom 7.8.2019):

Der behauptete sekundäre Feststellungsmangel liegt damit nicht vor.

2.2.2. Die durch das Europarecht und die Rechtsprechung des EuGH determinierten Grundsätze des Nachweises der Benutzung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH C 40/01, Ansul; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RS0123519; Om 8/11, WEG ). Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf diese so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab EuGH C 342/97, Lloyd ) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ!; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 33a Rz 29 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rn 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl ).

2.2.3. Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen, (Om 3/11, Jones; Om 5/10, Coolwater; RS0066797).

2.2.4. Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RS0121289, SIERRA Tequila; Om 1/91 = PBl 1991, 193, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina [Gestaltungsspielraum]).

2.2.5. Bei der Beurteilung, ob die Unterscheidungskraft der Marke iSd § 33a Abs 4 MSchG beeinflusst wird, sind nicht die gleichen Maßstäbe wie bei der Prüfung des Eintragungshindernisses gemäß § 4 Abs 1 Z 2 MSchG anzulegen. Vielmehr muss die Beeinflussung der Unterscheidungskraft gemäß § 33a Abs 4 MSchG eigenständig und unabhängig von den im Rahmen des Eintragungsverfahrens angelegten Maßstäben ausgelegt werden. § 33a Abs 4 MSchG liegt der Gedanke zugrunde, dass der Benutzungszwang es nicht rechtfertigt, bei jeder noch so geringfügigen Abweichung der benutzten von der eingetragenen Form den Rechtsbestand und die Durchsetzbarkeit der Marke zu verneinen und den Markeninhaber zu einer neuen Anmeldung (mit späterer Priorität) zu zwingen. Dem Markeninhaber soll ein angemessener Gestaltungsspielraum bei der Verwendung des eingetragenen Zeichens offen stehen ( Beetz in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 2 § 33a MSchG Rz 17).

2.2.6. Bei der Beurteilung, ob durch die Veränderung der benutzten Markenform gegenüber der registrierten Markenform die Unterscheidungskraft der Marke iSd § 33a Abs 4 MSchG beeinflusst wird, ist auf den Gesamteindruck der angefochtenen Marke abzustellen. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob das abweichend benutzte Zeichen vom Verkehr bei und trotz Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichgesetzt wird ( Beetz aaO Rz 77).

Die Frage einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters bemisst sich in erster Linie danach, ob die beteiligten Verkehrskreise in Berücksichtigung der jeweils brachenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und die benutzte Form gerade bei der Wahrnehmung der jeweiligen Unterschiede noch als „die selbe Marke“ ansehen. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob der Verkehr die abweichende Benutzungsform der eingetragenen Markenform als Herkunftshinweis gleichsetzt. Der Verkehr muss also in den verschiedenen Ausgestaltungen die selbe Marke erkennen, sohin beide Formen als in ihrer Kennzeichnungskraft übereinstimmend ansehen ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering , Markengesetz 12 § 26 Rz 159). Entscheidend ist nicht, ob der Verkehr wahrnimmt, dass die beiden Formen unterschiedlich sind, sondern wie er diese Unterschiede bewertet ( Ströbele aaO Rz 166; Beetz aaO Rz 79).

2.3. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Widerspruchsmarken allenfalls „in einer abweichenden Form“ benutzt wurden:

2.3.1. „Bräu“ (mittelhochdeutsch briuwe = das Brauen, Gebrautes) steht für Bier, Brauerei oder ein bremisches Volumenmaß für Bier (https://de.wikipedia.org/wiki/Bräu). Nachdem es sich bei dem Wortbestandteil „Bräu“ gerade auch im Produktbereich der dafür beanspruchten Ware „Bier aller Art“ um einen häufig verwendeten Wortteil handelt, wird der Verkehr der Weglassung der Endung „Bräu“ keine maßgebende eigene kennzeichnende Wirkung beimessen (vgl Beetz aaO § 33a Rz 98). Die Unterscheidungskraft wird durch das Weglassen der Endung „ bräu“ nicht beeinflusst. Der Wortteil „Columbus“ in der ersten Widerspruchmarke ist stark kennzeichnungskräftig und steht in der verwendeten Form prägnant im Zentrum des Zeichens.

2.3.2. Bei der aus Wort und Bild zusammengesetzten zweiten Widerspruchsmarke ist in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RS0066779). Zwischen der zweiten Widerspruchsmarke und der benutzten Form gibt es im Wortbestandteil eine weitreichende Übereinstimmung in den Worten „Stiegl“ und „Columbus“ sowie in der Zahl „1492“. Das Schriftbild des Zeichenbestandteils „Stiegl“ wurde fast vollständig in die verwendete Form aufgenommen und steht neben dem Zeichenbestandteil „Columbus“ zentral im Vordergrund. Diese beiden Zeichenbestandteile sind für die beanspruchte Ware neben der Zahl „1492“ stark kennzeichnungskräftig.

Im konkreten Fall schadet es auch nicht, dass in der tatsächlich benutzten Form erhebliche Textteile der zweiten Widerspruchsmarke weggelassen wurden, obwohl bei der Weglassung von Bildbestandteilen die Benutzung dann fraglich wird, wenn Bestandteile entfallen, die auffällig sind und den Gesamteindruck prägen ( Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 26 Rz 167), denn der Wegfall des ausführlichen Hinweises auf das Jubiläum der Entdeckung Amerikas im Jahr 1492 in der zweiten Widerspruchsmarke wird dadurch ausgeglichen, dass bei der benutzten Form einerseits auf die Person des Entdeckers (Columbus) verwiesen wird und die bekannte Jahreszahl 1492 als zusätzlicher Hinweis auf diese Begebenheit beibehalten wird.

Ausgehend von diesen Überlegungen bilden die beiden Widerspruchsmarken in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element. Der Verkehr wird in den verschiedenen Ausgestaltungen dieselbe Marke erkennen, somit die Widerspruchsmarken und die abgeänderte benutzte Form als in ihrer Kennzeichnungskraft übereinstimmend ansehen. Es liegt daher eine rechtserhaltende Benutzung in abgewandelter Form vor (vgl OLG Wien 34 R 82/14v, Biovital).

Die Antragstellerin kann sich somit mit ihrem Widerspruch auf die beiden Widerspruchsmarken berufen.

2.4. Zur Verwechslungsgefahr:

2.4.1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

2.4.2. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RS0066553 [T13]; RW0000786). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 30 Rz 427 mwN).

Die Rechtsbeständigkeit der Widerspruchsmarke kann im Widerspruchsverfahren nicht in Frage gestellt werden (st Rsp, RW0000891).

2.4.3. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB EuGH C 191/11 P, Yorma’s, Rn 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i).

2.4.4. Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH C 39/97 = ÖBl 1999, 105, Cannon/Canon ; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN ; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at ).

2.4.5. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RS0117324; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; EuGH C 342/97, Lloyd, Rn 26).

2.4.6. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; EuGH C 120/04, Thomson life, Rn 28) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64).

2.4.7. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Ein schwacher Wortbestandteil, der, für sich allein betrachtet, kaum über den konkreten Wortlaut hinaus geschützt werden könnte, trägt im Allgemeinen zum Gesamteindruck eines Wortbildzeichens nur wenig bei. Dessen Gesamteindruck wird vielmehr in einem solchen Fall durch den Bildbestandteil geprägt ( Schumacher aaO § 10 Rz 543).

2.4.8. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RS0079033).

Eine gedankliche Verbindung zwischen den gegenüberstehenden Zeichen besteht schließlich auch dann, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den das Publikum als Stamm einer Zeichenserie des Inhabers der Widerspruchsmarke ansieht, die dieser tatsächlich auch benutzt (vgl C 224/06 P, Bainbridge, Rn 63 ff; C 553/11, Proti, Rn 27 ff), so dass es auch die jüngere, den wesensgleichen Stamm enthaltende Marke dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. BGH I ZR 111/99, BIG; BGH I ZR 156/99, BANK 24 ).

2.5. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, Wortbild und Wortsinn Bedacht zu nehmen ( Schumacher aaO § 10 Rz 525).

2.5.1. Beim Vergleich der angegriffenen Marke mit der ersten Widerspruchsmarke stimmen die Zeichen im stark kennzeichnungskräftigen Wortteil „Columbus“ im Wortklang, Wortbild und Wortsinn überein. Die Nachsilbe „Bräu“ der ersten Widerspruchsmarke trägt wegen des beschreibenden Charakters nicht zur Kennzeichnungskraft der ersten Widerspruchsmarke bei (vgl oben Punkt 2.2.6.).

Wenn eine Marke als Abwandlung des Stammzeichens eines anderen Unternehmens aufgefasst werden kann, liegt mittelbare Verwechslungsgefahr vor. Diese ist dann anzunehmen, wenn die Stammbestandteile zweier Zeichen – wie hier – identisch oder zumindest wesensgleich sind (Om 3/90, Ladyboss) .

2.5.2. Zur Verwechslungsgefahr der zweiten Widerspruchsmarke mit dem angegriffenen Zeichen ist Nachstehendes zu überlegen:

Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer ; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).

Wird eine Marke – wie vorliegend – vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv ; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax = OLG Wien 34 R 5/14a; RS0079033).

2.6.1. Die Waren des angegriffen Zeichens und die Waren der Widerspruchsmarken sind teilweise ident (Bier), sodass Verwechslungsgefahr gegeben ist. In Bezug auf die für die angegriffene Marke beanspruchten Getränke (Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken) liegt geringe Verwechslungsgefahr vor ( Schumacher aaO § 10 Rz 462).

2.6.2. Auf dieser Grundlage besteht zwischen diesen beiden Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke bei der gebotenen abstrakten Betrachtung nach Ansicht des Rekursgerichts aufgrund des sehr geringen Zeichenabstands und der bestehenden Warenähnlichkeit Verwechslungsgefahr.

2.7. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um die Ernsthaftigkeit zu belegen (C 416/04 P, Vitafruit ; Om 14/06, Dreher ; Om 4/09, Sallaki ; Om 10/10, Nuke mwN).

Auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung kann also ernsthaft sein, wenn sie im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten oder zu gewinnen (C 259/02, La Mer Technology ; C 416/04 P, Sunrider , Rn 72). Die Größe des Vertriebsgebiets ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (C 416/04 P, Sunrider, Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen werden (C 259/02, La Mer Technology, Rn 3; Om 10/10, Nuke; Om 11/09, BT ). Letztlich ist auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09, BT ).

Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen (Om 3/11, Jones ; Om 5/10, Coolwater ; RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).

Ausgehend von den festgestellten Umsätzen der auf dem österreichischen Markt abgesetzten Ware und den damit im Zusammenhang stehenden Werbemaßnahmen, ist von einer ausreichenden kennzeichenmäßigen Benutzung im maßgeblichen Zeitraum auszugehen. Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners erfordert § 33a MSchG keinesfalls eine Benutzung, die sich auf die gesamt Fünf-Jahres-Frist beziehen muss ( Beetz aaO § 33a Rz 46 mwN).

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

[Der Oberste Gerichtshof hat den außerordentlichen Revisionsrekurs am 22.6.2021 zurückgewiesen, 4 Ob 111/21h.]

Rückverweise