32Bs292/20f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch die Senatspräsidentin Mag. Seidl als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Vetter und den fac h kundigen Laienrichter Hofrat Dr. Mock als weitere Senat s mitglieder in der Vollzugssache des O***** R***** über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts ***** als Vollzugsgericht vom *****, GZ *****, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Text
B e g r ü n d u n g :
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht eine Beschwerde des O***** R***** gegen eine Entscheidung der Anstaltsleiterin vom ***** (ON 5 S 9) als unzulässig zurück.
Begründend wurde ausgeführt, dass O***** R***** am ***** „um Genehmigung zur Anfertigung eines Passes und Vorlage bei Bank, Grundbuchseintragung, Mie t vertrag, etc.“ ersucht habe (ON 5 S 7). Die Anstaltsle i terin habe beabsichtigt, dem Ansuchen stattzugeben, indem sie den auf der Rückseite des Formulars enthaltenen Vo r druck „stattgeben“ unterstrichen, das Datum ***** eingefügt und das Formular unterfertigt habe. Letz t lich habe sie das Begehren aber nach Einholung weiterer Informationen und ohne Kundmachung der bereits getroff e nen Entscheidung mit der Begründung abgewiesen, dass die Neuausstellung eines Reisepasses zu den vom Beschwe r deführer angeführten Zwecken nicht notwendig sei bzw die Notwendigkeit nicht nachgewiesen worden sei. Die abwe i sende Entscheidung sei dem Antragsteller am ***** mündlich verkündet worden.
Weiters erwog das Vollzugsgericht, dass bei verstä n diger Lesart des Ansuchens des Beschwerdeführers dieser um Ausführung zur entsprechenden Antragstellung bei der zuständigen Verwaltungsbehörde ersucht habe. Der En t scheidung der Anstaltsleiterin vom ***** komme weder Bescheidqualität noch Rechtskraft iSd § 68 Abs 1 AVG zu und habe diese daher jederzeit formlos widerrufen werden können. Diese Entscheidung stehe sohin der in we i terer Folge getroffenen Entscheidung nicht entgegen.
Darüber hinaus sei eine Ausführung nach § 98 Abs 2 StVG kein subjektiv-öffentliches Recht des Insassen.
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des O***** R***** (ON 8), der zusammengefasst vorbringt, dass jedenfalls subjektiv-öffentliche Rechte betroffen seien. Gemäß § 54 StVG stehe seiner Ehefrau Unterhalt sogar aus Mitteln der Rücklage zu und sei er zur Unterhaltsleistung verpflichtet. Da er und seine Ehefrau über kein Konto verfügen würden, könne er seiner Verpflichtung nicht nachkommen.
Die Entscheidung werde bei Anträgen nach § 119 StVG schriftlich festgehalten auf StVG FormNr. 11, stelle daher eine Anordnung der Anstaltsleitung dar und sei einer Beschwerde zugänglich. Darüber hinaus habe die Pe r sonalsituation einer Ausführung nicht entgegen gestanden. Die Verweigerung der Reisepassbeschaffung verhindere sein straffreies Fortkommen nach der Haftentlassung, weil zu einer ehelichen Wohnung ein Mietvertrag mit allen Behö r denwegen, Unterschriften notwendig sei. Die nachträgliche Verweigerung des bereits bewilligten Reisepasses stelle eine Verletzung der subjektiv-öffentlichen Rechte dar.
Die seltsamen Rechtsansichten der Anstaltsleitung seien bereits vom OLG Wien in Entscheidungen zu ***** und anderen dargestellt worden. Darüber hinaus seien nicht nur seine, sondern auch subjektiv-öffentliche Rechte seiner Ehefrau betroffen.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Let z tere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.
Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder der Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Zur Behauptung, dass die Ausführung zur Ausstellung des Reisepasses bereits genehmigt worden sei, wird auf die Argumentation des Erstgerichts verwiesen, das zutre f fend ausführt, dass formlosen Entscheidungen nach dem StVG keine Bescheidqualität zukommt und diese nicht in Rechtskraft erwachsen (vgl auch Drexler/Weger StVG4 § 22 Rz 4).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass § 98 Abs 2 StVG kein subjektiv-öffentliches Recht zur Ausführung zur Erledigung besonders wichtiger und unaufschiebbarer Angelegenheiten persönlicher, wirtschaftlicher oder rechtlicher Natur normiert, weil in dieser Gesetzesstelle nicht nur auf die Wesensart des Strafgefangenen, sein Vorleben und seine Aufführung während der Anhaltung abg e stellt, sondern eine weitere Einschränkung dahingehend vorgenommen wird, dass eine Ausführung ohne Beeinträcht i gung des Dienstes und der Ordnung in der Anstalt möglich sein muss ( Drexler/Weger, StVG4 § 98 Rz 7 mwN).
Doch selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass § 98 Abs 2 StVG ein entsprechendes subjektiv-öffentliches Recht auf Ausführung beinhaltet, gebricht es vorliegend an den weiteren dafür erforderlichen Voraussetzungen, nämlich der Erledigung besonders wichtiger und unau f schiebbarer Angelegenheiten persönlicher, wirtschaftl i cher oder rechtlicher Natur, welche die Anwesenheit des Strafgefangenen an einem Ort außerhalb der Anstalt dri n gend erforderlich machen. Dem Akteninhalt ist nämlich zu entnehmen, dass keine wichtige unaufschiebbare Angelege n heit persönlicher Natur geltend gemacht wird, zumal für die Verlängerung des Bausparvertrages auch ein abgelauf e ner Reisepass verwendet werden könne (ON 5 S 9, 13).
Darüber hinaus übergeht der Beschwerdeführer, dass sein Ansuchen um Ausstellung eines Passes betreffend Grundbuchseintragung sowie Mietvertrag (sohin nicht den Bausparvertrag betreffende Angelegenheiten) von der Anstaltsleiterin nicht etwa abgewiesen, sondern er zur Vorlage von Belegen aufgefordert wurde, aus denen sich ergibt, zu welchem Zweck die Ausstellung eines neuen Re i sepasses in den angeführten Fällen zwingend notwendig sei (ON 5 S 9).
Der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten, die Frage der Ausfolgung eines Kühlschranks behandelnden En t scheidung des Landesgerichts ***** als Vollzugsgericht, AZ *****, sowie der damit im Zusammenhang stehenden Entscheidung des Oberlandesg e richts Wien, AZ *****, ist ein das gegenständl i che Verfahren betreffendes Substrat nicht zu entnehmen.
Dem Beschwerdeeinwand der Verletzung subjektiv- öffentlicher Rechte seiner Ehegattin durch Verhinderung des Beschaffens einer ehelichen Wohnung und Verhinderung seines straffreien Fortkommens ist zu entgegnen, dass der Ehegattin des Beschwerdeführers schon mangels aktenkund i gem Hinweis, dass diese die Verletzung eines subjektiven Rechts nach dem StVG behauptet hätte, keine Parteiste l lung zukommt (vgl Drexler/Weger StVG4 § 121a Rz 2).