33R68/20t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 293.410 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 25.10.2019, WM 130/2017 5, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird teilweise Folge geben.
Die angefochtene Entscheidung wird geändert und lautet:
«Dem Widerspruch wird teilweise stattgegeben, und zwar in Bezug auf die Dienstleistungen „Immobilienwesen (Klasse 36)“ und „Bauwesen (Klasse 37)“; die Registrierung der Marke AT 293.410 für diese Dienstleistungen wird aufgehoben.
Im übrigen wird der Widerspruch abgewiesen.»
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
1. Es stehen einander folgende Marken gegenüber:
2.1 Die Antragstellerin trug vor, dass die angegriffene Marke zur Verwechslung mit den Widerspruchsmarken geeignet sei, weil unter anderem die grafische Gestaltung des stilisierten Histogramms vollständig übernommen worden sei. Die einander gegenüberstehenden Marken seien verwechselbar ähnlich, weil die Waren und Dienstleistungen teils gleichartig, teils ident seien und die Antragstellerin den besseren Zeitrang habe. Die zweite Widerspruchsmarke sei durch die Tochtergesellschaft OVB Allfinanzvermittlungs GmbH kennzeichenmäßig verwendet worden.
2.2 Die Antragsgegnerin bestritt die Verwechslungsgefahr, weil der Bildbestandteil der Widerspruchsmarken über keine Unterscheidungskraft verfüge und das angegriffene Zeichen durch seine Wortbestandteile geprägt werde. Die Wörter „3SI IMMOGROUP“ würden sich eindeutig von „OVB“ in Wortklang und Wortsinn unterscheiden. Die erste Widerspruchsmarke werde nicht verwendet.
3. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Widerspruch ab. Die erste Widerspruchsmarke werde nicht kennzeichenmäßig benutzt, weil sie nur in Verbindung mit dem Wort „OVB“ benutzt werde und die Benutzung der zweite Widerspruchsmarke nicht mit der Benutzung des Bildzeichens gleichzusetzen sei. Eine Verwechslungsgefahr des angegriffenen Zeichens mit der zweite Widerspruchsmarke sei nicht gegeben.
4. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem erkennbaren Antrag, das Rekursgericht möge den angefochtenen Beschluss dahingehend abändern, dass die Registrierung der angegriffenen Marke aufgehoben werde.
Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Ähnlichkeit der Dienstleistungen
5. Die Rechtsabteilung verneinte die Ähnlichkeit der Dienstleistungen in den Klassen 35, 37 und 43 der angegriffenen Marke mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke in der Klasse 36. Hingegen seien die Dienstleistungen „real estate investments“ und „Immobilienwesen“ ähnlich. Dagegen wendet sich die Antragstellerin, weil ihrer Ansicht nach die Dienstleistungen ident seien.
Die im Warenverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren und Dienstleistungen dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Die Klasseneinteilung ist demnach für die Beurteilung der Ähnlichkeit ohne Belang. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in derselben Klasse aufscheinen ( Schumacher aaO Rz 432).
Im vorliegenden Fall ist für die Widerspruchsmarke die Vermittlung von Immobilienanlagen und sind für die angegriffene Marke Dienstleistungen, die das Immobilienwesen betreffen, eingetragen. Richtig zeigt die Antragstellerin auf, dass zum Bereich des Immobilienwesens wohl auch die Finanzierung von Immobilienprojekten oder Immobilien- und Grundstückserschließungen gehören. Die Dienstleistung der Antragstellerin bezieht sich aber nicht auf die Finanzierung oder Umsetzung von Immobilienprojekten, sondern auf die Vermittlung von Immobilienveranlagungen. Zu Recht ging die Rechtsabteilung von keiner Identität der Dienstleistungen aus, sondern von deren Ähnlichkeit.
Diese Ähnlichkeit gilt auch für „Bauwesen“, nicht aber für „Büroarbeiten“ und „Beherbung von Gästen“.
Benutzung der ersten Widerspruchsmarke
6.1 Die durch das Europarecht und die Rechtsprechung des EuGH determinierten Grundsätze des Nachweises der Benutzung lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH C 40/01, Ansul; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RS0123519; Om 8/11, WEG ). Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf diese so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab EuGH C 342/97, Lloyd ) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ!; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 3 § 33a Rz 29 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rn 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl ).
Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen, (Om 3/11, Jones; Om 5/10, Coolwater; RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).
6.2 Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RS0121289, SIERRA Tequila; Om 1/91 = PBl 1991, 193, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina [Gestaltungsspielraum]).
6.3 Kennzeichnen mehrere Marken dieselbe Ware, so ist in solchen Fällen von einem kennzeichnungsmäßigen Gebrauch sämtlicher Marken auszugehen, es sei denn, eine Marke würde vollständig (etwa wegen ihrer Kleinheit oder bei – unüblicher – Verwendung der Marke nur auf der Rückseite der Ware) in den Hintergrund treten (Om 13/07 = PBl 2008, 168, Völkl [zur Dachmarke]; Om 3/02 = PBl 2002, 180, Spitz )
6.4 Der Markeninhaber kann sich nach der Rechtsprechung des EuGH zum Nachweis der Benutzung auch darauf berufen, dass die Marke in einer von ihrer Eintragung abweichenden Form benutzt wird, ohne dass die Unterschiede zwischen diesen beiden Formen die Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen, und zwar ungeachtet dessen, dass die abweichende Form ihrerseits als Marke eingetragen ist (EuGH C 553/11, Proti, Rn 30 [in Weiterentwicklung von C 234/06 P, Bainbridge, Rn 83]; BGH I ZR 84/09, Proti II ). „Ernsthafte Benutzung“ kann erfüllt sein, wenn eine Gemeinschaftsbildmarke nur in Verbindung mit einer sie überlagernden Gemeinschaftswortmarke benutzt wird, wobei beide Marken zusammen zusätzlich als Gemeinschaftsmarke eingetragen sind; jedoch dürfen die Unterschiede zwischen der Form, in der die Marke benutzt wird, und der Form, in der sie eingetragen wurde, nicht die Unterscheidungskraft der Marke, wie sie eingetragen wurde, verändern (EuGH C 252/12, Specsavers / Asda Stores ).
Im vorliegenden Verfahren gesteht die Antragstellerin zu, die Widerspruchsmarke nur in Verbindung mit dem Wort „OVB“, somit in Form der zweite Widerspruchsmarke verwendet zu haben. Diesem Tatsachenvorbringen trat die Antragsgegnerin nicht entgegen.
6.5 Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die erste Widerspruchsmarke überhaupt benutzt wurde, oder ob sie allenfalls „in einer abweichenden Form“ benutzt wurde oder ob die Benutzung der zweiten Widerspruchsmarke auch jene der ersten Widerspruchsmarke mit sich bringt:
Das Rekursgericht erachtet hier die Voraussetzungen für gegeben, unter denen die Benutzung der zweiten Widerspruchsmarke auch die Benutzung der ersten Widerspruchsmarke umfasst, weil die erste Widerspruchsmarke in der zweiten Widerspruchsmarke vollständig und unverändert abgebildet wird, weil sie nicht in den Hintergrund tritt und weil sie auch nicht in einer unüblichen Form verwendet wird. Die vom EuGH in C 252/12, Specsavers, Rn 24, aufgestellten Grundsätze sind daher auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Im zitierten Fall Specsavers wurde das „wortlose Logo“ sogar mit einem Text überschrieben. Im hier zu beurteilenden Fall blieb die erste Widerspruchsmarke unverändert, darunter wurden nur jeweils drei Buchstaben gesetzt (vgl dazu auch 34 R 153/14s, KiVi ).
Durch einen gedanklichen Gegenschluss lässt sich dieses Ergebnis noch zusätzlich verifizieren: Hätte die Antragstellerin nur die erste Widerspruchsmarke registriert, bestünde bei der regelmäßigen Hinzufügung von drei Buchstaben (seien es auch immer dieselben Buchstaben) kein Zweifel daran, dass die erste Widerspruchsmarke benutzt wird.
Die Antragstellerin kann sich somit mit ihrem Widerspruch auch auf die erste Widerspruchsmarke berufen.
Verwechslungsgefahr
7.1 Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RS0066553 [T13]; RW0000786). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher , marken.schutz 3 § 30 Rz 427 mwN).
Die Rechtsbeständigkeit der Widerspruchsmarke kann im Widerspruchsverfahren nicht in Frage gestellt werden (st Rsp, RW0000891).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl EuGH C 39/97 = ÖBl 1999, 105, Cannon/Canon, Rn 23).
7.2 Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB EuGH C 191/11 P, Yorma’s, Rn 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; RS0121500 [insb T4], RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i).
7.3 Umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH C 39/97 = ÖBl 1999, 105, Cannon/Canon ; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN ; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at ).
7.4 Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (RS0117324; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0078944; EuGH C 342/97, Lloyd, Rn 26).
Bei Finanzdienstleistungen ist von einem relativ hohen Aufmerksamkeitsgrad der Durchschnittsverbraucher auszugehen, da es sich dabei um spezialisierte Dienstleistungen handelt, die für ihre Nutzer erhebliche finanzielle Folgen haben könnten; dies gilt generell in Klasse 36 ( Schumacher aaO § 10 Rz 427).
7.5 Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a = ÖBl 1998, 246, GO; 4 Ob 55/04y = RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RS0117324; EuGH C 120/04, Thomson life, Rn 28) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (EuGH C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64).
7.6 Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74 = SZ 47/103, Pregnex/Pregtest; RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).
7.7 Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RS0066779). Ein schwacher Wortbestandteil, der, für sich allein betrachtet, kaum über den konkreten Wortlaut hinaus geschützt werden könnte, trägt im Allgemeinen zum Gesamteindruck eines Wortbildzeichens nur wenig bei. Dessen Gesamteindruck wird vielmehr in einem solchen Fall durch den Bildbestandteil geprägt ( Schumacher aaO § 10 Rz 543).
Für den Ähnlichkeitsvergleich sind die einzelnen Zeichenbestandteile aber nicht isoliert zu betrachten und es dürfen nicht nur die nicht übereinstimmenden Zeichenteile zugrunde gelegt werden; vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welcher Einfluss auf den Gesamteindruck des Zeichens den einzelnen Markenteilen zukommt. Stehen bei einer Wortbildmarke die bildlichen und die wörtlichen Bestandteile mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander, dann sind nicht nur jene Zeichen als mit dieser Marke verwechselbar ähnlich anzusehen, die nach ihrem Gesamteindruck eine Verwechslungsgefahr hervorrufen, sondern auch jene, die entweder nur die bildlichen oder nur die wörtlichen Teile dieser Marke in verwechselbarer Weise wiedergeben (17 Ob 10/11m, Jungle Man, mwN).
7.8 Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RS0079033). Bei der Übernahme eines Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (vgl zum Kriterium „untergeordnete Rolle“ 34 R 194/15s, OLD SCHOOL OLYMPIC BOXING CLUB JA*B VIENNA ).
8. Bei der Gegenüberstellung der ersten Widerspruchsmarke und der angegriffene Marke
sind nach der Einschätzung des Rekursgerichts jene Grundsätze anzuwenden, die für die Übernahme eines Zeichens in ein anderes Zeichen als dessen Bestandteil entwickelt wurden, obwohl die Bildelemente nicht völlig ident sind (die drei Säulen sind nicht gleich breit, sie sind nicht gleich hoch und die Kurve, die sie nach oben begrenzt, hat nicht dieselbe Krümmung und auch nicht dieselbe Steigung). Dennoch imponiert ein identischer Gesamteindruck, wobei hier besonders zu berücksichtigen ist, dass die beteiligten Verkehrskreise die Zeichen selten nebeneinander sehen werden, sondern dass eine undeutliche Erinnerung die Detailunterschiede verwischen wird.
Dass somit das Bildelement in die angegriffene Marke aufgenommen wurde, führt im konkreten Fall im Ergebnis zur Verwechslungsgefahr, weil das Bildelement in der angegriffenen Marke nicht in ausreichender Weise in den Hintergrund tritt, sondern weil aus der Sicht der Betrachter mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit angenommen wird, die Ziffern-Buchstabenkombination sowie das kleinere Wort „IMMOGROUP“ seien eine zusätzliche Spezifikation einer Ware oder einer Dienstleistung, die von jenem Unternehmen stammt, das schon durch das abgebildete Säulendiagramm identifiziert werden kann.
Im übrigen sind Zeichen, die – wie die Widerspruchsmarken – nicht färbig eingetragen sind, in der Regel mit ähnlichen Zeichen in allen Farben verwechselbar ( Schumacher aaO § 10 Rz 556).
Die Entscheidung der Rechtsabteilung war daher zu ändern und die angegriffene Marke hinsichtlich der als ähnlich zu wertenden Dienstleistungen zu löschen.
9. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
[Der Oberste Gerichtshof hat den außerordentlichen Revisionsrekurs am 27.5.2021 zurückgewiesen, 4 Ob 32/21s.]