134Ds4/19f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Disiziplinargericht für Richter und Staatsanwälte in der Disziplinarsache gegen die Richterin des Landesgerichts ***** Mag a . C***** A***** wegen des Dienstvergehens nach § 57 Abs 1 und 3 RStDG nach der am 25. August 2020 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Habl, im Beisein der Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Hradil Miheljak und der Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Stöger Hildbrand als beisitzende Richter, des Richteramtsanwärters Mag. Weixlbraun als Schriftführer, in Gegenwart des Ersten Oberstaatsanwaltes Dr.Salzmann als Vertreter der Oberstaatsanwaltschaft Wien als Disziplinaranwältin sowie in Anwesenheit der Disziplinarbeschuldigten Mag a . C***** A***** durchgeführten Disziplinarverhandlung zu Recht erkannt:
Spruch
Mag a . C***** A***** ist schuldig, sie hat als für die Abteilung 4 Hv (Jugendstrafsachen) verantwortliche Richterin des Landesgerichts ***** dadurch gegen ihre Pflichten als Richterin, sich mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft zu erfüllen und die ihr übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen (§ 57 Abs 1 RStDG) sowie, sich im und außer Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird (§ 57 Abs 3 RStDG), verstoßen, dass sie zwischen 14. November 2017 und 4. Februar 2019 die Bestimmung des § 270 Abs 1 StPO und von Jänner 2017 bis 14. August 2018 die Bestimmung des § 9 Abs 1 StPO dadurch gravierend verletzt hat, indem sie in den Verfahren AZ 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv *****, 4 Hv ***** und 4 Hv ***** zwischen Verkündung des Urteils und Urteilsausfertigung zwischen sechseinhalb und 14 Monate verstreichen ließ und im Verfahren AZ 4 Hv ***** in der Zeit von Jänner 2017 bis September 2017 keine Bearbeitungsschritte setzte und nach Zustellung des HV Protokolls an die Parteienvertreter am 24. Oktober 2017 erst am 14. August 2018 die Ladung der Verfahrensbeteiligten zu der am 14. September 2018 anberaumten Hauptverhandlung veranlasste.
Mag a . C***** A***** hat hiedurch mit Rücksicht auf die Art und Schwere der Verfehlungen, insbesondere die Wiederholung der Pflichtverletzungen sowie das Zusammentreffen unterschiedlicher Verfehlungen ein Dienstvergehen iSd § 101 Abs 1 RStDG begangen. Über sie wird demnach gemäß § 104 Abs 1 lit b RStDG eine Geldstrafe in der Höhe von 1 (einem) Monatsbezug verhängt.
Gemäß § 137 Abs 2 RStDG hat die Disziplinarbeschuldigte die mit EUR 300,-- bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die am 15. J***** 19** geborene Disziplinarbeschuldigte Mag a . C***** A***** ist geschieden und ohne Sorgepflichten. Sie wurde nach Ablegung der Richteramtsprüfung mit ausgezeichnetem Erfolg mit Wirksamkeit vom 1. Juni 1995 als Staatsanwältin in der Staatsanwaltschaft ***** eingesetzt und mit 1. Dezember 2014 zur Richterin des Landesgerichts ***** ernannt, wo sie zuerst HR und BE Sachen sowie Fortführungsanträge bearbeitete und mit 1. Jänner 2016 eine Hv Abteilung übernahm. Nach Rückkehr aus einem - nach einem Unfall -länger dauernden Krankenstand (3.Mai bis 30.September 2016), übte sie ihre Tätigkeit mit 1. Oktober 2016 in der neu geschaffenen Gerichtsabteilung 24 Hv aus und wechselte mit 1. Jänner 2017 in die Gerichtsabteilung 4 Hv, eine Jugendabteilung, wobei sie die Akten der zu diesem Zeitpunkt geschlossenen Abteilung 24 Hv weiter zu bearbeiten hatte.
Wurde bereits anlässlich einer staatsanwaltschaftlichen Teileinschau durch die Oberstaatsanwaltschaft ***** im November 2011 bei Mag a . A***** neben inhaltlichem Lob auf eine „optimierbare Bearbeitungsstringenz und Erledigungsgeschwindigkeit“ hingewiesen, wurde in ihrer Dienstbeschreibung für das Jahr 2017 Mag a . A***** einerseits eine sehr fleißige, sorgfältige und gewissenhafte Arbeitsweise mit (inhaltlich) ausgezeichneten Ergebnissen bescheinigt, andererseits wurden jedoch erhebliche Verzögerungen bei den Ausfertigungen, ein überproportional hoher Anhängigkeitsstand, zahlreiche mehrmonatige Verfahrensstillstände und eine zögerliche Aktenbearbeitung sowie Verfahrensführung thematisiert.
Es wurde daher mit 24. Juli 2017 die von Mag a . A***** geführte Abteilung auf 50% Hv und 50% BE Sachen umgestellt, Mitte November 2018 wurde sie vom Personalsenat gegen Neuanfall in Hv gesperrt, um die offenen Hv Akten aufarbeiten zu können. Mit 1. Jänner 2019 wurde ihre Verwendung derart geändert, dass sie statt der Hv nun HR Sachen im Umfang von 50% zu bearbeiten hat.
Mittlerweile hat Mag a . A***** alle Rückstände aus ihrer früheren Hv Zuständigkeit aufgearbeitet, die von Mag a . A***** nun geführten BE und HR Abteilung befindet sich in ordnungsgemäßem Zustand.
Aufgrund der in den im Spruch genannten Verfahren von Mag a . A***** zu vertretenden gravierenden (Ausfertigungs )Verzögerungen erstattete der Präsident des Oberlandesgerichtes ***** gegen Mag a . C***** A***** Disziplinaranzeige (ON 2).
In der Folge beantragte der Disziplinaranwalt der Oberstaatsanwaltschaft Wien am 22.Juli 2019 gegen Mag a . C***** A***** die Disziplinaruntersuchung gemäß § 123 Abs 1 RStDG wegen § 57 Abs 1 und Abs 3 RStDG einzuleiten.
Vom Disziplinargericht wurde mit Beschluss vom 12. November 2019 gemäß § 123 Abs 1 RStDG die Disziplinaruntersuchung gegen Mag a . C***** A***** eingeleitet und mit Beschluss vom 12. Mai 2020 gemäß § 128 Abs 1 RStDG ausgedehnt (ON 7; 13). Die Disziplinarbeschuldigte hat am 28. März 2019 und am 22. Oktober 2019 (ON 4; 6) eine schriftliche Stellungnahme abgegeben und äußerte sich dazu auch anlässlich ihrer Vernehmung als Disziplinarbeschuldigte (ON 10).
Rechtliche Beurteilung
Zu den Pflichtverletzungen im Einzelnen:
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen P***** G***** wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, 148 zweiter Fall StGB) wurde das Urteil am 20. Februar 2018 verkündet und langte die Urteilsausfertigung am 7. Dezember 2018 in der Geschäftsabteilung ein, wobei der aus einem Band bestehende Akt bis zum Urteil I. Instanz 63 Ordnungsnummern aufwies. Mag a . A***** benötigte demnach cirka neun Monate für die Urteilsausfertigung.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen C***** S***** wegen §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3, 148 zweiter Fall StGB und C***** S***** wegen § 165 Abs 1 erster Fall, Abs 2 erster und siebenter Fall, Abs 3 erster Fall StGB a.F.) wurde von Mag a . A***** das Urteil am 14. November 2017 verkündet und langte die Urteilsausfertigung am 21. Jänner 2019 in der Geschäftsabteilung ein, wobei der siebenbändige Akt bis zum Urteil I. Instanz 121 Ordnungsnummern umfasste. Die Ausfertigungsdauer betrug daher rund 14 Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen B***** E***** wegen §§ 125; 105 Abs 1; 15, 269 Abs 1; 141 Abs 1 StGB; § 50 Abs 1 Z 3 WaffG) erfolgte die Urteilsverkündung am 3. Mai 2018 und langte das Urteil am 21. Jänner 2019 in der Geschäftsabteilung ein, wobei der aus einem Band bestehende Strafakt (samt einbezogenen Verfahren) bis zum Urteil I. Instanz 29 Ordnungsnummern umfasste. Die Ausfertigungsdauer betrug rund acht Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen A***** W***** wegen §§ 83 Abs 1; 105 Abs 1 StGB) wurde von Mag a . A***** am 24. November 2017 das Urteil, das sodann am 10. Jänner 2019 in der Geschäftsabteilung einlangte, verkündet und beinhaltete der einbändige Strafakt bis zum Urteil I. Instanz 18 Ordnungsnummern. Die Ausfertigungsdauer betrug demnach cirka 13 Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen P***** L***** und D***** J***** wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, Abs 2 Z 1 StGB und anderer Delikte; der einbändige Akt enthielt bis zum Urteil I. Instanz 35 Ordnungsnummern) wurde am 12. Jänner 2018 das Urteil verkündet und langte die Urteilsausfertigung am 7. September 2018 in der Geschäftsabteilung ein. Die Ausfertigungsdauer betrug daher mehr als sieben Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen M***** B***** wegen §§ 15, 105 Abs 1; 15, 144 Abs 1, 145 Abs 1 Z 1 StGB, teilweise § 12 zweiter Fall StGB; §§ 293 Abs 2; 297 Abs 1 StGB) wurde von Mag a . A***** am 15. Dezember 2017 das Urteil verkündet und langte die Urteilsausfertigung Mitte Dezember 2018 in der Geschäftsabteilung ein. Der Strafakt bestand aus drei Aktenbänden mit 123 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz. Die Ausfertigung nahm daher cirka 12 Monate in Anspruch.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen J***** J*****, S***** P*****, S***** S***** und M***** K***** wegen §§ 288 Abs 1 und 4; 297 Abs 1; 83 Abs 1, 84 Abs 5 Z 2 StGB und anderer Delikte) erfolgte die Verkündung der Urteile am 4. Mai 2018 und am 31. Juli 2018, wobei die Urteilsausfertigungen am 27. November 2018 in der Geschäftsabteilung einlangten. Bis zum Urteil I. Instanz bestand der zweibändige Strafakt aus 61 bzw. 72 Ordnungsnummern. Die Ausfertigungsdauer betrug daher mehr als sechs Monate bzw. rund vier Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen C***** H***** und A***** H***** wegen §§ 127, 129 Abs 2 teils Z 1 und Z 2, 131 Abs 1, 15; 135 Abs 1; 241e Abs 3; 229 Abs 1 StGB; § 50 Abs 1 Z 3 WaffG) wurde von Mag a . A***** am 24. April 2018 das Urteil verkündet, der Strafakt bestand aus zwei Aktenbänden mit 93 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz und langte am 31. Jänner 2019 die Urteilsausfertigung in der Geschäftsabteilung ein. Die Ausfertigung beanspruchte daher cirka neun Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen A***** G***** wegen § 107 Abs 1 StGB) erfolgte die Urteilsverkündung am 30. Jänner 2018, enthielt der einbändige Strafakt bis zum Urteil I. Instanz sechs Ordnungsnummern und langte die Urteilsausfertigung Anfang September 2018 in der Geschäftsabteilung ein. Die Ausfertigungsdauer betrug daher mehr als sieben Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen N***** S***** und F***** K***** wegen § 84 Abs 1 StGB) wurde am 20. Juli 2018 das Urteil verkündet und langte die Urteilsausfertigung am 4. Februar 2019 in der Geschäftsabteilung ein. Der Akt bestand aus einem Band mit 20 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz. Die Ausfertigung dauerte daher mehr als sechs Monate.
Im Verfahren AZ 4 Hv ***** (Strafsache gegen M***** S***** wegen §§ 146; 83 Abs 1; 107 Abs 1 StGB) erfolgte zwischen Jänner 2017 bis September 2017 kein Bearbeitungsschritt, am 24. Oktober 2017 wurde das Hauptverhandlungsprotokoll an die Parteienvertreter zugestellt und erging am 14. August 2018 die Ladung zur Hauptverhandlung für den 14. September 2018. In dem aus zwei Bänden umfassenden Strafakt, der bis zum Urteil I. Instanz 51 Ordnungsnummern aufwies, kam es zu einem Verfahrensstillstand von 8 Monaten und von cirka zehn Monaten.
Mag a . C***** A***** hat es ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden durch die mehrfache massive Verletzung der Bestimmung des § 270 Abs 1 StPO zwischen 14. November 2017 und 4. Februar 2019 und Nichtbeachtung des Beschleunigungsgebotes des § 9 Abs 1 StPO von Jänner 2017 bis 14. August 2018, gegen die in § 57 Abs 1 RStDG normierte Verpflichtung zur Erledigung ihrer Amtsgeschäfte so rasch als möglich sowie gegen die in § 57 Abs 3 RStDG festgeschriebene Pflicht, sich im und außer Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird, zu verstoßen.
Die Feststellungen zum Werdegang der Mag a . A*****, zu ihrem Tätigkeitsbereich am Landesgericht ***** und zu den objektiven Pflichtverletzungen gründen sich auf den beigezogenen Auszug aus dem Standesausweis samt Dienstbeschreibungen, die beigeschafften, bezughabenden Hv Akten, die Anzeige des Präsidenten des Oberlandesgerichts ***** und die dabei angeschlossenen Berichte der Präsidentin des Landesgerichts ***** vom 12. Februar 2019, Jv 422/18g 17 sowie vom 15. April 2019, Jv 274/19v 17 samt Dienstbeschreibung der Mag a . A***** über das Jahr 2017 und Beschluss des Personalsenats vom 29. März 2019 (ON 2) im Verein mit der überwiegend geständigen Einlassung der Disziplinarbeschuldigten ( vgl. ON 4; 6; 10 und Protokoll der Disziplinarverhandlung). Die Konstatierung, dass Mag a . A***** ihre Rückstände aufgearbeitet hat und sich die von ihr geführte BE und HR – Abteilung in ordnungsgemäßem Zustand befindet, gründet auf den Beschluss des Personalsenats des Landesgerichts ***** vom 29.März 2019 sowie den von der Disziplinarbeschuldigten vorgelegten VJ-Auszug vom 24.August 2020.
Mag a . A***** verantwortete sich im Wesentlichen geständig und begründete die Verfahrensverzögerungen damit, Anfang Mai 2016 eine komplizierte Schulterfraktur, die neben einem Krankenhausaufenthalt von zwei Wochen und einem Krankenstand von insgesamt fünf Monaten, einen Rehabilitationsaufenthalt vom 25. Oktober bis 15. November 2016 und bis heute notwendige Physiotherapien nach sich gezogen habe, erlitten zu haben, (bis Ende 2018) keine Anfallssperre der Hv Abteilung erlangt, keine/n Richteramtsanwärter/in zugeteilt erhalten, keine Unterstützung der üblichen Art durch Kanzleibeamte bekommen zu haben, dem Ersuchen der Präsidentin des Landesgerichts *****, den Anhängigkeitsstand zu reduzieren und länger ausstehende Urteil auszufertigen entsprochen zu haben, wobei sehr viele kleinere und dringende Verfahren zu erledigen gewesen seien und sie Haftsachen natürlich vorgezogen habe. Daher sei sie eine zeitlang nicht zu den schwierigen Urteilen gekommen. Die verzögerten Urteilsausfertigungen seien großteils (wie auch die jeweiligen Verhandlungstätigkeiten) sehr aufwändig bzw. komplex gewesen, es seien jedoch alle bekämpften Urteile (mit einer Ausnahme) im Schuldspruch bestätigt worden. Im Verfahren AZ 4 Hv ***** sei der Angeklagte nicht in Haft gewesen, sodass keine besondere Dringlichkeit im Sinne des besonderen Beschleunigungsgebotes nach § 9 Abs 2 StPO bestanden habe. Da mehrere Zeugen beantragt worden und die Bestellung eines Sachverständigen im Raum gestanden sei/en wobei sie im beanstandeten Zeitraum ein Telefonat mit einem Sachverständigen geführt, dieses aber nicht im Akt dokumentiert habe , sei die Hauptverhandlung erst am 14. August 2018 für den 14. September 2018 anberaumt worden. Die aufgezeigten Verzögerungen hätten aber aufgrund der Qualität ihrer Arbeit, die sich auch im Rechtsmittelerfolg zeigt, weder das Vertrauen in die Rechtspflege noch das Ansehen des Berufsstandes gefährdet. Denn aufgrund des hohen Qualitätsanspruchs an ihre Arbeit sei infolge der vielen, nicht aufgehobenen erstinstanzlichen Urteile ein zweiter Rechtsgang vermieden worden. In ihrem aktuellen Tätigkeitsbereich würden keine Rückstände bestehen und sich die Abteilung in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden.
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite sind aus dem objektiven Tatverhalten, insbesonders aus der mehrfachen Überschreitung der Frist des § 270 Abs 1 StPO um ein Vielfaches sowie aus der schon im Jahre 2011 und im Rahmen der Dienstbeschreibung für 2017 aufgezeigten Problematik der Erledigungsdauer zu deduzieren, mag auch Mag a . A***** immer um eine gewissenhafte und fundierte Urteilsausfertigung bemüht gewesen sein.
Gemäß § 57 Abs 1 zweiter Satz RStDG haben sich Richter und Staatsanwälte mit voller Kraft und allem Eifer dem Dienst zu widmen, sich fortzubilden, die Pflichten ihres Amtes gewissenhaft, unparteiisch und uneigennützig zu erfüllen und die ihnen übertragenen Amtsgeschäfte so rasch wie möglich zu erledigen. Sie haben auch die Pflicht, sich im und außer Dienst so zu verhalten, dass das Vertrauen in die Rechtspflege sowie das Ansehen ihres Berufsstandes nicht gefährdet wird (§ 57 Abs 3 RStDG).
Mag a . A***** hat in den aufgezeigten Verfahren ihre Amtspflichten verletzt, indem sie die Frist für die Urteilsausfertigung (§ 270 Abs 1 StPO) in zehn Verfahren massiv überschritten hat – wobei in drei Fällen die Ausfertigungsverzögerung sogar mehr als ein Jahr betrug - und es unter Verletzung von § 9 Abs 1 StPO in einem Verfahren zwei Mal zu einem mehrmonatigen Stillstand gekommen ist. Mag auch die Arbeitsbelastung hoch gewesen sein und ihre Arbeitseffizienz nach Rückkehr aus dem Krankenstand bzw. dem Rehabilitationsaufenthalt einer gewissen Anlaufzeit bedurft haben, vermag dies ebensowenig wie die Nichtzuteilung eines/einer RiAA und die Nichtgewährung der Sperre für die Hv Abteilung nach dem teilweisen Wechsel per 24. Juli 2017 mit 50% in BE derartige Verzögerungen zu rechtfertigen. Auch der Hinweis, dass der Angeklagte im Verfahren 4 Hv ***** nicht in Haft gewesen sei, rechtfertigt keineswegs einen Verfahrensstillstand von acht bzw. zehn Monaten. Mag a . A***** ist ihr Fleiß und ihre sorgfältige und gewissenhafte Arbeitsweise mit (inhaltlich) ausgezeichneten Ergebnissen und der damit verbundene höhere Zeitaufwand zu Gute zu halten. Das kann jedoch eine Ausfertigungsdauer von mehr als sieben Monaten für ein Urteil eines Strafaktes, der aus einem Band mit sechs Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz (AZ 4 Hv *****) besteht, von sechs Monaten für ein Urteil eines Strafaktes mit 20 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz (AZ 4 Hv *****), von 13 Monaten für ein Urteil in einem einbändigen Strafakt mit 18 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz (4 Hv *****) und von mehr als sieben Monaten für ein Urteil in einem einbändigen Strafakt mit 35 Ordnungsnummern bis zum Urteil I. Instanz (AZ 4 Hv *****) unter keinen Umständen erklären. Durch die Verzögerungen bei Ausfertigung der Urteile wurde das Vertrauen in die Rechtspflege und das Ansehen des Richterstandes gefährdet, zumal die Angeklagten – mag auch ein 2.Rechtsgang durch fundierte Urteilsbegründungen vermieden worden sein - ungebührlich lange über den – endgültigen – Verfahrensausgang im Unklaren gelassen wurden, sodass die Berufungsinstanz wiederholt – der unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer als Verletzung von Art 6 MRK Rechnung tragend - § 34 Abs 2 StGB anzuwenden und die an sich schuldadäquate Sanktion zu reduzieren hatte (ON 9).
Daher hat Mag a . A***** gegen die ihr sowohl in § 57 Abs 1 RStDG, als auch in § 57 Abs 3 RStDG auferlegten Dienstpflichten vorsätzlich verstoßen.
Unter Bedachtnahme auf die Mehrzahl der Verfahren in denen Mag a . A***** die Bestimmung des § 270 Abs 1 StPO und in einem Fall auch das Beschleunigungsgebot des § 9 Abs 1 StPO missachtet hat, die Dauer, die Art und Schwere der Verzögerungen sowie das Zusammentreffen von Pflichtwidrigkeiten verschiedener Art, stellen diese Pflichverletzungen ein Dienstvergehen im Sinne des § 101 Abs 1 RStDG dar.
Für die Strafbemessung ist die Art und die Schwere der Pflichtverletzung maßgebend, wobei auch auf Erwägungen der Spezial – und Generalprävention Rücksicht zu nehmen ist ( Ds 2/19w mwN).
Es war als mildernd das im wesentlichen reumütige Geständnis und das bis zum Beginn des Tatzeitraums – und auch nunmehr wieder – tadellose disziplinäre Verhalten, als erschwerend dem gegenüber der lange Deliktszeitraum sowie die über die Verwirklichung des Disziplinarvergehens hinausgehenden Tatwiederholungen und die Kumulierung von Pflichtverletzungen verschiedener Art zu werten.
Bei gebührender Abwägung dieser Strafzumessungslage kommt ein Absehen vom Ausspruch über die Verhängung einer Disziplinarstrafe (§ 101 Abs 3 RstDG) sowie der bloße Ausspruch der Disziplinarstrafe des Verweises (§ 104 Abs 1 lit a RstDG) - mag auch Mag a . A***** nunmehr rückstandsfreie, tadellose Leistung erbringen – im Hinblick auf das Gewicht der Verzögerungen und die mehrfache Wiederholung nicht in Betracht, sondern ist eine dem Schuld und Unrechtsgehalt der Pflichtverletzungen entsprechende Geldstrafe gemäß § 104 Abs 1 lit b RStDG in der Höhe von 1 (einem) Monatsbezug zu verhängen, um allen Strafzwecken gerecht zu werden.
Mit Rücksicht auf den Verfahrensaufwand und die Vermögensverhältnisse der Mag a . A***** sind die Kosten mit EUR 300,-- zu bestimmen und deren Ersatz der Disziplinarbeschuldigten aufzuerlegen (§ 137 Abs 2 RStDG).