JudikaturOLG Wien

133R145/19z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. Februar 2020

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der abstrakten Farbmarke „Telemagenta/Weißgrün“ über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 7.10.2019, AM 51664/2018-7, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte mit Anmeldung vom 23.8.2018 aufgrund der ihres Erachtens gegebenen Unterscheidungskraft und nachgewiesenen Verkehrsgeltung die Eintragung der abstrakten Farbmarke

[Farbwiedergabe im RIS nur annähernd]

zuletzt in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen und mit diesem Schutzumfang:

3 Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Wasch- und Bleichmittel; Seifen; Haarwässer; Zahnputzmittel;

5 Präparate für die Gesundheitspflege; Nahrungsergänzungsmittel, insbesondere Antioxidantien für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse und Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; diätetische Präparate für die Herstellung von Getränken für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten); Babykost, insbesondere Milchpulver für Babys; Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Nahrungsergänzungsmittel für Sport und Leistungssteigerung für medizinische Zwecke; mineralische Nahrungsergänzungsmittel; Stärke für diätetische und pharmazeutische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel, hauptsächlich bestehend aus Vitaminen, Aminosäuren, Mineralien und Spurenelementen für medizinische Zwecke; Kräutertees für medizinische Zwecke; pharmazeutische, veterinärmedizinische und diätetische Erzeugnisse (medizinische Zwecke), sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Kulturen von Mikroorganismen für medizinische oder tierärztliche Zwecke; Vitaminpräparate; medizinische Abmagerungspräparate; Appetitzügler für medizinische Zwecke; Bakterienpräparate für medizinische oder tierärztliche Zwecke; bakteriologische Präparate für medizinische oder tierärztliche Zwecke; biologische Präparate für medizinische Zwecke; diätetische Substanzen für medizinische Zwecke; Diätnahrungsmittel für medizinische Zwecke; Enzympräparate für medizinische Zwecke; Kapseln für medizinische Zwecke; Nährflüssigkeiten und Nährstoffe für Bakterienkulturen; Verdauungsmittel für pharmazeutische Zwecke;

45 Vergabe von Lizenzen an Dritte für die Benutzung von gewerblichen Schutz- und Urheberrechten.

Die beiden Farben (Weißgrün, RAL 6019, und Telemagenta, RAL 4010) seien über- und untereinander horizontal derart angeordnet, dass beide Farben jeweils exakt gleich viel Platz einnähmen und sich die Farbe Weißgrün stets über der Farbe Telemagenta befinde. Alle Verpackungen und Sachets, in denen die von der Antragstellerin produzierten Nahrungsergänzungsmittel verpackt seien, bestünden aus den Farben Weißgrün und Telemagenta in dieser Kombination. Auch die Prospekte der Antragstellerin bestünden aus den Farben Weißgrün und Telemagenta.

Die Antragstellerin habe weiters vor Kurzem ihre Zentrale mit einer äußerst auffälligen Glastafel versehen, auf der der Schriftzug „Institut Allergosan“ in Telemagenta deutlich sichtbar sei. Sogar die WC-Tafeln bei der Antragstellerin seien in Telemagenta gehalten. Die Antragstellerin habe von den genannten Produkten mehr als eine Million Packungen verkauft. In Österreich habe sie zwischen 16.1.2014 und 11.7.2018 mehrere tausend Stück der mit der Farbmarke gekennzeichneten Waren und Werbemittel verkauft.

Aufgrund der hohen Stückzahlen und der durchgehenden Verwendung der beiden Farben Weißgrün und Telemagenta habe die Farbkombination Verkehrsgeltung für die Produkte der Antragstellerin erlangt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag ab. Dem Zeichen fehle die nötige Unterscheidungskraft gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.

Der Nachweis der Verkehrsgeltung des Zeichens sei nicht erbracht worden: Die Verpackungen zeigen in keiner Ausführung das Zeichen in der angemeldeten Form. Die Farbe Telemagenta nehme auf den Verpackungen wesentlich mehr Platz ein als die Farbe Weißgrün, die nur in der unteren Hälfte der Vorder- und Rückseite sowie auf der Oberseite der Verpackungen zu finden sei. Die seitlichen Flächen mit Nährwertangaben und Verzehrempfehlungen und die Unterseite wiesen einen durchgehenden Hintergrund in Telemagenta auf. Es sei keine horizontale Überordnung der Farbe Weißgrün über die Farbe Telemagenta zu erkennen. Unter der weißgrünen Fläche befinde sich zwar ein schmaler Streifen in Telemagenta, jedoch bestehe auch die obere Begrenzung der weißgrünen Fläche aus einem geschwungenen Bogen in Telemagenta. Darüber hinaus wiesen die unterschiedlichen Verpackungen eine Vielzahl an weiteren Gestaltungselementen auf, etwa weitere Farben (Weiß, Schwarz, unterschiedliche Grüntöne) und grafische Elemente (Kreise, Darmschlingen). Vor diesem Hintergrund sähen die beteiligten Verkehrskreise die Kombination der beiden Farben Weißgrün und Telemagenta nicht als individualisierenden Unternehmenshinweis, sondern nur als dekorative Gestaltung des Hintergrunds der Verpackungen. Das Firmenschild und die WC-Tafeln, die nur in Telemagenta gehalten seien und die Farbe Weißgrün überhaupt nicht enthielten, wiesen keinen Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss dahin abzuändern, dass die angemeldete Farbmarke in das Markenregister eingetragen werde; hilfsweise stellt die Antragstellerin einen Aufhebungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Zur originären Unterscheidungskraft:

1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt nämlich die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Originär unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C-108/97, Chiemsee; C-104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82). Maßgeblich ist die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise im Inland (RIS-Justiz RS0079038), im Regelfall also der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 66 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; Koppensteiner, Markenrecht 4 83).

1.2. Die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH und des OGH sowie des OPM zur Schützbarkeit von konturlosen Farbmarken lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Eine Farbe als solche kann für bestimmte Waren oder Dienstleistungen Unterscheidungskraft haben, sofern sie Gegenstand einer grafischen Darstellung sein kann, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die Bezeichnung der Farbe nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode – hier: RAL 6019 (Weißgrün) und RAL 4010 (Telemagenta) – erfüllt diese Voraussetzung (C 104/01, Orange, Rn 29 und 37; C 578/17, Hartwall, Rn 33, ÖBl 2019/65, 249 [Wegrostek]; C 124/18 P, Red Bull, Rn 36).

Bei Farben besteht aber von Vornherein ein großes Freihaltebedürfnis: Die Zahl der Farben, die das Publikum unterscheiden kann, ist niedrig, weil sich ihm selten die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich von Waren mit unterschiedlichen Farbtönen bietet. Die geringe Zahl der für das Publikum unterscheidbaren Farben führt zu einer Verringerung der tatsächlich verfügbaren Farben mit der Folge, dass mit wenigen Eintragungen von Marken für bestimmte Dienstleistungen oder Waren der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft werden könnte. Ein derartiges Monopol wäre mit dem Allgemeininteresse an einem System eines unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar. Die Verfügbarkeit der Farbe soll für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen der von der Anmeldung erfassten Art anbieten, nicht ungerechtfertigt beschränkt werden (C 104/01, Orange, Rn 47, 54 f; 17 Ob 2/08f, roter Koffer; OBm 2/10, Verkehrspurpur; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 180 mwH).

Farben kommt auch generell eine geringe Kennzeichnungseignung zu (4 Ob 37/94, Zeitrelais; 4 Ob 126/01k, Das blaue Rohr ). Farben können zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen. Sie sind aber ihrer Natur nach kaum geeignet, eindeutige Informationen zu übermitteln. Das gilt umso mehr, weil sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden (C 104/01, Orange, Rn 40 f, 65 bis 67; C 49/02, Heidelberger Bauchemie; BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 14 mwN der Rsp des BGH; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 180). Der Verbraucher schließt – ohne grafische Darstellung oder Wortelemente – nicht von Vornherein von der Farbe einer Ware oder einer Verpackung auf ein bestimmtes Unternehmen (C 104/01, Orange, Rn 27 und 65).

Zwar gilt der Grundsatz, dass bei Farben das Freihaltebedürfnis sehr groß und die Kennzeichnungskraft sehr gering ist, nicht in gleichem Maß für sämtliche Farben (und Farbkombinationen); je unüblicher ein Farbton, desto geringer ist das Freihaltebedürfnis, desto größer ist auch die Kennzeichnungskraft (4 Ob 37/94, Zeitrelais; OBm 2/10, Verkehrspurpur).

Dennoch kann zusammenfassend festgehalten werden, dass abstrakten Farbmarken die erforderliche Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt (statt vieler BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot ). Nur unter außergewöhnlichen Umständen ist vorstellbar, dass eine Farbe als solche unabhängig von ihrer Benutzung unterscheidungskräftig ist, etwa bei einem sehr spezifischen maßgeblichen Markt oder einer sehr beschränkten Zahl der Waren oder Dienstleistungen (17 Ob 2/08f, roter Koffer ).

1.3. Derartige außergewöhnliche Umstände liegen in concreto nicht vor. Der Ansicht der Antragstellerin, es handle sich um besonders ausgefallene Farben, die man im täglichen Leben nicht wahrnehme und die daher besonders auffällig seien, insbesondere in ihrer Verbindung, tritt dass Rekursgericht nicht bei.

Der Durchschnittsverbraucher, dem sich selten die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich von Waren mit unterschiedlichen Farbtönen bietet, wird die angemeldeten Farben nicht als „Telemagenta“ und „Weißgrün“ bezeichnen können. Er kennt aber die „allgemeinen“ Farbtöne Magenta und Hellgrün, die er regelmäßig wahrnimmt und die für ihn nicht besonders auffällig sind. Die konkrete Farbkombination kann für ihn auf den ersten Blick zwar durchaus ungewöhnlich sein, aber nicht in dem Ausmaß, dass er allein aufgrund der Farbkombination auf der Warenverpackung – ohne grafische Darstellung oder Wortelemente – auf ein bestimmtes Unternehmen schließen würde. Zu alldem kommt, dass die Markeneintragung die anderen Wirtschaftsteilnehmer in den breiten Märkten der Hygiene- und Kosmetikartikel (Klasse 3) und Nahrungsergänzungsmittel (Klasse 5) samt Lizenzvergabe (Klasse 45) mit einer unüberschaubaren Zahl verschiedenster Waren und Dienstleistungen von der Verwendung der Farbkombination Magenta mit Hellgrün ausschließen würde, was sachlich nicht gerechtfertigt wäre.

1.4. Zusammenfassend teilt das Rekursgericht daher die Ansicht der Rechtsabteilung, dass es der angemeldeten Farbmarke „Telemagenta/Weißgrün“ an der Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG fehlt.

2. Zur erworbenen Unterscheidungskraft:

2.1. Fehlt dem Zeichen die originäre Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, kann dieses Registrierungshindernis unter der Voraussetzung überwunden werden, dass das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise vor der Anmeldung infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft im Inland erworben (§ 4 Abs 2 MSchG), also Verkehrsgeltung erlangt hat.

2.2. Die Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblickt (C 215/14, Kitkat I, Rn 58 ff; C 108/97, Chiemsee, Rn 46; C 299/99, Philips/Remington, Rn 61; C 353/03, Nestlé/Mars, Rn 30; RIS-Justiz RS0078751; 4 Ob 229/03k, Autobelehnung; 4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 4 Ob 38/06a, Shopping City; OBm 2/10, Verkehrspurpur ). Sie muss bei der Anmeldung bzw im Prioritätszeitpunkt gegeben sein. Auf eine danach gelegene Benutzung (und ihren [allfälligen] Nachweis) kommt es nicht an (Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 337; OLG Wien 34 R 61/16i, Schokopraline; 133 R 37/17i, Waffelverpackung ).

Diese Grundsätze kommen auch bei der Beurteilung der erworbenen Unterscheidungskraft von Farbmarken zur Anwendung, bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei anderen Markenformen (C 447/02, Orange, Rn 78; C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 47). Ob ein Zeichen Verkehrsgeltung besitzt, ist daher eine aufgrund der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen zu lösende Rechtsfrage (4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 17 Ob 29/07z, Interhospitaltransfer Niederösterreich; RIS-Justiz RS0043586). Auch hier muss die mutmaßliche Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, das heißt der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Kategorie von Waren oder Dienstleistungen beurteilt werden (C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 39 mwN der Rsp des EuGH; C 104/01, Orange, Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5], Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73).

Der EuGH hielt dazu in Bezug auf eine konturlose Farbmarke zuletzt Folgendes fest (C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot ):

«[ 40 ...] Zur Frage, in welcher Weise zu ermitteln ist, ob eine Marke infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat, ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass die für die Eintragung von Marken zuständige Behörde eine konkrete Prüfung vornehmen muss (Urteile Libertel, [...] Rn 77, und Nichols, C 404/02, [...] Rn 27) und sämtliche Gesichtspunkte zu prüfen hat, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die betreffende Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (Urteile Windsurfing Chiemsee, [...] Rn 49, und Nestlé, [...] Rn 31). Diese Gesichtspunkte müssen sich auf eine Benutzung der Marke als Marke beziehen, dh eine Benutzung, die der Identifizierung der Ware oder Dienstleistung durch die beteiligten Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend dient (Urteile Philips, [...] Rn 64, sowie Nestlé, [...] Rn 26 und 29).

41 Im Rahmen dieser Prüfung können insbesondere der Marktanteil der betreffenden Marke, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Anteil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden (Urteile Windsurfing Chiemsee, [...] Rn 51, und Nestlé, [...] Rn 31).»

Die Frage, ob sich die Marke infolge ihrer Benutzung in den beteiligten Verkehrskreisen für die Waren und Dienstleistungen im Sinne von § 4 Abs 2 MSchG durchgesetzt hat, ist demnach aufgrund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen von jenen andere Unternehmen zu unterscheiden (BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot , Rn 31).

2.3. Die von der Antragstellerin vorgelegten Sachets (./F, ./G, ./O, ./P) enthalten die Farbe Weißgrün überhaupt nicht. Die vorgelegte Werbung in Katalogen (./R bis ./V) und im Internet (./CC) enthält die Farbe nur insoweit, als darin die Produktverpackungen abgebildet sind, die Elemente in Weißgrün enthalten. Zum Firmenschild (./W bis ./Y) und zu den WC-Tafeln (./Z bis ./BB) hat schon die Rechtsabteilung zutreffend auf das Fehlen der Farbe Weißgrün und des Bezugs zu den angemeldeten Waren und Dienstleistungen hingewiesen (mit der für das Patentamt typischen Verweisungstechnik auf das Amtsschreiben vom 2.5.2019, ON 4, im angefochtenen Beschluss).

Als Grundlage der Verkehrsgeltung der Farbkombination aus Telemagenta und Weißgrün kommen damit von Vornherein nur die Verpackungen in Betracht, wie sie in der Werbung präsentiert werden und für die Kunden erhältlich sind. Dies sieht zuletzt offenbar auch die Antragstellerin so, stützt sie ihr Rekursvorbringen zur Verkehrsgeltung doch nur auf die – urkundlich nachgewiesenen (./A bis ./E, ./H bis ./N) – Verpackungen (Punkte 3. und 4. des Rekurses).

2.4. Der Antragstellerin ist zuzugeben, dass es in der Natur der Sache liegt, dass Verpackungen stets auch andere Elemente enthalten als ihre Grundfarben, und dass es für die Schutzfähigkeit einer Farbkombination infolge Verkehrsgeltung nicht schlechthin darauf ankommen kann, dass die Verpackung ausschließlich aus diesen Farben besteht und kein „Beiwerk“ enthält (Punkt 3.3. des Rekurses).

Damit ist für sie aber nichts gewonnen: Das Wesen der abstrakten Farbmarke ist, wie oben dargelegt, dass allein die Farbe oder die Farbkombination – ohne jedes andere gestalterische Element – geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Andere Farben und Gestaltungselemente auf Verpackungen – darunter auch andere geschützte Zeichen, wie hier der Schriftzug „OmniBiotic“ – sprechen nicht schlechthin gegen die Unterscheidungskraft, wenn aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers ungeachtet dieser anderen Farben und Gestaltungselemente jene Farbe oder Farbkombination, die geschützt werden soll, für sich allein unterscheidungskräftig ist. Prägen die anderen Farben und Gestaltungselemente aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers aber dermaßen das Erscheinungsbild der Verpackungen, dass die angemeldete Farbe oder Farbkombination überhaupt nicht oder nur in Kombination mit den anderen Farben und Gestaltungselementen kennzeichnend wirkt, kann die angemeldete Farbe oder Farbkombination keine Verkehrsgeltung erlangen. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn die angemeldete Farbe oder Farbkombination üblicherweise nur als dekorativer Hintergrund für einen bekannten Schriftzug genutzt werden sollte, weil es dann an einer markenmäßigen Nutzung der Farbe oder Farbkombination fehlt, es sei denn es wäre infolge der Benutzung bereits von einer „Hausfarbe“ auszugehen (Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 185 und Rz 324 f; Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht I 3 § 8 Rz 37; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 344).

2.5. Im konkreten Fall kann nach diesen Grundsätzen und den von der Antragstellerin vorgelegten Urkunden nicht auf eine erworbene Unterscheidungskraft geschlossen werden: Die Zuordnung der Produkte „OmniBiotic 6“ und „OmniBiotic 10“ zur Antragstellerin aufgrund ihrer Verpackung wird in der Regel aufgrund eines anderen Zeichens erfolgen, nämlich aufgrund des charakteristischen Schriftzugs „OmniBiotic“. Soweit der Durchschnittsverbraucher nicht schon daraus auf das Unternehmen sowie auf die Waren und Dienstleistungen der Antragstellerin schließt, tut er dies nicht aufgrund der angemeldeten Farbkombination Telemagenta und Weißgrün für sich allein, sondern aufgrund der weiteren Kombination dieser Farben mit Weiß, einem dunkleren und einem helleren Grün, der charakteristischen Farbanordnung (oben Weiß mit in dunklerem Grün gehaltenen Elementen, unten Weißgrün mit in hellerem Grün gehaltenen Elementen, in der Mitte und rundherum Telemagenta) und der weiteren charakteristischen Gestaltungselemente (verschieden große Kreise in dunklerem Grün im weißen Bereich, eine Darmschlinge in hellerem Grün im weißgrünen Bereich, Trennung der beiden Bereiche durch einen Bogen in Telemagenta, rundherum ebenso Telemagenta).

Ob die angemeldete Farbkombination, wie die Rechtsabteilung betont hat, als bloß dekorative Hintergrundgestaltung (zum Schriftzug „OmniBiotic“) wahrgenommen wird oder gemeinsam mit den anderen Farben und Gestaltungselementen kennzeichnend wirkt, kann letztlich dahingestellt bleiben: Jedenfalls kann das nachgewiesene Verpackungsdesign nicht dazu führen, dass der Durchschnittsverbraucher allein die Farbkombination aus Telemagenta und Weißgrün als kennzeichnend für das Unternehmen sowie die Waren und Dienstleistungen der Antragstellerin ansieht.

Urkunden, aus denen sich abweichende Hinweise ergeben könnten, etwa Kundenbestätigungen, demoskopische Gutachten oder Kammergutachten, die belegen würden, dass die maßgeblichen Verbraucherkreise allein aufgrund der Verwendung der angemeldeten Farbkombination auf die angemeldeten Waren und Dienstleistungen der Antragstellerin schließen, legte die Antragstellerin nicht vor.

2.6. Die Antragstellerin rügt schließlich das Fehlen der Feststellung, sie habe zwischen 16.1.2014 und 11.7.2018 mehrere tausend Produkte, deren Verpackungen mit dem angemeldeten Zeichen gekennzeichnet gewesen seien, im gesamten Bundesgebiet in Verkehr gebracht, wodurch das Zeichen österreichweit für jene Waren und Dienstleistungen bekannt geworden sei, für die sie die Eintragung der Marke begehre, als sekundären Feststellungsmangel (Punkt 4. des Rekurses).

Ob sich der erste Teil der begehrten Ersatzfeststellung (Stückzahl, Zeit und Orte des Produktverkaufs in den hier interessierenden Verpackungen) tatsächlich aus den ./EE und ./FF ableiten ließe (so Punkt 4. des Rekurses), muss hier nicht weiter geklärt werden, weil er rechtlich unerheblich ist: Wie soeben dargelegt wurde, sieht der Durchschnittsverbraucher aufgrund des nachgewiesenen Verpackungsdesigns die Farbkombination aus Telemagenta und Weißgrün allein nicht als kennzeichnend für das Unternehmen sowie die Waren und Dienstleistungen der Antragstellerin an.

Der zweite Teil der begehrten Ersatzfeststellung (österreichweite Bekanntheit der angemeldeten Farbkombination für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen) wiederum lässt sich aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen nicht ableiten, enthalten sie doch insbesondere keine Kundenbestätigungen, demoskopischen Gutachten oder Kammergutachten, die belegen würden, dass die maßgeblichen Verbraucherkreise allein aufgrund der Verwendung der angemeldeten Farbkombination auf die Herkunft der angemeldeten Waren und Dienstleistungen von der Antragstellerin schließen. Der von der Antragstellerin monierte sekundäre Feststellungsmangel liegt nicht vor.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf somit keiner Korrektur.

3. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 30.000 übersteigt (§ 59 Abs 2 AußStrG).

4. Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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