JudikaturOLG Wien

132Bs420/19p – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
30. Januar 2020

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch den Senatspräsidenten Dr. Dostal als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Vetter und den fac h kundigen Laienrichter Brigadier Steinacher als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des H***** B***** über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesg e richts ***** vom *****, GZ *****, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Text

B e g r ü n d u n g

Mit Beschluss vom ***** wies das Lande s gericht ***** als Vollzugsgericht eine Beschwerde des Untergebrachten H***** B***** vom ***** (ON 1) zurück.

Begründend wurde angeführt, dass dieser mit Schre i ben vom ***** (als Beschwerde gemäß § 120 StVG gegen die Fehlentscheidungen des Anstaltsleiters bezeic h net) moniere, dass er unrechtmäßig auf einer Männera b teilung angehalten sei, wiewohl er als Frau, die er in Wahrheit sei, auf der Frauenabteilung unterzubringen sei. Bezugnehmend auf den Erlass des BMVRDJ, GD 41711-II3/2019 vom 9. Mai 2019 (ON 2 S 7) sei die Unterbringung des H***** B*****, der bislang keine Personenstandsänderung durchgeführt habe, rechtmäßig. Darüber hinaus erwog das Erstgericht, dass keine inhaltliche Erledigung eines Ansuchens oder einer Beschwerde vorliege, aber auch keine Anordnung oder ein Verhalten des Anstaltsleiters, sodass mit Zurückweisung vorzugehen sei.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des H***** B***** (ON 8), der weitschweifig beklagt, dass ihm eine falsche Identität untergeschoben werde und eine männliche Person mit dem Namen H***** B***** nicht exi s tiere. Er selbst bezeichnet sich als Frau F***** Z***** B*****. Er sei auch ohne Hormontherapie, Operation, Gu t achten und Personenstandsänderung eine Frau und wolle auch so behandelt werden. Es liege eine systemimmanente Transphobie an Transfrauen vor, die an ihm abreagiert werde. Alle Transmänner seien in die Männerabteilung zu verlegen, alle Transfrauen in die Frauenabteilung. Durch die Entscheidung des Landesgericht ***** werde er diskr i miniert. Weiters würden ihm Männlichkeit, Gefährlichkeit, Zurechnungsunfähigkeit und Persönlichkeitsstörungen in den Beschlüssen gegen seinen Willen aufgezwungen. Über seine Identität hätten die Gerichte nichts zu sagen. Das Landesgericht ***** habe paranoide Wahnvorstellungen.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bede u tung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.

Gemäß § 16 Abs 3 StVG entscheidet das Vollzugsg e richt am Sitz des Oberlandesgerichts, in dessen Sprengel die Freiheitsstrafe vollzogen wird, über Beschwerden Z 1. gegen eine Entscheidung oder Anordnung des Anstaltsle i ters, Z 2. wegen Verletzung eines subjektiven Rechts durch ein Verhalten des Anstaltsleiters und Z 3. wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstalt s leiter.

Nur wenn sich eine Beschwerde gegen eine Entsche i dung, Anordnung oder ein Verhalten des Anstaltsleiters oder gegen die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Anstaltsleiter richtet und dieser der Beschwerde nicht selbst abhilft, hat darüber das Vollzugsgericht zu entscheiden.

§ 22 Abs 3 StVG normiert allgemein, dass Entsche i dungen der Vollzugsbehörden oder Anordnungen derselben oder ihrer Organe - mit Ausnahme von hier nicht in Betracht kommenden - ohne förmliches Ermittlungsverfahren und ohne Bescheid zu erlassen sind. Es ist dabei zunächst gleichgültig, ob durch diese Anordnungen und Entscheidu n gen subjektiv-öffentliche Rechte des Strafgefangenen begründet werden oder nicht ( Drexler/Weger , StV G 4 § 22 Rz 4).

Wenn aber der Strafgefangene behauptet durch die Entscheidung oder Anordnung in einem subjektiv-öffentl i chen Recht verletzt worden zu sein, ist ein formelles, mit Bescheid zu erledigendes Beschwerdeverfahren nach §§ 120 f durchzuführen ( Drexler/Weger , StVG4 § 22 Rz 5).

Mit diesem Bescheid ist über das Vorbringen entw e der bei Vorliegen eines subjektiv-öffentlichen Rechts inhaltlich abzusprechen oder die Beschwerde aus formellen Gründen oder mangels Bestehen eines solchen Rechtes zurückzuweisen ( Drexler/Weger , StVG4 aao).

Für die Frage, ob der Anstaltsleiter über eine Beschwerde des Strafgefangenen mit Bescheid zu entsche i den hat, kommt es nicht darauf an, ob die Behauptung der Verletzung subjektiver Rechte letztlich zu Recht besteht, oder nicht, sondern lediglich darauf, ob nach dem Inhalt der Beschwerde erkennbar das Ziel verfolgt wird, dass eine bereits individuell eingetretene Rechtsverletzung bescheidmäßig festgestellt wird ( Drexler / Weger StV G 4 § 122 Rz 2, § 120 Rz 7).

H***** B***** leitet seine Eingabe vom ***** (ON 1) mit „Beschwerde gemäß § 120 StVG gegen die Fehlentscheidungen der Anstaltsleitung“ ein. Er behauptet, dass er trotz mehrerer Beschwerden und Anträge nicht in die Frauenabteilung verlegt worden sei (ON 1 S 5) und dass er immer noch darauf bestehe in die Frauena b teilung verlegt zu werden (ON 1 S 7).

Fallkonkret ist aus der Eingabe des H***** B***** (ON 1) zu folgern, dass er sein Anliegen um Verlegung in die Frauenabteilung zum Gegenstand eines Beschwerdeve r fahrens nach §§ 120 f StVG machen und eine bescheidfö r mige Entscheidung erwirken wollte. Aus dieser Eingabe ist sohin zu entnehmen, dass eine bescheidmäßige Feststellung einer bereits individuell eingetretenen Rechtsverletzung moniert wird.

Die Stellungnahme des Anstaltsleiters (ON 2) zu se i ner Eingabe ist H***** B***** zwar letztlich zugekommen. Dieser ist aber kein Bescheidwille zu unterstellen, zumal sie weder an diesen gerichtet ist, noch der Wille erken n bar wäre, irgendeinen Antrag zu erledigen oder einen Anspruch bescheidmäßig festzustellen (vgl Hengstschläger / Leeb AVG § 58 Rz 16 mwN).

Sohin liegt wie vom Vollzugsgericht zutreffend erkannt fallkonkret (noch) keine Entscheidung des Anstaltsleiters vor, denn Entscheidungen sind inhaltliche Erledigungen von Ansuchen oder Beschwerden (vgl Pieber in WK2 StVG § 16 Rz 11/3, Drexler / Weger StV G 4 § 120 Rz 1).

Der auf eine bescheidförmige Erledigung abzielende Antrag ON 1 wird aber zuständigkeitshalber dem Anstalt s leiter zu überweisen sein.

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