133R86/19z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden, die Richterin Mag. Janschitz und den fachkundigen Laienrichter Hofrat Mag. Förster in der Markenschutzsache der Antragstellerin P***** gegen die Antragsgegnerin E***** , vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Löschung der Marke AT 232703 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 5.3.2019, Nm 16/2017 7, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird in der Hauptsache nicht, im Kostenpunkt hingegen teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Kostenentscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:
«Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 4.031,53 (darin enthalten EUR 555,25 USt und EUR 700 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.»
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragsstellerin die mit EUR 1.844,60 (darin enthalten EUR 307,43 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
Der Antrag auf Unwirksamerklärung richtet sich gegen die Wortmarke der Antragsgegnerin AT 232703:
CERESOL
mit der Priorität 28.6.2006 (in der Folge aus Vereinfachungsgründen: „Löschungsmarke”) nach Teilverzicht mit folgendem Schutzumfang in der Warenklasse 29: Pflanzliche Fette für Nahrungszwecke, Kunstspeisefette, Speiseöle.
Unstrittig ist, dass die Verwendung der Marke CERES (AT 36963) zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann. Im Jahr 1903 nahmen die Schichtwerke in Aussig die Produktion von Speisefett aus Kokosnüssen unter der Marke CERES auf und vertrieben dieses Produkt in Österreich.
1946 ging die Marke CERES auf den Unilever Konzern über, der in den 1970er Jahren das Sortiment mit einem universellen, löffelweichen Fett im Becher erweiterte.
2003 schloss die Vereinigte Fettwarenindustrie Gesellschaft m.b.H. einen Lizenzvertrag mit Unilever über die Marke CERES. Sie erzeugte die CERES-Produkte in Wels und vertrieb sie.
2006 wurde die Antragsgegnerin Markeninhaberin der Marke CERES.
Die Antragstellerin stützt den auf gänzliche Unwirksamerklärung der Löschungsmarke für Österreich gerichteten Antrag auf § 33a MSchG. Sie bringt vor, die von der Antragsgegnerin vorgelegten Benutzungsnachweise seien nicht geeignet, die kennzeichenmäßige, geschweige denn ernsthafte markenmäßige Benutzung der Löschungsmarke zu belegen. Die Löschungsmarke werde, falls überhaupt, nicht in der angemeldeten Form verwendet. Die Antragsgegnerin sei Markeninhaberin der Marke CERES. Die beteiligten Verkehrskreise sähen in der Benutzung des Zeichens CERES die Marke AT 36963 und nicht die Benutzung der Löschungsmarke.
Die Antragsgegnerin wandte (für das Berufungsverfahren relevant) ein, sie habe die Löschungsmarke für die eingetragenen Waren kennzeichenmäßig benutzt, weil sie sie in ihrer Kurzform CERES für die Produkte „CERES Kokosfett“ und „CERES soft“ im maßgeblichen Zeitraum auf dem österreichischen Mark verwendet habe. Der kennzeichnende Charakter der Marke „CERESOL“ erschöpfe sich im Element „CERES“ während das Element „OL“ eine übliche Endung und ein nicht zur Unterscheidungskraft beitragendes Suffix sei. Die Endung „OL“ werde für organische Verbindungen (Alkohole) verwendet. Darüber hinaus liege eine Assoziation mit dem Begriff „Öl“ nahe.
Die Nichtigkeitsabteilung (NA) gab dem Antrag statt und verpflichtete die Antragsgegnerin zum Kostenersatz.
Dabei ging die NA von den auf den Seiten 5 und 6 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen aus, auf die verwiesen wird und aus denen folgende wesentliche Passagen wiedergegeben werden:
«Im verfahrensrelevanten Beobachtungszeitraum wurden 2.614.032 Würfel Ceres Kokosfett und 1.024.704 Becher CERES soft an die österreichischen Handelsunternehmen Spar und REWE durch Vereinigte Fettwarenindustrie GmbH geliefert.
Der Würfel Ceres Kokosfett ist aus Kokosfett und das Frittierprodukt Ceres soft wird aus einer Mischung von Sonnenblumenöl und Palmöl hergestellt.
Weiters konnte festgestellt werden, dass die Produkte Öl und Fett bis zu einem gewissen Grad ident sind, da jedes Fett auch ein Öl sein kann. Das heißt, wenn das Kokosfett ab einer gewissen Temperatur hart ist, dann ist es [das] Kokosfett, und sobald es flüssig ist, wird es als Kokosöl bezeichnet.
Chemisch ist es aber ein- und dasselbe Produkt. Besonders Kunstspeisefette kennzeichnen sich dadurch, dass Öle und Fette als Mischung in einem sogenannten Kombinator kristallisiert werden, wodurch an sich flüssige Ölmischungen als festes Fett vermarktet werden können. Ein Beispiel dafür ist das Produkt Ceres soft, dass zu einem überwiegenden Teil aus Sonnenblumenöl besteht und zu einem geringen Teil aus Palmöl. Durch die kontrollierte Kristallisation wird ein cremiges Fett erzeugt, ein sogenanntes Kunstspeisefett.»
Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung stellte die NA disloziert fest:
«Im gegenständlichen Fall erfolgte der Vertrieb der Waren mit Verpackungen, die aus den Beilagen 73, 75 und 76 ersichtlich sind. Die Ansicht der Verpackung von vorne, also jene Ansicht, in welcher die Waren üblicherweise dem Konsumenten gegenüber präsentiert werden, wird durch das Wort „CERES“ geprägt, wobei bei CERES soft der Schriftzug in Rot gehalten wird […] »
Rechtlich folgerte die NA, dass nur die Marke CERES, nicht aber CERESOL in Österreich für die eingetragenen Waren der Klasse 29 ernsthaft benutzt worden sei. Die abweichende Benutzung der Marke CERESOL sei nicht rechtserhaltend, weil der Verkehr bei der Wahrnehmung der Unterschiede die registrierte und die benutzte Form nicht mehr als die selbe Marke ansehe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin , die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Antrag abzuweisen; in eventu die Kostenentscheidung dahingehend abzuändern, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden und die Antragsgegnerin der Antragstellerin nur 50 % der Löschungsantragsgebühr in Höhe von EUR 350 zu zahlen habe.
Die Antragsstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Nach § 33a Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland nicht ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt (§ 10a MSchG) wurde, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann. Die Benutzung ist gemäß § 33a Abs 5 MSchG vom Markeninhaber nachzuweisen. Zweck der Benutzungsobliegenheit ist es, das Markenregister durch die Löschung nicht benutzter Marken zu entlasten (RIS-Justiz RS0066801; 4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 4).
Die Bestimmung des § 33 a MSchG ist nach dem Willen des Gesetzgebers nicht besonders rigoros im Sinne einer möglichst weitgehenden Löschung von nicht benutzten Marken anzuwenden. Auch hier ist vielmehr in jedem Einzelfall das Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke gegenüber dem Zweck der Einführung des Gebrauchszwanges (Benutzungszwanges) abzuwägen (RIS-Justiz RS0066797).
2. Dass der Verkauf möglicherweise nicht nur unter der registrierten Marke, sondern unter abgewandelten Zeichen (§ 33a Abs 4 MSchG) erfolgt, schadet der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke nicht von vornherein: Die Marke muss jedoch auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (4 Ob 119/06p = RIS-Justiz RS0121289, SIERRA Tequila; Om 1/91, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina [Gestaltungsspielraum]).
3. Die Berufung moniert, dass die Löschungsmarke CERESOL in einer anderen als in der registrierten Form rechtserhaltend benutzt worden sei, nämlich als CERES. CERES sei in der Löschungsmarke bedeutungsstiftend. Die Endung „OL“ in CERESOL habe keine kennzeichnende Wirkung, weil dem Verkehr diese Endung in zahlreichen Zusammenhängen begegne. In Anbetracht der Waren sei es als beschreibender Hinweis auf Öl zu sehen, in der organischen Chemie als Endung für Alkohole und Phenole. Darüber hinaus sei SOL die lateinische, portugisische und spanische Übersetzung von Sonne.
4. Gemäß § 33a Abs 4 steht die Benutzung der Marke der Benutzung der Marke in einer Form gleich, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Da diese Bestimmung gegenüber der bis zur MarkenR-Nov 1999 geltenden Gesetzeslage (es genügte „Ähnlichkeit“) wesentlich restriktiver ist, ist die zur älteren Rechtslage ergangene Rsp nur mit größter Vorsicht für die Interpretation der geltenden Norm heranzuziehen.
Der Gesetzgeber hat hier wörtlich den deutschen Text des Art 10 der MarkenRL übernommen, der von einer Beeinflussung der Unterscheidungskraft spricht (der englische Text der Richtlinie spricht hingegen von „distinctive character“). Die Textierung der deutschen Fassung der MarkenRL wurde wiederum von Art 5 C Abs 2 PVÜ übernommen ( Beetz aaO Rz 76).
5. Bei der Beurteilung, ob die Unterscheidungskraft der Marke iSd § 33a Abs 4 beeinflusst wird, sind nicht die gleichen Maßstäbe wie bei der Prüfung des Eintragungshindernisses gem § 4 Abs 1 Z 2 MSchG anzulegen. Vielmehr muss die Beeinflussung der Unterscheidungskraft gemäß § 33a Abs 4 eigenständig und unabhängig von den im Rahmen des Eintragungsverfahrens angelegten Maßstäben ausgelegt werden. § 33a Abs 4 liegt der Gedanke zugrunde, dass der Benutzungszwang es nicht rechtfertigt, bei jeder noch so geringfügigen Abweichung der benutzten von der eingetragenen Form den Rechtsbestand und die Durchsetzbarkeit der Marke zu verneinen und den Markeninhaber zu einer neuen Anmeldung (mit späterer Priorität) zu zwingen. Dem Markeninhaber soll ein angemessener Gestaltungsspielraum bei der Verwendung des eingetragenen Zeichens offen stehen ( Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 33a MSchG Rz 75-76).
6. Bei der Beurteilung, ob durch die Veränderung der benutzten Markenform gegenüber der registrierten Markenform die Unterscheidungskraft der Marke iSd § 33a Abs 4 MSchG beeinflusst wird, ist auf den Gesamteindruck der angefochtenen Marke abzustellen. Grundsätzlich kommt es darauf an, ob das abweichend benutzte Zeichen vom Verkehr bei und trotz Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach noch mit der eingetragenen Marke gleichgesetzt wird ( Beetz aaO Rz 77).
Die Frage einer Veränderung des kennzeichnenden Charakters bemisst sich in erster Linie danach, ob die beteiligten Verkehrskreise in Berücksichtigung der jeweils brachenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und die benutzte Form gerade bei der Wahrnehmung der jeweiligen Unterschiede noch als „die selbe Marke“ ansehen. In diesem Zusammenhang kommt es darauf an, ob der Verkehr die abweichende Benutzungsform der eingetragenen Markenform als Herkunftshinweis gleichsetzt. Der Verkehr muss also in den verschiedenen Ausgestaltungen die selbe Marke erkennen, sohin beide Formen als in ihrer Kennzeichnungskraft übereinstimmend ansehen ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz 12 § 26 Rz 159). Entscheidend ist nicht, ob der Verkehr wahrnimmt, dass die beiden Formen unterschiedlich sind, sondern wie er diese Unterschiede bewertet ( Ströbele aaO Rz 166).
Würde nur ein einziger Buchstaben innerhalb eines einteiligen Wortzeichens verändert und führte der Buchstabenaustausch beim angesprochenen Publikum im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der geschützten Waren zu keinem Unterschied beider Zeichen in Aussprache oder erkannter Bedeutung, führte die Benutzungsform weder phonetisch noch begrifflich vom eingetragenen Zeichen weg und die angesprochenen Verkehrskreise hätten keinen Anlass, die beiden Zeichen nicht miteinander zu identifizieren und gleichzusetzen. Unter diesen Umständen wäre die Benutzung des abgewandelten Zeichens als Benutzung der eingetragenen Wortmarke anzusehen ( Beetz aaO Rz 79; Om 13/10 GAUDINA/GOUDINA).
7. Zurückhaltung ist geboten bei der Zulassung von Benutzungsformen, die Bestandteile der eingetragenen Marke weglassen. Da der kennzeichnende Charakter einer Marke auch durch für sich gesehen kennzeichnungsschwache oder sogar schutzunfähige Bestandteile mitbestimmt werden kann, dürfen auch Markenteile mit beschreibendem Gehalt nicht ohne weiteres bei der Benutzung unterdrückt werden. Wortelemente bestimmen bei Wortmarken regelmäßig den kennzeichnenden Charakter mit und dürfen deshalb grundsätzlich nicht weggelassen werden ( Ströbele aaO Rz 206 ff mwN).
8. Die ältere Marke CERES wird (auch) mit dem Zusatz „soft“ verwendet, der nur eine allgemeine Sachangaben zur Konsistenz des Fettes ist.
Nicht als rechtserhaltende Benutzung anzuerkennen sind Abwandlungen der Schreibweise, die ersichtliche Veränderungen im klanglichen, optischen oder begrifflichen Gesamteindruck der Marke bewirken ( Ströbele aaO Rz 201; BPatG 25 W (pat) 151/04, CT-Engine/c´t/CT; BGH I ZR 219/06 Thermoroll/Termorol ).
9. Beurteilungsmaßstab ist der direkte Vergleich der eingetragenen und der benutzten Form, wobei nicht – wie bei der Verwechslungsgefahr – auf ein häufig unsicheres Erinnerungsbild, sondern auf die unmittelbare Wahrnehmung der Unterschiede beider Formen abzustellen ist ( Ströbele aaO Rz 163).
10. Die Marke CERES wird vom Verkehr bei der Wahrnehmung der Unterschiede dem Gesamteindruck nach nicht mehr mit der Löschungsmarke CERESOL gleichgesetzt. Die Marke CERESOL unterscheidet sich von der am Markt benutzten Marke CERES durch die in der klanglichen und visuellen markenmäßig bedeutsam wahrgenommenen Endung „OL“.
Ein Teil der beteiligten Verkehrskreise (Endverbraucher) wird in der Marke CERES die römische Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit oder den Zwergplaneten erkennen, wogegen der Löschungsmarke in ihrer Gesamtheit keine Bedeutung beigemessen wird. Der überwiegende Teil der Verkehrskreise wird allerdings in beiden Wörtern Phantasiebegriffe erblicken (allenfalls das Wort CERES mit Speisefett gleichsetzen), die voneinander verschieden sind.
Bei einer Gesamtbetrachtung beider Zeichen in Aussprache oder erkannter Bedeutung, führt „CERES“ phonetisch und begrifflich vom eingetragenen Zeichen „CERESOL“ weg, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise keinen Anlass haben, darin das „gleiche Zeichen“ zu sehen. Die Endung „OL“ in CERESOL hat keine beschreibende Bedeutung. Der Verkehr wird insbesondere im Zusammenhang mit den eingetragenen Waren (Öle und Fette) in dieser Endung nicht die in der organischen Chemie gebräuchliche Endung für Alkohole und Phenole sehen. Wem allerdings die Bedeutung der Endung „ ol“ bekannt ist oder wer mit „ sol“ die Sonne assoziiert, wird umsoweniger der Meinung sein, dass CERES und CERESOL das gleiche meinen.
11. Zur Berufung im Kostenpunkt:
Auf Grund des am 15.9.2017 beim Patentamt eingelangten Antrags der Antragsgegnerin hat die Rechtsabteilung mit Beschluss vom 27.9.2017 aufgrund einer Einschränkung die teilweise Löschung der Marke angeordnet. Die Löschung wirkt ex nunc auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück ( Kernthaler in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 29 Rz 4; vgl auch § 46 Abs 3 PatG). Dieser Antrag wurde noch innerhalb der Frist für die Erstattung der Gegenschrift gestellt, somit ist für diesen Verfahrensabschnitt von der Anwendbarkeit von § 35 Abs 5 MSchG iVm § 117 PatG zu Gunsten der Antragsgegnerin auszugehen (vgl Om 16/92 ÖBl 1993, 155 = PBl 1993, 178; OLG Wien 34 R 91/14y).
Die Antragsgegnerin schränkte den Schutz von „Speisefette, Kunstspeisefette, Speiseöle, Butter und Schmalz“ auf „Pflanzliche Fette für Nahrungszwecke, Kunstspeisefette, Speiseöle“ ein.
Mit der am 19.9.2017 beim Patentamt eingelangten (am 18.9.2017 zur Post gegebenen) Gegenschrift teilte die Antragsgegnerin die freiwillige teilweise Einschränkung der Markenregistrierung mit. Mit der daraufhin beim Patentamt am 19.12.2017 von der Antragstellerin erstatteten Replik schränkte die Antragstellerin ihren Löschungsantrag auf das eingeschränkte Warenverzeichnis ein.
Da die Änderung des Streitgegenstands prozessual mit der Einschränkung durch die Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.12.2017 erfolgt ist, leitet dieser den zweiten Verfahrensabschnitt ein. Für den vorangehenden ersten Verfahrensabschnitts kommt der Antragsgegnerin im Bezug auf die gelöschten Waren „Butter und Schmalz“ das oben genannte Kostenprivileg zugute. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Berufungsbeanwortung sind die natürlichen Produkte Butter und Schmalz nicht als Kunstspeisefett anzusehen. Nach den Feststellungen zeichnen sich Kunstspeisefette dadurch aus, dass Öle und Fette als Mischung in einem sogenannten Kombinator kristallisiert werden, wodurch an sich flüssige Ölmischungen als festes Fett vermarktet werden können. Die Präzisierung von „Speisefette“ auf „Pflanzliche Fette für Nahrungszwecke“ bleibt hingegen infolge des im Kostenersatzrecht bestehenden Vereinfachungsprinzips unberücksichtigt.
Zur Ermittlung der Obsiegensquote im ersten Verfahrensabschnitt geht das Berufungsgericht von der folgenden Gegenüberstellung aus:
Daraus folgt, dass der ursprüngliche Schutz aus vier Komponenten bestanden hat: Speisefette pflanzlichen Ursprungs, bestimmte Speisefette tierischen Ursprungs (nämlich Butter und Schmalz), Kunstspeisefette und Speiseöle. Eine Komponente, nämlich die Speisefette tierischen Ursprungs, fiel weg.
Die Antragstellerin obsiegte daher im ersten Verfahrensabschnitt mit 75 %. Ihr stehen daher für diesen Verfahrensabschnitt 50 % ihrer Vertretungskosten zu. Im zweiten Verfahrensabschnitt obsiegte die Antragstellerin zur Gänze, sodass ihr voller Kostenersatz gebührt.
Die vom Schutzumfang unabhängige Gebühr für die Verfahrenseinleitung nach § 28 PAG (idF VO PBl I 2014/4 S 41) und § 14 TP 10 Abs 1 Z 5 GebG ist nicht nur einem Verfahrensabschnitt zuzurechnen und erfährt keine Reduktion.
Gemäß § 6 AHK kann die Berechnung des Honorars unter sinngemäßer Anwendung des RATG in seiner jeweiligen Fassung erfolgen, insbesondere durch Anwendung der Bestimmungen über den Einheitssatz und der TP 1 bis 3 und 5 bis 9 RATG.
TP 2 I Z 1 lit b RATG sieht für bestimmte dort aufgezählte Zahlungsklagen die niedrigere Entlohnung nach dieser Tarifpost vor, sofern eine kurze Darstellung des Sachverhalts möglich ist. Alle anderen Klagen fallen unter TP 3A I 1a. Der Antrag auf Einleitung eines Löschungsverfahrens ist einer Klage vergleichbar. Daraus, dass für alle Klagen, die keine „Zahlung“ im Sinne der TP 2 betreffen, jedenfalls TP 3A gilt, ist für den sinngemäßen Anwendungsbereich des RATG in Patent- und Markensachen nichts abzuleiten, weil dort Zahlungsbegehren überhaupt nicht vorkommen. Die sinngemäße Anwendung des Tarifgefüges des RATG muss sich daher bei dieser Abgrenzung auf die Prüfung der Frage beschränken, ob ein einleitender Schriftsatz in seinem Arbeitsaufwand und Schwierigkeitsgrad einer „einfachen“ Klage im Sinne der TP 2 RATG entspricht, also insbesondere, ob eine kurze Darstellung des Sachverhalts möglich ist (vgl OPM 28.10.1998, Om 5/98 = PBl 1999, 161 = ÖBl 2000, 16).
Der vorliegende verfahrenseinleitende Schriftsatz enthält nur einen kurzen Löschungs- und Kostenersatzantrag und im Wesentlichen die Wiedergabe der gesetzlichen Voraussetzungen dieses Löschungsgrundes. Der Schriftsatz enthält auch keine Beweisanträge. Ein solcher Schriftsatz entspricht einer einfachen Klage nach TP 2.
12. Zu den Kosten des Berufungsverfahrens:
Sobald die Partei auch die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache bekämpft, bleibt bei der Kostenentscheidung des Rechtsmittelverfahrens ein allfälliger – hier teilweiser – Erfolg im Kostenpunkt nach der Wertung des § 54 Abs 2 JN unberücksichtigt; es kommt nur auf den Erfolg in der Hauptsache an. Bei Erfolglosigkeit der Berufung in der Hauptsache hat daher der Ersatz von Kosten eines hypothetischen („angenommenen“) Kostenrekurses zu unterbleiben (vgl 2 Ob 135/07b).
13. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000 (stRsp des OLG Wien seit 2014, vgl 4 Ob 66/18m, M/M [zu § 59 Abs 2 AußStrG]).
14. Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Die Beurteilung, ob eine Benutzung der Marke in veränderter Form iSd § 33a MSchG vorliegt, hängt typisch von den Umständen des Einzelfalls ab und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage ( RIS-Justiz RS0066797).