JudikaturOLG Wien

133R89/19i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
07. November 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke Nr 298681 über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 1.3.2019, WM 160/2018 3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf die Unionsmarke 010381291

MISTER TEE

mit dem Registrierungsdatum 1.12.2012 und eingetragen für

die Dienstleistungen der Klasse

25 Bekleidungsstücke, nämlich T-Shirts, Jacken, Hosen, Hemden, Mäntel, Bandanatücher, Sweatshirts und Modeaccessoires, nämlich Gürtel, Krawatten, Handschuhe, Halstücher, Schuhwaren und Kopfbedeckungen.

Die Antragstellerin erhob Widerspruch gegen die österreichische Wortmarke 298681

MISTER D, ZUSATZ: MISTER D. TEUER. ABER WOHLTÄTIG.

für Waren und Dienstleistungen der Klassen

25 Bekleidungsstücke , Schuhwaren , Kopfbedeckungen ;

28 Spiele, Spielwaren und Spielzeug; Videospielgeräte; Turn- und Sportartikel ; Christbaumschmuck;

41 Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten.

Die Antragstellerin erhob Widerspruch und führte zusammengefasst aus, dass die angegriffene Marke für die geschützten Waren stark kennzeichnungs- und unterscheidungskräftig sei. Die angegriffene Marke sei visuell, phonetisch und semantisch ähnlich, insbesondere weil die angegriffene Marke den prägenden Markenanfang der Widerspruchsmarke übernommen habe. In der Klasse 25 läge Warenidentät vor; die Waren der Klasse 28 seien ähnlich. Es bestehe daher die Gefahr von Verwechslungen. Der Zusatz der angegriffen Marke sei nicht zu berücksichtigen, weil er eine rein werbemäßige Anpreisung sei.

Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Widerspruchs und führte dazu aus, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, weil die angegriffene Marke aus 43 Zeichen bestehe, die Widerspruchsmarke hingegen nur aus 9 Zeichen.

Die Rechtsabteilung des Patentamts gab mit der angefochtenen Entscheidung dem Widerspruch teilweise statt, hob die Registrierung der angegriffenen Marke hinsichtlich aller Waren der Klasse 25 und hinsichtlich der Turn- und Sportartikel der Klasse 28 mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Registrierung auf (oben unterstrichen) und wies das Mehrbegehren ab. Es begründete die Entscheidung damit, das die Waren der Klasse 25 teils ident oder zumindest hochgradig ähnlich seien. Zwischen den Turn- und Sportartikeln der Klasse 28 der angegriffenen Marke und den Waren der Widerspruchsmarke in der Klasse 25 bestehe eine geringe Warenähnlichkeit. Die Marken seien in klanglicher Hinsicht ähnlich. Entscheidend sei der gemeinsame Markenanfang „MISTER“. Es werde von den beteiligten Verkehrskreisen sowohl „TEE“ als auch „D“ als „Ti“ oder „Di“ ausgesprochen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners erkennbar aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Widerspruch der Antragstellerin abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Nach § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG ist eine Marke auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten noch zu Recht bestehenden Marke zu löschen, wenn die Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

1.2. Die Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen, wobei die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0116970; RS0121482; RS0121500). Dabei kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (RIS-Justiz RS0116294; RS0121482). Folge dieser Wechselwirkung ist es aber auch, dass bei Warenidentität oder hochgradiger Warenähnlichkeit, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen erforderlich ist, als dies bei größerer Warenverschiedenheit zutreffen würde (RIS-Justiz RS0116294).

2. Der Antragsgegner bestreitet die klangliche Ähnlichkeit der beiden Marken. Es handle sich bei den Lauten „d“ und „t“ um zwei völlig unterschiedliche Laute, die nicht verwechselbar seien. „D“ sei ein stimmhafter und „T“ ein stimmloser, an den Alveolen gebildeter Verschlusslaut.

3.1. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Verwechslungsgefahr umfassend unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. Ob Zeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ähnlich sind, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den sie hervorrufen (RIS-Justiz RS0114771 [T1, T5]). Verwechslungsgefahr ist aber im Allgemeinen schon dann anzunehmen, wenn sie bei einem der drei Ähnlichkeitskriterien (Wortbild, Wortklang, Wortsinn) gegeben ist (RIS-Justiz RS0066753 [T7, T18]; RS0066779 [T13]).

3.2. Zur Kennzeichnung geeignet sind nicht nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter, sondern auch Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644). Der englische Begriff „Mister“ bedeutet „Herr“.

Für dieses Verfahren zwar unpräjudizell, sah das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in diesem Begriff in Bezug auf die Waren der Klasse 25 keine unmittelbare Bedeutung; er weise daher einen durchschnittlichen Grad an Unterscheidungskraft auf (Opposition No B 2 997 677 vom 27.9.2018, Mister Foot (Figurative)/miSter).

Das Berufungsgericht schließt sich dieser Meinung an, insbesondere weil die hier zu beurteilende Widerspruchsmarke noch den weiteren Begriff „Tee“ enthält.

3.3. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ) . „MISTER“ ist das erste Element des älteren Zeichens und es kommt zwei Mal als Bestandteil des angefochtenen Zeichens vor. Es befindet sich am Anfang der Marke auf den die Verbraucher normalerweise ihre Aufmerksamkeit richten.

Der Buchstabe „D“ wird in der deutschen Sprache zwar nicht ident mit dem Buchstaben „T“ ausgesprochen, aber wird das „D“ in „MISTER D.“ als „de“ ausgesprochen, weshalb zwischen dem Zeichenbestandteil „Tee“ (Widerspruchsmarke) und „D“ (angegriffene Marke) eine klangliche Ähnlichkeit gegeben ist.

Auch wenn der Anfang „Mister ...“ die beteiligten Verkehrskreise an die englische Sprache erinnern könnte, würden sie „Tee“ (obwohl auf Englisch richtig „tea“) und „D.“ als [tiː] und [diː] aussprechen, also auch ähnlich.

Der weitere Zeichenbestandteil der angegriffenen Marke „ZUSATZ: MISTER D. TEUER. ABER WOHLTÄTIG.“ kann die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, weil „MISTER D“ als markanter Bestandteil hervortritt.

Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen sein (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RIS-Justiz RS0079033). Verwechslungsgefahr setzt im übrigen nicht voraus, dass der übernommene Zeichenbestandteil eine dominierende Stellung hat (RIS-Justiz RS0121514). Im Markenrecht gilt nämlich der Grundsatz, dass schon ein einzelner Markenbestandteil gegen unbefugte Verwendung Schutz genießt, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig ist und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (RIS-Justiz RS0066816).

Ausgehend von der nahezu vollständigen Warenidentität und -ähnlichkeit und dem Umstand, dass die prioritätsjüngere Wortmarke die angegriffene Wortmarke teilweise wörtlich („MISTER“) übernimmt und die ältere Marke („MISTER Tee“) mit dem dominieren Teil der angegriffenen Marke (MISTER D.) klanglich ähnlich ist, ist Verwechslungsgefahr gegeben, weil beim Publikum die Vorstellung hervorgerufen werden kann, dass die betreffenden Waren aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

4. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

5. Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im konkreten Fall wirft keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf (RIS-Justiz RS0112739). Der ordentliche Revisionsrekurs war daher nicht zuzulassen.

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