132Bs316/19v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach
§ 16a StVG hat durch den Senatspräsidenten Dr. Dostal als Vorsitzenden sowie die Richterin Dr. Vetter und den fac h kundigen Laienrichter Oberst Mörwald als weitere Senat s mitglieder in der Vollzugssache des O***** R***** über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 26. August 2019, GZ ***** , nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher
Sitzung den
B e s c h l u s s
gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen .
Text
B e g r ü n d u n g:
Mit dem bekämpften Beschluss gab das Vollzugsgericht einer Beschwerde des in der Justizanstalt ***** gemäß § 21 Abs 2 Untergebrachten O***** R***** gegen die Entscheidung der Anstaltsleiterin vom 22. Mai 2019, mit der einem Antrag auf einen Betriebswechsel in die Hauswerkstätte oder einer Beschäftigung als Gangre i niger nicht stattgegeben wurde (ON 5 S 18), nicht Folge.
Begründend führte das Vollzugsgericht aus, dass O***** R***** seit ***** als Vorarbeiter im Arbeit s betrieb der Justizanstalt ***** beschäftigt sei. Aufgrund dienstlicher und personeller Engpässe sei der Arbeitsbetrieb nicht durchgängig geöffnet, Schließu n gen des Betriebs seien unvermeidlich, was für die dort Beschäftigten wegen geringerer Arbeitsstundenleistung zu Einbußen bei den Einnahmen führe. Dem angestrebten Wec h sel des Arbeitsplatzes stünde entgegen, dass keine Plätze frei seien. Darüber hinaus erwog das Vollzugsgericht, dass ein subjektives Recht auf Arbeit, eine bestimmte Arbeit, einen bestimmten Arbeitsplatz oder auf ein bestimmtes Ausmaß der Arbeitsleistung nicht existiere.
Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des O***** R***** (ON 8), der zusammengefasst moniert, dass durch die Schließtage eine Verletzung des in § 54a StVG normierten subjektiven-öffentlichen Rechts sich durch die Rücklage die erste Zeit nach der Haftentlassung überbrücken zu können, vorliege. Ebenso würde das in § 54a StVG normierte Recht, Anschaffungen für ein For t kommen nach der Haft vorzunehmen, verletzt. Seine Qual i fikation für die Hauswerkstätte sei schon dadurch geg e ben, dass er als einer von vier Strafgefangenen in der JVA ***** einen positiven Lehrabschluss vorweisen könne. Darüber hinaus seien wenige Tage nach seinem Ans u chen Insassen, die mit Kinderpornografie gehandelt hätten als Belohnung in die Hauswerkstätte/Gangreinigung eing e teilt worden. Ebenso werde ein Kinderschänder im Arbeit s betrieb und zusätzlich in der Bibliothek beschäftigt. Er werde diskriminiert, da er nicht wegen Kindesmissbrauchs oder Kinderpornos verurteilt worden sei. Die Einteilung in einen Betrieb, der auch intern von Beamten als „Pseu d obetrieb“ bezeichnet werde, widerspreche Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen, wonach die Vollzugsbehörden gehalten seien, für ausreichend sinnvolle Arbeit zu so r gen. Auf einen angeblichen Beamtenmangel sei keine Rüc k sicht zu nehmen, da die für ihn tätige Rechtsvertretung formell am 11. September 2018 den Antrag um Arbeitslei s tung entweder in der Anwaltskanzlei O***** oder dem Ing e nieurkonsulentenbüro D***** an die Anstaltsleitung gerichtet habe und bis dato keine formelle Entscheidung erfolgt sei. In Art 5 Abs 2 (gemeint: GRC) sei das Ve r bot der Pflichtarbeit oder der Verpflichtung zu Arbeiten festgelegt. Weiters wird auf Art 47 Abs 2 GRC und auf Art 144 B-VG verwiesen, die ein umfassendes Recht auf Verfa h renshilfe auch im StVG-Verfahren gewähren würden, sowie die Weiterleitung nach Art 267a EUV beantragt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 16a Abs 1 Z 1 iVm Abs 2 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Let z tere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat.
Ungeachtet der in § 44 Abs 1 StVG normierten Arbeitspflicht besteht – wie in der freien Gesellschaft – kein subjektives Recht auf Arbeit. Es gibt daher – wie bereits vom Vollzugsgericht zutreffend ausgeführt -, selbst wenn Arbeit vorhanden ist, keinen Rechtsanspruch auf eine bestimmte Art von Arbeit oder einen bestimmten Arbeitsplatz. Auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf ein bestimmtes Ausmaß der Arbeitsleistung ist dem StVG nicht zu entnehmen ( Drexler/Weger , StV G 4 § 45 Rz 1, § 47 Rz 1).
Soweit der Angeklagte ein aus § 54a StVG abgeleitets subjektiv-öffentliches Recht auf Bildung einer Rücklage als verletzt erachtet, ist zu entgegen, dass aus § 54a StVG lediglich subjektiv-öffentliche Rechte im Zusamme n hang mit der Verwendung von Hausgeld und Rücklage abz u leiten sind. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf Zuwe i sung einer bestimmten Anzahl von Arbeitsstunden oder eine bestimmte Entlohnung ist hingegen daraus nicht abzule i ten.
Soweit der Angeklagte seine Qualifikation für die Hauswerkstätte anführt, ist darauf zu verweisen, dass die Ablehnung nicht mit einer mangelnden Qualifikation des Beschwerdeführers begründet wurde, sondern mit einem Ma n gel an freien Arbeitsplätzen. Sofern der Beschwerdeführer sich im Vergleich zu anderen Insassen bei der Arbeitsz u teilung benachteiligt fühlt, ist er nochmals darauf zu verweisen, dass aus dem StVG ein subjektiv-öffentliches Recht auf ein bestimmtes Ausmaß der Arbeitsleistung, eine bestimmte Art von Arbeit oder einen bestimmten Arbeit s platz gerade nicht abzuleiten ist. Darüber hinaus ist dem StVG nicht zu entnehmen, dass Insassen, die wegen bestimmter strafbarer Handlungen verurteilt wurden, von der Arbeit auszuschließen oder nachrangig einer solchen zuzuteilen wären.
Soweit der Beschwerdeführer die Einteilung in einen
„Pseudobetrieb“ moniert und in diesem Zusammenhang auf § 45 StVG verweist, ist er darauf hinzuweisen, dass § 45 Abs 1 StVG, wonach Vorsorge dafür zu treffen ist, dass jeder Strafgefangene nützliche Arbeit verrichten kann, lediglich eine Ordnungsvorschrift an die Behörde da r stellt und daraus gerade kein subjektiv-öffentliches Recht ableitbar ist ( Drexler/Weger, StVG4 § 45 Rz 1). Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Zagler , Strafvollzugsrech t 2, S 140, zitiert, ist er darauf zu verweisen, dass in dieser Literaturstelle vom „Gebot“ der Vorsorge für nützliche Arbeit die Rede ist, ein Anspruch auf nützliche Arbeit an sich angenommen wird, dies alle r dings eingeschränkt durch die finanziellen, organisator i schen und personellen Ressourcen des Vollzugs ( Zagler, Strafvollzugsrecht2 S 140).
Welches Argument für seinen Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer aus Art 5 Abs 2 GRC (Verbot der Zwangs- und Pflichtarbeit) ableiten will, bleibt unklar, strebt er doch gerade nach der Betrauung mit einer (bestimmten) Arbeit.
Soweit der Beschwerdeführer die Europäischen Stra f -
vollzugsgrundsätze bemüht, ist er darauf zu verweisen, dass es sich dabei um die Mitgliedsstaaten nicht bindende Empfehlungen des Europarates handelt. Ein subjektiv-öffentliches Recht kann daraus sohin nicht abgeleitet werden.
Soweit der Beschwerdeführer eine Säumnis der
Anstaltsleiterin der Justizvollzugsanstalt ***** in Hinblick auf einen am 11. September 2018 an diese geric h teten Antrag moniert, ist er auf das Institut der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß § 121c Abs 1 StVG zu verweisen.
Ein Verweis auf Art 47 GRC, wonach Personen, die
nicht über ausreichende Mittel verfügen, Prozesskoste n hilfe bewilligt wird, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewäh r leisten, bringt der Beschwerdeführer nicht in Zusamme n hang mit dem Beschwerdegegenstand, zumal gegenständlich kein Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe gestellt wurde. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine amtswegige Weiterleitung nach Art 267a EUV bea n tragt, ist darauf zu verweisen, dass die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht Gegenstand des Verfahrens ist und der Vorlageantrag nach Art 267a EUV daher schon in Erma n gelung eines zulässigen Rechtsmittels unzulässig ist (vgl RIS-Justiz RS0037222).