1R102/19f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien fasst als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie die Richterin und den Richter des Oberlandesgerichts Mag. Istjan, LL.M., und Dr. Thunhart in der Rechtssache der klagenden Partei T*** , vertreten durch Dr. Adrian Hollaender, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U*** , vertreten durch Mag. Wolfgang Weilguni, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 17.008,-- samt Anhang, hier wegen Sachverständigengebühren, über den Rekurs des Revisors beim beim Oberlandesgericht Wien (Rekursinteresse EUR 590,10) gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 4.6.2019, 34 Cg 49/17p-30, den
Beschluss :
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Dem Erstgericht wird aufgetragen, den angefochtenen Beschluss durch einen Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG über die übrigen 42% der Sachverständigengebühren zu ergänzen.
Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Text
Begründung:
Dem Kläger wurde Verfahrenshilfe (auch) für die Gebühren der Sachverständigen bewilligt (68 Nc 1/17w-5).
Im Verfahren wurde amtswegig eine Sachverständige beigezogen (34 Cg 49/17p-15). Für ihre Gebühren erlag kein Kostenvorschuss (34 Cg 49/17p-17). Keine der Parteien verzeichnete Kosten für die Sachverständigengebühren (34 Cg 49/17p-26).
Mit rechtskräftigem Urteil sprach das Erstgericht dem Kläger EUR 9.934,-- an Versicherungsleistung zu und wies das Mehrbegehren auf weitere EUR 7.075,-- ab. Entsprechend dieser Obsiegensquote sprach es in der Kostenentscheidung aus, dass der Beklagten 58% der Sachverständigengebühren aufzuerlegen seien, von deren Bestreitung der Verfahrenshilfe genießende Kläger einstweilen befreit gewesen sei (34 Cg 49/17p-27).
Mit dem angefochtenen Beschluss bestimmte das Erstgericht die Gebühren der Sachverständigen antragsgemäß mit EUR 1.405,--, ordnete die Auszahlung aus Amtsgeldern an und sprach aus, dass die Beklagte entsprechend der rechtskräftigen Kostenentscheidung im Urteil davon 58% zu tragen habe.
Der Revisor erhebt Rekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Er beantragt auszusprechen, dass der Kläger für die übrigen 42% des aus Amtsgeldern ausbezahlten Betrags ersatzpflichtig sei. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Rekursbeantwortungen wurden nicht erstattet.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist berechtigt .
1. Gemäß § 8a JN entscheidet über Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen und Dolmetscher ein Einzelrichter. Darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Wien aber nicht die Entscheidung über die Ersatzpflicht der aus Amtsgeldern zu berichtigenden bzw berichtigten Kosten einer Amtshandlung gemäß § 2 Abs 2 GEG; sie wird als eine Entscheidung im Kostenpunkt angesehen (vgl RIS-Justiz RS0017282 [T6]; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 528 ZPO [Stand 31.3.2005, rdb.at]). Über den vorliegenden Rekurs ist daher in Senatsbesetzung zu entscheiden (RIS-Justiz RW0000721; OLG Wien 23.11.2011, 15 R 165/11m = ZAK 2012/117, 59; zuletzt etwa OLG Wien 31.1.2017, 2 R 8/17m unveröff mwN; Dokalik , Gerichtsgebühren 13 GEG § 2 E 147; gegenteilig Dokalik aaO E 148 mwN).
2. Der Revisor kritisiert zu Recht, dass hier ein Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG fehle.
2.1. § 2 Abs 2 GEG ordnet an, dass bei einem EUR 300,-- übersteigenden Kostenbetrag, der aus Amtsgeldern zu berichtigen ist oder berichtigt wurde, mit Beschluss dem Grunde nach zu bestimmen ist, welche Partei in welchem Umfang diese Kosten zu ersetzen hat (sog Grundsatzbeschluss).
Dieser Ausspruch hat auch dann zu erfolgen, wenn die ersatzpflichtige Partei Verfahrenshilfe genießt ( Krammer/Schmidt/Guggenbichler , SDG-GebAG 4 Anh zu § 42 GebAG E 225). Es ist lediglich im Spruch der Entscheidung zum Ausdruck zu bringen, dass dadurch die Wirkungen der bewilligten Verfahrenshilfe nicht aufgehoben werden (SDG-GebAG 4 Anh zu § 42 E 227; Dokalik aaO E 138, 139), weil die Einhebung des Betrags nicht möglich ist, solange die Partei Verfahrenshilfe genießt (SDG-GebAG 4 Anh zu § 42 E 228).
Auch wenn – wie hier - über die Kostenersatzpflicht der Streitteile bereits eine rechtskräftige Kostenentscheidung nach § 70 ZPO vorliegt, kann der Ausspruch nach § 2 Abs 2 GEG nicht entfallen (vgl SDG-GebAG 4 Anh zu § 42 E 68, 69; zum inhaltlichen Verhältnis einer rechtskräftigen Kostenentscheidung zum Grundsatzbeschluss nach § 2 Abs 2 GEG siehe Dokalik aaO E 22, 25).
2.2. Der Ausspruch kann nach ständiger Judikatur des Oberlandesgerichts Wien nicht vom Rekursgericht nachgeholt werden, weil er nach dem Gesetz nicht anfechtbar wäre (vgl RIS-Justiz RS0114330) und den Parteien so eine Instanz genommen würde. Vielmehr ist dem Erstgericht gemäß § 527 Abs 1 ZPO ein entsprechender Auftrag zu erteilen (SDG-GebAG 4 § 41 GebAG E 132, 133; gegenteilig noch E 134; zuletzt zB OLG Wien 31.1.2017 2 R 8/17m unveröff mwN).
3. Der Revisionsrekurs ist bei Entscheidungen über die Gebühren der Sachverständigen gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig (RIS-Justiz RS0017282 [T6]).