JudikaturOLG Wien

133R20/19t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Juli 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Schober und die fachkundige Laienrichterin Hofrätin Mag. Mutz in der Markenschutzsache der Antragstellerin *****, vertreten durch die Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin *****, vertreten durch die Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Löschung der Wortbildmarke AT 285.107 über die Berufung der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 22.11.2017, Nm 5/2017 9, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird Folge gegeben; die Entscheidung wird geändert und lautet:

«Die Marke AT 285.107 wird mit Wirkung vom Beginn der Schutzdauer gelöscht.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die Kosten des Verfahrens erster Instanz von EUR 4.886,40 (darin EUR 814,40 USt) zu ersetzen.»

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die Kosten des Berufungsverfahrens von EUR 3.824,40 (darin EUR 512,40 USt und EUR 750 Barauslagen) zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Text

1. Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der Wortbildmarke AT 285.107:

Sie wurde am 5.8.2015 angemeldet und am 20.10.2015 eingetragen, und zwar für folgende Waren der folgenden Klassen:

14 Edelmetalle und deren Legierungen; Gedenkmünzen, Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmessinstrumente;

21 Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Trinkgläser, Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;

33 Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).

2. Die Antragstellerin begehrte die Löschung der Marke nach § 33 MSchG und brachte dazu vor, das Zeichen sei von der Registrierung ausgeschlossen, weil es ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Waren dienen können (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG).

Sie trug dazu – kurz zusammengefasst (§ 500a ZPO) – vor, die Marke sei vom Geschäftsführer der früheren Markeninhaberin angemeldet worden, die auf Glaswaren spezialisiert sei und Trinkgläser vertreibe. Das heutige Sophienwald sei als Žofina Huť im tschechischen Bezirk Jindřichův Hradec einzuordnen. Schon in der Habsburger-Monarchie habe in Weitraer Gebiet ein relativ weitreichendes Netz von Glasproduktionsstätten bestanden, das heute noch existiere. In Nová Ves nad Lužnicí, der Nachbargemeinde im Osten, befinde sich die Glasfabrik Skloform, und dort sei seit 1905 eine Glasproduktion angesiedelt. Die Marke verstoße gegen § 4 Abs 1 Z 4 MSchG, weil „Sophienwald“ eine bloße Bezeichnung der geographischen Herkunft sei. Der Marke fehle auch der überwiegende Charakter einer Phantasiebezeichnung. Der Durchschnittsverbraucher könne annehmen, dass die Glaswaren aus dem Sophienwald stammten. Die Zusatzbezeichnung „Sw“ habe keinen überwiegenden Charakter und die geographische Bezeichnung trete nicht dahinter zurück. Vielmehr stehe das Wort „Sophienwald“ im Vordergrund.

Die Antragsgegnerin bewerbe die Sophienwald-Gläser selbst mit dem Hinweis auf die jahrelange Glastradition in dieser Region, in der seit ca 1790 Glas produziert werde. Sie sei somit für die Glasproduktion bekannt. Nicht nur die angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher, sondern auch der Handel gehöre den beteiligten Verkehrskreisen an.

Die Marke habe auch keine Verkehrsgeltung im Sinne des § 4 Abs 2 MSchG.

3. Die Antragsgegnerin (infolge Übergangs der Marke in das Verfahren eingetreten) bestritt das Löschungsbegehren und wandte – kurz zusammengefasst (§ 500a ZPO) – ein, ein geographischer Begriff sei nur dann von der Registrierung ausgeschlossen, wenn der Verkehr ihn tatsächlich als Herkunftsangabe verstehe. Es könne auch der Name eines Orts, der wenig bekannt sei, als Marke eingetragen werden. Die österreichischen Verkehrskreise würden die Marke als Phantasiebezeichnung wahrnehmen, und selbst wenn sie das Wort „Sophienwald“ als eine Ortsangabe verstehen würden, würde das Wort der davor stehenden Abkürzung „Sw“ zugerechnet werden, die für so ziemlich alles stehen könne.

Das Zeichen bestehe auch nicht „ausschließlich“ in einer geographischen Angabe, sondern auch aus der genannten Abkürzung.

4. Die Nichtigkeitsabteilung („NA“) wies den Antrag ab und ging dabei vom Sachverhalt aus, den sie auf den Seiten 9 bis 13 der angefochtenen Entscheidung (einschließlich aller Quellenangaben) festhielt, auf den verwiesen und aus dem hervorgehoben wird:

4.1 Die von der Antragstellerin erwähnte Ortschaft heißt auf Tschechisch Žofina Huť (Wikipedia):

Diese Ortschaft gehört zur Gemeinde Nová Ves nad Lužnicí (deutsch: „Erdweis“ ). Diese Gemeinde wurde durch den Vertrag von Saint Germain 1920 der Tschechoslowakei zugesprochen. Von 1939 bis 1945 gehörte sie zum Landkreis Gmünd und kam nach dem Zweiten Weltkrieg wieder zur Tschechoslowakei. Im Jahr 2016 hatte die Gemeinde 335 Einwohner, im Jahr 2011 wird für die Ortschaft Žofina Huť eine Einwohnerzahl von 56 genannt. Die Ortschaft hat keine Bahnstation und ist nur über eine Landstraße zu erreichen.

Žofina Huť liegt in der Nähe der österreichischen Grenze, 10,4 km entfernt von Gmünd. Nová Ves nad Lužnicí ist eine Station an der Bahnstrecke von Gmünd nach Prag.

Unter der Bezeichnung Žofínský prales (deutsch: „Sophien-Urwald“) existiert ein Naturschutzgebiet, ein geschützter Urwald im Süden Tschechiens direkt an der österreichischen Grenze, 15 km südwestlich der Stadt Nové Hrady. Er gehört zu den ältesten Naturschutzgebieten des Landes und ist das erste Naturschutzgebiet Europas. Die Wälder zählen zu den ältesten Wäldern Mitteleuropas.

Das Naturreservat Žofínský prales ist nicht zugänglich und seit 1991 zum Schutz vor Rehwild umfriedet.

Žofínský prales ist zu unterscheiden von der Ortsbezeichnung Žofina Huť; es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Bestandteile Žofina (von Žofina Huť ) und Žofínský (von Žofínský prales ) auf eine Verbindung hinweisen, wie möglicherweise einstmals das Beziehen von Holz für die Glasproduktion aus dem Waldgebiet; doch ist durch die Gründung des Naturreservats 1838 jede aktuelle Gemeinsamkeit ausgeschlossen und durch die Umfriedung seit 1991 eine Verbindung bei der handwerklichen oder industriellen Produktion wie auch bei der Glasproduktion unmöglich.

Im Buch

findet sich folgende Passage (S 211 f):

Im Buch

findet sich auf S 220 die folgende Passage

4.2 Die Antragstellerin hat als Beilage ./H einen Ausdruck aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin (www.sophienwald.com) vorgelegt, aus dem sich – von der NA nicht festgestellt, aber vom Berufungsgericht verwertbar (RIS-Justiz RS0121557) – ergibt, dass die Antragsgegnerin in einem Informationstext kurz auf die Geschichte der Glaserzeugung eingeht und dann wörtlich ausführt:

«Die venezianische Glaskunst hatte großen Einfluss auf den südlichen Teil Österreichs. Für das Waldviertel war jedoch die böhmische Glasindustrie besonders wichtig, die sich im 14. Jhdt. rasch entwickelte. Zur Glaserzeugung wurde in Böhmen – anders als in Venedig – Pottasche verwendet, wodurch das Glas stabiler wurde und geschliffen bzw. geschnitten werden konnte.

Die Glashütten waren nicht nur wegen ihrer Erzeugnisse begehrt. Im frühen Mittelalter lag zwischen der heutigen Tschechischen Republik und Niederösterreich ein ausgedehntes Waldgebiet. Die Glashütten benötigten große Mengen Holz, um ihre Öfen zu befeuern, und mussten regelmäßig tiefer in den Wald verlegt werden (das sogenannte Hüttenwandern), sodass sie nicht nur der Glaserzeugung, sondern auch der Landgewinnung dienten. Obwohl die Glasindustrie aufblühte und sich Böhmen und das Waldviertel im 17. Jhdt. zum wichtigsten Glasproduzenten weltweit aufschwingen konnten, stagnierte die technische Entwicklung in den nächsten Jahrhunderten. Erst im 20. Jhdt. wurde die Glasindustrie grundlegend modernisiert, was besonders in den letzten Jahrzehnten einen großen Sprung in der Produktion und Qualität zur Folge hatte.

Mit dem Aufleben von Sophienwald® greifen wir auf die großartige Tradition in diesem Gebiet zurück und interpretieren das Glas mit modernen Mitteln neu.»

4.3 Das Berufungsgericht fügt zur Dokumentation notorischen Wissens den Ausschnitt einer Straßenkarte des betroffenen Gebiets ein (das Original hat den Maßstab 1:200.000):

Žofina Huť findet sich nordwestlich von Gmünd und nahe bei Nová Ves nad Lužnicí (südwestlich davon). Žofínský prales findet sich knapp westlich der Staatsgrenze auf der Höhe des Nebelsteins.

4.4 Rechtlich erwog die NA, dass zwar solche Bezeichnungen nicht als Marke registriert werden könnten, die bestimmte geographische Orte bezeichnen, die für die betroffene Art von Waren bereits berühmt oder bekannt seien oder die in Zukunft von (anderen) Unternehmen verwendet werden könnten, um die geographische Herkunft der Waren zu beschreiben. Kein Eintragungshindernis bestehe aber bei geographischen Bezeichnungen, die den Verkehrskreisen gar nicht oder nicht als Bezeichnung eines geographischen Orts bekannt seien; kein Eintragungshindernis bestehe auch, wenn wenig wahrscheinlich sei, dass die Verkehrskreise annehmen würden, die betroffene Ware stamme von diesem Ort oder werde dort konzipiert.

Es sei Sache der Antragstellerin, die Kenntnis der Verkehrskreise von der geographischen Bezeichnung nachzuweisen. Der Ortsteil Žofina Huť habe 56 Einwohner (im Jahr 2011) und liege nicht in Österreich. Die Antragstellerin habe keine nachvollziehbaren Argumente vorgebracht und es seien auch keine Anhaltspunkte auffindbar gewesen, inwiefern die österreichischen Verkehrskreise die Bezeichnung „Sophienwald“ aktuell als geographische Angabe erkennen sollten. Der Ort Žofina Huť sei nicht überregional bedeutsam.

4.5 Zusätzlich argumentierte die NA damit, dass die graphische Ausgestaltung dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft verleihe, wenn man sogar davon ausginge, „Sophienwald“ sei eine geographische Angabe. Wegen der Unbekanntheit der Bezeichnung „Sophienwald“ könne nicht klar angenommen werden, dass die gegebene Anordnung der Buchstaben „Sw“ sofort als Abkürzung für „Sophienwald“ aufgefasst würde, weil diese Abkürzung in vielen anderen Zusammenhängen bekannt sei (zum Beispiel schwarz/weiß, Software). Die den Buchstabenumrissen folgende Linienführung sei einprägsam und daher unterscheidungskräftig.

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Antragstellerin, die unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, die Entscheidung zu ändern und dem Löschungsantrag stattzugeben. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsgegnerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist berechtigt.

6. Die Entscheidung erfordert Klarstellungen darüber, welcher Prozessstoff dem Verfahren vor der NA und dem Berufungsverfahren zugrunde liegt. § 33 MSchG ist sehr allgemein gefasst und verleiht jedem das Recht, die Löschung einer Marke zu begehren, wenn sie nicht hätte eingetragen werden dürfen, wenn also ein von Amts wegen wahrzunehmender Grund der Eintragung entgegenstand.

Dies bewirkt jedoch nicht, dass das Nichtigkeitsverfahren bloß eine Wiederholung des Eintragungsverfahrens ist, bei dem neuerlich in alle Richtungen zu prüfen ist, ob Eintragungshindernisse vorliegen. Die NA tritt nicht in die Rolle des Prüforgans ein, sondern führt ein kontradiktorisches Verfahren durch, das von der Parteienmaxime dominiert ist. Weitgehend sind auf das Verfahren die Regeln der Zivilprozessordnung anzuwenden (§ 35 Abs 5 MSchG iVm §§ 119 und 120 PatG); gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG unterliegt auch das Berufungsverfahren dem Regime der ZPO.

Allein das im Berufungsverfahren geltende Neuerungsverbot kann nur dann abgegrenzt und beurteilt werden, wenn auch das erstinstanzliche Verfahren vor der NA einen durch das Vorbringen der Parteien eingegrenzten Prozessgegenstand hatte. Die gesamte Beurteilung orientiert sich somit an den Tatsachen und Beweismitteln, die die Parteien entweder zum Angriff oder zur Verteidigung bereits in erster Instanz vorgebracht haben (vgl zur ähnlichen deutschen Rechtslage Miosga in Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz 12 § 54 Rn 3).

Im konkreten Fall ist somit zu prüfen, ob das Zeichen im Sinne des Vorbringens der Antragstellerin als geographische Angabe zu sehen ist, wozu sich die zusätzliche Frage stellt, ob das ornamentale Element des in ein dreiblättriges Kleeblatt eingeschlossenen „Sw“ vom Wortteil des Zeichens ausreichend klar wegführt.

Nicht zu beurteilen ist etwa die Frage, ob dieses Ornament für sich genommen als Marke registriert werden könnte oder im Fall der Registrierung Bestand hätte.

7. Nach der Einschätzung des Berufungsgerichts führt die Tatsache, dass es sich bei der Marke der Antragsgegnerin um eine Wortbildmarke handelt, nicht am Umstand vorbei, dass das Wort „Sophienwald“ als Wort dominiert und dass es somit für die rechtliche Beurteilung dieses Wort ausschlaggebend ist. Zum einen bedient sich die Antragsgegnerin keiner außergewöhnlichen Schrifttype und auch die Verwendung einer kursiven Schrift führt nicht von der Bedeutung des Wortes weg. Das Ornament „Sw“, das in einer Art Kleeblatt oder Wolke über diesem Wort schwebt, ist auch nicht dafür geeignet, die dominierende Bedeutung des Wortes zu beseitigen, weil – trotz der Existenz anderer Abkürzungsmöglichkeiten – unmittelbar einleuchtet, dabei handle es sich um eine Abkürzung des Wortes „Sophienwald“.

Daraus ist aber zur Frage, ob dieses Ornament für sich genommen registrierbar wäre, nichts abzuleiten.

Daraus folgt, dass das Berufungsgericht nur zu überprüfen hat, inwieweit „Sophienwald“ als eine geographische Angabe anzusehen ist, was die Registrierung ausschließen würde.

8.1 Nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Ware dienen können. Jedermann kann sich nach § 33 MSchG darauf berufen, dass eine Marke diesem (oder einem anderen) Eintragungshindernis unterliegt, und die Löschung beantragen.

Die beschriebene Dominanz des Wortes „Sophienwald“ bringt mit sich, dass das Kriterium der „Ausschließlichkeit“ in diesem Sinne erfüllt ist. Zu betonen ist auch, dass es nicht darauf ankommt, ob die Angabe im Verkehr zur Bezeichnung der geographischen Herkunft der Ware dient, sondern dass es nur darauf ankommt, ob sie dazu „dienen kann“.

8.2 Eine geographische Angabe ist somit grundsätzlich nicht schützbar (Koppensteiner, Markenrecht 4 77 mwN); erfasst sind auch Namen von Ortschaften, Gebirgen, Tälern, Flüssen oder Seen (Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 259 mit weiteren Beispielen).

8.3 Vom Eintragungshindernis erfasst wird nicht nur der Ort der Herstellung oder auch nur des Entwurfs von Waren, sondern bei entsprechendem Verkehrsverständnis auch der Herkunftsort der Rohstoffe. Bei Dienstleistungen ist der Ort der Erbringung aus Sicht der Verbraucher beliebig, das ist aber anders bei touristischen oder gastronomischen Dienstleistungen oder bei der Assoziation eines Orts mit einer besonderen Qualität (Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 236).

8.4 Das Eintragungshindernis der geographischen Herkunftsangabe setzt grundsätzlich voraus, dass die Angabe für den Verkehr zumindest subjetiv relevant sein kann. Deshalb bedarf es bei unbekannten geographischen Herkunftsangaben der Feststellung eines gegenwärtigen oder künftigen Freihaltebedürfnisses. Die Bekanntheit des Ortes ist allerdings isoliert betrachtet keine Voraussetzung für das Eintragungshindernis (Ingerl/Rohnke aaO Rz 238; vgl EuGH C 108/97, Chiemsee ). Es darf somit nicht ausschließlich auf den durchschnittlich informierten und durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher abgestellt werden, sondern es sind auch die Kreise zu berücksichtigen, die mit den betroffenen Waren Handel treiben und infolgedessen ein breiteres Wissen von allen Umstände dieser Warenproduktion haben.

Ausgenommen von diesem Verbot sind Ortsbezeichnungen, die im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden. Nur wenn das Zeichen ausschließlich oder doch so überwiegend den Charakter einer Phantasiebezeichnung hat, dass die daneben noch vorhandene geographische Bedeutung ganz zurücktritt, wäre es dem markenrechtlichen Schutz zugänglich (4 Ob 45/04b, St. Zeno ). Dass nur Teile der Verkehrskreise das Zeichen als eine Ortsbezeichnung kennen, schadet nicht (statt vielen: 4 Ob 126/15f, OLG Wien 34 R 50/15w, Bukhara ).

Der EuGH hat zu diesem Themenkreis in C 108/97 und C 109/97, Chiemsee, ausgesprochen, dass der markenrechtliche Schutz schon dann zu verweigern ist, wenn die geographische Bezeichnung künftig (von anderen Unternehmen) als Herkunftsangabe verwendet werden kann, und dass zu prüfen ist, ob vernünftigerweise zu erwarten ist, dass die Bezeichnung nach Auffassung der Verkehrskreise die Herkunft einer Ware bezeichnet; dabei ist zu berücksichtigen, inwieweit den beteiligten Verkehrskreisen die geographische Bezeichnung bekannt ist, welche Eigenschaften der Ort und die Waren haben, und dass es nicht darauf ankommt, dass die Ware tatsächlich an diesem Ort hergestellt wird.

9. Auf der Basis dieser Grundsätze und auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen und der Quellenlage teilt das Berufungsgericht die Einschätzung der NA nicht und berücksichtigt dabei die folgenden konkreten Umstände:

Zusammenfassend sind somit jene Kriterien erfüllt, die etwa der EuGH in der Entscheidung Chiemsee aufgestellt hat, um die Ortsbezeichnung von der Registrierung auszuschließen. Nach der Einschätzung des Berufungsgerichts kann durchaus vernünftigerweise erwartet werden, dass das Wort „Sophienwald“ als Herkunftsbezeichnung für die beanspruchten Waren dienen soll, dient und dienen wird.

Die im Vordergrund stehenden Waren der Klassen 21 (vor allem Trinkgläser) und 14 haben einen ausreichend engen Zusammenhang mit den Waren der Klasse 33 (alkoholische Getränke, ausgenommen Biere).

10. Die Änderung der Entscheidung bewirkt auch die Änderung der Kostenentscheidung. Die unterliegende Antragsgegnerin ersetzt die Kosten.

Der Einheitssatz beträgt nur für den Löschungsantrag 100 % (§ 115 Abs 2 PatG iVm § 35 Abs 5 MSchG iVm § 23 Abs 6 RATG), sonst 50 %.

11. Da die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls und deren Würdigung abhing, ergaben sich keine Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO. Beim Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands orientierte sich das Berufungsgericht an der wirtschaftlichen Bedeutung des Markenrechts.

[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 26.11.2019 zurück, 4 Ob 152/19k.]

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