JudikaturOLG Wien

133R45/19v – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
09. Juli 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als ***** wegen Eintragung der Wortmarke COOL MINT über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 29.1.2019, AM 51642/2017 5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte am 13.9.2017 die Eintragung der Wortmarke COOL MINT für Waren der Klasse 30 „Feine Back- und Konditorwaren, Speiseeis, Pralinen, Schokolade und Schokoladewaren“.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen COOL MINT in der englischen Bedeutung als „ frische Minze“ verstehen würden. Dass „cool“ auch „kühl“ oder „lässig“ bedeuten könne, ändere nichts daran, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen im Zusammenhang mit Süßspeisen als Hinweis auf die Geschmacksrichtung auffassen, darin jedoch keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren aus einem bestimmten Unternehmen erblicken würden, wodurch das Zeichen mangels Unterscheidungskraft von der Registrierung ausgeschlossen sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts aufzuheben und die Eintragung der Marke anzuordnen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben, weil ein solches Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen kann (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).

2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind.

3. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel bzw den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67). Ob ein Zeichen beschreibend ist, muss dabei stets in Bezug auf jene Waren und Dienstleistungen geprüft werden, für die es registriert werden soll (RIS-Justiz RS0090803).

4. Für fremdsprachige Wortzeichen gilt grundsätzlich nichts anderes als für deutschsprachige (RIS-Justiz RS0066550). Die Unterscheidungskraft von fremdsprachigen Begriffen hängt damit vor allem davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland so weit verbreitet ist, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen kann (4 Ob 7/05s, Car Care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Ohne Bedeutung ist, ob die Bezeichnung in der englischen Sprache gebräuchlich ist oder nicht (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; RIS-Justiz RS0066550 [T5]).

5. Die Rechtsabteilung hat bereits darauf hingewiesen, dass das Zeichen „COOL MINT“ aus zwei Begriffen besteht, die dem englischen Grundwortschatz entstammen, und deshalb auch in Österreich von den angesprochenen Verkehrskreisen in der Bedeutung von „ frische Minze “ verstanden werden.

6. Die Antragstellerin wendet in ihrem Rechtsmittel ein, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen „COOL MINT“ dennoch nicht in der Bedeutung von „ frische Minze“, sondern als Hinweis auf die „coolen“, das heißt „lässigen“ Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik verstehen würden, weil der Konsum von Süßspeisen die Leistungsfähigkeit des Gehirns steigere. Richtig ist, dass das Initialwort „MINT“ als Sammelbezeichnung für die Fächer M athematik, I nformatik, N aturwissenschaft und T echnik verwendet wird. Die Antragstellerin kann aber nicht nachvollziehbar erklären, weshalb die Konsumenten von Süßspeisen die Bezeichnung „MINT“ als Hinweis auf eine bestimmte Gruppe von Schul- und Studienfächern auffassen sollten, obwohl ein Verständnis als Hinweis auf die Geschmacksrichtung viel näher liegt. Abgesehen davon kann sich eine Steigerung der Leistungsfähigkeit des Gehirns auch bei geisteswissenschaftlichen Fächern vorteilhaft auswirken.

7. Die Antragstellerin stellt in ihrem Rechtsmittel die Behauptung auf, dass es auf dem Markt keine feine Back- und Konditorwaren gebe, die Minzgeschmack aufweisen, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen als eindeutigen Hinweis auf das Unternehmen der Antragstellerin wahrnehmen würden. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Rechtsabteilung im Schreiben vom 30.10.2018 festgestellt hat, dass auf dem Markt Kekse, Gebäck, Eis, Schokolade und Pralinen mit Minzgeschmack angeboten werden.

8. Die Antragstellerin wendet hier ein, dass traditionelle österreichische Mehlspeisen keine Minze enthalten würden, weshalb die angesprochenen Verkehrskreise bei solchen Waren nicht davon ausgehen würden, dass sie Minzgeschmack hätten. Dem ist zu erwidern, dass Süßspeisen mit Minzgeschmack zwar nicht alltäglich, aber auch nicht so außergewöhnlich sind, dass die Konsumenten bei der Bezeichnung „MINT“ nicht annehmen würden, dass es sich um eine Süßspeise mit Minzgeschmack handelt.

9. Die Antragstellerin steht auf dem Standpunkt, dass das Zeichen „COOL MINT“ dennoch unterscheidungskräftig sei, weil es sich um keine allgemein übliche Warenbezeichnung handle. Ob dies zutrifft oder nicht, kann dahingestellt bleiben. Die Verweigerung der Registrierung setzt nämlich nicht voraus, dass das Zeichen im Zeitpunkt der Anmeldung tatsächlich bereits für die in der Anmeldung aufgeführten Waren beschreibend verwendet wurde, sondern es genügt, dass das Zeichen zu diesem Zweck verwendet werden könnte (EuGH C 191/01 P, Doublemint, Rz 32).

10. Die Antragstellerin meint, dass die Rechtsabteilung übersehen habe, dass „COOL“ nicht nur die Bedeutung von „kühl, frisch“, sondern auch jene von „lässig, locker, kaltblütig, besonnen, verfroren“ habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass die Rechtsabteilung diesen Umstand sehr wohl berücksichtigt und darauf hingewiesen hat, dass ein Wortzeichen nach der Rechtsprechung des EuGH schon dann von der Registrierung ausgeschlossen ist, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (EuGH C 191/01 P, Doublemint, Rz 32; C 326/01, Universaltelefonbuch, Rz 28; ebenso RIS-Justiz RS0066456 [T18]).

11. Die Antragstellerin vertritt in ihrem Rechtsmittel die Auffassung, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen „COOL MINT“ dennoch als Fantasiebegriff wahrnehmen würden, der zur Frage, ob es sich um eine Ware mit Minzgeschmack oder um ein „frisches oder lässiges oder lockeres oder kaltblütiges oder besonnenes oder verfrorenes Produkt“ handle, einer Gedankenoperation bedürfe. Da Back- und Konditorwaren sowie Pralinen und Schokolade typischerweise warm oder zumindest bei Zimmertemperatur genossen würden, könnten die angesprochenen Verkehrskreise „COOL“ in diesem Zusammenhang nur im Wege einer Gedankenoperation und nur im Sinne von „ kühl und lässig“ verstehen.

12. Richtig ist, dass Angaben nur dann beschreibend sind, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (RIS-Justiz RS0066456; RS0090799). Lässt sich dagegen die Beziehung zwischen Ware und Zeichen nur im Wege besonderer Schlussfolgerungen oder Gedankenoperationen herstellen, dann ist die Registrierung des Zeichens ebenso erlaubt, wie wenn es sich um eine bloße Andeutung irgendwelcher Eigenschaften der Ware handelt (RIS-Justiz RS0066456; RS0090799). Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (RIS-Justiz RS0066644).

13. Das Zeichen „COOL MINT“ ist aber keine Phantasiebezeichnung, sondern wird auch in Österreich ohne weiteres in seiner ursprünglichen Bedeutung von „ frische Minze “ (auch im Sinn von „kühl“ oder „erfrischend“ ) verstanden, wodurch für die angesprochenen Verkehrskreise keine Veranlassung besteht, dahinter einen anderen Bedeutungsgehalt zu vermuten oder weitere Gedankenoperationen anzustrengen. Dass die beanspruchten Waren nicht ausschließlich „kalt“ (wie etwa Speiseeis) oder „gekühlt“ sein müssen, ändert am Fehlen der Registrierbarkeit nichts.

14 . Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen (C 383/99, Baby-dry; 4 Ob 186/03m, djshop ). Damit verfügt das Zeichen „COOL MINT“ aber gerade bei jenen Waren, für die die Registrierung beantragt wurde, über keine Unterscheidungskraft.

Die Entscheidung der Rechtsabteilung bedarf somit keiner Korrektur.

15. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

16. Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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