JudikaturOLG Wien

133R34/19a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
07. Mai 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke Nr 295943 über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 23.10.2018, WM 80/2018 2 in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beruft sich auf vier Widerspruchsmarken, und zwar

a) auf die am 18.6.2015 mit Priorität vom 6.9.2006 als Wortmarke eingetragene Unionsmarke Nr 5298112 (1. Widerspruchsmarke)

SKY

unter anderem für Dienstleistungen der Klasse

35 Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen;

b) auf die am 25.4.2015 mit Priorität vom 14.2.2011 als Bildmarke eingetragene Unionsmarke Nr 9735689 (2. Widerspruchsmarke)

unter anderem für Dienstleistungen der Klassen

35 Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen; Zusammenstellung von Statistiken und Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Marketingstudien; Planung, Prüfung, Umfragen und Wertermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Bereitstellung von Informationen und Auskünften in Geschäftsangelegenheiten;

36 Immobilienwesen; Immobilien-Dienstleistungen; Dienstleistungen eines Immobilienbüros; Immobilienfinanzierung; Schätzung und Bewertung von Immobilien; Information und Beratung in Bezug auf Immobilien;

c) auf die am 1.5.2015 mit Priorität vom 25.10.2013 als Bildmarke eingetragene Unionsmarke Nr. 12255303 (3. Widerspruchsmarke)

unter anderem für Dienstleistungen der Klassen

35 Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Wertermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten, Erstellen von Statistiken, Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Marketing; Marktforschung;

36 Immobilienwesen; Dienstleistungen eines Immobilienmaklers; Immobilienvermittlung; Immobiliendienstleistungen; Finanzdienstleistungen für Immobilien;

d) sowie auf die am 29.8.2016 mit Priorität vom 22.5.2015 als Wortmarke eingetragene Unionsmarke Nr 14108773 (4. Widerspruchsmarke)

SKY READY

unter anderem für Dienstleistungen der Klassen

35 Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; Wertermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Erstellen von Statistiken, Erstellen von Wirtschaftsprognosen; Marketing; Marktforschung;

37 Bauwesen.

Die Antragstellerin erhob Widerspruch gegen die Registrierung der vom Antragsgegner am 22.6.2017 angemeldeten Bildmarke Nr. 295943 (angegriffene Marke)

für Waren und Dienstleistungen der Klassen

35 Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Penthäuser;

36 Immobilienwesen; Vermittlung von Immobilien für Dritte; Immobilienberatung; Erstellung von Kapitalanlageplänen bezüglich Immobilien;

37 Bauwesen.

Die Antragstellerin führte dazu aus, dass die angegriffene Marke für identische oder zumindest ähnliche Dienstleistungen eingetragen sei und auf Grund der Übernahme des prägenden Markenbestandteils „Sky” die Gefahr von Verwechslungen bestehe.

Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Widerspruchs und führte dazu aus, dass aufgrund der unterschiedlichen Gestaltung der Marken und des Zusatzes „ONE PENTHOUSES URANIA“ eine Verwechslungsgefahr auszuschließen sei, zumal insbesondere der Bestandteil „ONE“ dem Bestandteil „SKY“ gleichwertig sei. Darüber hinaus habe die Antragstellerin die Widerspruchsmarken nicht für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Immobilien verwendet.

Die Rechtsabteilung des Patentamts gab mit der angefochtenen Entscheidung dem Widerspruch statt, hob die Registrierung der angegriffenen Marke hinsichtlich aller Dienstleistungen mit Wirksamkeit vom Zeitpunkt der Registrierung auf und führte dazu aus, dass das dominierende Element der Widerspruchsmarken das Wort „Sky“ sei, das für sich genommen unterscheidungskräftig sei und auch in der angegriffenen Marke aufgrund der graphischen Gestaltung eine dominante Stellung einnehme. Die angegriffene Marke habe damit einen wesentlichen Bestandteil der Widerspruchsmarken vollständig übernommen. Da die angegriffene Marke in der Klasse 35 für hochgradig ähnliche und in den Klassen 36 und 37 für idente Dienstleistungen eingetragen worden sei, bestehe eine Verwechslungsgefahr. Der Einwand der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarken sei unzulässig, weil seit ihrer Registrierung noch nicht fünf Jahre verstrichen seien.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragsgegners aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Widerspruch der Antragstellerin abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Nach § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG ist eine Marke auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten noch zu Recht bestehenden Marke zu löschen, wenn die Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und wenn dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

1.2. Die Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen, wobei die Kennzeichnungskraft der verletzten Marke, die Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen und die Ähnlichkeit der von den Zeichen erfassten Waren zu berücksichtigen sind (RIS-Justiz RS0116970; RS0121482; RS0121500). Dabei kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (RIS-Justiz RS0116294; RS0121482). Folge dieser Wechselwirkung ist es aber auch, dass bei Warenidentität oder hochgradiger Warenähnlichkeit, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen, ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen erforderlich ist, als dies bei größerer Warenverschiedenheit zutreffen würde (RIS-Justiz RS0116294).

2.1. Der Antragsgegner bestreitet sowohl die Identität als auch die Ähnlichkeit der Dienstleistungen und führt dazu begründend aus, dass die angegriffene Marke die „Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten“ umfasse, während sich die Widerspruchsmarken auf die „Wertermittlung“ von Immobilien beschränke.

2.2. Dem ist entgegenzuhalten, dass die 1. Widerspruchsmarke in der Klasse 35 „Verwaltungsdienstleistungen für Unternehmen“ und die 2., 3. und 4. Widerspruchsmarke „Geschäftsführung“ und „Unternehmensverwaltung“ enthalten. In der Klasse 36 umfassen die 2. und 3. Widerspruchsmarke „Immobilienwesen“ und „Immobiliendienstleistungen“, die 2. Widerspruchsmarke auch „Information und Beratung in Bezug auf Immobilien“. Entgegen dem Vorbringen des Antragsgegners fällt damit auch die Entwicklung von betriebswirtschaftlichen Nutzungskonzepten für Penthäuser in den Schutzbereich der Widerspruchsmarken, weil diese Dienstleistungen auch Immobilien (nämlich Penthäuser) betreffen. Da die Widerspruchsmarken ganz allgemein für Immobiliendienstleistungen registriert sind, erstreckt sich ihr Schutzbereich somit auch auf Dienstleistungen für Penthäuser. Auf eine Auslegung der Dienstleistungen nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sowie nach einem objektiven Verkehrsverständnis – wie vom Antragsgegner im Rekurs vorgebracht – kommt es nicht an, da im Widerspruchsverfahren auf den Registerstand abzustellen ist. Die Marken sind abstrakt zu prüfen und zu vergleichen.

3.1. Die Marken der Antragstellerin und des Antragsgegners stimmen darin überein, dass sie das Wort „Sky” enthalten. Ob Zeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ähnlich sind, richtet sich nach dem Gesamteindruck, den sie hervorrufen (RIS-Justiz RS0114771 [T1, T5]). Verwechslungsgefahr ist aber im Allgemeinen schon dann anzunehmen, wenn sie bei einem der drei Ähnlichkeitskriterien (Wortbild, Wortklang, Wortsinn) gegeben ist (RIS-Justiz RS0066753 [T7, T18]; RS0066779 [T13]).

3.2. Dennoch sind die einzelnen Zeichenbestandteile für den Ähnlichkeitsvergleich nicht isoliert zu betrachten, sondern es ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welchen Einfluss der einzelne Markenbestandteil auf den Gesamteindruck des Zeichens hat (RIS-Justiz RS0066749; RS0066753). So kommt einem einzelnen Markenbestandteil selbstständiger Schutz zu, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (RIS-Justiz RS0066816). Schutzunfähige oder schwache Teile tragen hingegen nur wenig zum Gesamteindruck des Zeichens bei, weshalb schon relativ geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen die Gefahr von Verwechslungen beseitigen können (RIS-Justiz RS0066749).

4.1. Der Antragsgegner behauptet, dass eine Verwechslungsgefahr auszuschließen sei, weil die Antragstellerin Satellitenfernsehen anbiete und „SKY“ für diese Dienstleistung – im Hinblick auf die sich in der Erdumlaufbahn befindlichen Satelliten – bloß beschreibend sei.

4.2. Dazu hat das Rekursgericht bereits mehrfach dargelegt, dass nach der Entscheidung C 196/11 P, F1-LIVE (Rn 40 f) im Widerspruchsverfahren in Bezug auf die Widerspruchsmarke(n) das Fehlen der Unterscheidungskraft oder der beschreibende Charakter der Widerspruchsmarken nicht angenommen werden dürfen (vgl 34 R 42/15g, Skylens/sky; 133 R 83/17d, HAPPY MEAL/QUICK HAPPY MEAL ). Dass der Markenbestandteil der Widerspruchsmarken „SKY“ für Dienstleistungen in Bezug auf Satellitenfernsehen beschreibend sei, ist darüber hinaus irrelevant, weil keine der Marken eine solche Dienstleistung im Dienstleistungsverzeichnis enthält.

5.1. Der Antragsgegner steht weiters auf dem Standpunkt, dass eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei, weil die angegriffene Marke zum Bestandteil „SKY“ noch den Zusatz „ONE PENTHOUSES URANIA“ enthalte und insbesondere der Markenbestandteil „URANIA“ derart kennzeichnungsstark sei, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe.

5.2. Dem ist zu erwidern, dass die Verwechslungsgefahr nicht voraussetzt, dass der übernommene Zeichenbestandteil eine dominierende Stellung hat (RIS-Justiz RS0121514). Im Markenrecht gilt vielmehr der Grundsatz, dass schon ein einzelner Markenbestandteil gegen unbefugte Verwendung Schutz genießt, sofern er für sich allein unterscheidungskräftig ist und durch seine Verwendung die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen ist (RIS-Justiz RS0066816); zum Ausnahmefall, dass das übernommene Zeichen vollständig in den Hintergrund träte (zum Beispiel wie in 34 R 94/15s, OLYMPIC/OLD SCHOOL OLYMPIC BOXING JA*B CLUB VIENNA ), der hier nicht vorliegt, siehe unten Punkt 6.2.

5.3. Zur Kennzeichnung geeignet sind nicht nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter, sondern auch Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644). Der englische Begriff „Sky“ bedeutet „Himmel“, steht aber mit der Immobilienwirtschaft – wie von der Erstinstanz richtig beurteilt – in keinem erkennbaren (beschreibenden) Zusammenhang, zumal die angesprochenen Verkehrskreise darin eine Phantasiebezeichnung sehen und diese deshalb für sich genommen zur Kennzeichnung der gegenständlichen Dienstleistungen geeignet ist.

6.1. Schließlich macht der Antragsgegner geltend, dass die senkrechte Positionierung der Wortelemente in der von ihm registrierten Marke „unten breit und nach oben hin spitz werdend“ auf Immobilien im Dachgeschoss und Penthäuser hinweise und dass diese besondere grafische Gestaltung eine Verwechslungsgefahr ausschließe.

6.2. Tatsächlich würde eine Verwechslungsgefahr fehlen, wenn die ältere Marke als Bestandteil der jüngeren dort eine bloß untergeordnete Rolle spielt und im Vergleich zu den übrigen Bestandteilen, die den Gesamteindruck des jüngeren Zeichens bestimmen, ganz zurücktritt (RIS-Justiz RS0079033). Die mit einer Marke verbundene Herkunftsgarantie wird aber bereits dann beeinträchtigt, wenn die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr auch nur den Eindruck entstehen lässt, dass eine Verbindung zwischen den betroffenen Dienstleistungen und dem Markeninhaber bestehe (RIS-Justiz RS0122216).

6.3. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist für den Gesamteindruck in der Regel der Wortbestandteil maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – orientiert und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779). Aber selbst wenn bildliche und wörtliche Bestandteile mehr oder weniger gleichberechtigt nebeneinander stehen, sind auch jene Zeichen als mit dieser Marke verwechselbar ähnlich anzusehen, die nur die wörtlichen Teile dieser Marke in verwechselbarer Weise wiedergeben (RIS-Justiz RS0066748).

6.4. Daraus folgt, dass auch die bildliche Gestaltung der angegriffenen Marke weder in ihrer Farbgestaltung noch in der Anordnung der Wortbestandteile die vorliegende Verwechslungsgefahr nicht beseitigen kann, weil der zentral und prägend übernommene Wortbestandteil „SKY” für sich genommen unterscheidungskräftig ist. Deshalb würden die beteiligten Verkehrskreise trotz der unterschiedlichen bildlichen Gestaltung annehmen, dass die unter diesen Marken angebotenen Dienstleistungen aus demselben oder zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen, weshalb die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

7. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

8. Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im konkreten Fall wirft keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf (RIS-Justiz RS0112739). Der ordentliche Revisionsrekurs war daher nicht zuzulassen.

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