133R29/19s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 295491 über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 25.10.2018, WM 87/2018 2, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beruft sich auf diese Wortmarken und zwar
a) UM 1565332 mit dem Registrierungsdatum 23.2.2005 (= erste Widerspruchsmarke)
TERRA
eingetragen für die Waren der Klasse
29 Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse;
sowie
b) IR 810600 mit dem Registrierungsdatum 7.8.2003 und der Priorität vom 17.8.1994 (BX 832242) (= zweite Widerspruchsmarke)
TERRA
eingetragen für die Waren der Klasse
29 Fruits et légumes conservés, séchés et cuits, y compris snacks à base de légumes; gelées, confitures.
Sie widersprach basierend auf diesen Registrierungen der Eintragung dieser Wortbildmarke (nur) in der Klasse 29 mit dem Anmeldedatum vom 2.8.2017 (= angegriffene Marke) AT 295491 :
(unter anderem) eingetragen für die Waren eben dieser Klasse
29 Konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse ; Fleischextrakte, Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Gallerten, Konfitüren, Kompotte für den Verzehr .
Diese Marke sei im Umfang dieser Waren zur Verwechslung geeignet, nehme die angegriffene Marke doch den auch die Widerspruchsmarke prägenden Bestandteil TERRA bei teilweiser Identität und teilweiser Ähnlichkeit der Waren in identischer Weise in sich auf. Der Bildbestandteil der angegriffenen Marke sei nicht sehr markant; es bestünden daher bei Warenidentität visuell und phonetisch starke Ähnlichkeiten.
Die Antragsgegnerin erwiderte, TERRA sei zwar eine fremdsprachige Bezeichnung, sie sei aber in Alleinstellung als bloß beschreibend nicht registrierbar, weise sie doch nur darauf hin, dass die so bezeichneten Waren aus der Erde stammen würden. Davon abgesehen bestehe keine Zeichenähnlichkeit, präge der Bildbestandteil die angegriffene Marke doch erheblich mit. Insgesamt werde ein „italienisches Heimatgefühl“ vermittelt.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Widerspruch in Bezug auf die Waren „Konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten, Konfitüren, Kompotte für den Verzehr“ (und daher bloß teilweise) statt. In Bezug auf die verbleibenden Waren „Fleischextrakte, Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild“ wies es den Widerspruch ab; dieser Teil der bekämpften Entscheidung ist rechtskräftig, weswegen zum besseren Verständnis eingangs der Rekursentscheidung jene Waren im Warenverzeichnis der angegriffenen Marke unterstrichen wiedergegeben wurden, die im Rekursverfahren noch relevant sind.
Begründend führte die Rechtsabteilung aus, Warenähnlichkeit bestehe nur hinsichtlich jener Waren, die sich auf getrocknetes/gekochtes Obst und Gemüse bezögen. Ansonsten bestehe in bildlicher, klanglicher und in begrifflicher Hinsicht Ähnlichkeit durch das Wort TERRA. Dieses finde sich im Duden-Online-Wörterbuch und es werde als „Erde“ und „Land“ verstanden. Selbst wenn man ihm die Bedeutung „Muttererde“ zugrundelege, so sei es nicht beschreibend: Es bezeichne weder die zu beurteilenden Waren noch ihre Attribute.
Gegen den stattgebenden Teil der Entscheidung richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs der Antragsgegnerin mit dem erkennbaren Antrag, den Widerspruch auch in diesem Umfang abzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).
1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R
IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon ). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt ( quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).
1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson ; Om 6/11, revölution; RIS-Justiz RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro; Om 9/04, McCruise ).
1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753 [insb T9]; C 251/95, Sabel/Puma; C 206/04, Muelhens ). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner ). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).
1.7. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).
1.8. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer ; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).
1.9. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ).
1.10. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04, Thomson life ) kann – mit der daher übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox; Om 12/10, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; 4 Ob 138/12s, Flüüügel ) .
2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr in Bezug auf die im Rekursverfahren noch relevanten Waren zu bejahen.
2.1. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Waren, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzelnen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina; 4 Ob 180/02d, Opus One ).
Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist (OLG Wien 34 R 69/16s, Silan/HydroPurSilan uva).
Zur Vermeidung von Weitläufigkeiten ist von diesen Grundsätzen ausgehend der Beurteilung der Identität und Ähnlichkeit der zueinander in Beziehung zu setzenden Waren der Klasse 29 durch die Rechtsabteilung im Ergebnis im Sinn teilweise gegebener Identität und hochgradiger Ähnlichkeit beizupflichten (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
2.2. Diese als ident und/oder ähnlich zu qualifizierenden Waren sind überwiegend solche des täglichen Bedarfs, weil sie alle Lebensmittel und als solche zum mehr oder weniger sofortigen Verzehr bestimmt sind (s vergleichbar OLG Wien 34 R 53/15m, GEO GEMÜSE/GEO SCHÜTZT DEN REGENWALD e.V. ).
Daher ist der Grad der Aufmerksamkeit bei ihrer Inanspruchnahme eher gering (Koppensteiner, Markenrecht 4 114).
Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (RIS-Justiz RS0117324), wird daher fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten.
2.3. Der im Verfahren erhobene Einwand, die erste Widerspruchsmarke habe keine Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig, ist ohne rechtliche Belang, weil damit ein Löschungsgrund geltend gemacht wird, der nur im dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden könnte (RIS-Justiz RW0000891): Das Rekursgericht hat bereits mehrfach dargelegt, dass nach der Entscheidung C 196/11 P, F1 LIVE (Rn 40 f), weder das EUIPO noch das EuG in einem Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer eingetragenen nationalen Marke verneinen dürfen. Dies könne nur im Rahmen eines Löschungs- oder Nichtigkeitsverfahrens geschehen. Nach Auffassung des Rekursgerichts bedeutet dies unter Bedachtnahme auf den Vorrang des Unionsrechts und damit bei richtlinienkonformer Auslegung e contrario, dass nationale Behörden im Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer Unionsmarke, der Schutz gewährt wurde, nicht verneinen dürfen (OLG Wien 34 R 39/14a, Effect/Fast Effect [4 Ob 208/14p; dort offen geblieben]; vgl auch OLG Wien 34 R 157/15f; 34 R 12/15g, Skylens/sky ; 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 ; RIS-Justiz RW0000886).
Einer aufrecht registrierten Unionsmarke muss im Widerspruchsverfahren somit immer ein gewisser Grad an Kennzeichnungskraft zuerkannt werden.
2.4. In Bezug auf die Wort bedeutung argumentiert die Rechtsabteilung, TERRA sei nicht beschreibend, weil es nicht darauf ankomme, dass die miteinander zu vergleichenden Waren typischerweise der Erde entstammen. Dem kann gefolgt werden: Auch bei pflanzlichen Nahrungsmitteln wie (hier im Wesentlichen) Obst und Gemüse liegt es nicht nahe, diesen Zeichenbestandteil ohne Denkprozess und Interpretationsaufwand mit diesen in Beziehung zu setzen.
Auch der Zusatz MIA in der angegriffenen Marke führt nicht aus dem Ähnlichkeitsbereich heraus, weil er entweder gar nicht verstanden und daher nicht weiter beachtet oder als dem Lateinischen oder einer romanischen Sprache entstammend sofort und unmittelbar als besitzanzeigender Zusatz verstanden wird (vgl etwa den in der auch in der deutschen Alltagssprache geläufigen Ausruf „Mamma mia!“ ).
2.5. Im (Wort-) Bild stimmen die Zeichen im Begriff TERRA jeweils überein; dieser Teil wurde also zur Gänze in das angegriffene Zeichen aufgenommen.
Die der Grafik zuzurechnende Schriftart und -größe im angegriffenen Zeichen ist üblich iSv banal und für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Belang (s etwa OLG Wien 34 R 148/14f, Princess Sisi/Sisi [Verwendung von Zierschrift]; 133 R 95/17v, FRANZ HAAS/Haas Haas [geschwungene und kursiv gestellte Zierschrift]).
Die (neben ihren Wortteilen bestehende weitere) grafische Gestaltung der angegriffenen Marke greift den Begriff TERRA ohne über das Gewöhnliche hinauszugehen durch eine daher plakative und skizzenartige Silhouette eines Bergrückens auf.
Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist zudem in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend (näher oben Punkt 1.8.).
2.6. Klang lich besteht eine bedeutsame Gemeinsamkeit in der Sprechweise darin, dass auch die angegriffene Marke das Wort TERRA bei identer Aussprache enthält. Der weitere Teil MIA schafft zwar eine gewisse Distanz zu den Widerspruchsmarken, er führt aber nicht von TERRA in der Weise weg, dass in der Erinnerung der adressierten Verkehrskreise nicht dennoch letzterer Begriff als Nomen haften bliebe.
2.7. Mit anderen Worten spielt TERRA im Sinngehalt des Zeichens der Antragsgegnerin grafisch, phonetisch und inhaltlich keine untergeordnete, sondern eine jeweils dominierende Rolle.
Wird aber eine Marke komplett in ein Zeichen aufgenommen, so ist bei Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen, weil selbst bei der Übernahme eines schwachen Zeichens Verwechslungsgefahr besteht, wenn die übernommene Marke innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und sie nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (vgl die Nw oben bei Punkt 1.10.; weiters zB auch OLG Wien 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 = 4 Ob 164/16w; 34 R 41/16y, Mona/Monalisa; 34 R 52/15i Felix/Felix Weinstock; 133 R 76/17z, SKY/Skygate ). Dies ist hier der Fall.
3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880 [Ermessensspielraum]; RIS-Justiz RS0066779 [T24]), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.