133R33/19d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** in der Markenschutzsache der Erstantragstellerin ***** und die Zweitantragstellerin ***** wider den Antragsgegner ***** wegen Löschung der Marke Nr 206953 über die Berufungen der Antragstellerinnen gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 31.8.2018, Nm 8+15/2018 6, in nichtöffentlicher Sitzung (zu I. und II.) beschlossen und (zu III.) zu Recht erkannt:
Spruch
I. Die Bezeichnung der Erstantragstellerin wird […] berichtigt.
II. Der Antrag der Erstantragstellerin auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.
III. Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsstellerinnen sind jeweils schuldig, dem Antragsgegner den mit EUR 1.780,02 (darin EUR 296,67 USt) bestimmten Anteil an den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
Der Antragsgegner ist Inhaber der am 18.6.2002 angemeldeten und zu Nr 206953 registrierten Wortmarke „COYOTE“ für die Dienstleistungen der Gruppe 43 (de) „Betrieb einer Bar“ und „Verpflegung von Gästen in Restaurants“.
Die Antragstellerinnen begehren die Löschung der Marke des Antragsgegners und brachten dazu vor, dass der Antragsgegner seinerseits mehrere Markenverletzungsverfahren angestrengt habe, weil die Antragsteller in Anlehnung an den gleichnamigen Film unter der Bezeichnung „Coyote Ugly“ Veranstaltungen organisiert hätten, bei denen tanzende Kellnerinnen Alkohol ausgeschenkt hätten. Die Marke des Antragsgegners habe aber keine Unterscheidungskraft, weil der Begriff „Coyote Ugly“ eine branchenübliche Bezeichnung für den Ausschank von Alkohol durch tanzende Kellnerinnen sei. Hinzu komme, dass die Bezeichnung einer Tierart markenrechtlich nicht schutzfähig sei.
Die Marke des Antragsgegners sei irreführend, weil es sich um ein „Plagiat“ handle, das dem Kinofilm „Coyote Ugly“ entnommen sei. Der Antragsgegner habe die Anmeldung bösgläubig vorgenommen, weil er in sittenwidriger Weise vom Ruf des Films profitieren habe wollen und dabei in die Rechte der Urheber des Kinofilms eingegriffen habe. Zudem habe der Antragsgegner fremde Markenrechte verletzt, weil „Coyote Ugly“ im Zeitraum von 2001 bis 2016 mehrfach als Marke registriert worden sei.
Mittlerweile sei über das Vermögen des Antragsgegners ein Insolvenzverfahren eröffnet worden und der Antragsgegner habe auch nicht mehr die Absicht, dieses Zeichen kennzeichenmäßig zu benutzen. Der Antragsgegner sei deshalb nicht mehr schutzwürdig. Die Einstellung des Geschäftsbetriebs des Antragsgegners sei als konkludenter Verzicht auf das Markenrecht zu qualifizieren.
In der mündlichen Verhandlung vom 31.8.2018 stützte die Zweitantragstellerin – unterstützt von der Erstantragstellerin – den Anträge erstmals auch auf den Löschungsgrund des § 31 MSchG und brachte dazu vor, dass die Zweitantragstellerin bereits im Dezember 2000, nachdem sie zuvor die Genehmigung des Produzenten des gleichnamigen Film eingeholt habe, eine Tabledancebar mit der Bezeichnung „Coyote Ugly“ eröffnet habe, wodurch das Zeichen für die Zweitantragstellerin Verkehrsgeltung erlangt habe.
Der Antragsgegner bestritt, beantragte die Abweisung der Löschungsanträge und brachte seinerseits vor, dass er bis zur Insolvenz seines Unternehmens am 20.7.2016 unter der Bezeichnung „COYOTE“ einen Barbetrieb geführt habe, bei dem leicht bekleidete Tänzerinnen das Publikum zum Konsum alkoholischer Getränke animiert hätten. Das Konzept der Bar sei an den Film „Coyote Ugly“ angelehnt gewesen. Im Insolvenzverfahren sei der Barbetrieb veräußert und dem Käufer aufgrund eines Lizenzvertrags die befristete Weiterbenutzung der Marke gestattet worden.
Die Anmeldung der Marke sei nicht böswillig erfolgt, weil im Zeitpunkt der Markenanmeldung am 18.6.2002 in Österreich kein Mitbewerber das Zeichen kennzeichenmäßig verwendet habe. Der Antragsgegner habe auch das Einvernehmen mit den Urhebern des Kinofilms hergestellt. Wenngleich es sich um die Bezeichnung eines Tieres handle, sei das Zeichen „COYOTE“ als Phantasiebezeichnung für einen Gastronomiebetrieb unterscheidungskräftig und auch nicht irreführend. Schließlich sprach sich der Antragsgegner gegen die Erweiterung des Antrags in der Verhandlung vom 31.8.2018 aus.
Daraufhin verkündete die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts („NA“) in der mündlichen Verhandlung vom 31.8.2018 die Abweisung des „Antrags auf Erweiterung des Antragsbegehrens“. Mit der angefochtenen Entscheidung wies die NA auch die Löschungsanträge ab, wobei sie die auf den Seiten 8 und 9 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Feststellungen traf, auf die verwiesen wird.
In rechtlicher Hinsicht führte die NA aus, dass die Ausdehnung des Antrags auf den Löschungsgrund des § 31 MSchG nicht zuzulassen gewesen sei, weil der entsprechende Antrag erst am Beginn der mündlichen Verhandlung erstattet worden sei und die Prüfung der Verkehrsgeltung des Zeichens ein zeitaufwändiges Beweisverfahren erfordert hätte.
Im Übrigen seien die Löschungsanträge nicht berechtigt, weil das Zeichen „COYOTE“ eine Phantasiebezeichnung und auch in der Zusammensetzung von „Coyote Ugly“ für Gastronomie-Dienstleistungen nicht beschreibend sei. Es sei kein Nachweis erbracht worden, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen „COYOTE“ mit „Coyote Ugly“ oder mit dem gleichnamigen Film assoziieren würden, was eine Verwechslungsgefahr ausschließe. Auch wenn eine solche Assoziation stattfände, wäre damit keine Täuschung verbunden.
Die Geschäftsidee, dass Tänzerinnen Barbesucher zum Konsum alkoholischer Getränke animieren, sei nicht neu und genieße auch keinen markenrechtlichen Schutz, weshalb ohne Bedeutung sei, ob der Antragsgegner dieses Konzept für seinen Barbetrieb „abgekupfert“ hat. Am Wort „Coyote“ bestünden keine Urheberrechte. Eine Verletzung fremder Markenrechte könne nur von den jeweiligen Rechteinhabern geltend gemacht werden.
Es liege auch keine bösgläubige Markenanmeldung vor, weil der Antragsgegner nicht die Absicht gehabt habe, eine fremde Wirtschaftstätigkeit zu stören. Es sei auch nicht nachgewiesen worden, dass der Antragsgegner Kenntnis vom Barbetrieb der Zweitantragstellerin gehabt habe.
Auch wenn der Antragsgegner nicht die Absicht haben sollte, die Marke künftig zu verwenden, so würde sein Recht erst nach fünfjährigem Nichtgebrauch erlöschen. Ein konkludenter Verzicht auf das Markenrecht sei nicht möglich.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Berufungen der Antragstellerinnen aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, mit denen sie die Abänderung der Entscheidung dahingehend beantragen, dass den Anträgen auf Löschung der Marke stattgegeben werde; hilfsweise werden Aufhebungsanträge gestellt. Die Erstantragstellerin beantragt zudem die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.
Der Antragsgegner beantragt, den Berufungen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufungen sind nicht berechtigt.
Zur Parteienbezeichnung:
1. Aus dem Firmenbuch ergibt sich, dass die Erstantragstellerin aufgrund des Generalversammlungsbeschlusses vom 27.3.2018 nach § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft ***** umgewandelt wurde, was angesichts der damit verbundenen Gesamtrechtsnachfolge nach § 1 UmwG einen Parteiwechsel zur Folge hatte ( Nunner-Krautgasser in Fasching/Konecny 3 vor § 1 ZPO Rz 150). Es war daher die Parteibezeichnung nach § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.
Zum Zurückweisungsbeschluss:
2. Nach § 480 Abs 1 ZPO ist eine Berufungsverhandlung nur anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im Einzelfall für erforderlich hält, was jedoch nicht der Fall ist. Ein Antragsrecht der Parteien besteht nicht, weshalb der Antrag der Erstantragstellerin als unzulässig zurückzuweisen war.
Zur Mängelrüge:
3.1. Die Antragstellerinnen machen als Verfahrensmangel geltend, dass die NA die „Erweiterung des Antrags“ in der Verhandlung vom 31.8.2018 nicht zugelassen und den stellig gemachten Zeugen nicht einvernommen habe, obwohl dadurch nachgewiesen worden wäre, dass die Zweitantragstellerin das Zeichen „Coyote Ugly“ im Dezember 2001 für eine Tabledancebar verwendet und dieses Zeichen schon im Zeitpunkt der Markenanmeldung des Antragsgegners eine überregionale Bekanntheit in Österreich gehabt habe, sodass den Löschungsanträgen nach § 31 MSchG stattzugeben gewesen wäre.
3.2. Die Zweitantragstellerin führt dazu aus, dass sich bereits ihr bisheriges Tatsachenvorbringen „im Rahmen des § 31 MSchG“ bewegt habe. Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung zu § 235 ZPO keine Klagsänderung vorliegt, wenn die neuen Tatsachenbehauptungen das bisherige Vorbringen zumindest in seinem „Kern“ unberührt lassen (RIS-Justiz RS0039998; krit Rechberger/Klicka in Rechberger 4 § 235 ZPO Rz 3). Die Zweitantragstellerin hat aber in ihrem Löschungsantrag noch vorgebracht, dass es sich bei dem von ihr verwendeten Zeichen „Coyote Ugly“ um eine branchenübliche Bezeichnung für den Ausschank von Alkohol durch tanzende Kellnerinnen handle, weshalb dem Zeichen keine Unterscheidungskraft zukomme. Das spätere Vorbringen der Zweitantragstellerin, dass „Coyote Ugly“ innerhalb beteiligter Verkehrskreise österreichweit als Kennzeichen ihres Unternehmens gegolten habe, steht dementsprechend im offenkundigen Widerspruch zu ihrem bisherigen Vorbringen.
3.3. Die Zweitantragstellerin steht auf dem Standpunkt, dass es sich bei diesem neuen Vorbringen nur um einen zusätzlichen Rechtsgrund, aber um keine „Klagsänderung iSd § 235 ZPO“ gehandelt habe. Richtig ist, dass keine Klagsänderung vorläge, wenn die bereits vorgebrachten Tatsachen nur anders rechtlich beurteilt würden (RIS-Justiz RS0037551; RS0039344). Wohl aber ist es eine Klagsänderung, wenn das Vorbringen der rechtserzeugenden Tatsachen geändert wird (RIS-Justiz RS0039417; RS0039975). Das Vorbringen, wonach das von der Zweitantragstellerin verwendete Zeichen im Zeitpunkt der Markenanmeldung des Antragsgegners bereits Verkehrsgeltung gehabt habe, ist ein neues Tatsachenvorbringen und damit eine Änderung des ursprünglichen Löschungsantrags.
3.4. Im Verfahren über einen Löschungsantrag ist die Verhandlung nach § 35 Abs 5 MSchG iVm § 119 Abs 1 PatG nach den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der §§ 171 bis 203 ZPO zu leiten und durchzuführen. Dementsprechend können die Parteien nach § 179 ZPO grundsätzlich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung neue tatsächliche Behauptungen und Beweismittel vorbringen, doch kann ein solches Vorbringen zurückgewiesen werden, wenn es grob schuldhaft nicht früher vorgebracht wurde und seine Zulassung die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde.
3.5. Die Zweitantragstellerin macht geltend, dass ihr Vorbringen nicht verspätet gewesen sei, weil es schon zu Beginn der ersten Verhandlung erstattet worden sei. Der Zweitantragstellerin ist darin beizupflichten, dass ein Vorbringen in der vorbereitenden Tagsatzung eines Zivilprozesses nach § 258 Abs 1 Z 2 ZPO jedenfalls zulässig ist, weil die vorbereitende Tagsatzung gerade der Aufbereitung des Prozessstoffs dient (RIS-Justiz RS0119743). Im markenrechtlichen Verfahren ist aber keine vorbereitende Tagsatzung vorgesehen, sondern es findet statt dessen ein „Vorverfahren“ statt, in dem der gesamte Prozessstoff für die mündliche Verhandlung nach § 35 Abs 5 MSchG iVm § 116 Abs 2 PatG so weit vorzubereiten ist, dass diese möglichst ohne Unterbrechung durchgeführt werden kann.
3.6 . Die Zweitantragstellerin wäre deshalb gehalten gewesen, ihr Vorbringen zur Verkehrsgeltung des von ihr benutzten Zeichens schon im Vorverfahren zu erstatten. Demgegenüber ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Zweitantragstellerin sich erst in der mündlichen Verhandlung erstmals auf den Löschungsgrund des § 31 MSchG beruft und die Verkehrsgeltung des von ihr verwendeten Zeichens behauptet, obwohl ihr bewusst sein musste, dass der Antragsgegner mit diesem neuen Vorbringen unvorbereitet konfrontiert wird und die mündliche Verhandlung schon deshalb nicht abgeschlossen werden könnte. Es liegt daher ein besonders schwerwiegender Verstoß gegen die Prozessförderungspflicht vor, der als grob schuldhaft zu qualifizieren ist.
3.7. Die Antragstellerinnen stehen auf dem Standpunkt, dass die Einvernahme des stellig gemachten Zeugen das Verfahren nicht verzögert hätte. Dem ist entgegenzuhalten, dass nach Ansicht der NA im Fall der Zulassung des Vorbringens ein aufwändiges Beweisverfahren durchzuführen gewesen wäre. Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung, dass das Bestehen der Verkehrsgeltung primär nicht durch die Einvernahme einzelner Personen, sondern durch Kammergutachten oder Sachverständigenbeweis, allenfalls auch durch demoskopische Gutachten, nachzuweisen ist (RIS-Justiz RS0066839). Deshalb müsste die NA in einem solchen Fall nach § 35 Abs 5 MSchG iVm § 119 Abs 1 PatG iVm § 183 Abs 1 Z 4 ZPO auch amtswegig die Einholung eines Sachverständigengutachtens anordnen, ohne dass dafür ein Parteiantrag erforderlich wäre (RIS-Justiz RS0037154). Dass die Einholung eines solchen Gutachtens eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens bedeutet hätte, steht außer Zweifel, weshalb die Ausdehnung des ursprünglichen Antrags in der Verhandlung vom 31.8.2018 nicht zuzulassen war.
4. Die Erstantragstellerin macht als Verfahrensmangel geltend, dass der Konkursakt nicht beigeschafft worden sei, obwohl dann festgestellt worden wäre, dass der Antragsgegner weder beabsichtige noch rechtlich in der Lage sei, in nächster Zeit ein Geschäft zu führen.
Der Anfechtungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist aber nur dann gegeben, wenn der Verstoß gegen ein Verfahrensgesetz abstrakt geeignet war, eine unrichtige Entscheidung im konkreten Rechtsstreit herbeizuführen (RIS-Justiz RS0043027; RS0043049). Selbst wenn feststünde, dass der Antragsgegner die registrierte Marke in Hinkunft nicht kennzeichenmäßig nutzen werde, könnten die Antragstellerinnen daraus nicht das Recht ableiten, die Marke schon vor Ablauf der fünfjährigen Frist des § 33a Abs 1 MSchG zu löschen. Der behauptete Verfahrensmangel hat demnach keine entscheidungswesentliche Relevanz.
Zur Rechtsrüge:
5.1. Die Antragstellerinnen stützen ihren Löschungsantrag darauf, dass das Zeichen „COYOTE“ nicht unterscheidungskräftig und rein beschreibend sei, weil es Assoziationen mit dem Kinofilm „Coyote Ugly“ hervorrufe und ein Geschäftskonzept bezeichne, bei dem junge Frauen an einer Bar das Publikum zum Konsum alkoholischer Getränke animieren würde.
5.2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]).
5.3. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung „sonstiger Merkmale“ der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Ein Zeichen ist deshalb nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt „zwanglos“ und „ohne komplizierte Schlussfolgerungen“ erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456; RS0109431).
5.4. Entgegen der Rechtsansicht der Antragstellerinnen ist „Coyote Ugly“ keine gebräuchliche Bezeichnung für ein bestimmtes Gastronomiekonzept. Wenngleich davon auszugehen ist, dass einem Teil der angesprochenen Verkehrskreise der Film „Coyote Ugly“ bekannt ist, versteht auch diese Gruppe das Zeichen „COYOTE“ schon wegen des fehlenden Adjektivs aber nicht als Filmtitel oder gar als Hinweis auf tanzende Kellnerinnen.
5.5. Im Übrigen hat die NA bereits darauf hingewiesen, dass es ohne Bedeutung ist, wenn das Zeichen – wie dies im Einzelfall durchaus zutreffen mag – eine Assoziation mit dem Film hervorruft. Dass ein Zeichen Andeutungen enthält, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, steht der Unterscheidungskraft nämlich nicht entgegen (RIS-Justiz RS0066456, RS0090799 und RS0109431 [T3]).
5.6. Die Erstantragstellerin steht auf dem Standpunkt, dass Wörter, die im allgemeinen Sprachgebrauch Tiere bezeichnen, keinen markenrechtlichen Schutz genießen können. Die von der Erstantragstellerin ins Treffen geführte VO (EU) 1151/2012 betrifft den Schutz von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben und gilt nach Art 2 leg cit nur für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel. Das österreichische Markenrecht steht einer Eintragung von Tierbezeichnungen hingegen nicht entgegen.
5.7. Jedenfalls unterscheidungskräftig sind nämlich nicht nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter, sondern auch Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644). Auch das Zeichen „COYOTE“ ist das englische Wort für eine in Nordamerika beheimatetes Tier und wird auch in Österreich ohne weiteres im Sinne von „Kojote“ verstanden, wodurch dieses Zeichen in der Gastronomie als Phantasiebezeichnung wahrgenommen wird. Dementsprechend hat das erkennende Gericht bereits zu 30 R 2/15g (im Verfahren des Antragsgegners als Kläger gegen die Erstantragstellerin als Beklagte) die Unterscheidungskraft des Zeichens „COYOTE“ bejaht.
5.8. Die Zweitantragstellerin behauptet, dass zwischen dem Zeichen „COYOTE“ und dem von ihr benutzten Zeichen „Coyote Ugly“ Verwechslungsgefahr bestünde, und will daraus die fehlende Unterscheidungskraft des Zeichens ableiten. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass Verwechslungsgefahr nur dann besteht, wenn das Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus dem selben Unternehmen stammen ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 MschG Rz 57). Dies setzt voraus, dass das Zeichen geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen. Damit gesteht die Zweitantragstellerin selbst zu, dass dem Zeichen „COYOTE“ Unterscheidungskraft zukommt.
6.1. Nach § 34 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Der Begriff der Bösgläubigkeit wurde aus der Richtlinie 89/104/EWG übernommen und erfasst Fälle, die als rechtsmissbräuchlicher oder sittenwidriger Markenerwerb zu qualifizieren sind (ErlRV 1643 BlgNR 20. GP 32). Bösgläubigkeit besteht insbesondere bei Behinderung eines bereits das Zeichen nutzenden Dritten (C 529/07, Chocoladefabriken Lindt Sprüngli AG, Goldhase III; C 320/12, Malaysia Dairy Industries Pte. Ltd) .
6.2. Bösgläubigkeit nach § 34 MSchG setzt dabei die Absicht des Anmelders voraus, mit der Registrierung eines von einem Dritten bereits benutzten Zeichens eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören (RIS-Justiz RS0123318). Dass der Antragsgegner durch die Anmeldung der Marke und den Betrieb seiner Bar einen Mitbewerber gestört hätte, wurde aber nicht behauptet, und es ist auch ungewiss, ob dem Antragsgegner der Barbetrieb der Zweitantragstellerin im Zeitpunkt der Anmeldung seiner Marke überhaupt bekannt war.
6.3. Die Erstantragstellerin macht geltend, dass die Markenanmeldung des Antragsgegners bösgläubig erfolgt sei, weil er sich mit seiner Bar absichtlich an den Kinofilm „Coyote Ugly“ angelehnt habe, um dessen guten Ruf auszubeuten. Richtig ist, dass „anlehnende Werbung“ nach § 1 UWG sittenwidrig sein kann, wenn ein Unternehmer den guten Ruf eines Mitbewerbers, den dieser meist mit großem Aufwand an Zeit, Mühe und Kosten erworben hat, dadurch ausbeutet, dass er versucht, die Güte seines eigenen Angebots durch Gleichsetzung mit den Eigenschaften fremder Produkte zu beweisen (RIS-Justiz RS0078214).
6.4. Dabei ist es aber ausgeschlossen, dass der Antragsgegner jenen Ruf, den sich die Hersteller des Films „Coyote Ugly“ erworben haben, ausbeutet, weil die Konsumenten – selbst wenn ihnen der Film bekannt ist und sie eine Assoziation herstellen – den Unterschied zwischen einem US-amerikanischen Unterhaltungsfilm und einem realen Barbetrieb in Österreich jedenfalls erkennen und auch nicht annehmen, dass es sich dabei um das gleiche Unternehmen handelt. Dementsprechend ist das Zeichen auch nicht irreführend nach § 33c MSchG.
6.5. Die Erstantragstellerin behauptet, dass die Anmeldung des Zeichens „COYOTE“ auch deshalb bösgläubig erfolgt sei, weil der Antragsgegner in die Rechte der Urheber des Films „Coyote Ugly“ eingegriffen habe. Dem ist entgegenzuhalten, dass einem einzelnen Wort grundsätzlich kein Urheberrechtsschutz nach § 2 Z 1 UrhG zukommt, weil hierzu ein Sprachgefüge vorliegen müsste, das die Wortbildung zum Sprachwerk macht (RIS-Justiz RS0077022; G. Korn in Kucsko/Handig, urheber.recht 2 § 2 UrhG Rz 9). Im Übrigen ist das englische Wort „Coyote“ keine geistige Schöpfung der Urheber des Films.
6.6. Die Behauptung der Erstantragstellerin, dass die Anmeldung böswillig erfolgt sei, weil der Antragsgegner eine Marke „geklaut“ habe, um damit „andere gutgläubige Marktteilnehmer abzuzocken“, findet in den getroffenen Feststellungen keine Deckung. Im Übrigen übersieht die Erstantragstellerin, dass der Antragsgegner unter diesem Zeichen von 19.7.2002 bis 9.11.2016 eine Bar in Wien betrieben hat.
7. Die Erstantragstellerin macht geltend, dass die Anmeldung des Zeichens die Markenrechte Dritter verletzt habe, zumal die Marke „Coyote Ugly“ bereits mehrfach registriert worden sei. Die NA hat aber bereits darauf hingewiesen, dass ein allfälliger Eingriff in fremde Markenrechte nach § 30 Abs 1 MSchG nur vom jeweiligen Rechteinhaber geltend gemacht werden könnte.
8. Die Erstantragstellerin stützt ihren Löschungsantrag auch darauf, dass der Antragsgegner gar nicht die Absicht habe, das für ihn eingetragene Zeichen kennzeichenmäßig zu nutzen. Damit ist für die Antragstellerinnen aber nichts gewonnen, weil eine Löschung nach § 33a Abs 1 MSchG erst möglich ist, wenn das Zeichen innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt wurde, was aber gar nicht behauptet wurde. Ob der Barbetrieb des Antragsgegners nach der Konkurseröffnung am 20.7.2016 unter diesem Zeichen weitergeführt wurde, was von der Erstantragstellerin in ihrer Rechtsmittelschrift vehement bestritten wird, ist deshalb ohne rechtliche Relevanz.
9. Die Erstantragstellerin behauptet schließlich, dass die von ihr behauptete Nichtnutzung einem Verzicht auf das Markenrecht gleichkäme. Ein Verzicht auf eine Marke ist grundsätzlich möglich, weil die Marke über Antrag des Markeninhabers nach § 29 Abs 1 Z 1 MSchG zu löschen ist (OLG Wien 34 R 89/14d). Eine solche Verzichtserklärung kann nicht nur gegenüber dem Patentamt, sondern auch in der Verhandlung über einen Löschungsantrag abgegeben werden ( Kernthaler in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 29 Rz 4). Ein Verzicht auf das Markenrecht durch rechtsgeschäftliche Erklärung gegenüber Dritten ist demgegenüber nicht möglich ( Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 48 Rn 5). Hinzu kommt, dass die bloße Untätigkeit des Berechtigten für sich allein nicht ausreicht, um einen stillschweigenden Verzicht anzunehmen (RIS-Justiz RS0014190). Die behauptete Nichtbenutzung der Marke durch den Antragsgegner kann deshalb keinesfalls als Verzicht auf das Markenrecht qualifiziert werden.
10. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41, 46 Abs 1 und 50 ZPO. Der Ansatz beträgt EUR 1.078,80. Die Antragstellerinnen ersetzen dem Antragsgegner die Kosten der Berufungsbeantwortung je zur Hälfte.
11. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO und ergibt sich aus der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben.
12. Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme, war die ordentliche Revision nach § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen.