JudikaturOLG Wien

133R17/19a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
26. Februar 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Gewährung des Schutzes der internationalen Wortmarke IR 1287424 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 19.11.2018, IR 2/2017 6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin ist Inhaberin der am 16.10.2015 beim internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf hinterlegten Wortmarke IR 1287424

Willkommen zu Hause

(unter anderem) für folgende Waren und Dienstleistungen:

09 (…) apparatus for recording, transmission or reproduction of sound or images; (…) electric amusement apparatus included in this class; (...) storage mediums of every kind provided with programs; computer software (recorded); compact discs (audio, video); data-processing equipment and computers; computer hardware; hardware memories (…)

16 Books, newspapers and periodicals; Paper, cardboard (carton), paper and cardboard articles, included in this class; printed matter and bookbinding material.

35 Advertising, marketing, sales promotion; businessmanagement, business administration, namely business consulting and organizational consulting.

38 Telecommunications; electronic mail; transmission of data messages and information, transmission of messages, data and content via the internet and other communication networks, broadcasting of radio and television programmes transmission of digital audio and video broadcasts over a global computer network.

41 (…) entertainment, namely arranging and presenting show, quiz and music events; conducting lotteries; design and production of television and radio broadcast; (...) consulting in relation to development, design, production and broadcast of television and radio broadcasts and data and presentation on the internet and other audio-visual media for education purposes; (…) Organization and production of entertainment programs, namely by textual consultancy, directed on the development, organization, production and radiant emittance of television broadcasts and broadcast transmissions and in other audio-visual media (...).

Die Rechtsabteilung des österreichischen Patentamts verweigerte der Marke am 27.9.2016 vorläufig den Schutz für Österreich, weil das Zeichen nicht unterscheidungskräftig und zudem beschreibend sei.

Die Antragstellerin brachte daraufhin vor, dass auch ein Slogan als betrieblicher Herkunftshinweis dienen könne. Ein Zeichen müsse auch nicht besonders phantasievoll sein, um als Marke dienen zu können, sondern es genüge jede noch so geringe Unterscheidungskraft. Das Zeichen „Willkommen zu Hause“ enthalte keine Sachaussage und sei deshalb nicht beschreibend. Bloße Assoziationen mit den vielschichtigen Begriffen „Willkommen“ und „zu Hause“ würden der Funktion als Marke nicht entgegenstehen. Die Interpretation des Slogans als Hinweis auf Schönheit oder Gemütlichkeit erfordere eine individuelle Gedankenoperation, wodurch das Zeichen einen starken Erinnerungseindruck hinterlasse.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Rechtsabteilung des Patentamts fest, dass die Marke für die oben angeführten Waren und Dienstleistungen nur unter den Voraussetzungen der Verkehrsgeltung nach § 4 Abs 2 MSchG zum Schutz in Österreich zugelassen werde, weil das Zeichen „Willkommen zu Hause“ als geläufige Redewendung und Begrüßungsformel nicht originär unterscheidungskräftig sei. Die angesprochenen Verkehrskreise würden den Slogan vielmehr als werbemäßige Anpreisung dahingehend verstehen, dass die Waren und Dienstleistungen für ein schönes oder gemütliches Zuhause bestimmt seien, wodurch das Zeichen auch beschreibend sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der Rechtsabteilung dahin abzuändern, dass die internationale Registrierung für sämtliche Waren und Dienstleistungen zum Schutz in Österreich zugelassen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Die Registrierung einer Marke beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) bewirkt nach Art 4 Abs 1 lit a MMA/PMMA, dass sie in jedem Vertragsstaat, auf den sich der Antrag erstreckt, so geschützt ist, wie wenn sie in diesem Vertragsstaat unmittelbar eingetragen worden wäre. Das Internationale Büro hat eine solche Eintragung nach Art 3 ter Abs 2 MMA/PMMA unverzüglich der jeweiligen nationalen Behörde mitzuteilen. Die nationale Behörde hat sodann nach Art 5 Abs 1 MMA/PMMA das Recht, in einer Mitteilung zu erklären, dass der Marke der Schutz nach den geltenden Rechtsvorschriften im betreffenden Vertragsstaat nicht gewährt werden kann. Im Fall der Versagung des Schutzes einer internationalen Marke durch das österreichische Patentamt hat der Antragsteller dieselben Rechtsmittel, die er hätte, wenn der Eintragungsantrag im Inland gestellt worden wäre, er kann dagegen also auch mit Rekurs nach § 37 MSchG vorgehen (Koppensteiner, Markenrecht 4 243; Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 2 Rz 101).

2. Eine Schutzverweigerung kann nach Art 5 Abs 1 MMA/PMMA nur auf Gründe gestützt werden, die nach der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ) im Fall einer unmittelbar bei der Behörde hinterlegten Marke anwendbar wären. Damit ist die nationale Behörde bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Marke auf die in Art 6 quinquies Teil B PVÜ genannten Gründe beschränkt ( Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 2 MSchG Rz 84 f). Die Eintragung einer Marke darf nach Art 6 quinquies Teil B Z 2 PVÜ insbesondere dann verweigert werden, wenn die Marke jeder Unterscheidungskraft entbehrt oder ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zusammengesetzt ist, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, des Wertes, des Ursprungsortes der Erzeugnisse oder der Zeit der Erzeugung dienen können, oder die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten des Landes, in dem der Schutz beansprucht wird, üblich sind. Dies ermöglicht für Österreich eine Schutzverweigerung, wenn ein Registrierungshindernis nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG vorliegt (4 Ob 11/14t, Expressglass ).

3. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Grundsätzlich gilt, dass eine Marke unterscheidungskräftig ist, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (RIS-Justiz RS0118396).

4. Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82). Dabei ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel bzw den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RS0114366 [T5]). Auch aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marken, insbesondere Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu beurteilen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385 [T1]). Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644).

5. Es mag schon zutreffen, dass die Verwendung sogenannter „Claims“ eine bewährte Marketingpraxis von Medienunternehmen darstellt, wie dies die Antragstellerin in ihrer Rechtsmittelschrift ausführt. Der Antragstellerin ist auch dahingehend zuzustimmen, dass es der Eintragung nicht entgegensteht, wenn die aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marke eine Werbeaussage, einen Qualitätshinweis oder eine Aufforderung zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen enthält (C 64/02 P, Das Prinzip der Bequemlichkeit; C 517/99, Bravo; 4 Ob 46/18w, Stimmung hoch zwei ). Dennoch ist nicht jede Werbeaussage geeignet, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 MSchG Rz 104). Entscheidend ist nämlich, ob der Verkehr dem Slogan zumindest gleichzeitig auch einen betrieblichen Herkunftshinweis entnimmt (RIS-Justiz RS0122385 [T3]).

6. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung ist ein Werbeslogan nur dann als Herkunftshinweis geeignet, wenn er Bestandteile enthält, die einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern und – über die offenkundige Werbeaussage hinaus – die maßgeblichen Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (RIS-Justiz RS0122385 [T2]). Demgegenüber ist eine Wortverbindung nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als „normale Ausdrucksweise“ aufgefasst werden kann (4 Ob 186/03m, djshop ).

7. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der OGH die Eintragung von „CARPE DIEM” für Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen zugelassen (17 Ob 27/08g). Demgegenüber verweigerte der OGH die Eintragung von „ECHTE BERGE” für Beherbergungsleistungen, Reiseveranstaltungen, Sport- und Kulturaktivitäten sowie Gesundheits- und Schönheitspflege, weil die gewählte Wortfolge nicht besonders originell oder prägnant ist und vom Publikum auch keinen Interpretationsaufwand verlangt (17 Ob 21/11d).

8. Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH, der die Registrierung des Slogans „DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT” für Möbel unter Hinweis auf den darin enthaltenen „Phantasieüberschuss“ zugelassen hat (C 64/02 P). Später hat der EuGH dem Zeichen „VORSPRUNG DURCH TECHNIK” für Fahrzeuge ausreichende Unterscheidungskraft beigemessen, weil darin zwar eine Sachaussage enthalten ist, der Slogan aber „Originalität und Prägnanz” aufweist und einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert (C 398/08 P). Demgegenüber hat der EuGH die Registrierung des Zeichens „WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH” für Computersoftware verweigert, weil damit den maßgeblichen Verkehrskreisen eine lobende Botschaft übermittelt und die Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen gerühmt werden (C 311/11 P).

9. Auch nach den Prüfrichtlinien des EUIPO können Werbeslogans nur dann als Marke registriert werden, wenn in ihnen mehr als eine bloße Werbebotschaft gesehen wird, die die Qualitäten der Waren oder Dienstleistungen anpreist. Das ist nach den Prüfrichtlinien dann der Fall, wenn der Slogan ein Wortspiel enthält, als fantasievoll, originell, überraschend oder unerwartet wahrgenommen wird, in den Köpfen der maßgeblichen Verkehrskreise einen kognitiven Prozess auslöst oder dessen Deutung eine geistige Anstrengung erfordert (Prüfrichtlinien für Unionsmarken Teil B Abschnitt 4 Kapitel 3 Seite 8 f).

10. Die Behauptung der Antragstellerin, dass die Begriffe „Willkommen“ und „zu Hause“ vieldeutig seien und einen Interpretationsaufwand erfordern würden, kann angesichts der ohne weiteres verständlichen Sachaussage nicht überzeugen (siehe BGH I ZB 48/08, Willkommen im Leben ). „Willkommen zu Hause“ ist nämlich keine Phantasiebezeichnung oder Wortneuschöpfung und auch nicht originell oder prägnant, sondern eine geläufige Redewendung und Begrüßungsformel, die ohne weitere Anstrengung dahingehend verstanden wird, dass der Angesprochene zu Hause erwünscht ist und es ihm dort angenehm gemacht werden soll.

11. Die Antragstellerin wendet ein, dass die Wortfolge „Willkommen zu Hause“ nicht beschreibend sei und im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen keine Sachaussage enthalte. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die angesprochenen Verkehrskreise diesen Slogan dennoch und auch ohne besonderen Interpretationsaufwand dahingehend verstehen, dass die Waren und Dienstleistungen das Zuhausesein wünschenswert und angenehm machen oder – was die Dienstleistungen der Klasse 35 betrifft – auf solche Waren oder Dienstleistungen ausgerichtet sind (ebenso OLG Wien 133 R 79/18t, Lust auf zuhause ). Damit verstehen die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen als Werbebotschaft, nicht aber als betrieblichen Herkunftshinweis.

12. Die Antragstellerin macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass die intensive Verwendung eines solchen Slogans dem Publikum erleichtern könne, darin einen Hinweis auf die Herkunft der so bezeichneten Waren und Dienstleistungen zu erkennen. Die Antragstellerin habe den Slogan „Willkommen zu Hause“ bereits im Juli 2015 im Rahmen einer preisgekrönten Markenkampagne verwendet, wobei das Fehlen diesbezüglicher Feststellungen als sekundärer Feststellungsmangel gerügt wird.

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Registrierung eines nicht originär unterscheidungskräftgen Zeichens nach § 4 Abs 2 MSchG möglich wäre, wenn das Zeichen innerhalb der beteiligten Verkehrskreise infolge seiner Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Die dafür erforderliche Verkehrsgeltung ist aber nur gegeben, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in dieser Bezeichnung einen eindeutigen Hinweis auf einen bestimmtes Unternehmen erblickt (RIS-Justiz RS0078751). Eine solche Verkehrsgeltung kann aus dem Vorbringen der Antragstellerin aber nicht abgeleitet werden und wurde letztlich auch von der Rechtsabteilung im Schreiben vom 11.9.2017 verneint.

13. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG iVm § 59 Abs 2 AußStrG beruht auf der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben.

14. Ob einem bestimmten Zeichen Unterscheidungskraft iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG zukommt, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0111880). Der ordentliche Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zuzulassen.

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