JudikaturOLG Wien

133R6/19h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
21. Februar 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 291232 über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 31.7.2018, WM 50/2017 8, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30 000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Der Antragsteller beruft sich für die von ihm als einzig relevant erachteten Dienstleistungen der Klasse 43 auf die folgenden Wortbildmarken, und zwar

a) UM 12059441 (erste Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 13.3.2016:

(unter anderem) eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse

43 Dienstleistungen von Hotels, Zimmerreservierung in Hotels und Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen zur Verpflegung; Cateringservice.

b) UM 11093663 (zweite Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 3.1.2013:

(unter anderem) eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse

43 Dienstleistungen von Hotels, Zimmerreservierung in Hotels und Beherbergung von Gästen; Dienstleistungen zur Verpflegung.

c) UM 4793006 (dritte Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 2.1.2007:

(unter anderem) eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse

43 Verpflegung von Gästen (Lebensmittel); Beherbergung von Gästen, Verpflegung von Gästen in Cafeterias, Verpflegung von Gästen in Restaurants, Catering, Verpflegung von Gästen in Schnellimbissrestaurants (Snackbars).

d) UM 5000997 (vierte Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 10.5.2007:

(unter anderem) eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse

43 Verpflegung von Gästen (Lebensmittel); Beherbergung von Gästen.

Er widersprach basierend auf diesen Registrierungen der Eintragung dieser Wortbildmarke in der Klasse 43 mit dem Anmeldedatum vom 11.10.2016 (angegriffene Marke) AT 291232 :

unter anderem eingetragen für diese Dienstleistungen der Klasse

43 Betrieb einer Bar; Verpflegung von Gästen in Cafeterias; Verpflegung von Gästen in Schnellimbissrestaurants (Snackbars); Verpflegung von Gästen in Kantinen; Catering; Verpflegung von Gästen in Restaurants mit Außer-Haus-Verkauf; Dienstleistungen in Bezug auf die Zubereitung von Speisen und Getränken; Zubereitung und Zurverfügungstellen von Speisen und Getränken für den unmittelbaren Verzehr.

Diese Marke sei im Umfang dieser Dienstleistungen zur Gänze zur Verwechslung geeignet, nehme die angegriffene Marke doch den auch die Widerspruchsmarken prägenden Bestandteil CAPPUCCINO bei teilweiser Identität und teilweiser Ähnlichkeit der Dienstleistungen in identischer Weise in sich auf. Dieser Begriff sei für die relevanten Dienstleistungen auch nicht beschreibend, sondern phantasievoll, hätten sie doch nichts mit einem Kaffeegetränk zu tun. Sie selbst habe außerdem die dritte und die vierte Widerspruchsmarke zudem entsprechend ihrer Hauptfunktion markenmäßig verwendet.

Die Antragsgegnerin erwiderte, sie sei Inhaberin zahlreicher gegenüber den Widerspruchsmarken prioritätsälterer anderer Marken mit dem Bestandteil CAPPUCCINO, die seit vielen Jahren in Österreich und international registriert seien. Die älteste Marke AT 120973 CAPPUCCINO sei seit 23.3.1988 in der verwandten Dienstleistungsklasse 42 unter anderem für „ Verpflegung von Gästen “ registriert. Der Antragsteller sei zudem in der Vergangenheit gegen keine der für die Antragsgegnerin geschützten „CAFE CAPPUCCINO“-Marken vorgegangen, sodass Verwirkung durch Duldung eingetreten sei; der Widerspruch sei daher bereits deswegen abzuweisen. Im Übrigen seien die Widerspruchsmarken alle nur aufgrund ihrer grafischen Gestaltung registriert worden, während der Bestandteil CAPPUCCINO allgemein gehalten und damit beschreibend sei. Die grafischen Unterschiede zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke seien erheblich. Außerdem erhob die Antragsgegnerin in ihrer Äußerung rechtzeitig die Einrede der mangelnden Benutzung gegenüber der dritten und der vierten Widerspruchsmarke. Nach ihrer Recherche verwende der Widerspruchswerber im geschäftlichen Verkehr nur die erste und die zweite Widerspruchsmarke.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Widerspruch mit der Begründung zur Gänze ab, der Wortteil CAPPUCCINO trage zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nichts Wesentliches bei, prägend sei am ehesten die mehr oder weniger charakteristische Schriftart. Diesem Wort komme keine relevante Charakteristik zu, die Kennzeichnungskraft gehe „gegen Null“, einerlei ob man es als beschreibende oder als werblich-informative Angabe betrachte. Die angegriffene Marke werde von ihrer einprägsamen Grafik in Form eines strahlenden Kreises geprägt. Selbst wann daher dem Teil CAPPUCCINO eine gewisse Kennzeichnungskraft beigemessen werden sollte, so wäre er in der angegriffenen Marke untergeordnet, weil werblich-informativ. Von einer Prüfung der Benutzung der Widerspruchsmarken sei daher abzusehen gewesen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs des Antragstellers mit dem erkennbaren Antrag, den Beschluss abzuändern und dem Widerspruch zur Gänze stattzugeben; hilfsweise stellt der Antragsteller einen Aufhebungsantrag.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).

1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R

IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon ). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).

1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt ( quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).

1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson; Om 6/11, revölution; RIS-Justiz RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro; Om 9/04, McCruise ).

1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753 [insb T9]; C 251/95, Sabel/Puma; C 206/04, Muelhens ). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner ). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

1.7. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).

1.8. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ).

1.9. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; zuletzt 4 Ob 199/18w, Granny‘s; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).

Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04, Thomson life ) kann – mit der daher übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox; Om 12/10, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; 4 Ob 138/12s, Flüüügel ) .

2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr insgesamt zu verneinen.

2.1. Zur Vermeidung von Weitläufigkeiten ist der Beurteilung der Identität und Ähnlichkeit der betroffenen Dienstleistungen der Klasse 43 durch die Rechtsabteilung im Ergebnis im Sinn teilweise gegebener Identität und hochgradiger Ähnlichkeit zunächst an sich beizupflichten (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

2.2. Diese als ident und/oder ähnlich zu qualifizierenden Dienstleistungen sind überwiegend nicht solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit ihres Adressaten, der entweder Endverbraucher oder Fachmann ist, bei ihrer Inanspruchnahme durchschnittlich hoch (Koppensteiner, Markenrecht 4 114). Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (RIS-Justiz RS0117324), wird daher fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten.

2.3. Im Wortbild stimmen die Zeichen im Begriff CAPPUCCINO jeweils überein; dieser Teil aller Widerspruchsmarken wurde also zur Gänze in das angegriffene Zeichen aufgenommen. Von der dritten Widerspruchsmarke findet sich zudem auch das Wort CAFE in der angegriffenen Marke wieder (wenngleich dort mit Accent aigu, der aber zumindest in der Erinnerung verblasst).

Die (über ihren Wortteil hinausgehende) grafische Gestaltung der angegriffenen Marke ist als in Gold- und Brauntönen gehaltene strahlende Sonne, in deren Mitte ein „C“ eingebettet ist, oder als aus der Vogelperspektive dargestellte Kaffeeschale auf einer gelben Untertasse aufzufassen. Soweit dieses Zeichen also die Farbe Braun enthält, so deutet es ohne gedankliche Umschweife auf die typische Kaffeefarbe hin. Insgesamt ist die Grafik jedoch originell im Sinn von einprägsam.

Die bildliche Ausgestaltung der jeweiligen Wortbestandteile ist bei allen Widerspruchsmarken sowohl farblich als auch typografisch als innerhalb des Üblichen anzusehen und damit banal und für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Belang (s etwa OLG Wien 34 R 148/14f, Princess Sisi/Sisi [Verwendung von Zierschrift]; 133 R 95/17v, FRANZ HAAS/Haas Haas [geschwungene und kursiv gestellte Zierschrift]).

Dies gilt insbesondere für die vierte Widerspruchsmarke, die keinen über den Text GRUPO CAPPUCCINO hinausgehenden Bildteil enthält.

2.4. Klang lich besteht eine bedeutsame Gemeinsamkeit in der Sprechweise darin, dass auch die angegriffene Marke das Wort CAPPUCCINO bei identer Aussprache enthält.

2.5. In Bezug auf die Wort bedeutung argumentiert die Rechtsabteilung, CAPPUCCINO sei wenn schon nicht glatt beschreibend, so doch werblich-anpreisend und damit aus dem Ähnlichkeitsvergleich zur Gänze auszuscheiden, sodass im Endergebnis nur die grafischen Elemente für die Frage ausschlaggebend seien, ob dem Widerspruch Folge zu geben sei. Dem kann gefolgt werden:

Der im Verfahren erhobene Einwand, eine Widerspruchsmarke habe keine Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig, ist ohne rechtliche Belang, weil damit ein Löschungsgrund geltend gemacht wird, der nur im dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden könnte (RIS-Justiz RW0000891): Das Rekursgericht hat bereits mehrfach dargelegt, dass nach der Entscheidung C 196/11 P, F1-LIVE (Rn 40 f), weder das EUIPO noch das EuG in einem Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer eingetragenen nationalen Marke verneinen dürfen. Dies könne nur im Rahmen eines Löschungs- oder Nichtigkeitsverfahrens geschehen. Nach Auffassung des Rekursgerichts bedeutet dies unter Bedachtnahme auf den Vorrang des Unionsrechts und damit bei richtlinienkonformer Auslegung e contrario, dass nationale Behörden im Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer Unionsmarke, der Schutz gewährt wurde, nicht verneinen dürfen (OLG Wien, 34 R 39/14a, Effect/Fast Effect [= 4 Ob 208/14p; dort offen geblieben]; vgl auch OLG Wien 34 R 157/15f; 34 R 12/15g, Skylens/sky; 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360; RIS-Justiz RW0000886).

Dass CAPPUCCINO ein Kaffeegetränk ist, ist den beteiligten Verkehrskreisen ohne Weiteres geläufig; dieses Wort ist damit ungeachtet seiner Herkunft aus dem Italienischen schon lange kein Fachbegriff mehr, sondern im relevanten Bereich der Gastronomie im weiteren Sinn ein für jedermann verständliches Wort der Alltagssprache. Dass ua ein solches Getränk im Rahmen der von der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen angeboten wird, trifft ebenfalls zu. Dieser Teil ist daher entgegen der Argumentation im Rekurs kein Fantasiebegriff.

2.6. Einer aufrecht registrierten Unionsmarke muss im Widerspruchsverfahren somit immer ein gewisser Grad an Kennzeichnungskraft zuerkannt werden; auf dieses Postulat weist die Antragstellerin in ihrem Rekurs (S 7) an sich berechtigt hin.

Diesen Grundsatz gibt bereits die Rechtsabteilung im angefochtenen Beschluss zutreffend wieder, sie wendet ihn auch in Bezug auf die Wortbedeutung in vertretbarer Weise an, indem sie in Bezug auf alle miteinander zu vergleichenden Zeichen im Ergebnis nur die grafische Ausgestaltung unter Ausschaltung des Wortteils CAPPUCCINO prüft, weil sie dieses Wort generell für wenn schon nicht beschreibend, so doch für zumindest bloß werblich-anpreisend erachtet; auf diese Ausführungen kann verwiesen werden (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG). Es können jedoch nur Worte zur Kennzeichnungskraft etwas beitragen, die eine gedankliche Schlussfolgerung verlangen oder die nur im übertragenen Sinn auf die Merkmale der Ware hinweisen (zB Om 8/95 ÖBl 2000, 16 = PBl 1999, 157, Royal/Arc Royal; OLG Wien 34 R 146/14m, Gourmet/GOURMET GOLD; 133 R 83/17d, HAPPY MEAL/QUICK HAPPY MEAL ).

Der bereits geschilderte Grundsatz, dass bei Wortbildmarken in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist (oben Pkt 1.7.), gilt nur für solche Wortbestandteile, die unterscheidungskräftig sind und damit den Gesamteindruck des Zeichens maßgebend mitbestimmen; andernfalls wird die Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums von den schutzunfähigen Wortbestandteilen zwangsläufig auf die bildlichen Bestandteile des Zeichens hingelenkt werden (RIS-Justiz RS0066779 [T9 – Wunderbaum ]).

2.7. Vergleicht man die erste und die zweite Widerspruchsmarke mit der angegriffenen Marke so schafft die kreative grafische Gestaltung des angegriffenen Zeichens ausreichenden Abstand. Der Wortbestandteil CAPPUCCINO hat nämlich (als bloß beschreibend) nicht für sich allein, sondern nur in Zusammenschau mit seiner grafischen Gestaltung Kennzeichnungskraft (vgl RIS-Justiz RS0066724; zuletzt 4 Ob 66/18m) und tritt daher bei der gebotenen Gesamtbetrachtung in den Hintergrund: Denn ein aus einer Wortbildmarke übernommener nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteil bewirkt in der Regel keine Verwechslungsgefahr (RIS-Justiz RS0066779 [T18, T20, T21]; Ingerl/Rohnke , MarkenG³ § 14 Rz 951), und zwar jedenfalls dann nicht, wenn – wie im vorliegenden Fall – die angegriffene Marke weitere prägende und gegenüber dem übernommenen Wort dominierende Elemente enthält. Es genügen bei der Übernahme nicht kennzeichnungskräftiger Bestandteile jedoch grundsätzlich bereits geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr zu beseitigen (RIS-Justiz RS0066779 [T9, Wunderbaum ]; 4 Ob 334/74 SZ 47/103, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken; OLG Wien 34 R 146/14m, Gourmet/GOURMET GOLD; 133 R 83/17d, HAPPY MEAL/QUICK HAPPY MEAL uva).

2.8. Die dritte Widerspruchsmarke imponiert nicht allein durch ihren Textteil, weil hier wegen unterschiedlicher Schriftarten und -größen eine zwar nicht besonders originelle, aber doch in gewisser Weise auffällige bildliche Gestaltung besteht. Letztere ist damit nicht zu vernachlässigen, sondern bleibt für den Ähnlichkeitsvergleich relevant. Ihre weiteren Teile GRAND CAFE weisen auf ein Kaffeehaus hin.

2.9. Auch wenn die vierte Widerspruchsmarke grafisch banal gestaltet ist und sie damit, was den Ähnlichkeitsvergleich betrifft, nur aus den Worten GRUPO und CAPPUCCINO besteht, ohne dass es auf Schriftart und -größe ankommt, so wird sie allein durch das Wort GRUPO geprägt, das aus dem Spanischen stammt, das innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise nicht geläufig ist und daher im gegebenen Zusammenhang einen relevanten gedanklichen Aufwand benötigt, um eine Assoziation zu einer Firmengruppe herzustellen. CAPPUCCINO fehlt sowohl in Alleinstellung als auch in Kombination mit anderen Markenelementen wie bereits mehrfach betont die Kennzeichnungskraft. Das führt auch dazu, dass dieses Wort bei der Gesamtbetrachtung der angegriffenen Marke hinter dessen optisches Element so weit zurücktritt, dass es beim Ähnlichkeitsvergleich keine dominierende Rolle spielt.

2.10. Zusammenfassung:

Der (teilweise) übereinstimmende Inhalt wird im relevanten Gesamteindruck durch die optischen Unterschiede neutralisiert (RIS-Justiz RS0079137, insb T3; RS0079571, T17, T20). Erst die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke bewirkt ihre Schutzfähigkeit. Sie neutralisiert daher in ausreichendem Maß die Ähnlichkeit mit sämtlichen Widerspruchsmarken.

Mit anderen Worten kennzeichnet CAPPUCCINO das Eingriffszeichen nicht, weil es sich dabei nicht einmal um einen schwachen, sondern um einen für sich allein nicht schutzfähigen Markenbestandteil handelt: Es genügen daher schon geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr zu beseitigen.

2.11. Da die Frage der Verwechslungsgefahr eine Rechtsfrage und grundsätzlich auch keinem Beweisverfahren zugänglich ist (vgl RIS-Justiz RW0000786), liegen die von der Antragstellerin gerügten sekundären Feststellungsmängel zum „Gesamteindruck“ nicht vor.

2.12. Auf die von der Antragsgegnerin erhobenen Einwände der fehlenden ernsthaften markenmäßigen Benutzung der dritten und der vierten Widerspruchsmarke sowie einer langjährigen friedlichen Koexistenz ist aufgrund der angestellten Überlegungen nicht einzugehen.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880 [Ermessensspielraum]; RIS-Justiz RS0066779 [T24]), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

4. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.

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