JudikaturOLG Wien

133R7/19f – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
20. Februar 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Löschung der Marke AT 280809 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 31.8.2017, Nm 22/2015 5, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.074,30 (darin EUR 512,38 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Text

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin dieser österreichischen Wortbildmarke AT 280809 (= angegriffene Marke) mit dem Anmeldedatum 1.8.2014

die für diese Waren und Dienstleistungen eingetragen ist:

03 Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Seifen, Parfümerien, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel;

05 Pharmazeutische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Arzneimittel, medizinische Tees und Teemischungen, Frischpflanzensäfte aus Heilkräutern, diätetische Erzeugnisse für Kinder und Kranke, auch für Diabetiker und Natriumempfindliche und als Säuglingskost geeignet; Kochsalzersatz und natürliche Zuckeraustauschstoffe für diätetische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke, insbesondere als Vitamin-, Mineralstoff-, Spurenelement- und Kombinationspräparate derselben, insbesondere mit Zusätzen von Arzneipflanzen, arzneilichen Wirkstoffen, in Kombination mit anderen Nahrungsergänzungsstoffen; arzneiliche Einzelstoffe aus Heilkräutern; Enzympräparate, Gelee Royal, Blütenpollen und Kombinationspräparate mit vorstehend genannten Stoffen; diätetische Milch;

29 Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchtsaucen; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette; Speiseöle und -fette, insbesondere Pflanzenöle, Pflanzenmargarine, Pflanzenfett, Nusscremefett; Milch und Milcherzeugnisse, nämlich Frischmilch, haltbar gemachte Trinkmilch, Sauermilch, Joghurt auch mit Zusätzen, insbesondere mit Früchten; Kefir, Dickmilch, Buttermilch, entrahmte Milch, Molke und Molkereierzeugnisse, saure Sahne, geschlagene und ungeschlagene Sahne, alkoholfreie Milchmischgetränke, eingedickte Milch, Milchpulver, Kondensmilch, Quark auch mit Zusätzen, insbesondere mit Früchten; Käse, insbesondere Frischkäse, Schmelzkäse, Käsezubereitungen, insbesondere Schmelzkäsezubereitungen, Molkenkäse; Trockeneipulver; Brotaufstriche auf Getreide-, Hefe-, Gemüse- und Früchtebasis und/oder aus pflanzlichem Eiweiß und pflanzlichem Fett mit und ohne Zusatz von Gewürzen; Frucht-, Obst- und Gemüsekonserven, Pilzkonserven, Früchte in Dickzucker, eingesäuerte Gemüse, Feinkostsalate, nämlich Fruchtsalate und Gemüsesalate sowie deren Mischungen, Feinkostsalate aus Fleisch, Geflügel, Wild und Fisch sowie Mischungen mit Früchten und Gemüse; Brühen in gekörnter Form, als Pasten oder Würfel, auch mit Zusatz von Fleischextrakten, und/oder Hefeextrakten; Quarkspeisen, Fertiggerichte, nämlich Suppen; Fertiggerichte, nämlich Eintopfgerichte und Menüs, überwiegend auf pflanzlicher Grundlage; Fleisch-, Wurst-, Geflügel-, Wild- und Fischerzeugnisse als Dauerwaren; sämtliche vorgenannten Lebensmittel auch als natriumarme und/oder kalorienarme Lebensmittel, Tiefkühlkost, nämlich Obst, Gemüse, Pilze, Kartoffeln; Trockenobst, Trockengemüse, Trockenpilze, Trockenkartoffeln; Trockensuppen; gebrannte Nüsse, Nussmuse, Nussmandelemulsionen, Nusskerne, insbesondere in gehackter, gehobelter und gemahlener Form; Pasteten, Hefe-Trinkbrühen, auch mit Zusätzen von Kräutern, Hefebrühwürfel; Tomatenmark; Kartoffelerzeugnisse, nämlich Püreepulver, Klöße, Pommes frites, Chips, Kartoffelpuffer; Speiseöle, Speisefette;

30 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Schokolade, schokolierte Nüsse, Nugatcreme, Nussfruchtschnitten, Zuckerwaren, insbesondere auch unter Zusatz von Früchten, Mandeln oder Samen, Marzipan; sämtliche vorgenannten Lebensmittel auch als natriumarme und/oder kalorienarme Lebensmittel; Saaten zu Nahrungszwecken, insbesondere Mohnsaat, Leinsaat, Sesamsaat, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne; Flocken und Mehle aus Roggen, Weizen, Gerste, Hafer, Mais, Buchweizen, Hirse, Reis, Tapioka, Sago, Grünkern, Dinkel, Amaranth und Quinoa; Würzen, Vollmeersalz, Jodsalz, Pfeffer, Senf, Essig, Meerrettich, Gewürzkräuter, Würzsoßen, Suppenwürzen, Speisewürzen; Mayonnaise, Remouladen, Salatcremes; Speiseeis; Brot und Backwaren, Kuchen, Hefe, Hefeerzeugnisse, nämlich Hefepulver, Hefeflocken, Hefeextrakte, Hefeaufstrich, Hefespeisewürzen, flüssig oder körnig, auch mit Zusätzen von Kräutern; Teigwaren, Puddingpulver; Kartoffelmehl, Kartoffelstärke;

31 Frisches Obst und Gemüse, Schalenobst, Kartoffeln; Pilze, land-, garten- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Samenkörner, soweit in Klasse 31 enthalten; lebende Pflanzen und natürliche Blumen; Futtermittel, Malz;

32 Alkoholfreie Getränke, Fruchtsäfte, Traubensäfte, Obstsäfte, Gemüsesäfte, Fruchtnektare, Fruchtkonzentrate, Fruchtmuttersäfte, Obstsirup; Fruchtsaft-, Obstsaft-, Gemüsesaftgetränke, Dicksäfte; Mineralwasser, Tafelwasser; Bier, auch alkoholfrei, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;

35 Dienstleistungen des Einzelhandels in Bezug auf Lebensmittel, Getränke und Drogerieartikel; Buchführung, Marketing, Marktforschung und Marktanalyse, Schaufensterdekoration, Unternehmensberatung, Organisationsberatung, betriebswirtschaftliche Beratung; Durchführung von Werbeveranstaltungen und von Verkaufsförderungsmaßnahmen, Werbung; Meinungsforschung; Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken über das Internet; Betrieb von elektronischen Märkten im Internet durch Onlinevermittlung von Verträgen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften im Rahmen eines elektronischen Kaufhauses; Betrieb eines Onlineshops im Internet; Bereitstellung von Produktinformationen für Verbraucher über das Internet oder andere Kommunikationsnetze; computergestützte Online-Bestelldienste; Bereitstellung eines durchsuchbaren Online-Werbeführers mit den Waren und Dienstleistungen anderer Online-Anbieter; Büroarbeiten, insbesondere Online-Services für die elektronische Auftragsnahme; Bereitstellung einer durchsuchbaren Online-Bewertungsdatenbank für Käufer und Verkäufer;

41 Ausbildung, Erziehung, Unterricht, Durchführung von Fernkursen, Weiterbildung, Organisation und Abhaltung von Kursen, Seminaren, Erstellung von Schulungskonzepten und Seminarkonzepten.

Die Antragstellerin begehrte die Löschung der angegriffenen Marke und stützte diesen Antrag – soweit für das Berufungsverfahren noch relevant – auf den Grund des § 34 MSchG (bösgläubigen Anmeldung). Begründend stützte sie sich in erster Linie auf diese für sie registrierte Unionsmarke UM 7151475 (mit Priorität vom 11.8.2008):

die für diese Waren und Dienstleistungen eingetragen ist:

03 Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel; Antitranspirantien [schweißhemmende Toilettemittel]; Atemfrischesprays; Badesalze, nicht für medizinische Zwecke; Bimsstein; Duftholz; Duftstoffe für die Wäsche; Klebemittel für Haarersatz; Klebstoffe für kosmetische Zwecke; Klebstoffe für künstliche Wimpern; Polierpapier; Potpourris [Duftstoffe]; Räuchermittel [Duftstoffe]; Räucherstäbchen; Sandpapier; Schleifpapier; Schneiderwachs; Schusterwachs; Shampoos; Tiershampoos; Tripel [Poliererde]; Watte für kosmetische Zwecke; Wattestäbchen für kosmetische Zwecke; Weihrauch; Zahnbleichgele; Blattglanzmittel; Poliermittel für Zahnprothesen.

05 Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide; Armbänder für medizinische Zwecke; Deodorants für Bekleidung und Textilien; Fliegenfänger [Klebstreifen]; Fliegenleim; Haftmittel für Zahnprothesen; Hufkitte; Insektenvertreibungsmittel; Insektizide; Kautschuk für zahnärztliche Zwecke; Kopfschmerzstifte; Luftreinigungsmittel; Melkfett; Mittel für die Bodensterilisierung; Modellierwachs für zahnärztliche Zwecke; Mottenschutzpapier; Nährflüssigkeiten für Bakterienkulturen; Nährstoffe für Mikroorganismen; Porzellan für Zahnprothesen; Reinigungsmittel für Kontaktlinsen; Reiseapotheken [Arzneimittel-Sets]; Sperma für die künstliche Besamung; Stärke für diätetische und pharmazeutische Zwecke; Weihrauch als Insektenabwehrmittel; Zahnkitt; Zahnlacke; Zedernholz als Insektenvertreibungsmittel; gefüllte Verbandkästen; Mottenschutzmittel; pharmazeutische Ätzstifte.

16 Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel; Photographien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke; Abfallsäcke aus Papier oder Kunststoff; Handetikettiergeräte; Klebebänder für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Klebegeräte für Fotografien; Kochbeutel für Mikrowelle; Marmorierkämme; Verpackungsmaterial aus Starke; Vignettengeräte.

29 Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette.

30 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis; Backaromen, ausgenommen ätherische Öle; Bindemittel für Kochzwecke; Bindemittel für Speiseeis; Essenzen für Nahrungszwecke, ausgenommen ätherische Essenzen und öle; Fleischbeizmittel [Mittel zum Zartmachen] für Haushaltszwecke; Frühlingsrollen; Kapern; Malzextrakte für Nahrungszwecke; Meerwasser für die Küche; Pfefferminz für Konfekt; Pudding; Reissnacks; Sahnestandmittel; Sandwiches; Speiseeispulver; Stärke für Nahrungszwecke; Sushi; Wurstbindemittel; Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; Aromastoffe [pflanzliche], für Getränke, ausgenommen ätherische Öle; Süßungsmittel [natürlich].

32 Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

35 Dienstleistungen des Einzelhandels in den Bereichen: Wasch- und Bleichmittel, Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel, Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel, Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse, Hygienepräparate für medizinische Zwecke, diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost, Pflaster, Verbandmaterial, Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke, Desinfektionsmittel, Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren, Fungizide, Herbizide, Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, Buchbinderartikel, Photographien, Schreibwaren, Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke, Künstlerbedarfsartikel, Pinsel, Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel), Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate), Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten, Drucklettern, Druckstöcke, Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte, Eier, Milch und Milchprodukte, Speiseöle und -fette, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis, Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Außerdem seien für sie noch weitere nationale deutsche und europäische Marken angemeldet. Der Bekanntheitsgrad der „Reformhaus-Marke“ sei in Deutschland sehr hoch, wie eine Marktforschungsstudie aus 2007 belege. Auch in Österreich handle es sich um eine bekannte Marke; in Österreich gebe es derzeit ca 90 Verkaufsläden, die berechtigt seien, unter der „Reformhaus-Marke“ das für sie typische Warensortiment zu vertreiben. Dieses eigene System habe die Antragstellerin in den 1990-er Jahren aufgebaut und von den Vertragspartnern auch Lizenzgebühren für die Marke der Antragstellerin erhalten. Im Übrigen sei in Deutschland REFORMHAUS für die Antragstellerin auch als Wortmarke eingetragen. Auch im Brockhaus, auf wissen.de und auf Wikipedia werde REFORMHAUS mit dem Symbol ® gekennzeichnet. Die Antragsgegnerin sei bis 31.12.2013 Teil dieses Reformhaus-Vertriebssystems gewesen und sie sei entsprechend mit Partnerschaftsverträgen gebunden gewesen, wobei sie damals noch unter „Reformhaus M***** GmbH“ firmiert habe. Während der Vertragsdauer sei der Antragsgegnerin nach § 3 Abs 3 des Partnerschaftsvertrags berechtigt gewesen, die „neuform-Marken“ zu verwenden, zu denen auch die Marke „Reformhaus“ gehöre. Nach der Vertragsbeendigung sei es dem Partner jedoch nach § 4 Abs 5 des Partnerschaftsvertrags untersagt, „Reformhaus“ weiter – also nach dem Ende des Vertragsverhältnisses – zu verwenden. Es sei klar, dass die Marken der Antragstellerin von diesem Verbot umfasst seien. Nach der Kündigung am 22.4.2013 habe die Antragsgegnerin die angegriffene Marke angemeldet. Auf Grund der bis 2013 bestehenden vertraglichen Beziehungen und der daraus entstandenen Verpflichtung zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen und zur Treue habe der Antragsgegnerin klar sein müssen, dass die Antragstellerin Inhaberin der „Reformhaus-Marken“ mit im Wesentlichen identischem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis gewesen sei. Es liege eine Ausnutzung der und eine Anlehnung an die Marke der Antragstellerin vor. Die Antragsgegnerin könne nur eine Störung des Besitzstands der Antragstellerin beabsichtigt haben. Nach der Rechtsprechung werde auch die Verletzung von Loyalitätspflichten unter den Tatbestand des § 34 MSchG subsumiert.

Die Antragsgegnerin wendete – ebenfalls soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung – ein, REFORMHAUS sei eine Gattungsbezeichnung, die etwa im Österreichischen Wörterbuch als „Fachgeschäft für Reformkost“ definiert werde, sie falle daher als solche unter der Ausschließungsgrund des § 4 Abs 1 Z 5 MSchG. Die beiden miteinander in Beziehung zu setzenden Marken hätten gänzlich unterschiedliche Bildelemente, auf welche die Aufmerksamkeit der adressierten Verkehrskreise zwangsläufig gelenkt werde. Die bloße Kenntnis der Vorbenutzung der Marke durch einen anderen reiche für sich allein nicht aus, um die Sittenwidrigkeit des Markenrechtserwerbs zu begründen. Der OPM habe ausgesprochen, dass ein solcher Erwerb dann sittenwidrig und damit bösgläubig sei, wenn der Erwerber zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der das Zeichen schon gebraucht habe, verpflichtet sei und dessen ungeachtet das Markenrecht an diesem oder einem ähnlichen Zeichen erwerbe. Da die Zeichen nicht verwechselbar ähnlich seien, liege keine Sittenwidrigkeit vor.

Im Übrigen habe die Antragsgegnerin das angegriffene Zeichen erst nach Beendigung aller Partnerschaftsverträge angemeldet. Die Antragstellerin habe im Wissen, dass REFORMHAUS als Gattungsbezeichnung schutzunfähig sei, § 4 Abs 5 des Partnerschaftsvertrags vorgesehen. Damit wolle die Antragstellerin von der Antragsgegnerin fordern, nach Vertragsbeendigung Reformkost oder naturgemäße Ernährung nicht mehr unter der dafür branchenüblichen Bezeichnung REFORMHAUS zu vertreiben. Diese Vertragsbestimmung verstoße gegen § 10 Abs 3 Z 2 MSchG und Art 12 lit b GMV und gegen das Kartellverbot des Art 101 Abs 1 AEUV; sie sei deshalb ungültig und der Einwand der Bösgläubigkeit (auch) deswegen unbegründet. Es handle sich hierbei um eine Täuschung über einen bestehenden Markenschutz der Bezeichnung REFORMHAUS, die nur eine Gattungsbezeichnung sei. Die Antragsgegnerin habe den Vertrag im Glauben an einen bestehende Markenschutz unterzeichnet, sie habe nicht gewusst, dass es sich nur um eine Bildmarke gehandelt habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 31.8.2017 (Anm: der jedoch intern erst am 16.8.2018 an die Schreibabteilung übergeben wurde) gab die Nichtigkeitsabteilung dem Löschungsantrag zur Gänze statt. Sie traf über den bereits eingangs wiedergegebenen, unstrittigen Sachverhalt hinaus die auf den Seiten 12 bis 16 der Beschlussausfertigung angeführten Feststellungen, auf die verwiesen wird (§§ 35 Abs 5 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG und § 500a ZPO) und aus denen – soweit für das Berufungsverfahren besonders relevant – zusammenfassend hervorgehoben wird:

Die Antragstellerin ist weiters Inhaberin der in Deutschland jeweils als „Reformhaus“ registrierten und jeweils gegenüber der angegriffenen Marke prioritätsälteren Wort- und Kollektivmarken DE 302196528, DE 30219652 und DE 3020130205936.

Mit inhaltlich identen Verträgen vom 1.4.2004 und vom 15.5.2010 erhielt die Antragsgegnerin das Recht eingeräumt, unter anderem die Marke der Antragstellerin im Zusammenhang mit ihren Geschäftslokalen zu verwenden und das „neuform“-Vertragswarensortiment zu vertreiben.

§ 3 Abs 2 lautet:

«Der Partner ist berechtigt, sich als Reformhaus zu bezeichnen, insbesondere sein Partnergeschäft entsprechend zu bezeichnen.»

§ 4 Abs 5 lautet:

«Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ist es dem Partner untersagt, neuform-Vertragsware zu beziehen oder zu vertreiben und mit dem Begriff „Reformhaus“ oder „neuform“ zu werben.»

Die mit Schreiben vom 22.4.2013 ausgesprochene Kündigung begründete die Antragstellerin unter anderem mit sehr negativem und aggressivem Verhalten.

Die Antragsgegnerin änderte mit 28.8.2013 ihren Firmenwortlaut von „Reformhaus M***** GmbH“ auf „Reform M***** GmbH“.

In rechtlicher Hinsicht beurteilte die Nichtigkeitsabteilung diesen Sachverhalt unter anderem dahin, dass § 34 MSchG einen Auffangtatbestand bilde, der auch jenen des § 30a leg cit abdecke. Aus den Partnerschaftsverträgen ergäben sich jedenfalls nebenvertragliche Sorgfalts- und Treuepflichten, die auch über den Zeitpunkt der Vertragsauflösung hinauswirken würden.

Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr dürfe die Gültigkeit der älteren Marke nicht mit dem Argument in Frage gestellt werden, dass dieses Zeichen ein Gattungsbegriff sei, der beschreibend sei und keine Unterscheidungskraft habe. Von diesem Grundsatz ausgehend komme auch dem Umstand Bedeutung zu, dass die Antragstellerin Inhaberin von drei beim Deutschen Patent- und Markenamt mit Schutz für Deutschland registrierten Wortmarken REFORMHAUS sei. Die auf § 34 MSchG gestützte Löschung einer Marke könne jedermann beantragen; für diesen Popularantrag sei der Nachweis der Behinderungsabsicht nicht erforderlich, sofern die subjektive Vorwerfbarkeit durch die Verletzung der Loyalitätspflichten indiziert sei. Die Bösgläubigkeit sei jedoch nicht darauf beschränkt. Es genüge bereits auch allein die bloße Behinderungsabsicht, die zwar nicht der einzige Beweggrund, aber doch zumindest ein wesentliches Motiv sein müsse.

Die Antragsgegnerin habe im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke gewusst, dass sie nicht mit dem Begriff REFORMHAUS werben dürfe. Durch diese Anmeldung verstoße sie damit gegen das in den Partnerschaftsverträgen festgelegte Werbeverbot, das somit auch die Anmeldung einer Marke umfasse, und damit konkret gegen nachvertragliche Loyalitätspflichten. Dessen ungeachtet liege auch Sittenwidrigkeit auf Grund von Behinderungsabsicht vor.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin aus den Berufungsgründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie beantragt, den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Die Antragstellerin weist in ihrer Berufungsbeantwortung zutreffend darauf hin, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Anfechtungserklärung zwar eine Feststellungsrüge erwähnt, diese aber in der Folge nicht ausgeführt hat.

Dies trifft zu, weil der Berufungsvortrag keine nachvollziehbare gesetzmäßig ausgeführte Tatsachenrüge enthält, die zum Ausdruck brächte, welche konkrete Feststellung bekämpft wird, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurde, welche Feststellung stattdessen begehrt wird und auf Grund welcher Beweisergebnisse und Erwägungen diese begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( Kodek in Rechberger , ZPO 4 § 471 Rz 8; RIS-Justiz RW0000137; RS0041835 [insb T2]; RS0043039; Pochmarski/Lichtenberg/Tanczos/Kober, Berufung³ 147 f mwN).

Auf diesen Berufungsgrund ist daher nicht weiter einzugehen (RIS Justiz RS0041761; RS0041851).

Das Berufungsgericht übernimmt daher den von der Nichtigkeitsabteilung festgestellten Sachverhalt und legt ihn gemäß §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie § 498 Abs 1 ZPO seiner Entscheidung zugrunde.

2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung :

2.1. Ausgehend von diesen Feststellungen hat die Nichtigkeitsabteilung die Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin nach § 34 Abs 1 MSchG zu Recht bejaht.

2.2. Nach § 34 Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer Marke begehren, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Diese Bestimmung beruht auf Art 3 Abs 2 lit d MarkenRL (basierend auf der ursprünglichen Fassung der RL 89/104/EWG), wonach die Mitgliedstaaten vorsehen können, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Fall der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn der Antragsteller die Eintragung bösgläubig beantragt hatte. Sie wird als Generalklausel angesehen und erfasst Umstände beim Markenerwerb, die den Schutz des Kennzeichens als ungerechtfertigt (iSv sittenwidrig) erscheinen lassen (4 Ob 28/06f, Firekiller ; 4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II ; Müller/Höller-Prantner, Markenrecht kompakt 123).

Dass es sich dabei um einen Popularantrag handelt, ist in der Lehre und Rechtsprechung vollkommen unbestritten. Auf die Anregung in der Berufung, insoweit zur Klarstellung ein Vorabentscheidungsverfahren einzuleiten, ist deswegen, aber zusätzlich auch deshalb nicht näher einzugehen, weil die Antragstellerin ohnedies iSd Berufungsvortrags behauptet (Anm: und auch bewiesen hat), dass die Antragsgegnerin ihr gegenüber bestehende Loyalitätspflichten verletzte und damit in ihre Rechtsposition eingriff.

2.3. Der Tatbestand ist autonom und richtlinienkonform auszulegen ( Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 296 mwN der Rechtsprechung des BGH; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 900), wobei der EuGH betont, dass alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (C 529/07, Goldhase III , Rn 37 ff).

2.4. Ob eine Anmeldung bösgläubig war, ist nach der Rechtsprechung des EuGH „umfassend“ zu beurteilen, wobei alle im konkreten Fall „erheblichen Faktoren“ zu berücksichtigen sind (C 529/07, Goldhase III, Rn 37; C 320/12, Malaysia Dairy Industries Pte. Ltd, Rn 36; RIS-Justiz RS0123318 [T5]). Bösgläubigkeit wurde zunächst in erster Linie bei Verletzung von Loyalitätspflichten oder bei Behinderung eines bereits das Zeichen nutzenden Dritten bejaht (C 529/07, Goldhase III; C 320/12, Malaysia Dairy Industries Pte. Ltd ). Der Rechtsprechung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass Bösgläubigkeit auf diese Fallgruppen beschränkt wäre (4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II [Spekulationsmarke]).

2.5. Ausgangspunkt der Rechtsprechung des OGH war wiederum der Rechtsgedanke des § 30a MSchG (Agentenmarke). Er wurde zunächst auf Fälle ausgedehnt, in denen der Erwerber außerhalb des engen Wortlauts von § 30a MSchG zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines Vorbenutzers verpflichtet war (zB 4 Ob 398/77, Thermo-Schutz-Roll; 4 Ob 21/95, Die Mooskirchner; RIS-Justiz RS0066842). Eine weitere Fallgruppe erfasst den sittenwidrigen Behinderungswettbewerb außerhalb einer Rechtsbeziehung (4 Ob 11/98s, Nintendo ). Dabei wurde zunächst noch auf einen „wertvollen Besitzstand“ des Beeinträchtigten abgestellt, dh auf die frühere Benutzung eines Zeichens mit einer „gewissen Verkehrsbekanntheit“ (4 Ob 52/98w, Thai classic ). Dieses Erfordernis wurde später allerdings fallen gelassen; es genügt bereits die Vorbenutzung als solche (4 Ob 310/98m, Pinkplus; 4 Ob 128/01d, Silberpfeil; 4 Ob 56/05x, Nordic Walking ). Grundlage für das Unwerturteil ist hier die Absicht des Anmelders, eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören. Beide Fallgruppen können dem Tatbestand des bösgläubigen Erwerbs iSv § 34 MSchG unterstellt werden (4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 89/06a, grüngeflammt ).

2.6. Sittenwidrig ist ein Markenrechtserwerb immer dann, wenn der Erwerber – in welcher Weise auch immer – zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der das Zeichen schon gebraucht hat, verpflichtet ist oder war, dessen ungeachtet jedoch das Markenrecht an diesem oder einem ähnlichen Zeichen für gleiche oder gleichartige Waren ohne Zustimmung des bisherigen Benützers erwirbt (zur Agentenmarke nach § 30a MSchG etwa 4 Ob 398/77, Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 50, Purocel; 4 Ob 21/95, Die Mooskirchner; ÖBl 1997, 289, Health Mate; ecolex 1998, 147, Spinnrad II; ÖBl 1998, 229, Nintendo; EvBl 1998/157 = ecolex 1998, 646, Thai Classic; ÖBl 2000, 71, Adolf Loos-Architekturpreis; RIS-Justiz RS0066842).

Bösgläubiger Markenrechtserwerb iSd § 34 MSchG setzt in Anknüpfung an die zum Wettbewerbsrecht entwickelten Grundsätze die Absicht des Anmelders voraus, mit der Registrierung eines von einem Dritten bereits benutzten Zeichens als Marke eine Waffe in die Hand zu bekommen, um ein von einem Mitbewerber aufgebautes System zu stören. Diese Absicht muss nicht der einzige Beweggrund des Anmelders sein, es genügt, dass es sich um ein wesentliches Motiv handelt (zB 4 Ob 244/01p, Alpentrio Tirol; 4 Ob 128/01d, Silberpfeil; RIS-Justiz RS0123318; RS0109597; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 922 ff).

Behauptungs- und beweispflichtig für die Bösgläubigkeit ist an sich der Antragsteller (17 Ob 17/09p, Goldhase IV; Om 16/10; OM 13/11, Winzerkönig ). Der Begriff „Bösgläubigkeit“ deutet zwar auf das Erfordernis subjektiver Vorwerfbarkeit hin; diese kann aber bei der Verletzung von Loyalitätspflichten zumindest bis zum Beweis (zur Bescheinigung) des Gegenteils unterstellt werden (RIS-Justiz RS0120716). Sie kann aber nur dann angenommen werden, wenn dem Markeninhaber im Zeitpunkt der Anmeldung bekannt war, dass Mitbewerber für ähnliche oder identische Waren Zeichen verwenden, die dem von ihm als Marke angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnlich sind (17 Ob 17/09p, Goldhase IV ).

Auch nach dem BGH kommt eine bösgläubige Markenanmeldung in Betracht, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer das selbe oder ein verwechselbares Zeichen für die selben oder ähnliche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und wenn besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen oder dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfs einsetzt (BGH I ZB 23/11, Simca , Rz 10; I ZB 40/09, LIMES LOGISTIK, Rz 13 jeweils mwN; s auch Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 936 ff; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 307).

2.7. Ausgehend von diesen Rechtsprechungsgrundsätzen liegen auf Grund der von der Nichtigkeitsabteilung ermittelten Tatsachen bei der Gesamtbetrachtung und der Gewichtung der einzelnen Indikatoren die Voraussetzungen für die Annahme von Bösgläubigkeit der Antragsgegnerin iSv § 34 MSchG vor.

2.8. Der Einwand, die Marke der Antragstellerin habe keine Kennzeichnungskraft und sie sei daher nicht schutzfähig, ist rechtlich ohne Belang, weil damit ein Löschungsgrund geltend gemacht wird, der nur im dafür vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden könnte (RIS-Justiz RW0000891).

Das Berufungsgericht hat bereits mehrfach dargelegt, dass nach der Entscheidung C 196/11 P, F1-LIVE (Rn 40 f), weder das EUIPO noch das EuG in einem Widerspruchsverfahren die Unterscheidungskraft einer eingetragenen nationalen Marke verneinen dürfen. Dies könne nur im Rahmen eines – hier zu präzisieren: gegen dieses Zeichen gerichteten – Löschungs- oder Nichtigkeitsverfahrens geschehen.

Da der Antrag, eine Marke wegen der Bösgläubigkeit des Anmelders zu löschen, von jedermann erhoben werden kann und somit gar nicht voraussetzt, dass der Antragsteller überhaupt Markeninhaber ist, geschweige denn, dass die Marken verwechselbar sind, ist auch die Frage, ob die Marke des Antragstellers unterscheidungskräftig ist oder allenfalls einem Löschungsantrag unterliegen würde, bei der Beurteilung der Bösgläubigkeit des Antragsgegners irrelevant.

2.9. Der Umstand, dass es bereits eine ähnliche oder gar verwechselbare ältere Marke gibt, kann jedoch als zusätzliches Indiz für eine Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung dienen. Deshalb ist auch im vorliegenden Fall auf diese Frage einzugehen.

Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jone s ; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel I; 17 Ob 32/08t, Jukebox; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).

Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04, Thomson life ) kann – mit der daher übereinstimmenden ständigen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox; Om 12/10, PeakZero; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax; OLG Wien 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 = 4 Ob 164/16w; 133 R 95/17v, FRANZ HAAS/Haas Haas ).

2.10. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist Verwechslungsgefahr anzunehmen:

Es kommt dem Wort REFORMHAUS sowohl in der Marke der Antragstellerin als auch im angegriffenen Zeichen eine gewisse, wenngleich schwache Kennzeichnungskraft als relative Phantasiebezeichnung (zB RIS-Justiz RS0066644) zu, weil es sich dabei nur um Andeutungen einer bestimmten Bestimmung oder Beschaffenheit handelt, ohne die damit so bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben.

Jedenfalls in diesem Umfang ist dieses Wort nicht rein beschreibend (RIS-Justiz RS0066456 [insb T12]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist, weil sich der Geschäftsverkehr meist an diesem – sofern er unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem den Wortbestandteil im Gedächtnis behält (RIS-Justiz RS0066779):

Weder der grafische Teil der Marke der Antragstellerin noch der Bildbestandteil der angegriffenen Marke sind besonders außergewöhnlich, sodass das jeweils einzige Wortelement REFORMHAUS sie jeweils mitprägt, was zur prinzipiellen Bejahung der Verwechslungsgefahr führt.

2.11. Die Parteien haben Partnerschaftsverträge abgeschlossen, denen ausgehend von den insofern eher rudimentären Konstatierungen der Nichtigkeitsabteilung Franchise- und/oder Vertriebscharakter zukommt, wobei die Antragsgegnerin ihren Sitz in Österreich hat.

Auf Grund dieser Sachlage ist in Ermangelung von Hinweisen auf eine eine abweichende Rechtswahl der Parteien iSd Art 4 Abs 2 EVÜ (Vertrag vom 1.4.2004 [charakteristische Leistung]) und iSd Art 4 Abs 1 lit e und/oder lit f Rom I-VO (Vertrag vom 15.5.2010) österreichisches Recht anzuwenden.

Nach der Rechtsprechung des OGH ist außerdem die übereinstimmende Berufung der Parteien auf eine bestimmte Rechtsordnung als schlüssige Rechtswahl zu werten (vgl RIS-Justiz RS0040169; RS0128685), was insbesondere dann gelten muss, wenn das Parteiverhalten – wie hier – jeden Zweifel an der schlüssigen Wahl österreichischen Sachrechts ausschließt (vgl 1 Ob 138/97v = RIS-Justiz RS0108114). Es ist daher materiell-rechtlich von österreichischem Recht auszugehen.

2.12. Fragen der Vertragsauslegung sind, soweit sie die Feststellung von Willenserklärungen der Parteien betreffen, dem Tatsachenbereich zuzuordnen; die Auslegung der festgestellten Willenserklärungen ist hingegen eine rechtliche Beurteilung (RIS-Justiz RS0017882).

Nach den Grundsätzen dieser Vertragsauslegung (§ 914 ABGB) kommt es ausgehend vom Wortlaut auf die objektive Beurteilung der Sachlage unter Bedachtnahme auf konkrete Umstände an, namentlich auf den Geschäftszweck und die Interessenlage (RIS-Justiz RS0113932; RS0017831; RS0017857).

§ 914 ABGB regelt zusammen mit §§ 863, 915 ABGB die Auslegung des Rechtsgeschäfts unter Lebenden ( Rummel in Rummel, ABGB 3 § 914 Rz 1). Die Regelung des § 914 ABGB weist weitgehende Parallelen zu § 863 ABGB auf, weil es nach beiden Bestimmungen maßgeblich auf den objektiven Erklärungswert aus Sicht eines redlichen Erklärungsempfängers (Vertrauenstheorie) ankommt. Zur Abgrenzung verweist die hL darauf, dass § 863 ABGB die Frage der rechtlichen Existenz einer Willenserklärung betrifft, während es in § 914 ABGB um den Inhalt eines gültig zustande gekommenen Rechtsgeschäftes geht, wobei dabei zwischen einfacher und ergänzender Vertragsauslegung unterschieden wird ( Kolmasch in Schwimann/Neumayr, ABGB-TK 4 § 914 Rz 2 f; Bollenberger in KBB, ABGB 5 § 914 ABGB Rz 5, je mwH).

Die einfache Auslegung knüpft unmittelbar an das Erklärungsverhalten an und fragt, wie es zu verstehen ist. Weder ergänzt noch korrigiert die einfache Auslegung die Willenserklärung(en) der Partei(en) ( Heiss in Kletečka/Schauer, ABGB ON § 914 Rz 63; RIS-Justiz RS0017882). Wie bei der Gesetzesauslegung hat auch bei der Vertragsauslegung die wörtliche Auslegung, also der Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung, am Anfang des Interpretationsvorganges zu stehen. Eigentliches Ziel der (einfachen) Auslegung ist also die Feststellung der „Absicht der Parteien”. Die Vertragsauslegung hat dabei ausgehend vom Wortlaut unter Erforschung der Parteienabsicht, unter Berücksichtigung der redlichen Verkehrsübung und unter Heranziehung des Parteienverhaltens und ihrer Erklärungen, gemessen am Empfängerhorizont, zu erfolgen (RIS-Justiz RS0044358).

Wird, wie hier, eine übereinstimmende abweichende Parteienabsicht nicht festgestellt, so ist bei der Auslegung des Vertrags von dessen Wortlaut auszugehen, und zwar unter Berücksichtigung dessen, wie die Erklärung inhaltlich verstanden und auch gehandhabt wurde (SZ 70/213; RIS-Justiz RS0017831 [T4]). Dabei ist freilich zu beachten, dass die Auslegung der einzelnen Erklärungen am „Empfängerhorizont” zu messen ist ( Rummel in Rummel, ABGB 3 § 914 Rz 4).

2.13. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist aus dem Wortlaut den beiden Vertragsklauseln § 3 Abs 2 und § 4 Abs 5 erkennbar, dass die Antragstellerin damit nicht nur ihre bestehenden Markenrechte schützen, sondern auch verhindern wollte, dass die Antragsgegnerin im Fall eine Vertragsauflösung zum Zweck einer klaren Abgrenzung REFORMHAUS im geschäftlichen Verkehr in welcher Forma auch immer weiter verwendet. Ohne Zweifel wollte sie damit unter anderem auch verhindern, dass die Antragsgegnerin in ihre Firma eingreift, die ebenfalls das Wort REFORMHAUS in Alleinstellung enthält (wenn man vom für die hier interessierende Frage irrelevanten Rechtsformzusatz absieht).

§ 34 MSchG schützt aber nicht nur vor bösgläubigen Eingriffen in fremde Markenrechte, sondern etwa auch vor Eingriffen in fremde Geschäfts- oder Unternehmensbezeichnungen, selbst wenn für diese kein formaler Kennzeichenschutz gegeben ist (OLG Wien, 34 R 121/16p, Wiener Goldschmiedeakademie; dazu bereits oben Punkt 2.15.).

Ist dies – wie hier – der Fall, so kommt es, wie die Antragstellerin in ihrer Berufungsbeantwortung richtig aufzeigt, auf die oben bereits behandelte Frage (vgl oben Punkt 2.10.), ob REFORMHAUS als Markenbestandteil iSd Argumentation in der Berufung beschreibend ist und ob überhaupt markenrechtliche Verwechselbarkeit besteht, an sich nicht weiter an:

Eine Verletzung von Loyalitätspflichten durch die Antragsgegnerin rührt bereits daraus her, dass sie durch die angegriffene Marke auch in den ihr seit langem bekannten Firmenwortlaut der Antragstellerin eingegriffen hat (zur Relevanz der Verletzung von Loyalitätspflichten s etwa 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 10/09h, Mountain Cleantech/mountain-cleantech.ch [Eingriff in Firma und Domain]).

2.14. Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Berufung außerdem erstmals den Irrtumseinwand erhebt und dabei meint, sie sei von der Antragstellerin darüber getäuscht worden, dass für REFORMHAUS als solcher Markenschutz bestehe, verstößt sie damit gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs 2 ZPO. In erster Instanz hat sie nämlich nur eine allgemeine Täuschung über bestehende Markenrechte behauptet.

Dem festgestellten Sachverhalt ist weder ein Irrtum über die Vertragsgrundlagen noch ein Dissens zu entnehmen.

Im Übrigen wäre ein solcher Irrtum auch nach § 1487 ABGB verjährt, weil die darin genannte dreijährige Frist bereits mit dem Vertragsabschluss zu laufen beginnt (vgl RIS-Justiz RS0034350; Dehn in KBB, ABGB 5 § 1487 Rz 3 mwN der Rsp des OGH); das gilt auch für das Geltendmachen durch Einrede (9 Ob 29/13z mwN; 2 Ob 22/17z).

2.15. Der Antragsgegnerin war daher wegen der langjährigen Bindung an die Partnerschaftsverträge zweifellos auch bewusst, dass die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin auch in Österreich bestand und dort allenfalls weiter vorangetrieben werden sollte. Ihre – wie die Nichtigkeitsabteilung richtig erkannt hat: nachvertraglichen (s nur RIS-Justiz RS0023666 [zum Schadenersatz]) – Loyalitätspflichten waren daher auch nicht auf Deutschland (als Sitzstaat der Antragstellerin) beschränkt (s 17 Ob 10/09h, Mountain Cleantech/mountain-cleantech.ch ), ist für die Beurteilung der Bösgläubigkeit doch auch darauf abzustellen, ob ein Zeichen allenfalls nur im Ausland etabliert ist (Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 933 mwN).

Das beeinträchtigte aber in gravierender Weise die Position der Antragstellerin, die zu respektieren die Antragsgegnerin verpflichtet war (4 Ob 28/06f, Firekiller ).

Spricht aber die Vermutung für eine bestimmte Absicht des Antragsgegners, ist es seine Sache, sie zu entkräften (oben Punkt 2.6.; ÖBl 2000, 25, Pinkplus, mwN aus der Rsp zur Wettbewerbsabsicht, die bei Mitbewerbern vermutet wird; 4 Ob 199/99i, Adolf-Loos-Architekturpreis ).

Bei dieser Sachlage ist damit zu unterstellen, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Markenanmeldung die Absicht verfolgte, die Antragstellerin an der Verwendung des prioritätsälteren Zeichens, aber auch der Bezeichnung REFORMHAUS als solcher im geschäftlichen Verkehr zu behindern oder diese gar in Österreich unmöglich zu machen. Dafür spricht einerseits der knappe zeitliche Zusammenhang zwischen der Kündigung der Partnerschaftsverträge und der Anmeldung der angegriffenen Marke, der nach Auffassung des Berufungsgerichts kein Zufall ist. Andererseits ist aber auch ins Kalkül zu ziehen, dass die Antragsgegnerin zusätzlich sehr wohl den bereits mehrfach genannten vertraglichen Bestimmungen entsprechend unmittelbar nach der Beendigung der Vertragsbeziehungen auch ihre Firma (durch Reduktion von „Reformhaus“ auf „Reform“) durchaus noch im Sinn ihrer Vertragspflichten änderte (BS 15 = Beilage ./N) und erst danach die angegriffene Marke anmeldete.

2.16. Alle aufgezeigten objektiven Umstände in ihrer Gesamtheit indizieren daher das subjektive Tatbestandsmerkmal der Bösgläubigkeit (zu dieser Herleitung siehe C 529/07, Goldhase III , Rn 37; C 569/08, Internetportal , Rn 42 und 77 [mit Aufzählung beispielhafter Einzelkriterien]; Fezer in Fezer, Markenpraxis² 51; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 307; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 908; allg von Schultz in von Schultz, Markenrecht 3 § 8 Rz 213 ff mwN [insb Rz 220]) bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angefochtenen Marke (zB Hofinger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 34 Rz 7; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 911; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 312; Om 13/11, Winzerkönig mwN).

Die Störungsabsicht muss – wie bereits ausgeführt – nicht der einzige Beweggrund des Anmelders sein, es genügt bereits, dass sie ein wesentliches Motiv war (RIS-Justiz RS0123318).

2.17. Ist aber der Löschungsgrund des § 34 MSchG somit verwirklicht, so sind die anderen von der Antragstellerin im Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung angezogenen Löschungsgründe und die Ausführungen dazu im angefochtenen Beschluss wie auch in der Berufung nicht zu prüfen: Auf (weitere) Fragen, von denen die Lösung des konkreten Rechtsfalls nicht mehr abhängt, muss nämlich nicht eingegangen werden (vgl RIS-Justiz RS0088931 [insb T7]; RS0111271).

2.18. Die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung bedarf daher keiner Korrektur.

3. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.

4. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000.

Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Ob eine Marke bösgläubig angemeldet wurde, ist stets eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0129667 [T1]). Das Berufungsgericht bewegt sich mit seiner Entscheidung innerhalb der zitierten Judikatur des EuGH und des OGH.

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