JudikaturOLG Wien

133R110/18a – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
01. Februar 2019

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke „T” über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 11.7.2018, AM 53390/2015 9, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahingehend abgeändert, dass sie lautet:

«Die Wortmarke „T” ist in das Markenregister für folgende Dienstleistungen einzutragen:

35 Planung, Konzeption, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen und Events für wirtschaftliche und Werbezwecke; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; kaufmännische Geschäfts- und Unternehmensführung für Dritte, insbesondere in den Bereichen Energie, Gas, Wasser; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen [auch über das Internet und sonstige Kommunikationsnetze], betreffend die vorgenannten Waren der Klassen 7, 10, 11 und 12; Dienstleistungen eines E-Commerce-Abwicklers, nämlich Bestellannahme- und Lieferauftragsservice sowie Rechnungsabwicklung für elektronische Bestellsysteme; Erstellung von Abrechnungen [Büroarbeiten]; Sponsorensuche;

39 Energieversorgung, nämlich Lieferung und Verteilung von Strom, Gas und Wasser;

44 Medizinische Dienstleistungen; Durchführung medizinischer Analysen; Gesundheitspflege für Menschen; Schönheitspflege für Menschen; Gesundheits- und Ernährungsberatung;

45 Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen; Gebäudeüberwachung; persönliche und soziale Dienstleistungen, nämlich Dienstleistungen eines Detektivs, Partner- und Bekanntschaftsvermittlungsdienste, Dienstleistungen bezüglich Kinderschutz, Hausbewachungsdienste, persönliche Analyse- und Nachforschungsdienste, persönliche Einkaufsdienste, Networking-Dienste, Schreiben von privaten Briefen, Erinnerungsdienste; Lizenzierung von Computersoftware; Lizenzvergabe von gewerblichen Schutzrechten; zivile Schutzdienste; Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit; Entgegennahme von telefonischen und elektronischen Anrufen und Notrufen im Rahmen der Dienstleistungen eines Sicherheitsdienstes.

Demgegenüber wird festgestellt, dass die Wortmarke „T” für folgende Waren:

07 Wasch- und Reinigungsmaschinen für den Haushaltsbereich und Gewerbebereich; Spülmaschinen für den Haushalts- und Gewerbebereich, insbesondere Geschirrspülmaschinen; elektrische Küchenmaschinen; elektrische Reinigungsgeräte für den Haushalt;

10 Ärztliche Instrumente und Apparate; orthopädische Artikel; Analysegeräte für medizinische Zwecke; medizinische Apparate und Instrumente; ärztliche Apparate und Instrumente zur Überwachung von Patienten und zum Anzeigen von Vitaldaten; medizinische Messgeräte und deren Teile [soweit in Klasse 10 enthalten];

11 Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte;

12 Kraftfahrzeuge und deren Teile, soweit in Klasse 12 enthalten;

nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar ist.»

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte am 30.12.2015 die Eintragung der Wortmarke „T” für die im Spruch ersichtlichen Waren und Dienstleistungen.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Rechtsabteilung des Patentamts fest, dass das Zeichen „T” nur unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung nach § 4 Abs 2 MSchG registrierbar sei. Einzelbuchstaben dürfe zwar nicht von vornherein die Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Dennoch sei das Zeichen im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wurde, nicht als individualisierender Unternehmenshinweis geeignet, weil dieser Buchstabe als Typenbezeichnug oder Abkürzung verwendet werde. So habe im automobilen Bereich das von Ford produzierte „Modell T” historische Berühmtheit erlangt. Auch heute würde der Fahrzeughersteller Mercedes-Benz seine Kombifahrzeuge als T Modelle bezeichnen. VW habe seine Transporter T1, T2 usw benannt. Tesla stelle die Modelle S, X und R her, weshalb ein Modell T wenig überraschend wäre. In der Klasse 39 werde T als Abkürzung für die Maßeinheit Tesla und die Gewichtseinheit Tonne benutzt, in der Klasse 12 für Transport, Turbo, Touring oder Track, in der Klasse 11 für T Stücke. Im E Commerce stehe T für Telekommunikation oder als TV für Television, in der Medizin für Therapie, T Zellen oder T Lymphozyten, als TCM für Traditionelle Chinesische Medizin.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, im Hinblick auf die vom Amt getroffenen Annahmen der Branchenüblichkeit und des Verkehrsverständnisses hilfsweise auch aus den Rekursgründen des Verfahrensmangels und der unrichtigen Tatsachenfeststellung mit dem Antrag, den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts dahingehend abzuändern, dass das Zeichen für sämtliche beantragten Waren und Dienstleistungen eingetragen werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).

2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Ein Zeichen ist deshalb nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und es als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456 und RS0109431).

3. Früher hat die Rechtsprechung Buchstaben oder Ziffern sowie Buchstabengruppen und Zifferngruppen generell die Kennzeichnungskraft abgesprochen, weil solche Zeichen erfahrungsgemäß von vielen Unternehmen zur Bezeichnung bestimmter Warenmerkmale (Größe, Sorte, Qualität) verwendet würden und nicht geeignet seien, auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hinzuweisen (RIS-Justiz RS0066724, RS0079095; Koppensteiner, Markenrecht 4 84). Nach der Umsetzung der Markenrichtlinie können Marken nach § 1 MSchG jedoch auch Buchstaben und Zahlen sein, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

4. Der EuGH hat aber bereits darauf hingewiesen, dass die allgemeine Markenfähigkeit eines Einzelbuchstabens nicht bedeutet, dass dieses Zeichen im Hinblick auf eine bestimmte Ware oder Dienstleistung tatsächlich Unterscheidungskraft hat (C 265/09 P, Buchstabe „α” ). Dem entspricht die Absicht des österreichischen Gesetzgebers, wonach Buchstaben und Zahlen auch nach der geltenden Rechtslage nicht registrierbar sein sollen, wenn ihnen „anhand der zu kennzeichnenden Waren und Dienstleistungen sowie der besonderen Umstände des Einzelfalles und im Hinblick auf bestehende Verkehrsgewohnheiten” keine Unterscheidungskraft zukommt oder ein Freihaltebedürfnis anzunehmen ist (RV 1643 BlgNR 20. GP 49).

5. Auch die Rechtsprechung in Deutschland lässt die Anmeldung eines Einzelbuchstabens nur zu, wenn diesem Buchstaben Unterscheidungskraft zukommt, nicht aber, wenn der Verkehr diesen Buchstaben für bestimmte Waren nicht als Herkunftsbezeichnung versteht (BGH I ZB 4/98, MDR 2001, 407 = GRUR 2001, 161). Deshalb wurde beispielsweise der Buchstabe „Z” für „Tabak, Tabakerzeugnisse, Raucherartikel und Streichhölzer” als unterscheidungskräftig qualifiziert (BGH I ZB 21/00, GRUR 2003, 343). Damit hängt die Unterscheidungskraft eines Einzelbuchstabens stets vom Verständnis der mit den jeweiligen Waren oder Dienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise ab ( Kucsko, MSchG 3 § 1 Anm 3; Eichelberger in Kur/Bomhard/Albrecht 2 § 8 MarkenG Rn 261).

6. Im Hinblick auf die von der Antragstellerin hilfsweise erhobene Verfahrens- und Beweisrüge ist auszuführen, dass die Frage, ob ein Zeichen zur Bezeichnung bestimmter Gattungen von Waren oder Dienstleistungen im Verkehr allgemein gebräuchlich ist, eine bloße Rechtsfrage ist, wenn zu deren Beurteilung – wie im vorliegenden Fall – die allgemeine Lebenserfahrung des Richters ausreicht (RIS-Justiz RS0043658).

7. Bei Maschinen und anderen technischen Geräten ist allgemein bekannt, dass Einzelbuchstaben häufig als Typen-, Serien- oder Modellbezeichnung verwendet werden (idS die Prüfungsrichtlinien für Unionsmarken des EUIPO 1.0 Teil B Prüfung, Abschnitt 4, Kapitel 3, Pkt 4.2). Will man technischen Modellreihen keine Phantasienamen geben, müssen unterschiedliche Modelle und Varianten nämlich notgedrungen mit Zahlen oder Buchstaben bezeichnet werden. Dabei werden auch Zahlen- oder Buchstabenkombinationen verwendet, wobei ein Buchstabe in einer solchen Bezeichnung stets auf eine bestimmte Modellvariante verweist.

8. Manche Buchstaben haben zusätzlich beschreibenden Charakter, etwa wenn „T” als Hinweis auf ein Transportfahrzeug verwendet wird (weitere Beispiele bei Teplitzky, Kombinationen beschreibender Buchstaben als Marken für Kraftfahrzeuge und deren Bestandteile, WRP 1999, 461, 463). Dies muss aber nicht immer zutreffen, weil manche Hersteller Buchstaben auch alphabetisch oder gar willkürlich vergeben, diese dabei aber als Hinweis auf die Modellreihe, die Ausstattung, die Größe oder die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs oder der Maschine dienen (für den Motorradmarkt Marken in Lange, Marken- und Kennzeichenrecht 2 Rn 818).

9. Den angesprochenen Verkehrskreisen ist die Praxis, dass Hersteller von technischen Geräten Buchstaben als Typen-, Serien- oder Modellbezeichnung verwenden, weithin bekannt. Wenn technische Produkte mit dem Buchstaben „T” bezeichnet werden, erkennen die angesprochenen Verkehrskreise darin eine Typen-, Serien- oder Modellbezeichnung, aber keinen Hinweis darauf, dass dieses Produkt aus einem bestimmten Unternehmen stammen würde.

10. Die Entscheidung des deutschen Bundespatentgerichts zu 27 W (pat) 111/11, das die Eintragung des Zeichens „M” für Sportwagen zugelassen hat, auf die sich die Antragstellerin beruft, hat keine Präjudizialität oder Bindungswirkung für das vorliegende Eintragungsverfahren. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass der Buchstabe „M” dort als Typenbezeichnung für besonders leistungsstarke Modelle innerhalb der Fahrzeugpalette eines Herstellers verwendet wurde und die Unterscheidungskraft dieses Buchstabens damit begründet wurde, dass „M” nur von diesem Hersteller als Abkürzung für Motorsport verwendet wurde und dieser Umstand den angesprochenen Verkehrskreisen auch weithin bekannt war (ebenso Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 MarkenG Rn 156). Demgegenüber hat das Bundespatentgericht zu 28 W (pat) 264/97 die Eintragung des Einzelbuchstabens „K” für Motorräder abgelehnt, weil dieser Buchstabe von mehreren Herstellern als Typenbezeichnung verwendet wurde ( Marken in Lange , Marken- und Kennzeichenrecht 2 Rn 818).

11. Wenn die Antragstellerin auf die angebliche Bekanntheit des Zeichens aufgrund ihrer bisherigen Geschäftstätigkeit verweist, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich aus den vorgelegten Lichtbildern ergibt, dass die Antragstellerin einerseits als Wort-Bild-Marke ein weißes T in stilisierter Schriftart mit vier waagrecht angeordneten Rechtecken auf magentafarbenem Hintergrund und andererseits als Wortmarke „t mobile” verwendet, wie dies aus der Internetdomain und dem abgebildeten Plakat ersichtlich ist. Demgegenüber lassen die vorgelegten Lichtbilder nicht erkennen, dass die Antragstellerin den Einzelbuchstaben T als bloße Wortmarke verwenden würde. Umso weniger hat sich ergeben, dass die von den Waren der Klassen 7, 10, 11 und 12 angesprochenen Verkehrskreise den Buchstaben T ausschließlich dem Unternehmen der Antragstellerin zuordnen würden.

12. Der BGH hat zu I ZB 4/98 MDR 2001, 407 = GRUR 2001, 161, bereits darauf hingewiesen, dass Buchstaben, die als Typen-, Serien- oder Modellbezeichnung verwendet werden, nicht unterscheidungskräftig sind. Die Waren der Klassen 7, 10, 11 und 12, für die die Registrierung des Zeichens beantragt wurde, betreffen Fahrzeuge, Maschinen und sonstige technische Apparate, bei denen ein Einzelbuchstabe als Typen-, Serien oder Modellbezeichnung verstanden würde, wodurch das Zeichen hier die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen kann.

13. Was hingegen die Dienstleistungen der Klassen 35, 39, 44 und 45 betrifft, so ist der Rechtsabteilung nur insoweit zu folgen, als es der Eintragung entgegenstünde, wenn der Einzelbuchstabe als Abkürzung aufgefasst würde, die einen für die beteiligten Verkehrskreise verständlichen Aussagegehalt über die unter diesem Zeichen angebotenen Dienstleistungen aufweist ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 MSchG Rz 108). Für Dienstleistungen im Bereich der Telefonie oder Telekommunikation, wo der Buchstabe T durchaus beschreibend aufgefasst werden könnte, wurde die Registrierung nicht beantragt. Dass T als Abkürzung für Tesla die Einheit der magnetischen Flussdichte und als Abkürzung für Tonne eine Gewichtseinheit bezeichnet, ändert nichts daran, dass diese Maßeinheiten im Hinblick auf jene Dienstleistungen, für die die Antragstellerin die Eintragung anstrebt, nicht beschreibend sind ( Ingerl/Rohnke , Markengesetz 3 § 8 MarkenG Rn 158). Im Übrigen ist der Buchstabe T keine gebräuchliche Abkürzung für Therapie, zumal in der Medizin „Th” verwendet wird.

14. Im Übrigen ist die Bezeichnung von Dienstleistungen der Klassen 35, 39, 44 und 45 mit einem Einzelbuchstaben nicht üblich und durchaus ungewöhnlich. Die Bezeichnung einer solchen Dienstleistung mit dem Einzelbuchstaben „T” ist deshalb durchaus geeignet, den angesprochenen Verkehrskreisen anzuzeigen, dass diese Leistung aus einem ganz bestimmten Unternehmen stammt. Da dem Buchstaben T im Hinblick auf jene Dienstleistungen, für die die Registrierung beantragt wurde, Unterscheidungskraft zukommt, war – nachdem auch keine sonstigen Eintragungshindernisse vorliegen – dem Antrag auf Registrierung des Zeichens insoweit stattzugeben.

15. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

16. Da keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Registrierbarkeit von Einzelbuchstaben vorhanden ist, war nach § 59 Abs 1 AußStrG auszusprechen, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 62 Abs 1 AußStrG zulässig ist.

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