133R99/18h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der abstrakten Farbmarke RAL 2008 Orange über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 29.6.2018, AM 1197/2016 6, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und die Markenschutzsache zur neuerlichen Entscheidung an das Patentamt zurückverwiesen.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beantragte aufgrund ihres Erachtens nachgewiesener Verkehrsgeltung die Eintragung dieser Farbmarke
(zunächst) in dieser Dienstleistungsklasse und mit diesem Schutzumfang:
35 Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich von Bau- und Heimwerkerartikeln.
Sie brachte zum Registrierungsantrag vor, die Farbe Orange im Farbton RAL 2008 sei seit der Gründung 1970 ihre berühmte Farb- und Hausmarke (und der gesamten *****-Unternehmensgruppe). Der gesamte Marktauftritt sei seither von dieser Farbe geprägt. Seit dem Markteintritt in Österreich 1995 sei diese Marketingstrategie innerhalb Österreichs fortgeführt worden. Diese umfassende Kennzeichnung ihres Geschäftsauftritts und aller ihrer Konzerngesellschaften und Auslandstöchter beziehe sich auf alle Marketing-, Promotion- und Verkaufsförderungsbereiche sowie auf den gesamten Auftritt der Einzelhandelskette. Bereits wenn man in die Nähe eines Geschäfts komme, sei dieses schon von weitem an seiner prägnanten orangen Farbe zu erkennen. Auch die Auslagen und die Geschäftsräumlichkeiten seien in dieser Farbe gehalten. Auch jegliche Werbung (Plakate, TV-Spots, Prospekte, Postwurfsendungen etc) erfolge unter Verwendung dieser Farbe. Eine kürzlich durchgeführte Repräsentativbefragung aus Mai 2016 habe ergeben, dass 74,3 % der beteiligten Verkehrskreise, der österreichischen „Baumarktkäufer”, den Farbton im Zusammenhang mit Baumärkten kennen. 57,3 % der beteiligten Verkehrskreise hätten diese Farbe mit einem ganz bestimmten Unternehmen assoziiert. 50,2 % hätten diese Assoziation konkret mit der Antragstellerin hergestellt.
Mit Äußerung vom 2.6.2017 beantragte die Antragstellerin ua in eventu die Registrierung mit diesem modifizierten Schutzumfang:
35 Einzelhandelsdienstleistungen von Baumärkten.
„ beziehungsweise ”
35 Einzelhandelsdienstleistungen für Baumärkte.
Es bestehe kein Freihaltebedürfnis für die Farbe Orange im Baumarktsektor. Die beiden Unternehmen Baustoffgroßhandel M***** Ges.m.b.H und Baustoffhandel A. ***** Co. GmbH würden zwar diese Farbe auch benutzen, was jedoch darin begründet sei, dass diese Franchisenehmer der österreichischen Konzerntochter der Antragstellerin, der O***** GmbH, seien. Diese beiden Unternehmen seien aufgrund des Franchisevertrags verpflichtet, diese Farbe im Innen- und Außenbereich ihrer Geschäfte sowie im Rahmen ihrer Werbung zu verwenden. Dieser vertraglich übernommenen Verpflichtung kämen diese beiden Unternehmen auch nach, sodass insoweit kein Marktbedürfnis bestehe.
Die H***** Baumarkt GmbH verwende einen dem beanspruchten Zeichen ähnlichen – wenngleich deutlich helleren – Farbton, aber weder prominent noch exklusiv, sondern vornehmlich gemeinsam mit den weiteren Farben Magenta, Weiß und Schwarz. Die H***** Baumarkt GmbH verfolge damit eine andere „Farb-Strategie”.
Andere Unternehmen, die in Österreich Baumärkte betreiben, würden in ihrem Markauftritt ohne jeden Orangeton auskommen. Die Verwendung der Farbe Orange in Alleinstellung sei daher weder allgemein üblich noch gegenwärtig.
Das Patentamt habe zudem die Grundsätze der Entscheidung des EuGH C 217/13, Sparkassen-Rot, unrichtig angewendet. Zudem sei die Benutzung der Marke in Alleinstellung nicht erforderlich.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den „am 20.7.2016 eingelangte[n] Antrag auf Eintragung einer abstrakten Farbmarke” (Anm: und damit [offenbar] ohne Entscheidung über die mit Äußerung vom 2.6.2017 gestellten Eventualanträge) ab. Es bestehe im Baumarktsektor ein großes Freihaltebedürfnis an der Farbe Orange, was die Notwendigkeit des Nachweises eines weit über den erzielten Prozentsatz hinausgehenden Grads an Kennzeichnungskraft nach sich ziehe.
Hinsichtlich der Unternehmen Baustoffgroßhandel M***** Ges.m.b.H und Baustoffhandel A. ***** Co. GmbH sei ein Franchiseverhältnis belanglos, weil diese Vertragsverhältnisse nicht nach außen treten würden und den beteiligten Verkehrskreisen üblicherweise nicht bekannt seien.
Die Ausführungen zu Mitbewerbern seien unerheblich, zumal die dazu vorgelegten Urkunden lange nach dem Prioritätszeitpunkt entstanden seien.
Die beiden vorgelegten demoskopischen Gutachten seien insoweit nicht verwertbar, als der befragte Personenkreis zu eng gefasst worden sei. Anstelle der Baumarktkäufer wären alle in Österreich ansässigen Personen als Verkehrskreis in Frage gekommen. Das Gutachten Beilage ./JJ sei aber ohnehin untauglich, weil es nach dem maßgebenden Prioritätszeitpunkt erstellt worden sei.
Aus den vorgelegten Unterlagen sei außerdem eine Verwendung des beanspruchten Zeichens in der angemeldeten Form nicht zu erschließen.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss aus den Rekursgründen der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung erhobene und auf Eintragung des angemeldeten Zeichens gerichtete Rekurs ist im Sinn des auf Aufhebung gerichteten Eventualantrags berechtigt.
1. Zur Mangelhaftigkeit :
1.1. Auch wenn die Antragstellerin diesen Rekursgrund nicht ausdrücklich nennt, so ist aus ihrem Rekursvortrag ohne Weiteres erkennbar (Rekurs, Punkt 2.4; s RIS-Justiz RS0041851 [T8]; RS0111425), dass sie sich unter dem Aspekt eines relevanten Verfahrensmangels (s dazu nur RIS-Justiz RS0041503) dagegen wendet, dass die Rechtsabteilung nicht über ihre mit Äußerung vom 2.6.2017 (ON 5) gestellten Eventualanträge entschieden hat (§ 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG und § 49 AußStrG; zu § 496 Abs 1 Z 1 ZPO s etwa RIS-Justiz RS0042362; RS0039606 [T1]; RS0041503).
1.2. Ein Eventualantrag wird nur für den Fall erhoben, dass dem zuvor gereihten Hauptantrag nicht stattgegeben wird (RIS-Justiz RS0006429). Das Wesen des Eventualbegehrens liegt darin, dass es erst dann einer Erledigung zugeführt werden kann, wenn das Hauptbegehren ab- oder zurückgewiesen worden ist (7 Ob 23/03p = RIS-Justiz RS0110359 [T3]). Wird daher über den Hauptantrag negativ entschieden, so ist bei sonstiger Mangelhaftigkeit auch über einen (zulässigen) Eventualantrag zu entscheiden (2 Ob 33/17t).
1.3. In Bezug auf den Hauptantrag bestehen allerdings sekundäre Feststellungsmängel (näher unten Punkt 2.), die eine Zurückverweisung an die Rechtsabteilung erforderlich machen, sodass auf die Mängelrüge inhaltlich nicht eingegangen werden muss.
1.4. Zum ersten Eventualantrag :
Die Antragstellerin modifiziert hier den Umfang der Dienstleistungen, für die sie Schutz begehrt, in gleich zwei Versionen, die sich durch das Wort „ bzw ” verbindet oder trennt.
Im gegebenen Gesamtzusammenhang ist dieses (missverständlich eingesetzte) Wort „ beziehungsweise ” nach Auffassung des Rekursgerichts wegen der Setzung der An- und Ausführungszeichen wohl einigermaßen zweifelsfrei als „oder” zu verstehen. Fraglich ist dabei dennoch, ob die Antragstellerin damit in Bezug auf diese beide Alternativen nach dem Wort „ bzw ” in Bezug auf diese beiden Varianten einen Unter-Eventualantrag in der von ihr gewählten Abfolge stellen wollte oder ob sie beide als gleichwertig ansieht, sodass bei der Stattgebung des ersten Eventualantrags die Entscheidung über den zweiten und anderen obsolet wäre.
Dies bedarf einer Klarstellung durch die Antragstellerin und zieht daher in diesem Umfang die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses nach sich.
1.5. Zum zweiten Eventualantrag :
Die Antragstellerin hat außerdem eventualiter „die rückwirkende Neuanmeldung derselben Marke mit dem Tag des Einlangens unserer Äußerung vom 2.6.2017 [...] als Anmeldedatum auf Basis des als Beilage ./JJ vorgelegten zweiten demoskopischen Gutachtens” beantragt.
Sollte damit – im Sinne des soeben wiedergegebenen Wortlauts – das Eventualbegehren einen Antrag auf Eintragung des Zeichens mit einem anderen, nämlich späteren Verkehrsgeltungsnachweis meinen, so hätte die Antragstellerin die Entscheidung über das Eventualbegehren von einer außerhalb des hier zu behandelnden Antrags gelegenen Bedingung abhängig gemacht, nämlich von einem neuen und selbständigen Registrierungsantrag mit einem naturgemäß verschiedenen Prioritätszeitpunkt (und einer neuen Anmeldenummer).
Dies ist nach Lehre und Rechtsprechung zum Zivilprozess unzulässig (9 Ob 353/98x [„außerprozessuale Bedingung”] = RIS-Justiz RS0006429 [T2] unter Verweis auf MietSlg 43.474; Fasching, Lehrbuch² Rz 758 f und 1133; RS0006441; RS0037502), die sich auf die hier interessierende Konstellation wegen der identen Wertungserwägungen ohne Weiteres übertragen lassen. Über ein solches insgesamt daher unzulässiges Begehren könnte nicht meritorisch entschieden werden; es wäre sofort zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0037585 [T4]).
Da das Rekursgericht die Antragstellerin mit dieser Rechtsauffassung nicht überraschen darf (statt vieler RIS-Justiz RS0037300) und überdies die Bedeutung des wiedergegebenen Vorbringens nicht restlos klar ist, muss der Beschluss der Rechtsabteilung daher aufgehoben werden, damit die aufgezeigte Problematik mit der Antragstellerin erörtert und von ihr durch unmissverständliche Erklärungen klargestellt werden kann.
1.6. Zu betonen ist indessen, dass diese Erörterung nur erforderlich sein wird, sofern die Rechtsabteilung im zweiten Rechtsgang sowohl den Haupt- als auch das ersten Eventualantrag abweisen sollte:
Die Partei, die ihrem Hauptantrag einen oder mehrere Eventualanträge beifügt, gibt zu erkennen, dass ihr Rechtsschutzziel durch aufrechte Erledigung des vorgereihten Antrags erreicht ist und sie nur für den Fall der Abweisung die Entscheidung über den Eventualantrag anstrebt, dem bei Stattgebung des Haupt- oder allenfalls auch nur eines davor gestellten weiteren Eventualantrags ohnedies die Rechtsgrundlage entzogen ist (s auch RIS-Justiz RS0006429).
Eine Entscheidung über das Eventualbegehren vor Entscheidung über das Hauptbegehren wäre nämlich unzulässig (RIS-Justiz RS0037615 [T4]).
2. Zur Rechtsrüge :
2.1. Auf die originäre Unterscheidungskraft der beanspruchten Marke kommt es auf Basis des bisherigen Vorbringens der Antragstellerin nicht an, weil sie schon mit ihrem das Verfahren einleitenden Antrag und mit ihrem weiteren Vorbringen deutlich machte, dass sie die Registrierung der abstrakten Farbmarke allein aufgrund ihrer Verkehrsgeltung gemäß § 4 Abs 2 MSchG begehrt:
Sie geht also selbst davon aus, dass dem Zeichen die originäre Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG fehlt, sie meint aber, dass dieses Registrierungshindernis durch erworbene Unterscheidungskraft überwunden werden kann (vgl statt vieler Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 327 mwN; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 342).
2.2. Die Zahl der Farben, die das allgemeine Publikum unterscheiden kann, ist niedrig, da sich ihm selten die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich von Waren mit unterschiedlichen Farbtönen bietet. Die geringe Zahl der für das Publikum unterscheidbaren Farben führt zu einer Verringerung der tatsächlich verfügbaren Farben mit der Folge, dass mit wenigen Eintragungen als Marken für bestimmte Dienstleistungen oder Waren der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft werden könnte. Daher ist nur unter außergewöhnlichen Umständen vorstellbar, dass eine Farbe als solche unabhängig von ihrer Benutzung unterscheidungskräftig ist, etwa bei einem sehr spezifischen maßgeblichen Markt und einer sehr beschränkten Zahl der Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0123314).
Ist ein Zeichen als solches nicht originär unterscheidungskräftig, muss nach dem EuGH seine Benutzung dazu geführt haben, dass „die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest ein erheblicher Teil dieser Kreise” die Ware oder Dienstleistung durch das Zeichen „als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen” (C 108/97, Chiemsee, Rn 52; C 299/99, Philips/Remington, Rn 61).
Danach ist davon auszugehen, dass abstrakten Farbmarken die erforderliche Unterscheidungskraft im Allgemeinen fehlt (statt vieler BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 15).
Dass die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG in concreto fehlt, sieht auch das Rekursgericht ausgehend von diesem Grundsatz so, sodass es dieses Verständnis den weiteren Ausführungen zur Vermeidung von Weitläufigkeiten zugrundelegt.
2.3. Aus systematischen Gründen ist daher zunächst auf die (disloziert) im Rahmen der Tatsachenrüge enthaltenen Ausführungen im Rekurs einzugehen, wonach die von der Rechtsabteilung erhobene Tatsachengrundlage nicht ausreichend sei, weil dieser Vorwurf zutrifft.
Liegen sekundäre Feststellungsmängel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, ist ihre Geltendmachung der Rechtsrüge zuzuordnen, sodass eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge vorliegt (RIS-Justiz RS0043603 [T7] uva).
2.4. Die Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblickt (C 215/14, Kitkat I, Rn 58 ff; s auch C 108/97, Chiemsee, Rn 46; C 299/99, Philips/Remington, Rn 61; C 353/03, Nestlé/Mars, Rn 30; RIS-Justiz RS0078751; 4 Ob 229/03k, Autobelehnung; 4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 4 Ob 38/06a, Shopping City; OBm 2/10, Verkehrspurpur ). Sie muss bei der Anmeldung bzw im Prioritätszeitpunkt gegeben sein. Auf eine danach gelegene Benutzung (und ihren [allfälligen] Nachweis) kommt es nicht an (Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 337; OLG Wien 34 R 61/16i, Schokopraline; 133 R 37/17i, Waffelverpackung ).
Die Verkehrsgeltung muss dabei sowohl personen- als auch produkt- und/oder dienstleistungsbezogen erlangt sein (RIS-Justiz RS0113084). Sie begründet die Eintragbarkeit nur für denjenigen, zu dessen Gunsten sie erworben wurde, und sie muss für die Waren und/oder Dienstleistungen bestehen, für die die Eintragung der Marke beantragt wird (4 Ob 325/99v, Manpower ).
Diese Grundsätze kommen auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Farbmarken zur Anwendung, bei denen kein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei anderen Markenformen (C 447/02, Orange, Rn 78; C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 47).
Ob ein Zeichen Verkehrsgeltung (im Sinn der sekundärrechtlichen Terminologie auch: erworbene Unterscheidungskraft) besitzt, ist daher eine aufgrund der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen zu lösende Rechtsfrage (4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 17 Ob 29/07z, Interhospitaltransfer Niederösterreich; RIS-Justiz RS0043586).
Derartige Feststellungen fehlen hier ungeachtet der für das Patentamt typischen Verweisungstechnik auf das ältere Amtsschreiben im angefochtenen Beschluss nahezu zur Gänze, wie im Folgenden gezeigt wird.
2.5. Die Grundsätze der Rechtsprechung des EuGH und des OGH sowie des OPM zur Schützbarkeit von konturlosen Farbmarken lassen sich nämlich wie folgt zusammenfassen, was gleichzeitig im Sinn des Gesagten bedeutet, dass die Rechtsabteilung zu den im Weiteren genannten Tatfragen nicht nur, aber in erster Linie auch ausgehend von den Behauptungen der Antragstellerin sowie von den von ihr angebotenen Beweisen im zweiten Rechtsgang entsprechende Feststellungen zu treffen haben wird:
2.5.1. Eine Farbe als solche kann für bestimmte Waren oder Dienstleistungen Unterscheidungskraft haben, sofern sie Gegenstand einer grafischen Darstellung sein kann, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die Bezeichnung der Farbe nach einem international anerkannten Kennzeichnungscode erfüllt diese Voraussetzung (C 104/01, Orange, Rn 29 und 37; OBm 2/10, Verkehrspurpur ).
2.5.2. Die Zahl der Farben, die das Publikum unterscheiden kann, ist niedrig, weil sich ihm selten die Gelegenheit zum unmittelbaren Vergleich von Waren mit unterschiedlichen Farbtönen bietet. Die geringe Zahl der für das Publikum unterscheidbaren Farben führt zu einer Verringerung der tatsächlich verfügbaren Farben mit der Folge, dass mit wenigen Eintragungen von Marken für bestimmte Dienstleistungen oder Waren der ganze Bestand an verfügbaren Farben erschöpft werden könnte. Ein derartiges Monopol wäre mit dem Allgemeininteresse an einem System eines unverfälschten Wettbewerbs unvereinbar. Die Verfügbarkeit der Farbe soll für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen der von der Anmeldung erfassten Art anbieten, nicht ungerechtfertigt beschränkt werden (C 104/01, Orange, Rn 47, 54 f; 17 Ob 2/08f, roter Koffer; OBm 2/10, Verkehrspurpur; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 180 mwH).
2.5.3. Farben kommt damit generell eine geringe Kennzeichnungseignung zu (4 Ob 37/94, Zeitrelais; 4 Ob 126/01k, Das blaue Rohr ). Farben können zwar bestimmte gedankliche Verbindungen vermitteln und Gefühle hervorrufen. Sie sind aber ihrer Natur nach kaum geeignet, eindeutige Informationen zu übermitteln. Das gilt umso mehr, weil sie in der Werbung und bei der Vermarktung von Waren und Dienstleistungen wegen ihrer Anziehungskraft gewöhnlich in großem Umfang ohne eindeutigen Inhalt verwendet werden (C 104/01, Orange, Rn 40 f, 65 bis 67; C 49/02, Heidelberger Bauchemie; BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 14 mwN der Rsp des BGH; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 180). Der Verbraucher schließt – ohne graphische Darstellung oder Wortelemente – nicht von vornherein von der Farbe einer Ware oder einer Verpackung auf ein bestimmtes Unternehmen (C 104/01, Orange, Rn 27 und 65).
Auch hier muss die mutmaßliche Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, das heißt der normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Kategorie von Waren oder Dienstleistungen, beurteilt werden (C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 39 mwN der Rsp des EuGH; C 104/01, Orange, Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5], Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73).
Der EuGH hielt dazu in Bezug auf eine konturlose Farbmarke zuletzt Folgendes fest (C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot ):
«[ 40 ...] Zur Frage, in welcher Weise zu ermitteln ist, ob eine Marke infolge Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat, ergibt sich aus ständiger Rechtsprechung, dass die für die Eintragung von Marken zuständige Behörde eine konkrete Prüfung vornehmen muss (Urteile Libertel, [...] Rn 77, und Nichols, C 404/02, [...] Rn 27) und sämtliche Gesichtspunkte zu prüfen hat, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die betreffende Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (Urteile Windsurfing Chiemsee, [...] Rn 49, und Nestlé, [...] Rn 31). Diese Gesichtspunkte müssen sich auf eine Benutzung der Marke als Marke beziehen, dh eine Benutzung, die der Identifizierung der Ware oder Dienstleistung durch die beteiligten Verkehrskreise als von einem bestimmten Unternehmen stammend dient (Urteile Philips, [...] Rn 64, sowie Nestlé, [...] Rn 26 und 29).
41 Im Rahmen dieser Prüfung können insbesondere der Marktanteil der betreffenden Marke, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Anteil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden berücksichtigt werden (Urteile Windsurfing Chiemsee, [...] Rn 51, und Nestlé, [...] Rn 31).»
2.5.4. Der Grundsatz, dass bei Farben das Freihaltebedürfnis sehr groß und die Kennzeichnungskraft sehr gering ist, gilt allerdings nicht in gleichem Maß für sämtliche Farben. Je unüblicher ein Farbton, desto geringer ist das Freihaltebedürfnis, desto größer ist auch die Kennzeichnungskraft (4 Ob 37/94, Zeitrelais; OBm 2/10, Verkehrspurpur ).
2.5.5. Die Marke muss einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt sein, wobei allerdings feste Prozentsätze auch nicht im Sinn einer absoluten Untergrenze maßgeblich sind (RIS-Justiz RS0118988 [zur bekannten Marke]).
An den Nachweis der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft sind allerdings umso höhere Anforderungen zu stellen, je höher das Freihaltebedürfnis ist (RIS-Justiz RS0078807).
2.6. Soweit die Antragstellerin rügt, das Patentamt habe nicht ausreichend darauf Bedacht genommen, dass die Unternehmen Baustoffgroßhandel M***** Ges.m.b.H und Baustoffhandel A. ***** Co. GmbH ihre Franchisenehmer seien und diese das beantragte Zeichen „ im Sinn eines einheitlichen Geschäftsauftritts verwenden” würden, fehlt es ebenfalls an entsprechenden, belastbaren Feststellungen, zumal die Rechtsabteilung dabei offenbar auch verkannt hat, dass die Antragstellerin ihr dazu erstattetes Vorbringen dazu nicht auf den Umstand des Nachweises der Verkehrsgeltung bezogen hat.
Letztere hat es vielmehr (und allein) unter dem Aspekt des Freihaltebedürfnisses für die Farbe Orange im Baumarktsektor erstattet und dazu auch einen (Anm: sehr rudimentären) Auszug aus einem Franchisevertrag als Beweis angeboten, dass für diese beiden Franchisenehmer die Verpflichtung bestehe, [Anm: im Auftrag der und damit für die Antragstellerin] das beantragte Orange als Farbe zu verwenden (ON 5, Punkt 1.; Beilage ./F).
Benutzungshandlungen von Lizenznehmern mit Fremdbenutzungswillen sind der Markeninhaberin zuzurechnen (4 Ob 325/99v = RIS-Justiz RS0113085 [T1]; 17 Ob 26/09m, Oscar II; zuletzt 4 Ob 26/18d, compriband, = OLG Wien 133 R 47/17k).
Wenn dies der Fall wäre, so wäre auch im Eintragungsverfahren unter Beachtung der aufgezeigten Grundsätze allenfalls auch die (im fortgesetzten Verfahren noch konkret festzustellende) Verwendung des angemeldeten Zeichens durch die beiden Franchisenehmer mit der Folge der Antragstellerin zuzurechnen, dass die Franchisenehmer für die Frage des eminent wichtigen Freihaltebedürfnisses an sich nicht zu berücksichtigen wären, weil dann die Verwendung der beantragten Marke allenfalls aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung für die Antragstellerin und mit Wirkung für Letztere erfolgt wäre (s zB RS0079151).
Dies wäre dennoch rechtlich anders zu gewichten, wenn – wie die Antragstellerin selbst im Rekurs vorträgt (Punkt 1.1.1, s insbesondere die Abbildungen in S 5) – die Franchisenehmer in ihrem Marktauftritt neben der Farbe Orange auch ihre eigenen Firmenlogos und/oder sonstigen Zeichen verwenden würden, weil diese Art der Kennzeichnung wohl nur in eingeschränktem Maß der Antragstellerin zugerechnet werden könnte, sofern nicht zugleich auch ein deutlicher Hinweis auf die Antragstellerin (und/oder ein ihr zuzurechnendes Konzernunternehmen) erfolgt.
Anderes würde nur für eine Individualmarke gelten, die vom Markeninhaber nicht selbst verwendet, sondern über Lizenzverträge Dritten zur Verfügung gestellt wurde (4 Ob 237/17g, Kürbiskernöl IV, unter Verweis auf C 689/15, Gözze ), was aber hier nicht der Fall ist.
Das Rekursgericht teilt die gegenteilige, von vornherein ablehnende Rechtsansicht des Patentamts daher nicht.
Im fortgesetzten Verfahren wird die Rechtsabteilung auch die zulässigerweise mit dem Rekurs zu dieser Tatfrage vorgelegten Urkunden (§ 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 Z 3 PatG) in ihre Überlegungen einzubeziehen und darauf basierende Konstatierungen zu treffen haben.
2.7. Die angefochtene Entscheidung lässt auch Feststellungen zur vom Patentamt selbst zunächst noch für relevant erachteten Frage vermissen (s das Amtsschreiben vom 27.1.2017, ON 4), ob und bejahendenfalls welche anderen Mitbewerber im beanspruchten Segment des Betreibens von Baumärkten in ihrem Marktauftritt ebenfalls die Farbe Orange als Herkunftshinweis und/oder sonst werblich für die von ihnen angebotenen Waren und/oder Dienstleistungen verwenden (vgl insbesondere Beilagen ./Y und ./Z).
Die Üblichkeit oder Unüblichkeit einer Farbe hängt aber davon ab, ob der Farbton für die konkreten Waren und/oder Dienstleistungen häufig von Wettbewerbern verwendet wird (zB OBm 2/10, Verkehrspurpur; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 185; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 340 f).
Das Rekursgericht ist im Einklang mit dem Rekursvortrag der Auffassung, dass diese Frage im Hinblick auf das Freihaltebedürfnis (und damit nicht, wie im angefochtenen Beschluss vertreten, hinsichtlich der Verkehrsgeltung) ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist, weil wenn eine Farbe im einzelfallbezogen relevanten Verkehr häufig verwendet wird, sich quasi in Reaktion darauf das allgemeine Freihaltebedürfnis erhöht.
2.8. Allerdings ist – anders als die Antragstellerin vertritt (Rekurs, Punkt 1.1.3.) – die Frage, ob ein Freihaltebedürfnis besteht, keine Tat-, sondern eine Rechtsfrage, die ausgehend von den dazu noch zu treffenden Feststellungen zu beantworten sein wird. Die dort angestrebte Zusatzkonstatierung bildet eine typische Rechtsfolgebehauptung, die nur ausgehend von Tatsachen(feststellungen) getroffen werden kann (dazu etwa RIS-Justiz RS0043586).
Es bedarf damit auch dazu entsprechender Konstatierungen, welche die Rechtsabteilung aber bislang nicht getroffen hat, weil es sich etwa bei der Passage „Aus den vorgelegten Unterlagen ist jedenfalls auf eine Verwendung in der angemeldeten Form nicht zu schließen.” offenbar um eine die vorgelegten Beweise würdigende, bloß pauschale Ausführung handelt, die für das Rekursgericht auch angesichts der sonstigen Ausführungen unüberprüfbar ist.
2.9. Auch zur Frage der Verkehrsgeltung im engeren Sinn fehlen belastbare Konstatierungen.
Der im angefochtenen Beschluss enthaltene (und an sich vom Rekursgericht regelmäßig tolerierte, vgl etwa OLG Wien 34 R 69/15i, Blueboard; 16.6.2016 34 R 55/16g, Fairuse ) Verweis auf das Amtsschreiben der Rechtsabteilung vom 27.1.2017 (ON 4) reicht in dieser Frage nicht aus.
Die Frage, ob eine bestimmtes Zeichen auch sonst Verkehrsgeltung erlangt hat und ob diese auch noch im gegenwärtigen Zeitpunkt aufrecht besteht, oder ob allenfalls eine etwa ursprünglich vorhandene Kennzeichnungskraft im Laufe der Zeit verloren gegangen ist, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund der hiefür in Betracht kommenden tatsächlichen Grundlagen zu lösen ist (RIS-Justiz RS0043586; RS0043668; zuletzt 4 Ob 77/15z, Amarillo ).
Um beurteilen zu können, ob die Verkehrsbekanntheit anhand eines vorgelegten Gutachtens nachgewiesen werden konnte, bedarf es daher – auf das Wesentliche zusammengefasst – konkreter Feststellungen zumindest zu den damit verbundenen Fragen, dem befragten Personenkreis und den gegebenen Antworten sowie der darauf bezogenen prozentuellen Auswertung (s nur 17 Ob 2/08f, Roter Koffer mwH), denn die gestellten Fragen und die dabei ermittelten Prozentsätze sind dem Tatsachenbereich zuzurechnen. Die darauf aufbauende Beurteilung nach § 4 Abs 2 MSchG ist hingegen bereits der Rechtsanwendung zuzurechnen. Für die Frage der Verkehrsbekanntheit und ihre Relevanz kommt es nicht auf bloße Prozentzahlen an, sondern auch darauf, ob das Gutachten angesichts seiner Fragestellung überhaupt dazu taugt, die Verkehrsdurchsetzung für den beanspruchten Schutzumfang zu belegen (OLG Wien 133 R 37/17i, Waffelverpackung ).
2.10. Allerdings ist auch das Rekursgericht der Auffassung, dass eine Befragung allein von „Baumarktkäufern” nicht den gesamten angesprochenen Verkehrskreis erfasst, weil nahezu jede/r Erwachsene irgendwann die mit dem Haupt- und dem ersten Eventualbegehren beanspruchten Dienstleistungen in Anspruch nimmt oder dies zumindest ernstlich in Erwägung zieht, ohne dass er deswegen bereits in einem Baumarkt eingekauft hätte.
Zum maßgeblichen Verkehrskreis gehören daher mit anderen Worten alle Verbraucher.
2.11. Mit Recht verweist die Antragstellerin auch darauf, dass der EuGH in seiner Entscheidung C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 57, zwar festgehalten hat, dass eine Registrierung wegen Verkehrsbekanntheit nur in Betracht kommt, wenn die Marke vor dem Zeitpunkt ihrer Anmeldung infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erworben hat. Allerdings hat der EuGH noch diese weiteren, hier relevanten Ausführungen gemacht (Unterstreichung durch das Rekursgericht):
« 58 Diese Auslegung des Wortlauts wird durch die Systematik von Art 3 Abs 3 der Richtlinie 2008/95 gestützt. Dessen Satz 2 sieht nämlich ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten die Anwendung der nach Satz 1 bestehenden Möglichkeit auf den Fall erstrecken können, dass die Unterscheidungskraft erst infolge einer Benutzung der Marke nach der Anmeldung oder nach ihrer Eintragung erworben wurde.
59 Würde aber der erste Satz von Art 3 Abs 3 – […] – so ausgelegt, dass er sich auch auf die Unterscheidungskraft bezieht, die infolge einer Benutzung der streitigen Marke nach der Anmeldung erworben wird, hätte die den Mitgliedstaaten durch den zweiten Satz eröffnete Möglichkeit fiktiven Charakter, und dieser Bestimmung würde jede praktische Wirksamkeit fehlen.
60 Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass die in Rn 57 des vorliegenden Urteils enthaltene Auslegung nicht die Berücksichtigung von Umständen durch die zuständige Behörde ausschließt , die zwar nach dem Zeitpunkt der Anmeldung liegen , aber Rückschlüsse auf die Situation vor diesem Zeitpunkt zulassen (vgl. in diesem Sinne Urteil L D/HABM, C 488/06 P, [...] Rn 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).»
2.12. Zu dem nach der Rechtsprechung gleichfalls zu berücksichtigenden Werbeaufwand (vgl 4 Ob 38/06h, Shopping City; 4 Ob 203/17g, Waffelverpackung ) enthält der angefochtene Beschluss trotz Vorbringens der Antragstellerin ebenfalls nichts Tatsächliches.
2.13. Dennoch ist der Grundsatz klarzustellen, dass einem demoskopischen Gutachten die größte Bedeutung zukommt, wenn der Markenschutz für ein Zeichen beansprucht wird, das nicht isoliert, sondern nur in Kombination mit anderen Elementen benutzt worden ist. In einem solchen Fall lassen andere Umstände, die wie Umsätze, Marktanteile und Werbeaufwendungen sonst auf eine Verkehrsgeltung hinweisen könnten, regelmäßig nur darauf schließen, dass allenfalls die konkrete, durch mehrere Merkmale gekennzeichnete Gestaltung durchgesetzt ist (siehe nur BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 32).
2.14. Auf das weitere Vorbringen im Rahmen der Tatsachenrüge ist daher in diesem Verfahrensstadium nicht weiter einzugehen, denn der Umstand, welche Beweise belastbar und damit in der Lage sind, die Benutzung zu bescheinigen, ist nicht den Feststellungen zugrunde zu legen, sondern als ein Akt der Beweiswürdigung diesem Entscheidungsteil zuzurechnen (zB OLG Wien 133 R 95/17v, FRANZ HAAS/Haas Haas ).
3. Damit erweist sich die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses mehrfach als unumgänglich.
4.1. Mit ihrer Rechtsrüge ist die Antragstellerin angesichts der nicht absehbaren Weiterungen im zweiten Rechtsgang primär auf das schon Gesagte zu verweisen.
4.2. Das weitere Argument im Rekurs, dass bereits diverse Schutzzulassungen für vergleichbare Farbmarken bestünden, ist allerdings irrelevant, weil eine präjudizielle Bindung zu verneinen ist (4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 78/18a, SCHNEEWETTE ; RIS-Justiz RS0125405; C 37/03 P, BioID, Rn 47; C 39/08 und C 43/08, Schwabenpost und Volks.Handy, Rn 39; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 70).
5. Das Patentamt wird im zweiten Rechtsgang von den bereits dargelegten Grundsätzen auszugehen und dabei noch Folgendes zu beachten haben:
5.1. Kennzeichnen mehrere Zeichen (Marken) die selbe Ware oder Dienstleistung, so ist in solchen Fällen von einem kennzeichenmäßigen Gebrauch sämtlicher Marken auszugehen, es sei denn eine Marke würde vollständig (etwa wegen ihrer Kleinheit oder bei – unüblicher – Verwendung) in den Hintergrund treten (s zu diesem Grundsatz im Kontext der insofern vergleichbaren Benutzungsobliegenheit etwa Om 13/07, Völkl [Dachmarke]; Om 3/02, Spitz; OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE = RIS-Justiz-RW0000807; RW0000887, Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 605 und 623 ff).
Der Anmelder muss aber im Sinn des insofern zutreffenden Rekursvortrags nach dem EuGH für die Eintragung der Marke selbst nachweisen, dass allein dieses Zeichen und keine anderen etwa ebenfalls vorhandenen Marken auf die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend hinweist (C 215/14, Kitkat I, Rn 66; weiterführend Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 185; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 617).
Wenn daher eine abstrakte Farbmarke in Verbindung mit anderen Zeichen dennoch als eigenständiges Kennzeichen wahrgenommen würde, so läge eine sogenannte Mehrfachkennzeichnung vor und die Farbe wäre an sich verwendet, ohne dass dieser Umstand allein bereits Rückschlüsse auf die Verkehrsdurchsetzung zuließe. Würde die Farbe aber nur im Rahmen eines einheitlichen Designs verwendet werden, so müsste dies als weiteres Kriterium des Freihaltebedürfnisses – in der Regel zu Lasten des Anmelders – entsprechend berücksichtigt werden. Dies gilt auch für die Frage, ob in der betroffenen Branche Farben regelmäßig nicht isoliert, sondern in Verbindung mit weiteren Zeichen eingesetzt werden ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 623 mwN der Rsp des BGH).
Sofern die angemeldete Farbe hingegen üblicherweise nur als dekorativer Hintergrund zusammen mit dem bekannten Schriftzug „*****” genutzt werden sollte, so könnte es an einer markenmäßigen Nutzung der orangen Farbe sogar überhaupt fehlen, es sei denn es wäre infolge der Benutzung bereits von einer „Hausfarbe” auszugehen ( Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 185 und Rz 324 f; Fuchs-Wissemann in E key/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht I³ I § 8 Rz 37; Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 344).
5.2. Zu berücksichtigen ist zudem, dass Dienstleistungen „unkörperlich” sind, bei deren Vermarktung und Erbringung regelmäßig Farben eingesetzt werden, die vom Verkehr nur als optische Hervorhebungsmittel, nicht aber als betriebliche Herkunftskennzeichen wahrgenommen und verstanden werden ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 338 mwN der Rsp des BGH). Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Farbmarke für Dienstleistungen sind dennoch keine anderen Kriterien anzuwenden als im Fall von Farbmarken für Waren (BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 15, unter Verweis auf C 49/02, Heidelberger Bauchemie, Rn 39).
5.3. In seiner bisherigen Rechtsprechung hat der OGH in Verletzungsstreitigkeiten eine Verkehrsdurchsetzung der Farbkombination Blau-Weiß für Tankstellen einer bestimmten Benzinmarke bei einem Zuordnungsgrad von 85 % aller PKW-Besitzer in Österreich angenommen (4 Ob 335/73, Aral II ) und die Verkehrsgeltung eines roten Sonderfarbtons für juristische Fachwerke bei einem Zuordnungsgrad von mehr als 90 % bejaht (4 Ob 28/97i, Manz-Rot ).
Für die Farbe Blau mit einem den Farben Blau-Weiß und Rot vergleichbar großem Freihaltebedürfnis bei gleichfalls geringer Kennzeichnungskraft war ein Zuordnungsgrad von 65 % der angesprochenen Verkehrskreise zu einem bestimmten Unternehmen und dessen Produkten im Zusammenhang mit Wasserrohren nicht ausreichend, um eine Verkehrsgeltung zu Gunsten der dortigen Klägerin zu begründen (4 Ob 126/01k, Das blaue Rohr ).
Der Zuordnungsgrad der Farbe Rot zu einem einzigen Unternehmen von nur wenig mehr als der Hälfte der Befragten reichte für „ Koffer für den Transport und Aufbewahrung von Bohrhämmern für Profis in der Baubranche ” ebenfalls nicht aus (17 Ob 2/08f, Roter Koffer ).
5.4. Auf diese Rechtsprechung kann auch im Eintragungsverfahren zurückgegriffen werden, weil auch hier der Grundsatz gilt, dass Farben nur ausnahmsweise nicht als bloße Gestaltungsmittel, sondern als betriebliche Herkunftshinweise aufgefasst werden ( Ströbele in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG 12 § 8 Rz 330 mwH).
5.5. Im Eintragungsverfahren sah der OGH zuletzt bei einer insoweit in gewissem Ausmaß vergleichbaren, weil zweifarbigen Bildmarke einen Kennzeichnungsgrad von 34 % im Hinblick auf die geringe originäre Unterscheidungskraft des Zeichens unter Einbeziehung eines Marktanteils für die gekennzeichneten Produkte von 11 % als nicht ausreichend an (4 Ob 203/17g, Waffelverpackung ):
«Dass der EuGH die Angabe „abstrakter” Prozentsätze verweigerte, spricht nicht dagegen, die Entscheidung über die durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft (Verkehrsgeltung, Verkehrsdurchsetzung) aufgrund des mit einer Umfrage ermittelten Kennzeichnungsgrades des strittigen Zeichens zu treffen. Es kann nur nicht von vornherein gesagt werden, dass ab einem bestimmten Kennzeichnungsgrad immer Unterscheidungskraft anzunehmen wäre. Vielmehr hängt das im Einzelfall davon ab, wie stark die originäre Unterscheidungskraft des Zeichens ausgeprägt ist (4 Ob 38/06a, Shopping City ).»
5.6. Der BGH nimmt in ständiger Rechtsprechung bei einem Durchsetzungsgrad von mehr als 50 % (ebenso wie im Fall einer dreidimensionalen Marke) eine markenmäßige Verwendung der konturlosen Farbe durch den Markeninhaber an (BGH I ZB 88/07, Rocher-Kugel; I ZB 65/13, Nivea-Blau ).
6. Von welchem wesentlichen Sachverhalt die Rechtsabteilung in ihrer Entscheidung über den Hauptantrag ausgegangen ist, ist daher zusammengefasst derzeit offen, sodass das Rekursgericht im konkreten Fall die von ihr vertretene Rechtsmeinung auch nicht verlässlich überprüfen kann.
6.1. Die Frage, ob eine Marke sich infolge ihrer Benutzung in den beteiligten Verkehrskreisen für die Waren und Dienstleistungen im Sinne von §4 Abs 2 MSchG durchgesetzt hat, ist auf Grund einer Gesamtschau der Gesichtspunkte zu beurteilen, die zeigen können, dass die Marke die Eignung erlangt hat, die in Rede stehenden Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Dienstleistungen damit von den Dienstleistungen anderer Unternehmen zu unterscheiden (so auch BGH I ZB 52/15, Sparkassen-Rot, Rn 31).
6.2. Auf Basis der angeführten Gründe ist die Markenschutzsache an das Patentamt zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen; eine Verfahrensergänzung durch das Rekursgericht nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG und § 55 Abs 1 AußStrG kommt deswegen nicht in Betracht.
7. Da ein Kostenersatz nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 Z 7 PatG nicht stattfindet, war auch kein Kostenvorbehalt auszusprechen.