133R85/18z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke ST. PÖLTEN KONKRET über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 30.5.2018, AM 61513/2017 4, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
1. Die Antragstellerin beantragte am 28.11.2017 die Eintragung dieser Wortbildmarke
für die folgenden Waren und Dienstleistungen:
16 Druckereierzeugnisse, Fotografien, Zeitschriften, Zeitungen;
35 Dienstleistungen einer Werbeagentur, Herausgabe von Werbetexten, Verbreitung von Werbung, Werbung, Werbung in Zeitschriften, Broschüren und Zeitungen, Werbung in elektronischen Medien und speziell im Internet;
38 Ausstrahlen von Rundfunkprogrammen, Elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation], Sammlung und Übertragung von Nachrichten, Telekommunikation;
41 Herausgabe von Druckereierzeugnissen, Herausgabe von Druckereierzeugnissen in elektronischer Form im Internet, Herausgabe von Druckschriften, Herausgabe von Fotografien, Herausgabe von Online-Veröffentlichungen, Online Bereitstellung von nicht herunterladbaren elektronischen Publikationen, Zusammenstellung von Rundfunkprogrammen.
2. Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag auf Eintragung der Wortbildmarke ab, weil die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen nur als Hinweis verstünden, dass es sich um konkrete (im Gegensatz zu allgemeinen), die Region St. Pölten betreffende Inhalte handle. „Konkret” bedeute „anschaulich, wirklich, sachlich, bestimmt, genau”, wodurch zum Ausdruck gebracht werde, dass Medien „für die Konsumenten relevante, auf den Punkt gebrachte Informationen” enthielten.
Die grafische Gestaltung gehe über das im modernen Geschäftsleben Übliche nicht hinaus. Der Kreis sei eine einfache geometrische Form und auch das Fehlen des unteren Segments stelle keine Besonderheit dar. Der Rand aus Punkten sei, wenn er überhaupt wahrgenommen werde, bloß eine optische Ergänzung. Die Farbe Rot werde als Signalfarbe für viele Waren und Dienstleistungen verwendet.
Das Zeichen sei dementsprechend nicht geeignet, als individualisierender Unternehmenshinweis zu dienen, und daher nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG von der Registrierung ausgeschlossen. Das Vorliegen einer Verkehrsgeltung sei bislang nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden.
3. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der Rechtsabteilung dahin abzuändern, dass festgestellt werde, dass das angemeldete Zeichen auch ohne Verkehrsgeltungsnachweis registrierbar sei, und dem Patentamt die Eintagung in das Markenregister aufgetragen werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
4.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644).
4.2 Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen dann nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456; RS0109431).
4.3 Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel bzw den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73).
4.4 Auch aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien wie herkömmliche Wortmarken zu beurteilen, weshalb die Schutzfähigkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthalten, die sie beschreiben (RIS-Justiz RS0122385). Entscheidend ist stets der Gesamteindruck des Zeichens (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82). Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch das Unternehmen, die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen, wohl aber, wenn die dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung der Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist (C 383/99, Baby-dry; 4 Ob 186/03m, djshop ).
Es ist deshalb zu prüfen, ob das Zeichen Bestandteile enthält, die einen gewissen Interpretationsaufwand erfordern und die über die offenkundige Werbeaussage hinaus die maßgeblichen Verkehrskreise in die Lage versetzen, sich den Ausdruck leicht und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die bezeichneten Waren oder Dienstleistungen einzuprägen (RIS-Justiz RS0122385 [T2]). Entscheidend ist, ob der Verkehr aus dem Zeichen „zumindest gleichzeitig auch” einen betrieblichen Herkunftshinweis entnimmt (RIS-Justiz RS0122385 [T3]).
5.1 Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zum Zeichen der Antragstellerin auszuführen, dass der Zeichenbestandteil ST. PÖLTEN zweifellos beschreibend ist, weil damit ausgedrückt wird, dass die unter diesem Zeichen angebotenen Waren und Dienstleistungen die Stadt St. Pölten betreffen. Mit Blick auf die Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen registriert werden soll, besteht auch kein Zweifel daran, dass es Informationen sind, die im Zusammenhang mit der Stadt St. Pölten verbreitet werden sollen.
Wie auch die Rechtsabteilung meint, ist dem Zeichenbestandteil KONKRET daher eine Aussage über die Beschaffenheit der angebotenen Informationen zu entnehmen, nämlich dass es sich um „konkrete” Informationen handelt. Dass in naheliegender Weise auch allgemeine Informationen über die Stadt St. Pölten verbreitet werden, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil die Auswahl eines bestimmten Begriffs nicht für sich genommen bedeutet, alle Dinge, die von diesem Begriff nicht umfasst seien, wären ausgeschlossen.
Der Rechtsabteilung ist auch dahingehend beizupflichten, dass der Begriff „konkret” einen Hinweis darauf gibt, dass „für die Konsumenten relevante, auf den Punkt gebrachte Informationen” angeboten werden, was auch keinen nennenswerten Interpretationsaufwand erfordert. Die Verbindung des Stadtnamens mit dem gebräuchlichen Wort „KONKRET” ist jedenfalls nicht ungewöhnlich. Die Wortfolge „ST. PÖLTEN KONKRET” weist somit auf den Inhalt der Dienstleistungen hin, die unter diesem Zeichen zu erwarten sind.
5.2 Bei der Frage, ob der Titel von Werken oder eines Werks, von Zeitschriften oder von periodisch erscheinenden Medien als Marke eingetragen werden können, sind die allgemeinen Grundsätze des Markenrechts anzuwenden. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die Grenze zum Eintragungshindernis des „beschreibenden Zeichens” etwas weiter gezogen wird (vgl Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.recht 2 § 4 Rz 230 ff mit Hinweis auf BGH I ZB 33/97, Bücher für eine bessere Welt ); andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr an Bezeichnungen gewöhnt ist, die geografische Begriffe enthalten, sodass bei der gedanklichen Zusammenfügung mit anderen Zeichenbestandteilen das Erfordernis an Kreativität herabgesetzt ist.
Insgesamt wird daher der Verkehr zwanglos und ohne die Notwendigkeit, darüber nachzudenken, annehmen, dass die Medien, die mit dem beantragten Zeichen versehen sind, konkret verwertbare Informationen über die Stadt St. Pölten, über dort geplante Veranstaltungen und über Ähnliches enthalten werden.
6.1 Daran ändert auch nichts, dass das Zeichen eine Wortbildmarke ist. Der angefochtenen Entscheidung ist dahin beizupflichten, dass einfachen geometrischen Formen wie Kreisen, Quadraten oder Rechtecken für sich genommen keine Kennzeichnungskraft zukommt ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 123; Ingerl/Rohnke , MarkenG 3 § 8 Rz 166). Dieser Gedanke wirkt sich auch auf Bildmarken aus, die einen Wortbestandteil enthalten.
Für die Beurteilung der Kennzeichnungskraft von Wortbildmarken ist auf den Gesamtinhalt der Marke abzustellen (RIS-Justiz RS0066734). Ist der charakteristische und allein kennzeichnungskräftige Bestandteil einer Wortbildmarke die besondere grafische Gestaltung der Buchstaben und der Umrahmung, kommt es auf die Schutzfähigkeit des Wortbestandteils nicht an (RIS-Justiz RS0066779 [T16]). Deshalb sind selbst Wörter, Buchstaben oder Ziffern, denen für sich genommen keine Kennzeichnungskraft zukommt, zur Registrierung als Marke geeignet, wenn ihre Anordnung oder Ausführung so eigenartig ist, dass sie dem Zeichen bildhafte Wirkung verleiht und es so zur Bildmarke macht (RIS-Justiz RS0066724; RS0105362; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 121).
6.2 Im Zeichen der Antragstellerin befinden sich die Wörter ST. PÖLTEN KONKRET in senkrecht angeordneten weißen Blockbuchstaben; die Zeilen verlaufen leicht nach rechts oben. Die Wörter sind einem roten, von feinen Punkten umrandeten Kreis eingeschrieben, dem das untere Segment fehlt.
Diese Gestaltung verleiht dem Zeichen keine auffällige bildhafte Wirkung. Der Gesamteindruck, den der Betrachter aus dieser banalen grafischen Ausgestaltung gewinnt, führt gedanklich nicht vom Textbestandteil weg; die bildliche Komponente des Zeichens ändert somit an der Gesamteinschätzung nichts (vgl dazu 34 R 88/14g, Der Österreichische journalist; 34 R 65/14z, UNTERNEHMERGESPRÄCHE INTERESSIERT AM GEHOBENEN DIALOG; 34 R 63/14f, STRETCHFLEX; 34 R 37/15h, DIE STEINMEISTEREI; 34 R 17/15t, gesund fit; großzügig: 34 R 75/14w, KITZBÜHELERIN DAS MAGAZIN ).
Die Entscheidung der Rechtsabteilung des Patentamts bedarf daher keiner Korrektur.
7. Da die Entscheidung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.