133R79/18t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke LUST AUF ZUHAUSE über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 25.5.2018, AM 1589/2017 5, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beantragte am 28.11.2017 die Eintragung der Wortmarke LUST AUF ZUHAUSE zuletzt für folgende Dienstleistungen (Schreiben vom 9.2.2018):
35 Betriebswirtschaftliche und betriebsorganisatorische Beratung;
Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Verkaufsförderung für Dritte;
Veranstaltung von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke;
Vermittlung, Abschluss und Abwicklung von Handelsgeschäften für Dritte, auch über Computernetze;
Bereitstellung von Online-Marktplätzen für Waren und Dienste in Computernetzen;
Präsentation von Waren in Kommunikations-Medien, für den Einzel- und Versandhandel;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schneidwaren, Besteck, Küchenwerkzeuge, elektrische Küchenmaschinen, Haushaltsmaschinen zum Reinigen, Waschen, Spülen, Bügeln, Nähen und Stricken;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf optische und fotografische Geräte, elektrische Waagen und Messgeräte, elektrische Kommunikationsgeräte, Audio- und Videogeräte, Computerhardware, Software;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf haustechnische und sanitäre Geräte, Leuchten, elektrische Leuchtmittel;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kosmetika, Schmuck, Uhren, Brillen, Lederetuis und -beutel, Taschen, Koffer, Schirme, Bekleidung, Schuhe;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Möbel, Bettwaren, Einrichtungs- und Dekorationsgegenstände, Haushaltswäsche, Heimtextilien, Teppiche;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Haushalts- und Küchengeräte, Geschirr, Glaswaren, Porzellan, Keramik, Putzzeug, Kosmetikgeräte, Körperpflegegegenstände, Badezimmerartikel;
Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen in Bezug auf Papier- und Schreibwaren, Büroartikel, Ton-, Bild- und Datenträger; Druckereierzeugnisse, Bastelbedarf;
Betrieb von Klubs durch Organisation, Durchführung und Überwachung von Treue-, Bonus- und/oder von Kundentreueprogrammen zu Werbe- und Marketingzwecken;
Ausgabe von Ausweiskarten für Kunden zu Werbe- und Marketingzwecken .
Mit dem angefochtenen Beschluss, einer Teilentscheidung, wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag auf Eintragung der Wortmarke hinsichtlich der oben durch Fettdruck hervorgehobenen Dienstleistungen ab, weil die österreichischen Durchschnittskonsumenten das Zeichen LUST AUF ZUHAUSE nicht als betriebliches Herkunftskennzeichen, sondern als Hinweis darauf verstünden, dass diese Dienstleistungen „ mit besonders qualitativ hochwertigen Waren” erbracht würden, um den Konsumenten „ Lust auf Zuhause” zu machen, wodurch das Zeichen mangels Nachweises einer österreichweiten Verkehrsgeltung nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG insoweit von der Registrierung ausgeschlossen sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus den Rekursgründen des erheblichen Verfahrensmangels und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidung der Rechtsabteilung dahingehend abzuändern, dass dem Patentamt die vollumfängliche Registrierung der Markenanmeldung aufgetragen werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Zur Verfahrensrüge:
1.1. Die Antragstellerin macht als Verfahrensmangel geltend, dass ihr mit Schreiben der Rechtsabteilung vom 30.3.3018 mitgeteilt worden sei, dass das Zeichen hinsichtlich der eingangs dargestellten Dienstleistungen mangels Kennzeichnungskraft nicht registrierbar sei, wobei ihr eine Frist von zwei Monaten zur Äußerung bzw zur Erbringung eines Verkehrsgeltungsnachweises eingeräumt worden sei. Obwohl der Antragstellerin dieses Schreiben erst am 12.4.2018 zugestellt worden sei, habe die Rechtsabteilung die angefochtene Entscheidung noch innerhalb der Äußerungsfrist am 25.5.2018 erlassen, wodurch der Antragstellerin die Möglichkeit einer Äußerung genommen und ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sei.
1.2. Nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG sind auf das Rekursverfahren gegen Entscheidungen des Patentamts die Vorschriften des AußStrG anzuwenden. Auch im Außerstreitverfahren gilt, dass Verfahrensverstöße nur dann eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bilden, wenn sie abstrakt geeignet sind, eine unrichtige Entscheidung herbeizuführen, und dass die Erheblichkeit des Mangels in diesem Sinn vom Rechtsmittelwerber darzulegen ist (RIS-Justiz RS0043027 [T13]). Der Anfechtungsgrund der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist dadurch gekennzeichnet, dass er nicht absolut wirkt, sondern nur dann zur Aufhebung führt, wenn er zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers ausschlagen könnte (RIS-Justiz RS0120213). Der Rechtsmittelwerber hat deshalb darzulegen, welches konkrete (zusätzliche) Vorbringen er erstattet beziehungsweise welche konkreten (weiteren) Beweismittel er angeboten hätte, wäre er dem Verfahren erster Instanz umfassend beigezogen worden (RIS-Justiz RS0120213 [T9]; siehe auch RIS-Justiz RS0006048 [T10, T17]; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, § 58 AußStrG Rz 20).
1.3. Die Antragsgegnerin hat nicht dargelegt, welches zusätzliche Vorbringen sie erstattet beziehungsweise welche Beweismittel sie in ihrer Stellungnahme angeboten hätte, wodurch sie die Relevanz des Verfahrensmangels nicht dargetan hat. Insbesondere wurde die Verkehrsgeltung des Zeichens auch im Rekurs nicht behauptet. Die Verfahrensrüge ist daher nicht berechtigt.
Zur Rechtsrüge:
2.1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware oder Dienstleistung, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).
2.2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen dann nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456 und RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend” und daher auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig (RIS-Justiz RS0066456, RS0090799 und RS0109431 [T3]). Dass Zeichen „ auch beschreibend” sind, steht der Unterscheidungskraft einer solchen Marke nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My Taxy ).
2.3. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel bzw den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73).
2.4. Auch aus mehreren Wörtern zusammengesetzte Marken, insbesondere Werbeslogans, sind nach denselben Kriterien zu beurteilen wie herkömmliche Wortmarken, weshalb die Schutzfähigkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthalten, die sie beschreiben (RIS-Justiz RS0122385). Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch das Unternehmen, die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen, wohl aber, wenn die dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung der Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist (C 383/99, Baby-dry; 4 Ob 186/03m, djshop ).
2.5. In diesem Sinne hat der EuGH dem Zeichen „VORSPRUNG DURCH TECHNIK” für Fahrzeuge ausreichende Unterscheidungskraft beigemessen, weil darin zwar eine Sachaussage enthalten ist, dies aber einen gewissen Interpretationsaufwand erfordert und der Slogan eine gewisse „Originalität und Prägnanz” aufweist (C 398/08 P). Bereits zuvor hatte der EuGH aufgrund der oben dargestellten Grundsätze die Registrierung des Slogans „DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT” für Möbel zugelassen (C 64/02 P).
Demgegenüber hat der EuGH die Unterscheidungskraft des Zeichens „BEST BUY” verneint, weil Verbraucher dieses Zeichen ausschließlich als Hinweis auf das günstige Verhältnis zwischen Qualität und Preis auffassen und darin keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren und Dienstleistungen erblicken können. Später hat der EuGH die Registrierung des Zeichens „WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH” für Computersoftware verweigert, weil damit den maßgeblichen Verkehrskreisen eine lobende Botschaft übermittelt und die Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen gerühmt werden (C 311/11 P). Schließlicht hat das EuG die Eintragung von „AB IN DEN URLAUB” für Reiseveranstaltungen abgelehnt, weil dem Publikum damit die Sachaussage vermittelt wird, dass die von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen aus dem Tourismusbereich stammen, und der Slogan angesichts seiner sprachlichen, syntaktischen und grammatikalischen Regelkonformität ohne Anstrengung als eine Anregung zum Aufbruch in den Urlaub verstanden wird (EuG T 273/12).
2.6. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Oberste Gerichtshof „WE WILL ROCK YOU” für Tonträger Unterscheidungskraft beigemessen, weil das Zeichen keine beschreibenden Angaben und keine Hinweise auf die Eigenschaft der Waren, etwa deren Zweckgeeignetheit, Preiswürdigkeit oder Qualität enthält (17 Ob 15/07s). Später hat der Oberste Gerichtshof auch die Eintragung von „CARPE DIEM” für Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen zugelassen (17 Ob 27/08g).
Demgegenüber verweigerte der Oberste Gerichtshof die Eintragung von „ECHTE BERGE” für Beherbergungsleistungen, Reiseveranstaltungen, Sport- und Kulturaktivitäten sowie Gesundheits- und Schönheitspflege, weil die gewählte Wortfolge nicht besonders originell oder prägnant ist und vom Publikum auch keinen Interpretationsaufwand verlangt (17 Ob 21/11d).
3.1. „Lust auf ...” ist eine im Deutschen übliche Wortfolge, um Waren oder Dienstleistungen zu bewerben. In der Werbesprache macht, wer Schokolade verkauft, Lust auf Süßes, wer Reisen veranstaltet, Lust auf Urlaub. Auch der Ausdruck LUST AUF ZUHAUSE ist deshalb weder besonders originell noch besonders prägnant.
Daher wird der Slogan „Lust auf Zuhause” von den angesprochenen Verkehrskreisen als Hinweis verstanden, dass die unter diesem Zeichen angebotenen Dienstleistungen Haushaltsartikel und Wohnbedarf betreffen, welche das Wohlbefinden in den eigenen Wohnräumen erhöhen. Die Formulierung „Lust auf Zuhause” lässt aber nicht nur an das „Zu-Hause-Sein” denken, sondern zwanglos auch an das „Nach-Hause-Kommen”.
3.2. Der Einwand der Antragstellerin, dass das Zeichen nicht für Waren, sondern für „ Einzel-, Versand- und Großhandelsdienstleistungen” angemeldet wurde und hinsichtlich dieser Dienstleistungen nicht beschreibend sei, ist nicht berechtigt, weil das Zeichen den Gegenstand der Dienstleistungen und damit auch die davon betroffenen Waren nennt. Deshalb ist das Zeichen auch so zu prüfen, wie wenn es für die Waren eingetragen werden sollte, mit denen gehandelt werden soll.
Im konkreten Fall fehlt dem Zeichen daher die Unterscheidungskraft in Bezug auf alle von der angefochtenen Entscheidung genannten Gegenstände, weil man sie zu Hause verwendet, zu Hause genießt, mit ihnen sich zu Hause versorgt, sie für das Reisen und das anschließende Heimkommen relevant sind und sie für die Ausstattung des „Zuhause” bedeutsam sind.
Sowohl Verbraucher als auch Händler würden das Zeichen der Antragstellerin deshalb als allgemeine Werbebotschaft auffassen, aber nicht annehmen, dass damit die Leistungen eines bestimmten Unternehmens gekennzeichnet werden. Die Entscheidung des Patentamts bedarf daher keiner Korrektur.
4. Ob ein Zeichen Unterscheidungskraft besitzt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, weshalb dieser Rechtsfrage keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0111880). Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG war der ordentliche Revisionsrekurs deshalb nicht zuzulassen.
Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war jedoch nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.