132Bs356/18z – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien als Vollzugssenat nach § 16a StVG hat durch den Senatspräsidenten Dr. Dostal als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Neubauer und den fachkundigen Laienrichter Oberst Turner als weitere Senatsmitglieder in der Vollzugssache des G***** E***** über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts ***** vom *****, GZ *****, nach § 121b Abs 3 StVG in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Text
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Vollzugsgericht eine Beschwerde des mittlerweile in der Justizanstalt *****, Außenstelle *****, gemäß § 21 Abs 2 StGB untergebrachten G***** E*****, welche gegen die „Androhung“ der Verhängung einer Geldstrafe wegen Begehung einer Ordnungswidrigkeit in der Justizanstalt ***** gerichtet war, als unzulässig zurück.
Begründend führte das Vollzugsgericht zusammengefasst aus, dass dem Beschwerdeführer am ***** unter Berücksichtigung seines Gesundheitszustandes auf der Vollzugslockerungsabteilung ein Haftraum gegenüber des WC angeboten worden sei, wobei er einen Haftraumwechsel verweigert habe. E***** sei deshalb gemäß § 108 Abs 1 StVG abgemahnt, von der Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens jedoch Abstand genommen worden.
In der rechtlichen Beurteilung führte das Vollzugsgericht aus, dass es sich bei einer Abmahnung nach § 108 Abs 2 (ergänzt: erster Satz) StVG lediglich um ein Verhalten des Strafvollzugsbediensteten nach § 120 Abs 1 StVG handle, welches keinem Vollzug zugänglich sei und nicht mit Bescheid erfolge (Drexler/Weger, StVG 4 § 108 Rz 2).
Infolge Abmahnung am ***** sei einerseits die Beschwerde vom ***** verspätet. Mangels Einleitung eines Ordnungsstrafverfahrens, welches die Verhängung einer Geldbuße nach § 108 Z 4 StVG zur Folge haben könne, sei die Beschwerde darüber hinaus als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Untergebrachten, in der er einerseits die Beigebung eines Verfahrenshelfers „für alle Rechtsmittel“ beantragt und unter einem Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit in Form und Inhalt erhebt, ohne die Beschwerdepunkte näher zu erörtern (ON 11).
Rechtliche Beurteilung
Nach § 16a Abs 1 Z 1 StVG entscheidet das Oberlandesgericht Wien für das gesamte Bundesgebiet über Beschwerden gegen einen Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG wegen Rechtswidrigkeit, wobei Letztere nicht vorliegt, soweit das Vollzugsgericht Ermessen im Sinne des Gesetzes geübt hat. Gemäß § 16a Abs 3 StVG ist gegen den Beschluss des Vollzugsgerichts nach § 16 Abs 3 StVG eine Beschwerde nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Vollzugsgericht von der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung abweicht, eine solche fehlt oder uneinheitlich ist.
Begeht ein Strafgefangener eine Ordnungswidrigkeit, ist er in jedem Fall durch den aufsichtsführenden Strafvollzugsbediensteten abzumahnen (§ 108 Abs 1 StVG). Nach § 108 Abs 2 erster Satz StVG hat es bei der Abmahnung sein Bewenden, wenn die Schuld des Strafgefangenen gering, die Ordnungswidrigkeit keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und die Bestrafung auch nicht geboten erscheint, um den Strafgefangenen von künftigen Verfehlungen abzuhalten. Nach § 108 Abs 3 StVG hat der aufsichtsführende Strafvollzugsbedienstete die Begehung einer Ordnungswidrigkeit dem Anstaltsleiter zu melden, wenn er der Ansicht ist, dass nach § 108 Abs 2 StVG eine Strafe zu verhängen sei oder er dies zumindest für möglich hält.
Wie das Vollzugsgericht zutreffend ausführte, handelte es sich bei der Abmahnung gemäß § 108 Abs 1 StVG nicht um eine Ordnungsstrafe iSd § 109 StVG, sondern lediglich um ein Verhalten des Strafvollzugsbediensteten iSd § 120 Abs 1 StVG, das keinem Vollzug zugänglich ist (VwGH 27. April 1999 AW 98/20/0393). Eine Aufhebung oder Tilgung einer Abmahnung ist im StVG nicht vorgesehen (VwGH 3. Juli 2003, 98/20/0589). Insbesondere ist im Lichte der zitierten Erkenntnisse auch ein subjektiv-öffentliches Recht auf Aufhebung einer Abmahnung nicht ableitbar.
Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass eine Abmahnung keine Ordnungswidrigkeit voraussetzt. Die Bestimmung des § 108 Abs 2 StVG ist – wie auch der Wortlaut des § 108 StVG nahe legt – an die Bestimmung des (mittlerweile aufgehobenen) § 42 StGB angelehnt, wobei bei dieser Regelung die Prozessökonomie im Vordergrund stand (RIS-Justiz RS0091966) und Sachverhaltsdarstellungen zur Einstellung keinesfalls Schulderkenntnisse iSd § 270 Abs 2 Z 5 StPO sind (RIS-Justiz RS0074985), woraus zu folgern ist, dass Abmahnungen nicht per se den Inhalt von Ordnungswidrigkeiten feststellen und nicht mit negativen Auswirkungen auf andere Ansuchen oder Anträge verknüpft sind.
Dem Vollzugsgericht ist daher beizupflichten, dass gegen eine bloße Abmahnung mangels Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechts kein Rechtszug zusteht, weshalb die Beschwerde bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen war.
Zum Antrag des Untergebrachten auf Gewährung von Verfahrenshilfe:
Die Strafprozessordnung entfaltet in Beschwerdeverfahren nach §§ 16 Abs 3, 16a StVG keine subsidiäre Wirkung, weshalb neben den Bestimmungen des StVG allein die in § 17 Abs 2 StVG vorgesehenen Normen des AVG und des VStG zur Anwendung gelangen, welche die Gewährung von Verfahrenshilfe nicht vorsehen (Pieber in WK 2 StVG § 17 Rz 9; § 21a Rz 3; Drexler/Weger StVG 4 § 17 Rz 7). Der Antrag des Untergebrachten auf Beigebung eines Verfahrenshelfers war daher zurückzuweisen.