JudikaturOLG Wien

133R64/18m – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
03. Oktober 2018

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke KANTA über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 14.3.2018, AM 1056/2017 4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte am 24.7.2017 die Eintragung der Wortbildmarke

für (später eingeschränkt) folgende Waren der Klassen:

6 Eisen- und Metallwaren;

9 Sonnenbatterien; elektrische Batterien;

11 Zierbrunnen;

20 Möbel aus Metall:

21 Gefäße für Haushalt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag hinsichtlich der Waren der Klasse 21 (Gefäße für Haushalt) ab, weil das Wort „kanta” im Kroatischen „Eimer”, „Kübel”, als „kanta za zalivanje” auch „Gießkanne” und im Slowenischen „Kanister” bedeute. Insbesondere im Osten Österreichs verfüge ein markenrechtlich bedeutsamer Teil der Bevölkerung über derartige Kenntnisse der serbischen, slowenischen oder kroatischen Sprache, dass sie das Zeichen als bloß selbsterklärenden Hinweis auf die damit bezeichneten Waren verstünden. Auch die grafische Gestaltung des Zeichens gehe nicht über das im modernen Geschäftsleben Übliche hinaus und könne deshalb keine Unterscheidungskraft bewirken.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts dahingehend abzuändern, dass das Zeichen auch für die Waren der Klasse 21 registriert werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass im Rekursverfahren gegen Beschlüsse des Rechtsabteilung des Patentamts nach § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 PatG iVm § 4 Abs 1 und § 6 Abs 2 AußStrG relative Anwaltspflicht herrscht ( Dokalik in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 37 Rz 13). Nach § 4 Abs 1 EIRAG hat der Antragstellervertreter als deutscher Rechtsanwalt die Stellung eines in die Liste der Rechtsanwälte einer österreichischen Rechtsanwaltskammer eingetragenen Rechtsanwalts. Die Benennung eines Einvernehmensrechtsanwalts ist nach § 5 Abs 1 EIRAG nur bei absoluter Anwaltspflicht erforderlich (RIS-Justiz RS0130040). Die Antragstellerin ist deshalb gehörig vertreten.

2. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).

3. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Ein Zeichen ist dann deshalb nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456 und RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend” und daher auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig (RIS-Justiz RS0066456, RS0090799 und RS0109431 [T3]). Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht der Unterscheidungskraft einer solchen Marke nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My TAXI ). Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644).

4. Für fremdsprachige Wortzeichen gilt grundsätzlich nichts anderes als für deutschsprachige. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, Car Care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).

5. Das Wort „kanta” bedeutet in der slowenischen, kroatischen, serbischen und bosnischen Sprache „Eimer” oder „Kanne”, auch im Sinn von „Gießkanne”, kann aber auch die Bedeutung von „Tonne” oder „Kanister” haben. Konsumenten, die eine dieser Sprachen verstehen, sehen deshalb das Wort „kanta” in der Warenklasse 21 ”Gefäße für Haushalt” als Hinweis auf die damit bezeichneten Waren, nicht aber als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Hingegen erkennen Personen, die keine dieser Sprachen verstehen, im Wort „kanta” keinen Hinweis auf die damit bezeichneten Waren, sondern fassen dieses Wort als Phantasiebezeichnung und Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auf.

6. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel bzw den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73). Ein Zeichen kann schon dann nicht registriert werden, wenn es in einem der angesprochenen Verkehrskreise als beschreibender Hinweis auf die bezeichneten Waren verstanden wird, auch wenn diese Ansicht in anderen Verkehrskreisen nicht geteilt wird (4 Ob 77/15z, Amarillo; 4 Ob 126/15f, Bukhara; OLG Wien 34 R 147/15k, Skyr, ÖBl 2016/45 [Plasser]; 34 R 61/14m, Kärntner Grantnguglhupf; 34 R 12/14f, Nero ).

Dies entspricht der Rechtsprechung des EuGH im Widerspruchsverfahren, wonach eine Verwechslungsgefahr schon in einem der angesprochenen Verkehrskreise der Eintragung eines Zeichens entgegensteht (EuGH C 412/05 P, Trivastan; ebenso 4 Ob 7/12a, Sinuvex ).

7. Die Antragstellerin wendet ein, dass das Zeichen „kanta” nichtsdestoweniger als individualisierender Unternehmenshinweis geeignet sei, weil kein hinreichend großer Anteil der angesprochenen Verkehrskreise der kroatischen Sprache mächtig sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof bereits darauf hingewiesen hat, dass das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen das Registrierungshindernis auch dann bewirken kann, wenn es sich dabei um den kleineren Teil der beteiligten Verkehrskreise handelt (4 Ob 126/15f, Bukhara ).

In Österreich existiert nicht nur eine slowenische Minderheit, sondern es leben hier traditionell auch zahlreiche Zuwanderer aus dem ehemaligen Jugoslawien. Dementsprechend haben bei der Volkszählung im Jahr 2001 insgesamt 343.484 Personen Serbokroatisch als Umgangssprache angegeben, wobei die Zahl jener Personen, die zwar Deutsch als Umgangssprache verwenden, aber eine slawische Sprache zumindest verstehen können, naturgemäß weit höher liegt.

8. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ein doch erheblicher Teil der Konsumenten in Österreich „kanta” in der Warenklasse 21 „Gefäße für Haushalt” als beschreibenden Hinweis auf die Waren versteht, wodurch dieses Zeichen insofern die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis, nämlich die Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, nicht erfüllen kann.

9. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

10. Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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