JudikaturOLG Wien

133R44/18w – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
06. Juli 2018

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke ENERGY CAKE über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 26.1.2018, AM 60462/2017 4, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte am 9.5.2017 die Eintragung der Wortmarke ENERGY CAKE für Waren und Dienstleistungen der folgenden Klassen:

25 Bedruckte T Shirts, Kleidung für den Freizeitbereich, Kurz- oder langärmelige T Shirts, Sweater, T Shirts

30 Getreideprodukte in Riegelform, Getreideriegel, Getreidesnacks, Proteinreiche Getreideriegel, Riegel auf Getreidebasis, Riegel auf Weizenbasis

35 Marketing, Verkaufsförderung und Werbung, Online-Werbung, Verkaufsförderung und Werbung, Werbung, Werbung in Bezug auf Bekleidung, Werbung und Reklame.

Mit dem angefochtenen Beschluss stellte die Rechtsabteilung des Patentamts fest, dass das angemeldete Zeichen im Umfang der Klasse 30 nur unter der Voraussetzung der Verkehrsgeltung nach § 4 Abs 2 MSchG registrierbar sei. Zur Begründung führte die Rechtsabteilung aus, dass die beteiligten Verkehrskreise bei Waren der Klasse 30 das angemeldete Zeichen nicht als Marke sondern als Hinweis auf die Art und Bestimmung dieser Waren, nämlich als Hinweis auf Backwaren, die dem Körper schnell Energie zuführen, verstünden, wodurch dem Zeichen keine Unterscheidungskraft zukomme.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss der Rechtsabteilung dahingehend abzuändern, dass das Zeichen auch ohne die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG registrierbar sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen nämlich die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).

2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen dann nicht eintragbar, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456 und RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „rein beschreibend” und daher auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig (RIS-Justiz RS0066456, RS0090799 und RS0109431 [T3]). Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht der Unterscheidungskraft einer solchen Marke nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 17 Ob 6/11y, alcom international; 4 Ob 102/12x, my TAXI ).

3. Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644). Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland so weit verbreitet ist, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen kann (4 Ob 7/05s, Car Care; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche ). Das kann auch dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ). Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken, weshalb die Schutzfähigkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthalten, die sie beschreiben (RIS-Justiz RS0122385). Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch das Unternehmen, die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen, wohl aber, wenn die dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung der Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist (C 383/99, Baby-dry; 4 Ob 186/03m, djshop = RIS-Justiz RS0066456 [T14]).

4. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel und den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73). Auch die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen ist dementsprechend immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen, für die es als Marke registriert werden soll (4 Ob 139/02y, Summer Splash; 4 Ob 10/03d, More ).

5. Die Antragstellerin bringt im Rekurs vor, dass sie ihre Produkte über das Internet und über Spezialgeschäfte ausschließlich an Sportler verkaufe, weshalb nur auf diese Zielgruppe abgestellt werden dürfe. Ausgehend von den oben dargelegten Grundsätzen ist der Antragstellerin entgegenzuhalten, dass sie die Eintragung des Zeichens für jede Art von Getreideriegel beantragt, weshalb nicht nur auf das Verständnis von Sportlern, sondern auf die Wahrnehmung jedweder Käufer von Getreideriegeln abzustellen ist.

6. Die Antragstellerin begründet die Unterscheidungskraft des Zeichens mit der Behauptung, dass die Wortfolge „Energy Cake” sowohl in der englischen als auch in der deutschen Sprache „vollkommen sinnentleert” sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die Marke der Antragstellerin aus den Begriffen ENERGY und CAKE zusammensetzt. Es handelt sich zwar um fremdsprachige Begriffe, doch sind diese Begriffe in der deutschen Alltagssprache durchaus gebräuchlich und werden vom Durchschnittskonsumenten ohne weiteres verstanden. So wird „cake” in der Gastronomie und im Lebensmittelhandel häufig als Bezeichnung für Kuchen und ähnliche Backwaren verwendet. Auch wenn „cake” unmittelbar nur „Kuchen” oder „Torte” bedeutet, haben einerseits die in der Klasse 30 genannten „Riegel” eine kuchenartige Konsistenz und gibt es andererseits auch Kuchen(stücke) in „Riegelform”, sodass der begriffliche Abstand zwischen „Kuchen” und „Riegel” nicht so groß ist, als dass der Konsument einen nennenswerten Denkprozess ablaufen lassen müsste, um vom Wort „cake” zum Begriff „Riegel” geleitet zu werden. Weiters kennt der Durchschnittskonsument den Begriff „energy” auch in seiner ursprünglichen Bedeutung von „Energie”, doch ist seit längerem auch der Begriff „Energy-Drink” für Getränke gebräuchlich, die eine leistungssteigernde Wirkung haben sollen. Der Durchschnittskäufer eines Getreideriegels versteht die Bezeichnung „Energy Cake” deshalb zwanglos und ohne weitere Schlussfolgerungen als ein Backprodukt mit leistungssteigernder Wirkung.

7. Schließlich verweist die Antragstellerin darauf, dass die Wortbildung „ENERGY CAKE” für die beteiligten Verkehrskreise eine ihrer Struktur nach „sehr ungewöhnliche Verbindung” und im üblichen Sprachgebrauch als Ausdruck „völlig unbekannt” sei. Wohl trifft es zu, dass der Begriff „Energy Cake” weder in der englischen noch in der deutschen Sprache verbreitet ist, sondern dass eher die Bezeichnungen „energy bar” und „Energieriegel” gebräuchlich sind. Dennoch handelt sich beim Begriff „Energy Cake” um keine Phantasiebezeichnung, sondern um eine Kombination von zwei verbreiteten Begriffen. Da englischsprachige Begriffe wie „Energy Drink”, aber auch „Coffee Bar” oder „Hair Stylist” im deutschen Sprachraum immer mehr Verwendung finden und ohne Weiteres als Gattungsbezeichnungen verstanden werden, ist auch die Wortverbindung „Energy Cake” nicht so ungewöhnlich, dass sie von den angesprochenen Konsumenten nicht als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden könnte.

8. Da das Zeichen ENERGY CAKE von den Käufern von Getreideriegeln als Aussage über die Ware selbst verstanden würde, kann es insofern die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen, nämlich die Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von jenen anderer Unternehmen zu unterscheiden.

Somit bedarf die auf § 4 Abs 1 Z 3 MSchG gestützte Entscheidung der Rechtsabteilung keiner Korrektur.

9. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.

10. Da die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwirft, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

Rückverweise