1R32/18k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Dr. Jesionek, die Richterin des Oberlandesgerichts Dr. Faber und die KR Mag. Ehrlich-Adám in der Rechtssache der klagenden Partei ***** , vertreten durch Dr. Sascha Daniel Salomonowitz MBL-HSG, LL.M., und Dr. Michael Horak, LL.M., Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. ***** und 2. ***** , beide vertreten durch die GEISTWERT Kletzer Messner Mosnig Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren EUR 58.000,-), über den Rekurs der beklagten Parteien (Rekursinteresse der erstbeklagten Partei EUR 31.000,-; der zweitbeklagten Partei EUR 40.000,-) gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23.1.2018, 58 Cg 65/17t-10, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
I. Die mit dem Rekurs vorgelegten Urkunden werden zurückgewiesen.
II. Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert, teilweise mit der Maßgabe bestätigt, dass er in seinem Punkt I. einschließlich des bestätigten Teils, sowie in seinem Punkt IV. lautet:
„ I. Zur Sicherung des Anspruchs der klagenden Partei gegen die beklagten Parteien auf Unterlassung von Wettbewerbsverletzungen, worauf die Klage gerichtet ist, wird ab sofort bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils
1.) beiden beklagten Parteien aufgetragen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass die ‚ECOVER Ocean Bottle‘ aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt wird, wenn dies tatsächlich nicht zutrifft;
2.) der zweitbeklagten Partei aufgetragen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich zu unterlassen, zu behaupten und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass durch das Design der ‚ECOVER Ocean Bottle‘ 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt wird, wenn dies tatsächlich nicht zutrifft.
3.) Das Mehrbegehren, beiden beklagten Parteien aufzutragen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken, dass die ‚ECOVER Ocean Bottle‘ aus 50 % Plastikmüll von den Stränden von Rio hergestellt wird, wird abgewiesen.
IV. Die klagende Partei hat der erstbeklagten Partei deren mit EUR 331,60 und der zweitbeklagten Partei deren mit EUR 345,42 bestimmten Kosten des Sicherungsverfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die klagende Partei hat der erstbeklagten Partei deren mit EUR 630,68 und der zweitbeklagten Partei deren mit EUR 642,14 bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt hinsichtlich jeder der Beklagten EUR 30.000,-.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung:
Text
Sowohl die Klägerin als auch die Erstbeklagte bieten umweltfreundliche Reinigungsmittel für den Haushalt und professionelle Anwendungen an.
Die Erstbeklagte vertreibt ein Handspülmittel „Seegras Orange“, 500 ml, in Österreich in der folgend dargestellten Plastikflasche:
Auf der Rückseite dieser Flasche befindet sich ein Aufkleber mit folgendem Text:
„Flasche besteht zu 50 % Plastikmüll aus dem Meer* zu 50 % recyceltem Plastik“
„* Diese Flasche wurde mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt, welcher an die Küste gespült und an Rios Stränden gesammelt wurde“ .
Die verklebte Seite des Aufklebers ist durch das transparente Spülmittel sowie im leeren Zustand der Flasche sichtbar und zeigt Wellen und die Sonne.
Die Flaschen werden mit folgender Papiermanschette am Flaschenhals verkauft,
die folgenden Text aufweist:
„Ocean Bottle
Hergestellt mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“.
Auf der Rückseite der Papiermanschette steht:
„Wir setzen ein Zeichen für unsere Meere: Unsere Mission: Ein Zeichen setzen gegen Plastikmüll in unseren Meeren. Deshalb besteht diese Flasche zu 50 % aus Plastikmüll aus dem Meer. Mach mit, unsere Meere vom Plastikmüll zu befreien.
* Diese Flasche wurde mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt, welcher an die Küste gespült und an Rios Stränden gesammelt wurde“.
Die Zweitbeklagte betreibt die Website www.ecover.com, für die Varianten für Österreich (www.ecover.com/at) und Deutschland (www.ecover.com/de) bestehen. Auf diesen Websites werden die Produkte der Erstbeklagten beworben.
Auf der Website www.ecover.com/at erklärte die Zweitbeklagte unter der Rubrik plastik-im-meer/plastik-fischen:
„Weltweit einmalig.
Wir haben mit einem Unternehmen namens Plastic Whale zusammengearbeitet, um unsere Flaschen mit Plastikmüll aus dem Meer zu entwickeln. […] Unsere wegweisende Flasche besteht zu 10 % aus Plastikmüll aus dem Meer und zu 90 % aus recyceltem Kunststoff. Durch das Hightech-Design wird 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt. Und wir arbeiten daran, den Anteil des Plastikmülls aus dem Meer noch zu erhöhen.“
Weiters betreibt die Zweitbeklagte die Website www. o*****.com/de und wirbt darauf für das gegenständliche Handwaschmittel in der „Ocean Bottle“. Sie veröffentlicht dort folgende Aussagen:
„Diese Flasche mit 50 % Ocean Plastic ist erst der Anfang“; „Die Flasche besteht zu 50 % aus Plastikmüll, der an die Strände von Rio gespült und dort gesammelt wurde“ und „Zu 50 % aus Ocean Plastic“.
Die Website ist auch mit einem Youtube-Film verlinkt, in dem unter anderem folgende Aussage kommuniziert wird:
„Das ist die Geschichte der ECOVER Ocean Bottle. […] Im Jahr 2012 haben wir uns der Herausforderung gestellt, unsere Flaschen nachhaltiger zu gestalten. […] Was, wenn wir diesen Plastikmüll aus dem Meer zu neuen Flaschen verarbeiten könnten? Es war technisch schwierig. Weil dieses Plastik schon länger im Meer trieb, war es schwächer. Wir würden mehr Plastik verwenden müssen, um eine Flasche zu entwerfen, die stark genug wäre. Also haben wir uns Inspiration im Meer gesucht. Dort haben wir Mikroorganismen gefunden, die aufgrund ihrer Struktur sowohl sehr leicht, als auch sehr robust sind. Die Struktur war die Inspiration für unser Design. Dadurch konnten wir weniger Plastik verwenden. Im Jahr 2014 habe wir unser erstes Spülmittel in der Ocean Bottle gelauncht, die 10 % Plastikmüll aus dem Meer enthielt. […] Dieses Jahr besteht die Flasche aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer und 50 % recyceltem Plastik. […] Unsere Ocean Bottle 2017 ist mit Plastikmüll hergestellt, der an die Strände von Rio gespült und dort gesammelt wurde. [...]“
Der Film zeigt Bilder vom Strand, von Fischern, die Netze einholen, Plastikfolie, die im Meer treibt, sowie den Fertigungsprozess der Flasche.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin , beiden Beklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich den Eindruck zu erwecken, dass die „ECOVER Ocean Bottle“
* aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio hergestellt werde, und/oder
* eine serienreife neue Entwicklung sei,
und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren;
sowie der Zweitbeklagten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr in Österreich
* zu behaupten, dass das Design der „ECOVER Ocean Bottle“ eine Reduktion des verwendeten Materials um 15 % ermögliche, und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren.
Über ein weiteres Unterlassungsbegehren gegen die Zweitbeklagte – betreffend den Betrieb der genannten Websites ohne Impressum – wurde mit dem angefochtenen Beschluss nicht abgesprochen. Es wurde nach Beschlussfassung mit Teilvergleich vom 26.1.2018 erledigt; die darauf entfallenden Kosten wurden der „endgültigen Entscheidung über den Kostenersatz“ vorbehalten (ON 11).
Die Klägerin bringt vor, die Beklagten würden kommunizieren, dass die Flasche „ECOVER Ocean Bottle“ zu 50 % aus Plastikmüll aus dem Meer hergestellt sei und dass es sich bei dieser Flasche um eine serienreife Neuentwicklung handle. Diese Aussagen seien unrichtig.
Es handle sich bei den Flaschen nur um limitierte Stückzahlen. Nach derzeitigem Stand der Technik sei es auch nicht möglich, klare (durchsichtige) PET-Flaschen mit 50 % recyceltem Kunststoff aus dem Meer herzustellen.
Dies zusammengefasst deshalb, weil PET im Meer starken Einflüssen von UV-Strahlung, Salzwasser und mechanischem Abrieb ausgesetzt sei, wodurch das Material zerstört und degradiert werde; dazu komme Verschmutzung durch Sand, Algen, Mikroorganismen und Schweröle. Die Kontaminationen müssten entfernt werden, bevor die Flaschen im Recycling-Prozess klein gehäckselt würden. Je stärker das PET degradiert sei, desto weniger wiederverwertbares Material könne gewonnen werden. Zudem könnten für die Herstellung von transparentem PET nur transparente Falschen verwendet werden. Im Hinblick auf die tatsächlich verfügbare Menge an verwertbarem PET aus dem Meer sei die Behauptung, dass 50 % des eingesetzten Recyclingmaterials aus dem Meer stamme, nicht nachvollziehbar. Nach den Angaben der Beklagten sei aber schon fraglich, ob das verwendete Material tatsächlich aus dem Meer gesammelt werde, da die Beklagten an anderer Stelle lediglich von „Plastik aus Gewässern und von Stränden“ sprächen.
Mit Umwelthinweisen dürfe nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt seien und eine Irreführung der Verbraucher ausgeschlossen sei. Die Aussage „Hergestellt mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“ sei insgesamt nicht glaubhaft und daher irreführend. Die Irreführung sei auch gegeben, wenn für einen Teil der Flaschen tatsächlich ein Anteil von 50 % Plastikmüll aus dem Meer verarbeitet worden sei; sie werde nicht durch den Hinweis „Limited Edition“ auf der Flasche beseitigt.
Bei Verwendung von recyceltem Kunststoff aus dem Meer müsse grundsätzlich mehr Kunststoff verwendet werden, um robuste Flaschen zu erzeugen. Die Behauptung, aufgrund des Designs werde 15 % weniger Kunststoff verwendet als für normale Flaschen sei nicht nachvollziehbar. Durchschnittliche handelsübliche 500 ml-PET-Flaschen für Spülmittel hätten ein Gewicht von 25 g; die „Ocean Bottle“ wiege 26 g, sei also schwerer. An anderer Stelle erkläre die Zweitbeklagte, dass sie eine Reduktion des Materials um 15 % im Vergleich zu ansonsten identischen Flaschen, jedoch mit glatten Wänden, meine. Auch dies sei aber irreführend, weil es solche Flaschen gar nicht gebe. Dies sei zudem nicht Inhalt der Aussage, es werde 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt. Die Irreführungseignung sei relevant. Die Beweislast für die Richtigkeit der Behauptungen treffe jeweils die Beklagten.
Die Beklagten bestreiten die Irreführungseignung. Die „Ocean Bottle“ bestehe tatsächlich aus 50 % Meeresplastikmüll, sogenanntem Ocean Plastic. Die Klägerin stelle nur Mutmaßungen an, dass dies nicht möglich sei; diese träfen nicht zu. Das verwendete Ocean Plastic sei an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen um die Guanabara Bay in Rio des Janeiro in Brasilien gesammelt worden und danach in einer näher beschriebenen Art und Weise weiterverarbeitet worden. Der Claim, die Flasche bestehe „zu 50 % aus Ocean Plastic“ sei daher richtig. Die Vermutungen der Klägerin führten nicht zu einer Beweislastumkehr; die Beweislast für die Behauptungen im Verfügungsantrag treffe die Klägerin.
Hinsichtlich des Materialverbrauchs habe die Zweitbeklagte nicht behauptet, die Struktur der „Ocean Bottle“ führe zu einer Reduktion des Plastikbedarfs im Vergleich zu herkömmlichen Spülmittelflaschen der Konkurrenz; ihre Aussage beziehe sich vielmehr auf eine Materialreduktionn im Vergleich zu einer „Ocean Bottle“ ohne Anwendung der Biomimikry-Technologie, also mit glatter Oberfläche. Die Konsumenten würden erkennen, dass kein Vergleich mit sonstigen auf dem Markt befindlichen Flaschen gemeint sei, weil dies wegen der unterschiedlichen auf dem Markt befindlichen Formen gar nicht möglich sei.
Für den Fall der Erlassung der einstweiligen Verfügung sei der Klägerin eine Sicherheitsleitung von zumindest EUR 100.000,- aufzuerlegen.
Mit angefochtenen Beschluss untersagte das Erstgericht beiden Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr in Österreich zu unterlassen, den Eindruck zu erwecken oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass die „ECOVER Ocean Bottle“ aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer, welcher an die Küste gespült und an Rios Stränden gesammelt worden sei , hergestellt werde (Spruchpunkt I.1.); sowie der Zweitbeklagten, zu behaupten und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass durch das Design der „ECOVER Ocean Bottle“ 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen verwendet werde (Spruchpunkt I.2.) (Hervorhebungen jeweils durch das Rekursgericht).
Das Mehrbegehren, den Beklagten zu verbieten, den Eindruck zu erwecken oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass die „ECOVER Ocean Bottle“ eine serienreife neue Entwicklung sei, sowie den Antrag auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung wies es ab (Spruchpunkte II. und III.).
Rechtlich führte es aus, auch die Zweitbeklagte handle im geschäftlichen Verkehr, indem sie den Wettbewerb der Erstbeklagten fördere.
Beide Beklagten hätten die Aussage getroffen, dass die „Ocean Bottle“ zu 50 % aus Plastikmüll aus dem Meer hergestellt werde. Mit Aussagen über den Umweltschutz – eine solche liege vor – dürfe nur geworben werden, wenn sie eindeutig belegt seien und eine Irreführung der umworbenen Verbraucher ausgeschlossen sei.
Der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher gehe anhand der Produktaufmachung davon aus, dass es sich um Plastikmüll handle, der aus dem Meer stamme. Der *-Hinweise, in dem die Rede davon sei, dass der Plastikmüll an die Strände angespült werde, ändere nichts daran, dass die Verbraucher davon ausgingen, der Plastikmüll sei im Meer gewesen. Der starke Bezug zum Meer werde durch das Wellensymbol und die Farbgestaltung der Halsmanschette und der verklebten Rückseite des Etiketts, sowie durch die Bezeichnung „Ocean Bottle“ verstärkt.
Auch das Werbevideo stelle einen direkten Bezug zu Plastikmüll, der im Meer treibe, her. Dies werde durch die Bilder und durch den Text bewirkt. Dort werde davon gesprochen, dass Plastik verwendet werde, das aus dem Meer stamme und an die Strände angeschwemmt worden sei; es würden die Probleme geschildert, die sich daraus ergäben, dass das Plastik schon länger im Meer getrieben sei. Dies werde durch Bilder vom Strand, von Fischern, die Netze einholten, und von im Meer schwimmender Plastikfolie begleitet.
Das Bescheinigungsverfahren habe zwar ergeben, dass das verarbeitete PET an den Stränden, Flussufern und in den Wasserläufen um die Guanabara-Bucht gesammelt, nicht aber, dass es aus dem Meer angeschwemmt worden sei. Es könne sich daher auch um PET handeln, das an diesen Orten weggeworfen worden sei, ohne jemals im Meer gewesen zu sein. Damit entspreche die Werbeaussage nicht den Tatsachen.
Die unrichtige Angabe sei geeignet, Interessenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten, weil der Durchschnittskonsument davon ausgehe, mit dem Kauf dieses Spülmittels einen kleinen Beitrag zur Reduktion des Plastikmülls in den Meeren zu leisten. Daher liege hinsichtlich der Werbeaussage „hergestellt mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“ ein Verstoß gegen § 2 UWG vor.
Das Antragsbegehren entspreche nicht der Werbeaussage der Beklagten, was offensichtlich auf eine sprachliche Unschärfe zurückzuführen sei. Das Gericht dürfe den Spruch daher im Sinn der tatsächlich inkriminierten Äußerung ändern.
Die von der Zweitbeklagten veröffentlichte Werbeaussage, durch das Hightech-Design werde 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt, hebe ebenfalls den Umweltschutzgedanken hervor. Der Durchschnittsverbraucher verstehe diese Aussage dahin, dass weniger Plastik als für „normale“ Flaschen benötigt werde. Unter „normalen“ Flaschen verstehe er nicht andere Flaschen aus recyceltem Meeresplastik, sondern die üblichen Flaschen für Handspülmittel. Die Flasche der Erstbeklagten ohne Biomimikry-Struktur sei den Konsumenten nicht bekannt, weil sie nicht zum Verkauf angeboten werde. Da die durchschnittliche 500 ml-Spülmittelflasche gleich viel PET enthalte wie die gegenständliche Flasche, sei auch diese Aussage irreführend.
Hingegen liege eine Irreführung betreffend die Serienreife der Entwicklung nicht vor.
Der Antrag auf Sicherheitsleistung sei mangels eines gravierenden Eingriffs in die Rechtssphäre der Beklagten abzuweisen.
Gegen die erlassene einstweilige Verfügung richtet sich der Rekurs der Beklagten aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, der unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass der Sicherungsantrag ab- oder zurückgewiesen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
I. Zum Zurückweisungsbeschluss:
Durch die Vorlage von Urkunden mit ihrem Rekurs verstößt die Beklagte gegen das Neuerungsverbots (§ 482 Abs 2 ZPO). Die Urkunden waren daher zurückzuweisen.
II. Zum Rekurs
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass im Rekurs zwar stets von der Beklagten im Singular die Rede ist, das Rechtsmittel aber im Namen beider Beklagter erhoben wurde und die Ausführungen sich erkennbar gegen das die jeweilige Beklagte treffende Verbot richten.
1. Zur Verfahrensrüge
1.1. Der Behandlung der Verfahrensrügen der Beklagten sind folgende Grundsätze voranzustellen:
Das Gericht ist berechtigt, dem Urteilsspruch eine klare und deutliche, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, wenn sie sich im Wesentlichen mit dem Begehren deckt (RIS-Justiz RS0039357; RS0041254 [T2]). Es ist sogar zur Verdeutlichung verpflichtet (RIS-Justiz RS0039357 [T19]), insbesondere, wenn sonst die Vollstreckbarkeit des Urteils gefährdet wäre (RIS-Justiz RS0039357 [T24]). Dabei darf es die von den Parteien umschriebenen Grenzen des Streitgegenstands nicht überschreiten (RIS-Justiz RS0041254 [T4, T12, T15]; RS0039357 [T13, T14, T22]).
Der Streitgegenstand wird durch den Entscheidungsantrag (Sachantrag) und die zu seiner Begründung erforderlichen, vorgebrachten Tatsachen (Sachverhalt) bestimmt (RIS-Justiz RS0039255), wofür allein das Klagevorbringen maßgeblich ist (RIS-Justiz RS0039255 [T3]). Bei der Fassung des Urteilsspruchs ist daher das Klagevorbringen, auf das sich das Begehren stützt, zu beachten (RIS-Justiz RS0039357 [T36]).
Bei der Fassung des Unterlassungsbegehrens und des Unterlassungsgebots sind stets zwei Fragen auseinanderzuhalten, nämlich jene, ob das Begehren hinreichend bestimmt ist, und jene, wie weit es angesichts der – begangenen oder drohenden – Rechtsverletzung gehen darf (RIS-Justiz RS0037518).
1.2. Der Rekurs macht geltend, das Erstgericht habe zu Punkt I.1. der einstweiligen Verfügung in Wahrheit keine Konkretisierung des Begehrens vorgenommen, sondern der Klägerin ein Minus zugesprochen, ohne über den darüber hinausgehenden Sachantrag abzusprechen. Darin liege ein Verfahrensmangel iSd § 496 Abs 1 Z 1 ZPO.
Das Erstgericht habe zwar nicht feststellen können, dass die PET-Flakes aus PET stammten, das vom Meer an die Stände Rio de Janeiros angespült worden sei; die Beklagten seien aber insofern durchgedrungen, als für die Herstellung PET verwendet worden sei, das aus 50 % Plastikmüll von den Ständen von Rio hergestellt worden sei. Mit diesem Teil des Unterlassungsbegehrens – über den das Erstgericht nicht abgesprochen habe – seien die Beklagten durchgedrungen; das Erstgericht hätte den Antrag insofern abweisen müssen.
Das Erstgericht hat klargestellt, dass es davon ausgeht, mit dem zu Punkt I.1. der einstweiligen Verfügung erlassenen Verbot lediglich eine Konkretisierung innerhalb der Grenzen des von der Klägerin umschriebenen Streitgegenstands vorzunehmen. Es besteht daher kein Zweifel daran, dass der Entscheidungswille des Erstgerichts darauf gerichtet war, ein Verbot zu erlassen, mit dem der Sachantrag der Klägerin (den Beklagten zu untersagen, den Eindruck zu erwecken, dass die Flasche „aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio hergestellt wird“) zur Gänze antragsstattgebend erledigt werde. Aufgrund dieses klaren Entscheidungswillens des Erstgerichts kann das erlassene Verbot nur im Sinn einer zur Gänze antragsstattgebenden Entscheidung aufgefasst werden. Eine unvollständige Erledigung der Sachanträge iSd § 496 Abs 1 Z 1 ZPO liegt daher nicht vor.
Auf die Frage der materiellen Berechtigung der gänzlichen Antragsstattgebung hinsichtlich des Verbots, den Eindruck zu erwecken, die Flasche werde „aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio hergestellt“ wird bei Behandlung der Rechtsrüge eingegangen.
1.3. Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Rekurs eine Überschreitung des Sachantrags in Punkt I.2. der einstweiligen Verfügung .
Die Klägerin beantragte, der Beklagten die Behauptung sowie inhaltsgleiche Behauptungen zu untersagen, das Design der „ECOVER Ocean Bottle“ ermögliche eine Reduktion des verwendeten Materials um 15 %. Das Erstgericht untersagte die Behauptung sowie inhaltsgleiche Behauptungen, aufgrund des Designs der Flasche werde um 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt. In der Bezugnahme auf die „normalen Flaschen“ sieht die Zweitbeklagte den Zuspruch eines Aliud und damit einen Verstoß gegen § 405 ZPO.
Hätte das Erstgericht das von der Klägerin gestellte Begehren geprüft, wäre es zum Ergebnis gelangt, dass die beanstandete Aussage zutreffe, weil die gegenständliche Flasche ohne Strukturierung um 15 % mehr Material verbrauche als die idente Flasche mit glatten Wänden.
Die Rekursausführungen überzeugen nicht.
Aus dem Unterlassungsbegehren im Zusammenhalt mit dem Antragsvorbringen ergibt sich eindeutig, dass die Klägerin sich gegen einen von der Zweitbeklagten mit anderen handelsüblichen Flaschen vorgenommenen Vergleich wendet, weil sie die dazu getätigte Aussage als unrichtig erachtet. Ihr Unterlassungsbegehren nennt zwar keinen Vergleichsmaßstab, kann aber aufgrund des Vorbringens nur dahin aufgefasst werden, dass Vergleichsmaßstab andere handelsübliche 500 ml-Kunststoffflaschen für Handspülmittel sein sollen. Genau diesen behaupteten Verstoß hat das Erstgericht zum Ausdruck gebracht, indem es auf „normale“ Flaschen sowie auf den Verbrauch von Kunststoff Bezug nahm.
Die Fassung von Punkt I.2. der einstweiligen Verfügung durch das Erstgericht weicht daher inhaltlich nicht von dem durch den Sachantrag der Klägerin im Zusammenhalt mit dem Antragsvorbringen umschriebenen Streitgegenstand ab.
Der Rekurs unterstellt dem Unterlassungsbegehren der Klägerin vielmehr einen vom Antragsvorbringen abweichenden Vergleichsmaßstab, nämlich die Bezugnahme auf eine von der Erstbeklagten konstruierte, aber niemals auf den Markt gebrachte Flasche mit glatten Wänden. Für die Beurteilung des Streitgegenstands ist aber nicht das Beklagtenvorbringen, sondern das Vorbringen im Sicherungsantrag relevant. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin deutlich gemacht, dass sie sich nicht auf eine „nicht existierende“ – also nicht am Markt erhältliche – Flasche bezieht, die die gleiche Form wie die gegenständliche, jedoch glatte Wände hat.
Die vom Erstgericht vorgenommene Umformulierung des Unterlassungsgebots zu Punkt I.2. der einstweiligen Verfügung hält sich daher innerhalb der Grenzen des durch das Antragsvorbringen umschriebenen Streitgegenstands. Ein Verstoß gegen § 405 ZPO liegt nicht vor.
1.4. Schließlich rügen die Beklagten als Verfahrensmangel, dass der angefochtene Beschluss keine Begründung für die Umformulierung des Begehrens zu Punkt I.2. der einstweiligen Verfügung enthalte.
Das Erstgericht hat bereits im Zusammenhang mit der Werbeaussage zur Verwendung von „50 % Plastikmüll aus dem Meer“ ausgeführt, dass es zulässig sei, den Spruch des Unterlassungsgebots im Sinn der inkriminierten Aussage zu ändern. Es ist offenkundig, dass das Erstgericht auch hinsichtlich des Unterlassungsgebots zu Punkt I.2. der einstweiligen Verfügung eine Anpassung an die beanstandete Werbeaussage – dass durch das Hichtech-Design 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt werde – vornehmen wollte.
Es ist nicht ersichtlich und wird auch im Rekurs nicht dargetan, dass die Wiederholung dieser Ausführungen des Erstgerichts geeignet gewesen wäre, zu einer für die Beklagten günstigeren Entscheidung zu führen. Ein relevanter Verfahrensmangel wird daher nicht dargetan (vgl RIS-Justiz RS0043049, insb [T4]; RS0043027).
2. Zur Beweisrüge
2.1. Der Rekurs wendet sich gegen folgende Tatsachenfeststellung:
„Es konnte nicht festgestellt werden, dass die PET-Flakes aus PET, welches aus dem Meer an den Stränden Rio de Janeiros angeschwemmt wurde, hergestellt wurde.“
Begehrt wird, anstatt dessen die positive Feststellung zu treffen, dass die Flakes aus derartigem PET hergestellt worden seien.
Das Erstgericht begründet die Negativfeststellung damit, dass es den von der Beklagten vorgelegten Schreiben der Waste Free Oceans Foundation (./5 und ./6) nur entnehmen könne, dass das gelieferte Material an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen um die Guanabara Bay gesammelt worden sei, nicht aber, dass es aus dem Meer angeschwemmt worden sei.
Auch der Rekurs zeigt keine Beweisergebnisse auf, aus denen abzuleiten wäre, dass das verwendete PET sich bereits im Meer befunden habe und von dort erst wieder an Land gelangt wäre. Die Beklagten verweisen vielmehr auf die allgemeine Lebenserfahrung, aus der sich ergebe, dass nur ein geringer Teil des Meeresmülls aus am Strand weggeworfenen Plastikflaschen besteht, der weit überwiegende Teil jedoch an den Küsten angeschwemmt werde.
Über diese Lebenserfahrung verfügt der erkennende Senat nicht. Auch unter Berücksichtigung des Rekursvorbringens, wonach der überwiegende Teil des Meeresabfalls zunächst vom Festland – aus der Industrie, Haushalten und ungesicherten Deponien – stamme, dann in Seen, Wasserwege und ins Meer gelange und in der Folge häufig ans Land geschwemmt werde, bleibt die Möglichkeit bestehen, dass es sich bei dem an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen gesammelten PET-Abfall um solchen handelt, der erst später ins Meer gelangt wäre, sich aber nicht bereits im Meer befunden hatte. Die Negativfeststellung des Erstgerichts begegnet daher keinen Bedenken.
2.2. Die Klägerin bekämpft in ihrer Rekursbeantwortung folgende Feststellung:
„Die PET-Flakes wurden in Brasilien aus PET-Abfall, der nach den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen um die Guanabara-Bucht gesammelt wurde, hergestellt.“
Welche Ersatzfeststellung die Klägerin anstrebt, wird nicht ausgeführt. Die Beweisrüge ist insofern nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS-Justiz RS0041835).
Selbst wenn man die Ausführungen der Klägerin, dass die bekämpfte Feststellung aus den vorgelegten eidesstättigen Erklärungen nicht abgeleitet werden könne, dahin versteht, dass eine Negativfeststellung zur Herkunft der PET-Flakes angestrebt wird, überzeugt die Beweisrüge nicht.
B*****, ein Vertreter der Waste Free Oceans Foundation (WFO), gibt in seiner eidesstättigen Erklärung (./K) an, die WFO habe der ECOVER am 31.12.2016 ungefähr acht Tonnen gemahlenen PET-Abfall aus Ocean-Plastic in Rechnung gestellt, der nach den Olympischen Spielen an den Stränden, Flussufern und in den Gewässern um die Guanabara-Bucht in Brasilien nahe Rio de Janeiro gesammelt worden sei. Dem kann zwanglos eine Angabe über die Herkunft der PET-Flakes entnommen werden, ohne dass gesichert sein müsste, dass B***** beim Sammelvorgang persönlich anwesend gewesen wäre. Es bestehen nämlich keine Anhaltspunkte dafür, dass er als Vertreter einer Organisation über deren Aktivitäten unrichtige Angaben machen sollte.
Soweit die Klägerin in ihrer Rekursbeantwortung eine ergänzende Feststellung zur Frage begehrt, ob „Ocean Bottles“ ohne Biomimikry-Strukturierung vertrieben worden seien, macht sie das Fehlen wesentlicher Feststellungen (§ 496 Abs 1 Z 3 ZPO) geltend. Damit wird keine Beweisrüge erhoben (vgl RIS-Justiz RS0043603 [T7]; RS0043304 [T6]), sodass darauf hier nicht einzugehen ist. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass dieser Umstand im Verfahren nicht strittig war. Das Gewicht einer „Ocean Bottle“ ohne Strukturierung hat das Erstgericht ohnehin festgestellt.
2.3. Das Rekursgericht übernimmt daher die Feststellungen des Erstgericht als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und legt sie der Behandlung der Rechtsrüge zugrunde.
3. Zur Rechtsrüge
Zur Behauptung „50 % Plastikmüll aus dem Meer“
3.1. Rechtlich rügt der Rekurs, ausgehend von der Feststellung, dass die „Ocean Bottle“ zu 55 % aus PET bestehe, das an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen um die Guanabara-Buch gesammelt worden sei, sei die Aussage „50 % Ocean Plastic“ zutreffend.
Der als Leitbild heranzuziehende durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher habe ein hohes Problembewusstsein und ein aufgeklärtes Verständnis hinsichtlich Plastikmüll aus dem Meer. Er werde sich mit den Werbeaussagen der Beklagten kritisch auseinandersetzen und sie gesamthaft dahin verstehen, dass es sich um Plastik handle, das sich im „Kreislauf des Meeresabfalls“ befinde, unabhängig davon, ob dieser bereits im Meer gewesen sei oder vom Strand ins Meer geschwemmt werde. Er werde die Aussage nicht dahin verstehen, dass es sich um Müll handle, der sich bereits im Meer befunden habe.
Jedenfalls sei die wettbewerbliche Relevanz zu verneinen, weil es den angesprochenen Verbrauchern nicht darauf ankomme, ob Treibgut auf dem Meer gesammelt werde oder ob Plastikflaschen, die noch nie im im Meer gewesen seien, an Stränden und Küsten gesammelt würden.
3.2. Beim Irreführungstatbestand ist zu prüfen, a) wie ein durchschnittlich informierter und verständiger Interessent für das Produkt, der eine dem Erwerb solcher Produkte angemessene Aufmerksamkeit aufwendet, die strittige Ankündigung versteht, b) ob dieses Verständnis den Tatsachen entspricht, und ob c) eine nach diesem Kriterium unrichtige Angabe geeignet ist, den Kaufinteressenten zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte (RIS-Justiz RS0123292).
Die Beurteilung der Irreführungseignung ist eine Rechtsfrage, wenn dazu kein besonderes fachliches Verständnis erforderlich ist, sondern die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen (RIS-Justiz RS0075798; vgl RS0039926 [T26, T29], 17 Ob 27/11m). Dies ist hier der Fall.
Maßfigur für die lauterkeitsrechtliche Prüfung einer gegenüber Verbrauchern angewendeten Geschäftspraktik ist dabei ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher, der eine dem Anlass angemessene Aufmerksamkeit aufwendet (4 Ob 95/16y; RIS-Justiz RS0114366, insb [T5]). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad von der jeweiligen Situation, insbesondere von der Bedeutung der beworbenen Waren oder Dienstleistungen für den angesprochenen Verbraucher, abhängt und beispielsweise dort eher gering, also flüchtig sein wird, wo es um den Erwerb geringwertiger Gegenstände des täglichen Bedarfs geht (RIS-Justiz RS0114366).
3.3. Das Erstgericht ist im vorliegenden Fall zutreffend davon ausgegangen, dass ein Handspülmittel für die angesprochenen Konsumentenkreise zu den geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs zählt, sodass sie dem Kauf eine eher geringe Aufmerksamkeit widmen werden. Allein der Umstand, dass die Aufmachung der Flasche mit einem positiven Effekt für die Umwelt wirbt, führt nicht dazu, dass die angesprochenen Verkehrskreise diese Ankündigung einer besonders kritischen Würdigung unterziehen.
Die Produktaufmachung enthält mehrfach die Aussage, die Flasche sei „hergestellt mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“. Diese Angabe findet sich in auffälliger Gestaltung auf der Vorderseite der Papiermanschette am Flaschenhals, sowie kleiner auf deren Rückseite und auf dem rückseitigen Aufkleber auf der Flasche.
Schon die Formulierung „aus dem Meer“ weist eindeutig darauf hin, dass es sich um Plastikmüll handle, der sich bereits im Meer befunden habe. Der auf der Rückseite der Papiermanschette befindliche Text „Diese Flasche wurde mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt, welcher an die Küste gespült und an Rios Stränden gesammelt wurde“ bekräftigt dieses Verständnis.
Dieser Hinweis enthält die Information, dass der Plastikmüll nicht auf hoher See eingesammelt, sondern an die Küste angespült und dort gewonnen wurde. Auch daraus ergibt sich aber, dass es sich um Müll handelt, der sich zuvor im Meer befunden habe; ansonsten könnte er nicht an eine Küste angespült werden.
Irgendein Hinweis darauf, dass es sich um Müll handle, der zwar noch nie auf dem Meer getrieben hat, der aber, wäre er nicht gesammelt worden, potentiell ins Meer gespült oder vom Meer davongetragen werden könnte, ergibt sich aus der gesamten Aufmachung der Flasche nicht. Selbst das von den Beklagten unterstellte aufmerksame Studium der durch die Aufmachung der Flasche transportierten Inhalte erweckt daher bei den angesprochenen Verkehrskreisen den Eindruck, dass Plastikmüll verwendet worden sei, der bereits auf dem Meer getrieben habe.
Der Begriff „Ocean Plastic“, auf den der Rekurs verweist, wird in der Produktaufmachung nicht verwendet. Die Frage, welches Verständnis die angesprochenen Verkehrskreise mit dieser Bezeichnung verbinden, ist daher für die Beurteilung des Inhalts der durch die gesamte Produktaufmachung transportierten Aussage nicht relevant.
Die Inhalte der Websites der Zweitbeklagten sprechen von „Plastikmüll aus dem Meer“ und „Plastikmüll, der an die Strände von Rio gespült und dort gesammelt wurde“; im Zusammenhang mit der Stabilität des Materials wird darauf Bezug genommen, dass „dieses Plastik schon länger im Meer trieb“. Damit wird wiederum eindeutig auf eine Herkunft des Plastikmülls aus dem Meer hingewiesen. Dieser Eindruck wird durch die Bezeichnung der Rubrik der Website www.ecover.com/at mit „plastik-im-meer/plastik-fischen“ nochmals verstärkt.
Die Bezeichnung „Ocean Plastic“ wird in der Webadresse www.o*****.com/de verwendet; auf dieser Website findet sich auch die Angabe „Zu 50 % aus Ocean Plastic“.
Die angesprochenen Verkehrskreise werden diesen Begriff – entsprechend der Bedeutung der verwendeten Worte im Deutschen – als „Meeresplastik“ übersetzen, dieser Bezeichnung aber weder im Englischen noch im Deutschen eine präzise Aussage dazu entnehmen, ob damit auch Plastikmüll gemeint sei, der erst potentiell ins Meer gelangen kann. Als Fachausdruck, der auch an Stränden abgelagerten, aber vom Festland stammenden und nicht angeschwemmten Müll erfasst, der erst ins Meer gelangen kann, ist „Ocean Plastic“ jedenfalls nicht bekannt. Betrachtet man diese Bezeichnung im Zusammenhalt mit den zusätzlichen auf der Website kommunizierten Informationen, dass für die „Ocean Bottle“ Plastikmüll „aus dem Meer“ verarbeitet werde und das Plastik „schon länger im Meer trieb“, ist die Verwendung des Worts „Ocean Plastic“ nicht geeignet, den Eindruck, es handle sich um Müll, der aus dem Meer zurückgeholt worden sei, zu zerstören.
3.4. Grundsätzlich trifft den Kläger die Beweislast für die Unrichtigkeit einer Werbeangabe (RIS-Justiz RS0011634 [T2]). Wenn der Kläger jedoch mangels genauer Kenntnis der Tatumstände ganz besondere, unverhältnismäßige Beweisschwierigkeiten hat, wogegen dem Beklagten diese Kenntnisse zur Verfügung stehen und es ihm daher nicht nur leicht möglich, sondern nach Treu und Glauben ohne Weiteres zumutbar ist, die erforderlichen Aufklärungen zu geben, hat der Beklagte die Richtigkeit seiner Behauptung zu beweisen (RIS-Justiz RS0011634 [T8, T10]; RS0078519 [T4]). Dies entspricht der allgemeinen Regel, dass eine Beweislastverschiebung auf Ausnahmefälle beschränkt ist, in denen die „Nähe zum Beweis“ – im Einzelfall – den Ausschlag für die Zuteilung der Beweislast gibt; etwa dann, wenn Tatfragen zu klären sind, die „tief in die Sphäre einer Partei hineinführen“ (RIS-Justiz RS0013491 [T3]; vgl RS0040182; 4 Ob 182/15s).
Diese Rechtsprechung ist in jüngster Zeit in der Literatur wegen ihrer mangelnden dogmatischen Fundierung kritisiert worden ( Rassi, Die Nähe zum Beweis – eine Analyse der Rechtsprechung, ÖJZ 2017, 297, 301 ff; dazu 4 Ob 115/17s [außerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 Abs 5 UWG]).
Im Unterlassungsprozess wegen unlauterer Geschäftspraktiken besteht allerdings mit § 1 Abs 5 UWG eine gesetzliche Grundlage, auf deren Basis die von der Rechtsprechung zur Beweisnähe entwickelten Grundsätze anzuwenden sind ( Rassi, ÖJZ 2017, 301 f; vgl RIS-Justiz RS0116971). So wurde etwa hinsichtlich der Vermarktung von Produkten als diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke ausgesprochen, dass im Regelfall davon auszugehen sei, dass derjenige, der diese Produkte herstellt und vertreibt, näher am Beweis ist und daher auch deren Wirksamkeit darzulegen und zu beweisen hat (4 Ob 169/11y).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin dargelegt, aufgrund welcher Überlegungen sie davon ausgeht, dass die Ankündigung der Verwendung „mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“ nicht zutreffend sein könne. Sie hat in diesem Zusammenhang auch in Zweifel gezogen, dass der von der Beklagten verwendeten Plastikmüll aus dem Meer gesammelt worden sei (Klage/Sicherungsantrag S. 7).
Es liegt auf der Hand, dass die Beklagten, von denen die „Ocean Bottle“ produziert (Erstbeklagte) und beworben (Zweitbeklagte) wird, Zugang zu den Informationen über den Produktionsprozess und die Herkunft der verwendeten Rohstoffe haben, die der Klägerin nicht offen stehen. Das Erstgericht hat die Beweislast für die Richtigkeit der beanstandeten Werbeaussage daher zutreffend den Beklagten auferlegt.
Die Negativfeststellung zur Frage, ob das verwendete PET aus dem Meer angeschwemmt wurde, geht daher zu Lasten der Beklagten.
3.5. Die Relevanz der Irreführungseignung ist schon dann zu bejahen, wenn die unrichtige Angabe den Durchschnittsverbraucher dazu veranlassen kann, sich näher mit dem Angebot des Unternehmens zu befassen (RIS-Justiz RS0078296; RS0078202 [T28]; 4 Ob 107/15m). Aussagen über die Natürlichkeit oder Umweltverträglichkeit eines Erzeugnisses sind in hohem Maß geeignet, den Kaufentschluss zu beeinflussen (RIS-Justiz RS0078210; RS0078315). Die Frage, ob eine Werbung mit Umweltschutzbegriffen zur Irreführung geeignet ist, ist daher ähnlich wie die Gesundheitswerbung nach strengen Maßstäben zu beurteilen (4 Ob 202/12b, klimaneutraler Stempel mwN; RIS-Justiz RS0078217).
Das Erstgericht bejahte die Relevanz der Irreführungseignung. Der Rekurs hält dem entgegen, die Konsumenten seien gleichermaßen daran interessiert, den potentiell ins Meer gelangenden Plastikmüll zu reduzieren.
Dies überzeugt nicht. Die durch das Versprechen „hergestellt zu 50 % mit Plastikmüll aus dem Meer“ geweckte Assoziation mit Bildern von auf dem Meer treibendem Müll hat eine starke emotionale Komponente. Diese Ankündigung ist daher in hohem Maß geeignet, den Durchschnittsverbraucher zu einer näheren Befassung mit dem Angebot der Beklagten zu verleiten. Das Erstgericht hat die wettbewerbliche Relevanz der Irreführungseignung daher zu Recht bejaht.
Auf die Frage, ob bei den angesprochenen Verkehrskreisen das Konzept, Plastikmüll bereits an Land einer Verwertung zuzuführen, bevor er ins Meer gelangen kann, eine vergleichbare emotionale Reaktion hervorriefe wie die Assoziation mit auf dem Meer treibenden Plastikmüll, kommt es nicht an, weil die Beklagten eine derartige Ankündigung nicht gemacht haben.
3.6. Der Rekurs gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung hinsichtlich des Eindrucks die „Ocean Bottle“ sei zu 50 % aus Plastikmüll aus dem Meer hergestellt, ist daher nicht berechtigt.
Im Wege einer Maßgabebestätigung war zu präzisieren, dass nur die wahrheitswidrige Erweckung des Eindrucks, es sei Plastikmüll aus dem Meer verwendet worden, untersagt ist. Darauf zielt nach dem Antragsvorbringen auch der Sicherungsantrag der Klägerin ab.
3.7. Zu Recht beanstanden die Beklagten jedoch die darüber hinausgehende Antragsstattgebung .
Der Unterlassungsanspruch wird durch zwei Elemente konkretisiert: Eine Unterlassungspflicht und die Gefahr, dass dieser Unterlassungspflicht zuwidergehandelt wird. Fehlt eines dieser Elemente, dann besteht kein Unterlassungsanspruch (RIS-Justiz RS0037660). Hat der zu einer bestimmten Unterlassung Verpflichtete bereits einmal zuwidergehandelt, so wird vermutet, dass er wieder zuwiderhandeln werde (RIS-Justiz RS0037661).
Die Klägerin begehrte, den Beklagten zu untersagen, den Eindruck zu erwecken, die „ECOVER Ocean Bottle“ bestehe aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio. Sie haben damit – entsprechend der im Lauterkeitsrecht gängigen Praxis (4 Ob 85/17d) – zwei verpönte Handlungen kumulativ oder alternativ („und/oder“) miteinander verknüpft (vgl 4 Ob 287/02p), nämlich einerseits die (unzutreffende) Ankündigung, der Plastikmüll stamme aus dem Meer, andererseits die Aussage, er stamme von den Stränden Rios.
Letztere Behauptung trifft aber zu, da nach den Feststellungen die PET-Flakes aus PET-Abfall erzeugt wurden, der in Rio de Janeiro an den Stränden, Flussufern und Wasserläufen um die Guanabara-Bucht gesammelt wurde.
Hinsichtlich der zweiten vom Unterlassungsbegehren beanstandeten Ankündigung liegt daher kein Lauterkeitsverstoß der Beklagten vor, aus dem eine Wiederholungsgefahr abgeleitet werden könnte; Anhaltspunkte für einen drohenden Verstoß sind ebenfalls nicht ersichtlich.
In diesem Umfang erweist sich die Berufung der Beklagten daher als berechtigt. Soweit der Sicherungsantrag darauf gerichtet ist, den Beklagten zu untersagen, den Eindruck zu erwecken, die „ECOVER Ocean Bottle“ werde zu 50 % aus Plastikmüll von den Stränden von Rio hergestellt, war er deshalb abzuweisen.
Zur Behauptung einer Materialreduktion um 15 %
3.8. Der Rekurs wendet sich weiter gegen die Beurteilung des Bedeutungsgehalts der Werbeaussage der Zweitbeklagten dahin, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher die Aussage, durch das Hightech-Design werde 15 % weniger Kunststoff benötigt als für normale Flaschen, auf übliche 500 ml-Flaschen für Handspülmittel beziehe. Ein derartiges Verständnis sei lebensfremd, weil es keine einheitliche Flaschenform aller Mitbewerber gebe, auf die sich der Vergleich beziehe könne, sodass klar sei, dass auf die „Occean Bottle“ selbst Bezug genommen werde.
Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts verwiesen werden (§ 500a ZPO). Dieses hat bereits darauf hingewiesen, dass die von der Erstbeklagten entwickelte Flasche ohne Biomimikry-Struktur dem Verbraucher nicht bekannt sein könne, sodass er schon deshalb nicht an einen derartigen Vergleich denken werde. Dem vom Rekurs geforderten Verständnis steht auch der Wortlaut der beanstandeten Werbeaussage entgegen.
Die auf der Website www.ecover.com/at enthaltene Aussage „durch das Hightech-Design wird 15 % weniger Kunststoff als für normale Flaschen benötigt“ enthält keinen Hinweis darauf, dass die Beklagte selbst unterschiedliche Flaschenformen entwickelt hätte; unter einer „normalen“ Flasche kann der angesprochenen Durchschnittsverbraucher tatsächlich nur handelsübliche Kunststoffflaschen verstehen.
Die auf einer anderen Website (www.o*****. com/de) enthaltenen Ausführungen („Weil dieses Plastik schon länger im Meer trieb, war es schwächer. Wir würden mehr Plastik verwenden müssen, um eine Flasche zu entwerfen, die stark genug war. Also haben wir uns Inspiration im Meer gesucht. Dort haben wir Mikroorganismen gefunden, die aufgrund ihrer Struktur sowohl sehr leicht als auch sehr robust sind. Die Struktur war die Inspiration für unser Design. Dadurch konnten wir weniger Plastik verwenden.“) sind nicht geeignet, diesen Eindruck zu korrigieren. Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Ausführungen auf unterschiedlichen Websites platziert sind und daher typischer Weise nicht gleichzeitig wahrgenommen werden. Darüber hinaus lassen auch die Ausführungen zur Biomimikry-Struktur offen, welche Flaschen den Vergleichsmaßstab bilden.
Da die gegenständliche Flasche das gleiche Gewicht aufweist wie die durchschnittliche handelsübliche 500 ml-PET-Flasche für Handspülmittel, hat das Erstgericht zutreffend die Unrichtigkeit der beanstandeten Werbeaussage und damit die Irreführungseignung bejaht.
3.9. Auch hinsichtlich Punkt I.2. des Unterlassungsgebots ist aber zu beachten, dass die von der Zweitbeklagten zu verantwortende Wettbewerbshandlung darin besteht, eine unzutreffende Werbeaussage zu tätigen. Nur in diesem Sinn ist das Antragsvorbringen zu verstehen. Dies war im Weg einer Maßgabebestätigung klarzustellen.
4. Aufgrund der Abänderung in der Sache war eine neue Kostenentscheidung zu treffen.
Dabei ist lediglich eine Kostenentscheidung hinsichtlich der Beklagten zu treffen; hinsichtlich der Klägerin kann sie entfallen, weil die Klägerin im Sicherungsverfahren keine Kosten verzeichnete.
Die Entscheidung über die Kosten der Beklagten gründet auf §§ 78, 402 EO, 43 Abs 1 ZPO.
Im vorliegenden Fall bewertete die Klägerin das gegen beide Beklagten erhobene Unterlassungsbegehren betreffend die Werbeaussage „50 % Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio“ mit EUR 31.000,-, das ebenfalls gegenüber beiden Beklagten erhobene Unterlassungsbegehren betreffend die Aussage, es handle sich um eine serienreife Entwicklung mit EUR 9.000,-, sowie die beiden nur gegen die Zweitbeklagte erhobenen Unterlassungsbegehren betreffend die Reduktion des Materialverbrauchs und die Veröffentlichung einer Website ohne Impressum mit jeweils 9.000,-. Über das Unterlassungsbegehren betreffend das Impressum – das nach Erlassung der einstweiligen Verfügung durch Vergleich vom 26.1.2018 erledigt wurde (ON 11) – spricht die einstweilige Verfügung nicht ab.
Den Beklagten entstanden im Sicherungsverfahren die Kosten ihrer Äußerung vom 18.1.2018 (ON 8). Diese sind auf Grundlage des gesamten von der Klägerin gestellten Unterlassungsbegehrens verzeichnet, sohin auf Grundlage eines Streitwerts von EUR 58.000,-.
Die Beklagten haften für die begehrten Unterlassungen nicht solidarisch, sodass auch der Kostenersatz nicht solidarisch, sondern nach Anteilen gebührt (vgl Obermaier , Kostenhandbuch³ Rz 1.361).
In einem ersten Schritt ist daher zu ermitteln, in welchem Umfang der Aufwand der Äußerung auf die Erst- und in welchem Umfang er auf die Zweitbeklagte entfällt.
Zur Ermittlung dieser Anteile ist davon auszugehen, dass der gemeinsame Beklagtenvertreter hinsichtlich der Zweitbeklagten einen höheren Abwehraufwand (nämlich von EUR 58.000,-) zu tätigen hatte als hinsichtlich der Erstbeklagten (von EUR 40.000,-). (Nur) für die Ermittlung der Anteile der Beklagten am ihrem Verteidigungsaufwand im Sicherungsverfahren ist daher von einem gesamten Abwehraufwand von EUR 98.000,- auszugehen. Davon entfällt auf die Erstbeklagte ein Anteil von rund 40 % (EUR 40.000,- = ca 40 % von EUR 98.000,-), auf die Zweitbeklagte von rund 60 %. Zu beachten ist allerdings, dass in erster Instanz über das nur die Zweitbeklagte betreffende, mit EUR 9.000,- bewertete Unterlassungsbegehren betreffend das Impressum nicht abgesprochen wurde; die Kostenentscheidung erster Instanz daher nicht über den gesamten Aufwand der Äußerung abzusprechen hat, sondern hinsichtlich der Zweitbeklagten nur über einen mit EUR 49.000,- zu bewertenden Abwehraufwand; das entspricht 50 % des gesamten Abwehraufwands (EUR 49.000,- = ca 50 % von EUR 98.000,-). Über die restlichen 10 % der Äußerungskosten war hier nicht abzusprechen.
Die Beklagten verzeichneten für ihre Äußerung vom 18.1.2018 auf Grundlage eines Streitwerts im Sicherungsverfahren von EUR 58.000,- Kosten von insgesamt EUR 1.381,67 zuzüglich 20 % USt. Die verzeichnete Umsatzsteuer ist hier nicht zuzusprechen, weil Leistungen eines österreichischen Rechtsanwalts für einen ausländischen Unternehmer nicht der österreichischen Umsatzsteuer unterliegen. Mit einer kommentarlosen Verzeichnung von 20 % Umsatzsteuer wird im Zweifel nur die österreichische Umsatzsteuer angesprochen (RIS-Justiz RS0114955). Da der Normalsteuersatz für Belgien nicht allgemein bekannt ist, könnte ausländische Umsatzsteuer nur zugesprochen werden, wenn Entsprechendes behauptet und bescheinigt würde, was hier nicht der Fall war (RIS-Justiz RS0114955 [T4]; zuletzt 8 Ob 12/17y).
Abzusprechen ist daher über die Kosten für den fiktiv auf die Erstbeklagte entfallenden Anteil der (Netto-)Äußerungskosten von EUR 552,67 (= 40% von EUR 1.381,67) und den fiktiv auf die Zweitbeklagte entfallenden Anteil von EUR 690,83.
Die Klägerin ist – im Umfang des vom Erstgericht gefassten Teilbeschlusses – mit ihrem Sicherungsantrag gegen die Erstbeklagte hinsichtlich der Unterlassung der Behauptung „mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“ durchgedrungen, mit ihrem Begehren betreffend „50 % Plastikmüll von den Stränden von Rio“ unterlegen; ihr Obsiegen ist hier mit dem halben Streitwert des beide Verstöße verknüpfenden Antrags, sohin mit EUR 15.500,- zu bewerten. Darüber hinaus ist die Klägerin gegenüber der Erstbeklagten mit dem auf die Behauptung einer serienreifen neuen Entwicklung gerichteten Unterlassungsbegehren unterlegen. Sie ist mit ihrem Sicherungsantrag gegenüber der Erstbeklagten daher insgesamt im Umfang von 15.500,- von EUR 40.000,-, sohin zu rund 40% durchgedrungen.
Eine Quotenkompensation findet im Sicherungsverfahren nicht statt; der Gegner der gefährdeten Partei hat im Fall der Abwehr eines Teils des Sicherungsantrags vielmehr Anspruch auf Ersatz der Kosten in jenem Ausmaß, in dem er im Provisorialverfahren erfolgreich war (RIS-Justiz RS0005667 [T1]; 6 Ob 8/17w). Die Erstbeklagte hat daher Anspruch auf Ersatz von 60% ihrer Äußerungskosten von EUR 552,67, das sind EUR 331,60.
Gegenüber der Zweitbeklagten ist die Klägerin ebenfalls mit dem Unterlassungsbegehren betreffend „50 % Plastikmüll aus dem Meer“ durchgedrungen, mit ihrem Unterlassungsbegehren betreffen „50 % Plastikmüll von den Stränden von Rio“ unterlegen; sie ist mit dem Unterlassungsbegehren betreffend das Verbot der Behauptung einer serienreifen Entwicklung unterlegen, mit dem Begehren betreffend die Reduktion des verwendeten Materials jedoch durchgedrungen. Insgesamt hat die Klägerin gegenüber der Zweitbeklagten daher im Umfang von 50 % obsiegt.
Sie hat der Zweitbeklagten daher 50 % ihrer Äußerungskosten von EUR 690,83, sohin EUR 345,42, zu ersetzen.
Die Abweisung des Antrags auf Sicherheitsleistung fällt kostenmäßig nicht ins Gewicht.
5. Eine Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens war nur hinsichtlich der Beklagten zu treffen, weil die Klägerin keine Kosten verzeichnete. Die Entscheidung über die Rekurskosten der Beklagten gründet §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 ZPO.
Gegenstand des Rekursverfahrens war das gegen beide Beklagten gerichtete, mit EUR 31.000,- bewertete Begehren auf Unterlassung der Behauptung, die Flasche werde zu 50 % aus Plastikmüll aus dem Meer und/oder von den Stränden von Rio hergestellt, sowie das mit EUR 9.000,- bewertete, allein gegen die Zweitbeklagte gerichtete Begehren auf Unterlassung der Aussage, das Design der Flasche ermögliche eine Materialreduktion um 15 %.
Der für den Kostenersatzanspruch maßgebliche Streitwert im Rekursverfahren beträgt daher nur EUR 40.000,-. Ausgehend von diesem Streitwert ergeben sich Rekurskosten von EUR 2.866,72 (Verdienst TP 3B EUR 1.020,80 zuzüglich 50 % Einheitssatz, 10 % Streitgenossenzuschlag, EUR 2,10 ERV-Zuschlag und EUR 1.180,30 Pauschalgebühr). Ein Anspruch auf die verzeichnete Umsatzsteuer von 20% besteht aus den bereits oben ausgeführten Gründen nicht.
Zur Ermittlung der auf die Erst- und die Zweitbeklagte jeweils entfallenden Anteile an den Rekurskosten ist davon auszugehen, dass der gemeinsame Beklagtenvertreter hinsichtlich der Erstbeklagten Rekursanträge zu Ansprüchen im Wert von EUR 31.000,- stellte; hinsichtlich der Zweitbeklagten zu Ansprüchen im Wert von EUR 40.000,-. Damit entfallen die Rekurskosten zu 44% auf die Erstbeklagte (EUR 31.000,- eines „Gesamtaufwands“ von EUR 71.000,-) und zu 56% (EUR 40.000,- von EUR 71.000,-) auf die Zweitbeklagte. Von den Rekurskosten von EUR 2.866,72 sind daher EUR 1.261,36 der Erstbeklagten und EUR 1.605,36 der Zweitbeklagten zuzuordnen.
Die Erstbeklagte ist mit ihrem Rekurs im Umfang des Verbots der Äußerung „50 % Plastikmüll von den Stränden von Rio“ durchgedrungen; hinsichtlich des Verbots der Äußerung „50 % Plastikmüll aus dem Meer“ unterlegen.
Sie hat daher Anspruch auf Ersatz von 50 % ihrer Rekurskosten, das sind EUR 630,68.
Die Zweitbeklagte ist mit ihrem Rekurs hinsichtlich der selben Äußerungen wie die Erstbeklagte durchgedrungen und unterlegen; zusätzlich ist sie mit ihrem Rekurs betreffend das Verbot der Ankündigung von 15 % Materialersparnis unterlegen. Sie war mit ihrem Rekurs daher nur zu rund 40% erfolgreich. Die Klägerin hat der Zweitbeklagten daher 40% der auf sie entfallenden Rekurskosten, das sind EUR 642,14, zu ersetzen.
7. Der Bewertungsausspruch beruht auf §§ 78, 402 Abs 4 EO, 500 Abs 2 Z 1 lit b, Abs 3 iVm § 526 Abs 3 ZPO und der unbedenklichen Bewertung durch die Klägerin.
8. Der ordentliche Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil die Frage, wie die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbeaussage verstehen, und ob sie demnach zur Irreführung geeignet ist, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat (RIS-Justiz RS0107771; RS0053112; RS0043000). Dies gilt auch für die Frage, ob die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr nach § 1 Abs 5 UWG vorliegen (vgl 4 Ob 182/15s).
[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 23.8.2018 zurück, 4 Ob 144/18g.]