JudikaturOLG Wien

133R17/18z – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
13. April 2018

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie den Richter Dr. Thunhart und den fachkundigen Laienrichter Patentanwalt DI Puchberger in der Patentrechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Dr. Sascha Daniel Salomionowitz und Dr. Michael Horak, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Hon. Prof. Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung (EUR 61.000), Beseitigung (EUR 1.000), Rechnungslegung (EUR 1.000) und Veröffentlichung (EUR 1.000), Sicherungsinteresse EUR 61.000, über den Rekurs der beklagten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 15.1.2018, 19 Cg 85/17x 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat ihre Kosten des Rekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen. Die beklagte Partei hat ihre Kosten des Rekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Der Kläger ist Berechtigter des am 13.1.2010 veröffentlichten Patents EP 2143362 mit Priorität vom 30.6.2009 mit der Bezeichnung „ Vorrichtung zum Garen von Lebensmitteln “, dessen Anspruch 1 lautet:

Vorrichtung zum Garen von Lebensmitteln umfassend eine Feuerungswanne (4) in Form einer geschnittenen Kugel- oder Ellipsoidschale und eine Heizfläche (6), die derart ausgestaltet ist, dass die Lebensmittel unmittelbar darauf gegart werden, wobei die Heizfläche eine im Wesentlichen rechtwinklig zur Rotationsachse (A) der Feuerungswanne (4) verlaufende, durchgehende Kreisringfläche ist, und die Aussenkante der Heizfläche (6) mit der Schnittkante der Feuerungswanne verbunden ist.

Anspruch 5 dieses Patents sieht vor, dass der Außenradius R der Heizfläche im Bereich von 0,4 bis 1,5 m liegt. Eine vorteilhafte Weiterbildung gemäß Anspruch 7 schützt, dass das Verhältnis des Außenradius R zum Innenradius r der Heizfläche (6) im Bereich von 1,5 : 1 bis 3 : 1 liegt. Gemäß Anspruch 8 ist weiters geschützt, dass die Vorrichtung aus Stahl oder Gusseisen ist.

Weiters ist der Kläger Berechtigter des am 17.4.2013 veröffentlichten Patents EP 2581003 mit Priorität vom 11.10.2011 mit der Bezeichnung „ Vorrichtung zum Kochen von Nahrungsmittelprodukten “, dessen Anspruch 1 lautet:

Vorrichtung zum Garen von Lebensmitteln umfassend eine Feuerungswanne (4) mit einer rotations- und achsensymmetrischen Form, wobei die Feuerungswanne (4) eine Wannenwandung (6) und einen die Wannenwandung begrenzenden Wannenrand (8) umfasst und dazu bestimmt ist, ein Verbrennungsmaterial aufzunehmen, das beim Verbrennen die zum Garen benötigte Wärmeenergie abgibt, und eine im Wesentlichen rechtwinklig zur Achse (A) der Feuerungswanne (4) verlaufende, durchgehende Heizfläche (10), welche eine um die Achse angeordnete Öffnung (12) umgibt und zum unmittelbaren Garen der Lebensmittel bestimmt ist, wobei zwischen der Wannenwandung (6) und der Heizfläche (10) ein Zwischenboden (14) angeordnet ist, der dazu bestimmt ist, das Verbrennungsmaterial zu tragen, dadurch gekennzeichnet, dass der Zwischenboden (14) und die Wannenwandung (6) jeweils eine Auslassöffnung (24 bzw. 22) zur Entfernung der Rückstände des Verbrennungsmaterials aus der Vorrichtung aufweisen.

Nach Anspruch 2 dieses Patents ist weiters geschützt, dass der Zwischenboden in Form einer im wesentlichen durchgängigen Fläche ausgebildet ist. Anspruch 3 schützt eine Fortbildung, bei der die Auslassöffnungen im jeweils tiefstliegenden Bereich der Wannenwandung und des Zwischenbodens angeordnet sind. Anspruch 4 schützt, dass die Feuerungswanne die Form einer geschnittenen Kugel- oder Ellipsoidschale aufweist. Anspruch 5 sieht vor, dass die Außenkante (3) der Heizfläche mit dem Wannenrand unmittelbar verbunden ist. Gemäß Anspruch 9 ist geschützt, dass die Heizfläche die Form einer Kreisringfläche mit einem Außenradius R im Bereich von 0,4 bis 1,5 m aufweist. Anspruch 11 schützt, dass die Heizfläche die Form einer Kreisringfläche mit einem Verhältnis des Außenradius R zum Innenradius r im Bereich von 1,5 : 1 bis 3 : 1 aufweist. Gemäß Anspruch 12 ist geschützt, dass die Vorrichtung aus Stahl oder Gusseisen ist.

Der Kläger begehrt unter anderem, dem Beklagten zu verbieten, Grillschalen, die die angeführten, nach EP 2581003 und EP 2581003 geschützten Merkmale aufweisen, in Österreich anzubieten, zu bewerben, in Verkehr zu bringen (insbesondere zu verkaufen und/oder zu exportieren), zu den vorgenannten Zwecken zu besitzen und/oder an solchen Handlungen mitzuwirken, und beantragte zur Sicherung dieses Anspruchs die Erlassung einer gleichlautenden einstweiligen Verfügung. Er brachte dazu vor, dass der Beklagte Grillschalen vertreibe, die die Merkmale der Ansprüche 1, 5, 7 und 8 des Patents EP 2143362 und der Ansprüche 1 bis 4, 9, 11 und 12 des Patents EP 2581003 aufwiesen, wodurch er die Patentrechte des Klägers verletze.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Antrags und brachte vor, er habe die Grillschalen bereits vor der Veröffentlichung der Patente des Klägers erzeugt und in Österreich vertrieben, sodass ihm ein Vorbenützungsrecht zukomme. Die Ansprüche des Klägers seien nichtig, weil solche Feuer- und Grillschalen bereits 2009 vertrieben worden seien und im Prioritätszeitpunkt nicht neu gewesen seien.

Gegen das Patent EP 2581003, das auf dem Patent EP 2143362 beruhe, sei deshalb Einspruch erhoben worden. Der Beklagte habe auch nicht in die Patentrechte des Klägers eingegriffen, weil Anspruch 1 des Patents EP 2143362 eine Verbindung zwischen der Außenkante der Heizfläche und der Schnittkante der Feuerungswanne vorsehe, während die Feuerschalen des Beklagten eine radial über die Schnittkante der Feuerungswanne vorstehende Heizfläche aufwiesen. Der Beklagte verfüge für diese Grillschalen-Produkte zudem über einen originären europäischen Designschutz, weshalb er zum Vertrieb berechtigt sei.

Mit dem angefochtenen Beschluss erließ das Erstgericht die beantragte einstweilige Verfügung mit Ausnahme des Verbots des Besitzes solcher Grillschalen, wobei es den auf Seiten 6 bis 10 der Beschlussausfertigung ersichtlichen Sachverhalt als bescheinigt annahm und in rechtlicher Hinsicht ausführte, dass die Patenterteilung im Provisorialverfahren einen prima-facie Beweis des Patentrechts bewirke, den der Beklagte nicht entkräften habe können.

Die Grillschale „La Ilama“ verwirkliche die Merkmale des Patents EP 2143362 „wörtlich“. Die Merkmale des Patents EP 2581003 seien demgegenüber „nicht wörtlich“ verwirklichen, weil die Außenkante der Heizfläche nicht unmittelbar mit der Schnittkante der Feuerungswanne verbunden sei, sondern die Außenkante der Heizfläche geringfügig über die Schnittkante stehe, was aber technisch gleichwertig sei und sich auch in naheliegender Weise aus der Offenbarung des Patents ergebe. Die Registrierung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters verleihe dem Beklagten kein Nutzungsrecht. Da der Anspruch hinreichend bescheinigt sei und der Beklagte kein Vorbringen zu einem allenfalls drohenden Schaden erstattet habe, wurde von einer Sicherheitsleistung abgesehen.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten aus den Rekursgründen der „unrichtigen Sachverhaltsfeststellung“ und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag den Sicherungsantrag kostenpflichtig abzuweisen, in eventu die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen, in eventu die einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung von zumindest EUR 122.000 abhängig zu machen.

Der Kläger beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Zur Tatsachenrüge:

1. Die Beklagte beantragt unter dem Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung Feststellungen, wonach der Beklagte das der Grillschale „La Ilama“ zugrundeliegende Design bereits vor dem 1.7.2008 in seiner Werkstatt entwickelt und der damalige Stand der Technik die Erfindungen des Klägers bereits vorweggenommen habe, wie sich dies aus den vorgelegten Urkunden in Beilage ./6, ./9, ./11 und ./12 ergebe. Dabei ignoriert der Beklagte die Feststellung des Erstgerichts, wonach nicht bescheinigt wurde, dass der Beklagte derartige Produkte bereits vor den Prioritätsstichtagen oder der Veröffentlichung der Patente hergestellt oder vertrieben habe. Darüber hinaus ergibt sich aus den Ausführungen des Erstgerichts in BS 10 f, dass der Beklagte auch keine Vorbenutzung oder Vorveröffentlichung bescheinigen konnte, die den Patentrechten des Klägers entgegenstehen würde, weil aus den vorgelegten Urkunden weder die technische Ausgestaltung der Produkte noch der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung zweifelsfrei zu entnehmen ist. Der Beklagte führt weder aus, welche konkreten Feststellungen des Erstgerichts er als unrichtig bekämpft, noch führt er Gründe an, weshalb die vom Erstgericht vorgenommene Würdigung der Bescheinigungsmittel unrichtig ist, wodurch seine Tatsachenrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

Zur Rechtsrüge:

2.1 Nach ständiger Rechtsprechung schafft die Patenterteilung im Provisorialverfahren einen – allenfalls durch Gegenbescheinigungen entkräftbaren – prima-facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts (RIS-Justiz RS0071369). Der Oberste Gerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass der bloße Umstand, dass gegen das Patent eine Nichtigkeitsklage erhoben wurde, noch nicht als Gegenbescheinigung zu werten ist (4 Ob 324/73 = RIS-Justiz RS0071369 [T1]). Dementsprechend kann auch der gegen das Patent EP 2581003 erhobene Einspruch den prima-facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts des Klägers nicht entkräften.

2.2 Der Beklagte macht in der Rechtsrüge ein Vorbenutzungsrecht nach § 23 PatG geltend, weil er schon vor der Veröffentlichung der Patentschriften die nunmehr beanstandeten Grillschalen erzeugt und vertrieben habe. Damit entfernt er sich von den Feststellungen, wonach eine solche Vorbenutzung gerade nicht bescheinigt wurde. Auch seine Behauptung, wonach sich die Patente des Klägers schon im Zeitpunkt der Anmeldung aus dem Stand der Technik ergeben hätten, konnte der Beklagte nicht bescheinigen, was das Erstgericht in BS 10 f dargelegt hat. Der Rekursvortrag des Beklagten, dass oval- oder kugelförmig geschnittene Griller zum Garen von Speisen in ringförmigen Hitzestufen bereits aus US-2006.0260598 und EP 0380086 bekannt seien, verstößt gegen das Neuerungsverbot, das auch im Rekursverfahren gilt (RIS-Justiz RS0042091 [T1]). Damit konnte der Beklagte den mit der Patenterteilung verbundenen prima-facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts nicht widerlegen.

2.3.1 Der Beklagte wendet ein, dass die von ihm vertriebenen Produkte die Patentansprüche des Klägers nicht verletzen würden, weil bei den von ihm vertriebenen Grillschalen der Rand der Heizfläche anders ausgestaltet sei.

Der Schutzbereich des Patents wird nach § 22a PatG durch die Patentansprüche bestimmt, wobei jedoch die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind. „Gegenstand der Erfindung” im Sinne des § 22 Abs 1 PatG ist daher der in den Patentansprüchen definierte Lösungsgedanke im Zusammenhang mit der durch ihn gelösten Aufgabe, der auch den Umfang des dem Patentinhaber gewährten Schutzes bestimmt (RIS-Justiz RS0071537).

Um naheliegende Umgehungsversuche nach Möglichkeit auszuschalten, umfasst der Patentschutz aber auch eine äquivalente – inhaltsgleiche – Benützung der patentierten Erfindung (RIS-Justiz RS0071079; RS0071084). Eine äquivalente Verwendung liegt vor, wenn die Fachperson den Patentansprüchen die ausgetauschten Merkmale ohne erfinderisches Bemühen als funktionsgleiches Lösungsmittel entnimmt und diese Lösungsmittel mit den in den Patentansprüchen genannten Merkmalen in ihrer technischen Funktion übereinstimmen und im Wesentlichen gleiche Wirkung erzielen (RIS-Justiz RS0071084; RS0123521; RS0123522; RS0123523; RS0125681). Für die Beantwortung der Frage, ob der im Patent genannte oder ein anderer Zweck verfolgt und erreicht wird, ist ein praktisch vernünftiger Maßstab anzulegen (17 Ob 35/09k = RIS-Justiz RS0125681). Technische Maßnahmen, die sich gegenüber den Patentansprüchen nur unwesentlich unterscheiden, fallen deshalb nicht aus dem Schutzbereich des Patents (RIS-Justiz RS0071079; Weiser, PatG 3 247.). Unter diesen Voraussetzungen sind auch die unvollkommene Benützung und die sogenannte verschlechterte Ausführungsform als Patentverletzung zu werten (4 Ob 321/84 = RIS-Justiz RS0071513).

2.3.2 Die Grillschale „La Ilama“ des Beklagten ist eine Vorrichtung zum Garen von Lebensmitteln, die aus einer Feuerungswanne in Form einer geschnittenen Kugel- oder Ellipsoidschale und einer Heizfläche in Form einer rechtwinklig zur Rotationsachse der Feuerungswanne verlaufenden, durchgehenden Kreisringfläche besteht, auf der Lebensmittel gegart werden, wodurch das Produkt insofern dem Anspruch 1 des Patents EP 2143362 entspricht. Während Anspruch 1 vorsieht, dass die „Außenkante der Heizfläche mit der Schnittkante der Feuerungswanne verbunden“ ist, liegt bei der Grillschale „La Ilama“ die Außenkante der Heizfläche geringfügig außerhalb der Schnittkante der Feuerungswanne. Dieses geringfügige Überstehen der Außenkante ändert aber nichts daran, dass auch bei der vom Beklagten hergestellten Grillschale die Temperatur aufgrund der in der Mitte austretenden Flammen im Außenbereich der Heizfläche geringer ist, was durch Verschieben der zuzubereitenden Speisen die Auswahl einer optimalen Temperatur ermöglicht, wie dies in der Beschreibung des Patents zu [0012] dargelegt wird. Die geringfügige und für die Fachperson naheliegende Abweichung ändert damit angesichts der im Wesentlichen gleichen Wirkung nichts an der Verletzung des Schutzrechts des Klägers.

2.3.3 Der Beklagte macht geltend, dass das Patent des Klägers offenlasse, wie die Heizfläche mit der Feuerungswanne verbunden sei, während die Heizplatte bei den Produkten des Beklagten verschweißt sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass der Anspruch 1 des Patents EP 2143362 jedwede Verbindung dieser Bauteile schützt. Zudem sieht Anspruch 2 des Patents EP 2143362 eine vorteilhafte Ausgestaltung vor, bei der die Außenkante der Heizfläche mit der Schnittkante der Feuerungswanne verschweißt ist, wodurch eine solche Schweißverbindung jedenfalls vom Schutzumfang erfasst ist. Der Einwand des Beklagten, dass die Veröffentlichung des klägerischen Patents keine Angaben enthalte, wie groß die untere Öffnung der Grillschale ausgestaltet sei, und dass die Produkte des Beklagten einen Zwischenboden aufwiesen, ändert nichts daran, dass die vom Beklagten vertriebenen Grillschale „La Ilama“ alle wesentlichen Merkmale des Patents EP 2143362 verwirklicht. Auch ist darauf zu verweisen, dass die Beschreibung des Patents EP 2143362 zu [0020] eine untere Öffnung zum Reinigen der Grillschale in der Größenordnung von 20 mm und zu [0021] einen Zwischenboden beschreibt, wie er auch in Anspruch 9 des Patents angeführt wird. Der Beklagte hat durch den Vertrieb der Grillschale „La Ilama“ daher in die Patentrechte des Klägers eingegriffen.

2.4 Der Beklagte beruft sich zu seiner Rechtfertigung auf „eigene Designrechte“ nach Art 19 GGV und legte mit Beilage ./6 Registerauszüge vor, aus denen sich ergibt, dass er in den Jahren 2015 und 2017 Geschmacksmuster für seine Grillschalen angemeldet hat. Nach Art 8 Abs 1 GGV besteht ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster nicht an Erscheinungsmerkmalen eines Erzeugnisses, die ausschließlich durch dessen technische Funktion bedingt sind. Dennoch können Gemeinschaftsgeschmacksmuster und Patentrechte nebeneinander bestehen, wenn das Geschmacksmuster neben technisch bedingten auch gestalterische Elemente umfasst ( Thiele, Patent versus Design: Zur Nichtigkeit eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters wegen Verstoßes gegen eine offenbarte Patentschrift, ZTR 2016, 120, 122; Ruhl, Gemeinschaftsgeschmacksmuster 2 Art 8 GGV Rn 38). Ein später angemeldetes Geschmacksmuster kann dem Anmelder gegenüber einem (prioritäts )älteren Patent kein Benutzrecht verleihen (BGH Ia ZR 173/63 GRUR 1964, 606; Mes , PatG/GebrMG 4 § 14 GebrMG Rn 4; Keukenschrijver in Busse/Keukenschrijver 8 § 14 GebrMG Rn 13). Da sich aus den unstrittigen Registerauszügen in Beilage ./6 ergibt, dass die Patente des Klägers im Vergleich zu den Gemeinschaftsgeschmacksmustern des Beklagten prioritätsälter sind, kann der Beklagte daraus kein Benutzungsrecht ableiten.

2.5 Schließlich macht der Beklagte im Rahmen der Rechtsrüge geltend, dass das Erstgericht die einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung von zumindest EUR 122.000 abhängig machen hätte müssen, wie dies von ihm beantragt wurde. Auch wenn der Kläger den zu sichernden Anspruch bescheinigt hat, kann das Gericht nach § 390 Abs 2 EO die Bewilligung der einstweiligen Verfügung nach Lage der Umstände von einer Sicherheitsleistung abhängig machen. Hier ist durchaus zu berücksichtigen, dass dem Unterlassungsanspruch durch eine nachträgliche Nichtigerklärung der Patente des Klägers die Grundlage entzogen werden könnte (RIS-Justiz RS0125406). Eine Sicherheitsleistung ist aufzutragen, wenn gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung wegen der Größe des Eingriffs in die Interessen des Antragsgegners Bedenken bestehen, etwa weil die einstweilige Verfügung erheblich in die Geschäftstätigkeit des Gegners eingreift (RIS-Justiz RS0005711, insbesondere [T5 und T6]). Der Gegner hat auszuführen, worin der zu befürchtende Schaden zu erblicken wäre, der eine Sicherheitsleistung rechtfertigen würde (RIS-Justiz RS0005504). Wurden aber Umstände, aus denen sich ein so schwerwiegender Eingriff erschließen ließe, weder behauptet noch bescheinigt und sind sie auch sonst im Verfahren nicht hervorgekommen, dann ist keine Sicherheitsleistung aufzutragen (RIS-Justiz RS0005595 [T15]; Kodek in Angst/Oberhammer 3 § 390 EO Rz 6).

Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Beklagte kein Vorbringen erstattet, aus dem ableitbar wäre, dass das einstweilige Verbot mit einem erheblichen Eingriff in seine Geschäftstätigkeit verbunden wäre oder er schwerwiegende wirtschaftliche Nachteile erleiden würde. Das Erstgericht hatte demnach keine Veranlassung, eine Sicherheitsleistung aufzutragen, wobei es dem Erstgericht mangels eines substantiierten Tatsachensubstrats auch gar nicht möglich gewesen wäre, einen angemessenen Betrag zu bestimmen. Wenn der Beklagte nunmehr vorbringt, dass die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung seine wirtschaftliche Existenz gefährde und pro Jahr mit einem „Verlust in zumindest EUR 100.000 übersteigender Höhe“ zu rechnen sei, so verstößt dies gegen das Neuerungsverbot. Das Unterbleiben einer Sicherheitsleistung ist demnach nicht zu beanstanden.

3. Die Entscheidung über die Rechtsmittelkosten des Klägers im Sicherungsverfahren gründet sich auf § 393 Abs 1 EO. Die Entscheidung über die Rechtsmittelkosten des Beklagten beruht auf §§ 402 Abs 4, 78 EO und § 40 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

4. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands nach §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO ergibt sich aus der wirtschaftlichen Bedeutung des Patentrechts und orientiert sich auch an der Bewertung durch den Kläger.

5. Wie weit der Schutzumfang eines Patents reicht, kann nur durch Auslegung im Einzelfall beurteilt werden (RIS-Justiz RS0071537 [T7]). Da auch sonst keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO beantwortet werden mussten, war der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen.

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