133R3/18s – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Nichtigklärung des Patents E 509241 über die Berufung der Antragstellerin gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 16.8.2017, N 10/2013 24, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen (I.) und zu Recht erkannt (II.):
Spruch
I. Die Parteibezeichnung der Antragstellerin wird [...] berichtigt.
II. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die Kosten der Berufungsbeantwortung von EUR 1.829,16 (darin EUR 304,86 an USt) zu ersetzen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Text
zu I.) [...]
zu II.) Die Antragsgegnerin ist Inhaberin des österreichischen Teiles E 509241 des europäischen Patents EP 1342962 B1 mit der Bezeichnung „Speicherofen”, das am 22.1.2003 angemeldet wurde. Die ursprünglich angemeldeten und damals erteilten Patentansprüche 1 und 3 lauteten:
1. Ofen mit Konvektion, mit einem durch eine Außenwand (9) umschlossenen Feuerraum (1) und einer davon beabstandeten Außenverkleidung (4), wobei zwischen der Außenwand (9) und der Außenverkleidung (4) ein Konvektionsraum (3) vorgesehen ist, und mit zumindest einem den [richtig: dem] Konvektionsraum (3) zugeordneten plattenförmigen Speicherelement (2), dadurch gekennzeichnet, dass das plattenförmige Speicherelement (2) flächig unmittelbar an der Außenwand (9) des Feuerraums (1) anliegt und der Konvektionsraum (3) in diesem Bereich nur zwischen dem plattenförmigen Speicherelement (2) und der Außenverkleidung (4) des Ofens vorgesehen ist.
3. Ofen nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Speicherelement (2) mittels Halteeinrichtungen an der Außenwand (9) des Feuerraumes (1) gehalten ist.
Mit Entscheidung des Europäischen Patentamts vom 12.12.2013 wurden die Patentansprüche über Antrag der Antragsgegnerin vom 11.7.2013 dahingehend eingeschränkt, dass der Anspruch 1 neu gefasst wurde, Anspruch 3 entfiel und die übrigen Ansprüche unverändert blieben, wodurch für die Antragsgegnerin nunmehr folgende Ansprüche eingetragen sind:
1. Ofen mit Konvektion, mit einem durch eine Außenwand (9) umschlossenen Feuerraum (1) und einer davon beabstandeten Außenverkleidung (4), wobei zwischen der Außenwand (9) und der Außenverkleidung (4) ein Konvektionsraum (3) vorgesehen ist, und mit zumindest einem den [richtig: dem] Konvektionsraum (3) zugeordneten plattenförmigen Speicherelement (2), wobei das plattenförmige Speicherelement (2) flächig unmittelbar an der Außenwand (9) des Feuerraums (1) anliegt und der Konvektionsraum (3) in diesem Bereich nur zwischen dem plattenförmigen Speicherelement (2) und der Außenverkleidung (4) des Ofens vorgesehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Speicherelement (2) mittels an der Außenwand (9) des Feuerraumes (1) angebrachten Halteeinrichtungen gehalten ist.
2. Ofen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass an jeder Außenwand (9) des Feuerraumes (1) zumindest ein plattenförmiges Speicherelement (2) angeordnet ist.
3. Ofen nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Speicherelement (2) streifenförmig ausgebildet ist.
4. Ofen nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Speicherelement (2) an seiner dem Feuerraum (1) zugewandten Seite zumindest bereichsweise eine glatte Oberfläche aufweist.
5. Ofen nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das zumindest eine Speicherelement (2) an seiner dem Feuerraum (1) abgewandten Seite zumindest bereichsweise eine raue, vorzugsweise gerippte und/oder gewellte, Oberfläche aufweist.
6. Ofen nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Speicherelement (2) aus einem Material hergestellt ist, das eine Wärmeleitfähigkeit von 4 bis 9 W(mK) 1 und eine spezifische Wärmekapazität von 0,6 bis 1 J g 1 K 1 aufweist.
7. Ofen nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass in der Außenverkleidung (4) zumindest eine Eintrittsöffnung für die zu erwärmende Raumluft und zumindest eine Austrittsöffnung (5) für die erwärmte Raumluft vorgesehen ist.
8. Ofen nach Anspruch 6 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass an der Oberseite der Außenverkleidung (4) des Ofens ein oder mehrere Austrittsöffnungen (5) vorgesehen sind.
9. Ofen nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass an zumindest einer Seite der Außenverkleidung (4) des Ofens ein oder mehrere Austrittsöffnungen (5) vorgesehen sind.
10. Ofen nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass um den Rauchabzug des Feuerraums (1) zumindest ein diesem angepasstes Speicherelement (2) angeordnet ist.
11. Ofen nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Speicherelement (2) aus magnetischem Wärmespeichermaterial hergestellt ist.
Die Antragstellerin beantragte mit Antrag vom 5.8.2013 die Nichtigerklärung des später eingeschränkten Patents, weil das Patent dem Stand der Technik entspreche und nicht neu sei. So sei bereits zu DE 1494767 U und DE 29710632 U1 ein Ofen mit Luftkanälen zur Konvektion samt plattenförmiger Speicherelemente als Patent eingetragen. Auch seien diese Merkmale bei den im Handel erhältlichen Kaminöfen „Handöl” Modell 6, 9 und 10 bereits verwirklicht. Auch bei diesen Öfen sei ein einfaches Austauschen der Speicherelemente möglich, für das sich in der Patentanmeldung im Übrigen keine Hinweise ergäben. Die abhängigen Patentansprüche würden sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. Zudem würde das Patent nunmehr über den Inhalt des ursprünglichen Antrags hinausgehen, weil auch solche Haltevorrichtungen umfasst seien, die nicht an der Außenwand des Feuerraums angebracht sind.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags und brachte vor, dass an der Außenwand des Feuerraums angebrachte Halteeinrichtungen bereits im ursprünglichen Patentantrag beispielhaft angeführt und in Figur 4 auch grafisch dargestellt worden seien. Das zu DE 1494767 U eingetragene Patent betreffe einen Ofen, bei dem die Speicherelemente von der Außenverkleidung mittels Abstandstücken an die Außenwand gedrückt würden, nicht jedoch von einer an der Außenwand des Feuerraums angebrachten Haltevorrichtung gehalten würden. Die im Streitpatent vorgeschlagene Konstruktion, die ein Austauschen der Speicherelemente im Rahmen einer Reparatur oder zur Veränderung des Luftstroms ermöglichen würde, sei als Erfindung zu qualifizieren. Auch die Kaminöfen „Handöl”, von denen unklar sei, wann sie in Verkehr gebracht worden seien, würden über keine solche Haltevorrichtung verfügen. Zudem würden die Speicherelemente bei diesen Öfen nicht am Feuerraum, sondern oberhalb der Rauchumlenkplatte an der Rauchgaskuppel anliegen. Die Antragsgegnerin sei nicht verpflichtet gewesen, alle Vorteile des Patents schon in der Anmeldung offenzulegen.
Mit der angefochtenen Entscheidung stellte die Nichtigkeitsabteilung des Patentamts das Verfahren hinsichtlich der weggefallenen Ansprüche 1 und 2 ein und wies den Nichtigkeitsantrag hinsichtlich der Ansprüche 1 bis 11 in der beschränkten Fassung ab. Die Nichtigkeitsabteilung führte dazu aus, dass zwar der ursprünglich erteilte Anspruch offengelassen habe, wo die Halteeinrichtung angebracht werde, jedoch in der Anmeldung schon darauf hingewiesen worden sei, dass die Halteeinrichtung an der Außenwand montiert werden könne, wodurch keine Überschreitung der ursprünglichen Offenbarung vorliege und die Beschränkung des Patents zulässig gewesen sei.
Das Patent DE 1494767 U sehe keine an der Außenwand des Feuerraums mit einer Haltevorrichtung angebrachten Speicherelemente vor.
Das Patent DE 29710632 U1 betreffe einen Ofen, bei dem die Speicherelemente lose aufgeschichtet, nicht aber mit Halteeinrichtungen an der Außenwand des Feuerraums fixiert seien.
Die Konstruktion nach EP 0082306 sehe keine plattenförmigen Speicherelemente vor, wobei die Speicherelemente auch nicht an der Außenwand des Ofens anliegen würden.
Auch das Patent DE 228266 enthalte kein flächiges Anliegen der Speicherelemente und keine an der Außenwand des Feuerraums angebrachte Halteeinrichtung.
Die Öfen „Handöl” Modell 6, 9 und 10 seien bereits vor dem Prioritätstag im Handel gewesen, wobei aber bei diesen Öfen die Speicherelemente nicht an der Außenwand des Feuerraums, sondern bei der Rauchgaskuppel angeordnet seien. Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei daher gegenüber dem bisherigen Stand der Technik neu, weshalb auch die abgeleiteten Ansprüche 2 bis 11, die eine vorteilhafte Ausgestaltung des in Anspruch 1 definierten Ofens beträfen, aufrecht zu erhalten seien.
Dagegen richtet sich die Berufung der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts aufzuheben und das angefochtene Patent in seiner beschränkten Fassung in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Antragsgegnerin begehrt der Berufung nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
1. Unter dem Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen bekämpft die Antragstellerin vermeintliche Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung, die aber der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen sind. Insbesondere ist es eine Rechtsfrage, ob eine Haltevorrichtung, die an einer Strahlenschutzplatte montiert und – wie dies auch von der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts festgestellt wurde – wiederum mit dem Brennraum verschweißt ist, eine „mehrteilige” Haltevorrichtung iSd Anspruchs 1 ist. Auch die Frage, ob das Vorhandensein von Speicherelementen an der Rauchgaskuppel beim Ofen „Handöl” Modell 6 der Neuheit einer Erfindung entgegensteht, die Speicherelemente am Feuerraum vorsieht, ist in erster Linie eine Rechtsfrage (siehe OLG Wien 34 R 16/15w, Bodenbearbeitungsgerät, und Weiser, Patentgesetz 3 122).
Im Übrigen ist der Berufungsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellungen nicht gesetzeskonform ausgeführt, weil die Rechtsmittelschrift der Antragstellerin nicht eindeutig erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen bekämpft und welche Feststellungen statt dessen begehrt werden.
2.1. In der Rechtsrüge macht die Antragstellerin geltend, dass durch die Beschränkung des Patents die ursprüngliche Anmeldung in unzulässiger Weise überschritten worden sei, weil der ursprüngliche Anspruch 3 und auch die Offenbarung nicht bestimmt hätten, wo die Halteeinrichtung für die Speicherelemente angebracht sei, was aber nun in Anspruch 1 festgelegt sei.
2.2. Nach § 10 Abs 1 PatV-EG iVm Art 138 Abs 1 lit c EPÜ kann das europäische Patent mit Wirkung für einen Vertragsstaat für nichtig erklärt werden, wenn der Gegenstand des europäischen Patents über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Nach Art 69 Abs 1 EPÜ wird der Schutzbereich der europäischen Patentanmeldung durch die Patentansprüche bestimmt, doch sind die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.
2.3. Nach Art 105a EPÜ kann das europäische Patent auf Antrag des Patentinhabers durch Änderung der Patentansprüche beschränkt werden. Dieses Beschränkungsverfahren soll dem Patentinhaber – insbesondere wenn ihm nach der Erteilung ein relevanter Stand der Technik bekannt wird – den Rückzug auf einen beschränkten Schutzumfang, dh auf ein Minus, aber kein Aliud ermöglichen ( Beetz, Die Beschränkung von Patenten und deren erster Anschein, ÖBl 2010, 110 f). Die Beschränkung der Ansprüche eines erteilten Patents mittels Teilverzichts ist auch unter Aufnahme von Merkmalen aus der Beschreibung möglich, sofern dadurch die ursprüngliche Offenbarung nicht überschritten wird (OLG Wien 34 R 34/14s, Benzimidazole; Nemec/Vögele, Zur Beschränkung des Patents nach Erteilung, ÖBl 2015, 4 f). Eine Beschränkung liegt deshalb jedenfalls dann vor, wenn der Patentanspruch auf ein in der Patentschrift genanntes Ausführungsbeispiel reduziert wird ( Schäfers in Benkard 2 Art 105b EPÜ Rz 11).
2.4. In den ursprünglich eingetragenen Ansprüchen 1 und 3 war nicht festgelegt, dass die Halteeinrichtung für die Speicherelemente an der Außenwand des Feuerraums angebracht ist. Wohl aber wird in der Beschreibung zu [0013] ausgeführt, dass das Halten der Speicherelemente auf verschiedene Arten durchgeführt werden kann, zum Beispiel auch durch „einfache Befestigung, z.B. Verschraubung, der Speicherelemente direkt an die Außenwand des Feuerraums.” Die Herstellung einer Verschraubung ist dabei nur ein – auch in der Beschreibung nicht näher präzisiertes – Ausführungsbeispiel.
Wenn Anspruch 1 in der nunmehrigen Fassung nur solche Öfen umfasst, bei denen zumindest ein Speicherelement mittels an der Außenwand des Feuerraums angebrachter Halteeinrichtungen gehalten ist, so handelt es sich dementsprechend um eine Beschränkung des ursprünglichen Anspruchs, der von der ursprünglichen Offenbarung gedeckt ist, weshalb die Rechtsrüge der Antragstellerin insofern nicht berechtigt ist.
3.1. Weiters bestreitet die Antragstellerin in ihren der Rechtsrüge zuzuordnenden Ausführungen die Neuheit der dem Anspruch 1 zugrundeliegenden technischen Lösung, weil die in Anspruch 1 beschriebenen, an der Außenwand des Feuerraums anliegenden Speicherelemente dem Ofen „Handöl” Modell 6 entsprächen, zumal die Rauchgaskuppel dieses Ofens noch dem Feuerraum zuzuzählen sei. Auch dieser Ofen verfüge über eine am Feuerraum angebrachte, wenngleich „mehrteilige” Haltevorrichtung, zumal die Halteeinrichtung zwar an der Strahlenschutzplatte montiert, diese aber wiederum am Feuerraum verschweißt sei.
Auch die Öfen „Handöl” Modell 6, 9 und 10 verfügten über Haltevorrichtungen, die unmittelbar an der Rauchgaskuppel oder an der Außenwand angebracht seien. Nach dem „Aufgabe-Lösungs-Ansatz” liege dem Anspruch 1 keine Erfindung zugrunde, weil es für eine Fachperson naheliegend sei, Speicherelemente dort anzubringen, wo eine entsprechende Wärmeentwicklung stattfinde, sei es an der Rauchgaskuppel oder beim Feuerraum. Im Übrigen seien plattenförmige, am Feuerraum anliegende Speicherelemente bereits in der Anmeldung zu DE 29710632 U1 offenbart worden. Auch die Veröffentlichung zu DE 1494767 U zeige einen Ofen mit Konvektion zwischen dem Feuerraum und den umgebenden, ringfömig angeordneten Schamottplatten.
3.2. Nach § 10 Abs 1 PatV-EG iVm Art 138 Abs 1 lit a EPÜ kann das europäische Patent mit Wirkung für einen Vertragsstaat für nichtig erklärt werden, wenn der Gegenstand des europäischen Patents nach den Artikeln 52 bis 57 EPÜ nicht patentierbar ist. Nach Art 52 Abs 1 EPÜ werden Europäische Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Nach Art 54 Abs 1 EPÜ gilt eine Erfindung als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Nach Art 54 Abs 2 EPÜ bildet den Stand der Technik alles, was vor dem Anmeldetag der europäischen Patentanmeldung der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist. Dabei kommt es darauf an, was eine Fachperson aus den am Prioritätstag öffentlich zugänglichen Beschreibungen oder Vorbenutzungen entnehmen konnte ( Melullis in Benkard 2 Art 54 EPÜ Rn 44 ff; Lindner in Singer/Stauder 7 Art 54 EPU Rn 57 ff).
3.3. Eine Erfindung gilt nach Art 56 EPÜ als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für die Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Nach dem vom Europäischen Patentamt entwickelten „Aufgabe-Lösungs-Ansatz” ist dabei zunächst der nächstliegende Stand der Technik zu ermitteln, sodann die zugrunde liegende technische Aufgabe zu bestimmen und schließlich zu beurteilen, ob die Erfindung angesichts des nächstliegenden Stands der Technik und der technischen Aufgabe für die Fachperson naheliegend war (mwN Mes , Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz 4 § 4 PatG Rn 29; Kinkeldey/Karamanli in Benkard 2 Art 56 EPÜ Rn 23). Jedoch fehlt die erfinderische Tätigkeit einer Neuentwicklung nach dem „ could-would-approach ” nicht schon dann, wenn die Fachperson auf Grund des Stands der Technik zu ihr gelangen hätte können, sondern erst, wenn er sie auf Grund eines hinreichenden Anlasses in Erwartung einer Verbesserung oder eines Vorteils auch tatsächlich vorgeschlagen hätte (RIS-Justiz RS0071157 [T1] = 17 Ob 4/11d; RIS-Justiz RS0130386 = 4 Ob 17/15a = ZTR 2015, 277). Auch wenn einzelne Elemente des Inhalts der Erfindung bereits vorher bekannt waren, so bedeutet dies noch nicht, dass keine erfinderische Tätigkeit vorliegt, zumal eine Erfindung auch darin bestehen kann, dass bereits bekannte Einrichtungen durch eine besondere Art ihrer Verwendung oder durch die Verbindung mit noch unbekannten Einrichtungen dazu verwendet werden, ein technisches Problem zu lösen (RIS-Justiz RS0071157).
3.4. Als nächstliegender Stand der Technik ist – bezogen auf das von der Antragstellerin ins Treffen geführte Modell „Handöl” Modell 6 – jene Kombination von Merkmalen zu sehen, die erfolgversprechend ist, um zur beanspruchten Erfindung zu gelangen. Auch bei diesem Modell lassen sich ein Konvektionsraum, Speicherelemente und Halterungen für Speicherelemente finden.
Das Streitpatent unterscheidet sich von diesem Stand der Technik vor allem dadurch, dass der Konvektionsraum einerseits durch Speicherelemente, die mittels an der Außenwand des Feuerraums angebrachten Halterungen gehalten werden und die flächig unmittelbar an der Außenwand anliegen, und andererseits von einer vom Feuerraum beabstandeten Außenverkleidung gebildet wird. Diese erfindungsgemäße Ausführung erlaubt einen einfachen Ofenaufbau, bei dem ein dauernder Konvektionsluftstrom im Bereich des Feuerraumes geschaffen wird.
Die Antragstellerin schlägt als zu lösende technische Aufgabe vor, eine alternative Stelle der Ofenaußenwand zu nutzen, an der eine entsprechende Wärme entwickelt wird.
Würde eine Fachperson den Ofen „Handöl” Modell 6 unter diesem Aspekt weiterentwickeln wollen, so stünde sie vor dem Problem, dass sich im Bereich des Feuerraums dieses Ofens kein Konvektionsraum finden lässt. Einerseits zeigt die Seitenansicht dieses Ofens in Beilage ./H eine Innenverkleidung, eine Außenwand, eine Strahlungsplatte und möglicherweise eine Außenverkleidung, diese flächigen Elemente liegen jedoch unmittelbar aufeinander und lassen keinen Konvektionsraum zu. Auch die Seitenwände des Feuerraums bestehen entweder aus einer Glasplatte (siehe zum Beispiel Seite 2 der Beilage ./F) oder aus Specksteinen (siehe Seite 10 der Beilage ./G). Um die Wärme im Bereich des Feuerraums für einen Konvektionsluftstrom zu nutzen, müsste der Ofen „Handöl” Modell 6 nicht nur einfach mit Speicherelementen im Bereich des Feuerraumes ausgestattet werden, sondern es müssten zusätzlich Konvektionsräume in diesem Bereich gebildet werden, was aber eine vollkommene Neukonstruktion des Ofens erfordern würde.
Zwar sind Konvektionsräume im Bereich des Feuerraumes beispielsweise aus DE 29710632 U1 bekannt, dort sind jedoch lose aufgeschichtete Speichersteine beschrieben, um Spannungsrisse zu vermeiden. Um einen (nicht zufällig ganz oben liegenden) Stein in einem Ofen laut DE 29710632 U1 zu tauschen, müssten die darüber liegenden Steine erst abgenommen und dann wieder aufgeschichtet werden.
Demgegenüber kann im Streitpatent jeder einzelne Stein (jedes einzelne Speicherelement) wegen dessen Befestigung an der Feueraußenwand unabhängig von den anderen Elementen getauscht werden. Schließlich stimmt es zwar, dass gemäß DE 29710632 U1 auch „dünne” Speicherelemente verwendet werden können, doch müssen sie, weil sie befestigungslos aufeinander stehen, zur Stabilität eine Mindestdicke (einen Mindestquerschnitt) aufweisen; eine solche Mindestdicke ist beim Streitpatent unerheblich, weil die Platten am Brenneraußenraum befestigt („aufgehängt”) sind.
Der Konvektionsraum beim Streitpatent hat somit durch die Halterungen einen grundsätzlich anderen und vorteilhaften Aufbau.
Die in Anspruch 1 dargelegte technische Lösung ist im Vergleich zu den Öfen „Handöl” deshalb nicht nur neu, sondern auch erfinderisch.
3.5. Wenn die Antragstellerin dem Streitpatent die Veröffentlichung zu DE 1494767 U entgegenhält, so hätte eine Fachperson angesichts der dort beschriebenen Öfen doch keine Veranlassung, eine dem Streitpatent entsprechende Konstruktion zu wählen.
Bei der Beurteilung der Offenbarung DE 1494767 U1 ist zu berücksichtigen, dass der weitere Ring (28) aus Schamott-Steinen eine Art Feuerauskleidung der eigentlichen Außenwände (1 4) des Feuerraums ist. Dazu ist der Schrift zu entnehmen, dass diese Steine „zur Vermeidung des Festsetzens des Brennstoffes ausgebildet” sind (siehe zweiter Absatz auf Seite 2). In diesem Sinne sind die vermeintlichen Halterungen (27) in dieser Schrift als Stützelemente für die Brennraumsteine (1 4), nicht jedoch als „Halterungen” für Speichelemente zu deuten, da an den Außenwänden des Feuerraums keine weiteren Speicherelemente vorgesehen sind. Die Angaben in einem Vorhalt sind nicht nur wortwörtlich, sondern nach ihrem Sinn und Zweck zu lesen. Auch eine weite Auslegung dieser Vorveröffentlichung zerstört weder die Neuheit noch die erfinderische Tätigkeit beim Speicherofen.
3.6. Auch das zu DE 29710632 U1 angemeldete Patent offenbart einen Speicherofen mit Konvektion, bei dem die Speichersteine aber „lose” aufgeschlichtet sind, während das Streitpatent ein plattenförmiges Speicherelement vorsieht, das flächig unmittelbar an der Außenwand des Feuerraums anliegt und mittels an der Außenwand des Feuerraums angebrachter Halteeinrichtungen fixiert ist. Während der zu DE 29710632 U1 angemeldete Anspruch die zerstörungsfreie Demontierbarkeit betont, verweist die Beschreibung des Streitpatents auf Vorteile bei der Wärmeleitung, wenn die Speicherelemente flächig unmittelbar an der Außenwand des Feuerraums angebracht sind. Die beiden Konzepte unterscheiden sich damit nicht nur hinsichtlich der Lösung, sondern auch hinsichtlich der Aufgabenstellung, weshalb das Sreitpatent auch gegenüber der Offenbarung zu DE 29710632 U1 erfinderisch und neu ist.
4. Zudem macht die Antragstellerin geltend, dass die abhängigen Ansprüche 2 bis 11 des Patents der Antragsgegnerin trivial oder aber auf Grund der mangelnden Offenbarung für die Fachperson nicht ausführbar seien.
Die Ansprüche 2 bis 11 betreffen verschiedene technische Ausführungen des zu Anspruch 1 geschützten Speicherofens. Es handelt sich deshalb um abhängige Ansprüche, die nicht für sich genommen auf ihre Patentfähigkeit, insbesondere nicht auf ihre Neuheit und erfinderische Qualität zu prüfen, sondern vielmehr schon dann zulässig sind, wenn sie über platte Selbstverständlichkeiten hinausgehen (BGH I ZR 49/53, GRUR 1954, 317; Mes, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz 4 § 14 PatG Rz 14).
Schließlich führt die Antragstellerin nicht aus, weshalb die abhängigen Ansprüche nicht ausreichend offenbart worden sein sollten. Ist der Gegenstand eines abhängigen Patentanspruchs – wie auch im vorliegenden Fall – aus sich heraus verständlich, so erübrigt sich eine zusätzliche Erläuterung dieses Gegenstands ( Schäfers in Benkard 2 Art 83 EPÜ Rz 39). Die Beurteilung der Rechtsbeständigkeit des Anspruchs 1 des Streitpatents und der davon abhängigen Ansprüche 2 bis 11 bedurfte daher keiner Korrektur, weshalb der Rechtsrüge der Erfolg zu versagen war.
5. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 122 Abs 1 und 141 PatG iVm §§ 41 Abs 1 und 50 ZPO.
Die Antragsgegnerin, die in der Berufungsbeantwortung beantragt, der Antragstellerin die Kosten beider Instanzen aufzuerlegen, ist darauf zu verweisen, dass sie die Kostenentscheidung nur mit einem selbständigen und rechtzeitigen Kostenrekurses bekämpfen hätte können.
6. Die ordentliche Revision war gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO beruht auf der Bedeutung von Patentansprüchen im Wirtschaftsleben.