133R124/17h – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke KAISERINNENSPRITZER über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 16.8.2017, AM 60407/2017 2, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
1. Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortmarke
KAISERINNENSPRITZER
für folgende Waren(klassen):
16 Anhänger aus Papier, Ausgestanzte Formen aus Papier, Banner aus Papier, Behälter aus Papier für Packzwecke, Behälter aus Papier für Verpackungszwecke, [etc]
25 Bandanas (Tücher für Bekleidungszwecke), Bekleidung aus Lederimitat, Bekleidung für Mädchen, Bekleidungsstücke, Gestrickte Bekleidungsstücke, Gewebte Bekleidungsstücke, Gürtel (Bekleidung), [etc]
32 Alkoholfreie Cocktails, Alkoholfreie Fruchtextrakte, Alkoholfreie Fruchtextrakte für die Zubereitung von Getränken, Alkoholfreie Getränke, Alkoholfreie Getränke auf Fruchtbasis mit Teegeschmack, Alkoholfreie Getränke mit Biergeschmack, Alkoholfreie Getränke mit Fruchtsäften, Alkoholfreie Getränke mit Teearoma, Alkoholfreie Getränke mit Teegeschmack, Alkoholfreie Getränke ohne Kohlensäure, Alkoholfreie aromatisierte kohlensäurehaltige Getränke, Alkoholfreie sprudelnde Fruchtsaftgetränke, Aromatisierte, kohlensäurehaltige Getränke, Aus Früchten hergestellte Getränke, Bier, Biere, Brausepulver für Getränke, Brausetabletten für Getränke, Cocktails, alkoholfrei, Fruchtcocktails, alkoholfrei, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Fruchtsaftgetränke, Fruchtsaftkonzentrate, Fruchtsirup, Fruchtsäfte, Getränke auf Bierbasis, Getränke mit Fruchtgeschmack, Kohlensäurehaltige Fruchtsäfte, Kohlensäurehaltige Säfte, Kohlensäurehaltige Wässer, Kohlensäurehaltige, alkoholfreie Getränke, Kohlensäurehaltiges Mineralwasser, Kohlensäurehaltiges Wasser (Sodawasser), Mineralwässer (Getränke), Mit Kohlensäure gesättigte Wasser, Mit Mineralien angereichertes Wasser (Getränke), Mit Nährstoffen angereicherte Getränke, Mit Vitaminen angereicherte alkoholfreie Getränke, Mit Vitaminen angereichertes Mineralwasser (Getränke), Nichtalkoholische Getränke, Nichtalkoholische koffeinhaltige Getränke, Obstsäfte zur Verwendung als Getränke, Säfte aus gemischten Früchten, Säfte mit Fruchtfleischanteilen (nicht alkoholische Getränke);
33 Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier, Alkoholische Mischgetränke, ausgenommen Biermischgetränke, Alkoholische Mixgetränke, Alkoholische kohlensäurehaltige Getränke, ausgenommen Bier, Cocktails, Fertige Weincocktails, Fertige alkoholhaltige Cocktails, Genießbare alkoholische Getränke, Getränke mit geringem Alkoholgehalt, Schaumweine, Weingetränke, Weinhaltige Getränke (Weinschorlen).
2. Mit der angefochtenen Entscheidung wies die Rechtsabteilung des Patentamts diesen Antrag in Bezug auf die oben fett hervorgehobenen Waren der Klassen 32 und 33 ab. Durch Verweis auf das Schreiben vom 4.5.2017 (das der Antragsteller nicht beantwortet hatte) führte die Rechtsabteilung begründend aus, die beteiligten Verkehrskreise würden das Zeichen nicht als Marke sondern als allgemeinen Hinweis auf die Art dieser Waren sehen und davon ausgehen, dass diese zur Herstellung eines „Kaiserinnenspritzers” dienen können, und dass die Kunden dabei an die unter dem Begriff „Kaiserspritzer” bekannte Getränkemischung (Weißwein, Mineralwasser, Holundersirup) denken würden.
Die Entscheidung über die verbleibenden Klassen 16 und 25 wurde bis zur Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses vorbehalten.
3. Gegen die abweisende Entscheidung richtet sich der Rekurs des Antragstellers, der unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, das Rekursgericht möge den Beschluss aufheben und in der Sache selbst entscheiden, in eventu der Rechtsabteilung des Patentamts die neuerliche Entscheidung auftragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
4. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
4.1. Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038).
Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; EuG T 471/07, Tame it, Rn 15 mwN; C 398/08, Vorsprung durch Technik; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; oder 4 Ob 49/14f, My TAXI ).
4.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11, Oxi-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a, Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C 104/01, Orange, Rz 58 und 59; C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit ).
4.3. Ob die Unterscheidungskraft vorliegt, ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN).
Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; C 104/01, Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038, T1; RIS Justiz RS0114366, T5; 4 Ob 77/15z, Amarillo ).
4.4. Nach der Rechtsprechung des EuGH gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres Nachdenken erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen (vgl Koppensteiner, Markenrecht 4 71 mwN; RIS-Justiz RS0109431; C 326/01, Universaltelefonbuch mwN; C 494/08 P, Pranahaus; vgl zuletzt 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383).
4.5. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t, immofinanz; 17 Ob 27/07f, ländleimmo; OBm 1/12, Die grüne Linie; 4 Ob 51/16b, MAGIC MOUNTAIN ). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.
4.6. So wie die Eigenschaft eines Worts als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50, Merkur-Versicherungspass; 4 Ob 101/01h = ÖBl LS 2001/175, Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; 4 Ob 10/03d, More ).
4.7. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
5. Auf der Basis dieser Überlegungen ist die Entscheidung des Patentamts nicht zu beanstanden. Dass den beteiligten Verkehrskreisen der Begriff „Kaiserspritzer” bekannt ist und dass damit eine bestimmte Vorstellung verbunden wird, nämlich ein Mischgetränk, wird im Rekurs nicht in Frage gestellt.
Dass demnach das Wort „Kaiserinnenspritzer” zwanglos an den „Kaiserspritzer” erinnert und somit auch eine unmittelbare Assoziation mit einem (alkoholischen) Mischgetränk hergestellt wird, liegt auf der Hand. Dass das Wort „Kaiserinnenspritzer” selbst neu ist, ändert daran nichts, weil zwischen „Kaiser” und „Kaiserin” kein ausreichend großer Bedeutungsunterschied besteht, als dass man vom Begriff „Kaiserspritzer” nur durch die Verwendung der weiblichen Form weggeführt würde.
Dass das Wort „Spritzer” in Österreich für sich genommen die Assoziation mit einem Mischgetränk hervorruft, bedarf keiner weiteren Begründung.
Auch die zutreffenden Ausführungen im Rekurs über die Bedeutung des Worts „Kaiserin” ändern an diesen Überlegungen nichts.
Dass eine Google-Suche zum Wort „Kaiserinnenspritzer” auf das Unternehmen des Klägers hinweist, verleiht dem Wort ebenfalls keine Unterscheidungskraft. Sollte der Antragsteller damit andeuten wollen, das Zeichen habe bereits Verkehrsgeltung, wäre er unter anderem auf das Neuerungsverbot im Rekursverfahren hinzuweisen.
Dass das Zeichen auch eine andere Bedeutung haben könnte, macht es noch nicht eintragbar. Es genügt, wenn ein – hier sogar naheliegendes – Verständnis von mehreren Möglichkeiten, das Zeichen zu verstehen, die Unterscheidungskraft ausschließt (vgl zum „beschreibenden Zeichen” OLG Wien 34 R 50/15w, Bukhara; 4 Ob 77/15z, Amarillo ).
Die Entscheidung des Patentamts bedarf keiner Korrektur.
6. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.