133R2/18v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden und den Richter Dr. Schober sowie den Patentanwalt DI Margotti in der Rechtssache der klagenden Partei *****, vertreten durch Saxinger, Chalupsky Partner, Rechtsanwälte GmbH in Wels, und DI Hübscher, Patentanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei *****, vertreten durch Schmidtmayr Sorgo Wanke, Rechtsanwälte OG in Wien, sowie Sonn Partner, Patentanwälte in Wien, wegen Unterlassung (EUR 33.000), Rückholung und Beseitigung (EUR 1.000), Rechnungslegung (EUR 1.000), Urteilsveröffentlichung (EUR 1.000), Sicherungsinteresse EUR 33.000, über den Rekurs der beklagten Partei gegen die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 6.12.2017, 19 Cg 60/17w 8, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorläufig, die beklagte Partei die Kosten ihres Rekurses endgültig selbst zu tragen.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Klägerin ist Inhaberin des europäischen Patents EP 2 314 174 (österreichisches Patent AT E 562 508) mit dem Titel „ Fruchtpresse ”, in der Folge „Klagepatent”. Das Patent wurde am 22.10.2010 unter der Inanspruchnahme der Priorität des Patents AT 16752009 vom 23.10.2009 angemeldet; erteilt wurde das Klagepatent am 27.4.2011. Das Patent umfasst folgende Ansprüche:
1 Fruchtpresse mit einem Gestell (1), in dem parallele Wellen (2, 3) einerseits für zwei beidseits eines Messers (8) angeordnete, gegensinnig antreibbare Presswalzen (4) mit über den Umfang verteilten, halbkugelförmigen Pressausnehmungen (6) und andererseits für zwei unterhalb der Presswalzen (4) vorgesehene, gegensinnig zu den Presswalzen (4) antreibbare Stempelköpfe (5) gelagert sind, die über den Umfang verteilte, mit den Pressausnehmungen (6) der Presswalzen (4) zusammenwirkende, kugelförmige Pressstempel (7) tragen, und mit einer lösbaren Abziehsicherung (12) für die axial auf ihren konischen Wellen (2, 3) aufgeschobenen Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5), dadurch gekennzeichnet, dass die Abziehsicherung (12) in einem gemeinsamen Träger (13) drehbar gehaltene, axiale Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) umfasst und dass der Träger (13) mit dem Gestell (1) in Richtung der Wellen (2, 3) lösbar verbunden ist.
2 Fruchtpresse nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) durch die Anschläge (14) in axialer Richtung federnd beaufschlagt sind.
3 Fruchtpresse nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) als gummielastische Druckübertragungskörper ausgebildet sind.
4 Fruchtpresse nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Anschläge (14) über Kugelgelenke im gemeinsamen Träger (13) drehbar gelagert sind.
5 Fruchtpresse nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Träger (13) auf einem zu den Wellen (2, 3) parallelen Tragbolzen (15) des Gestells (1) vorzugsweise mittels einer Befestigungsmutter (16) befestigbar ist.
6 Fruchtpresse nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass dem Träger (13) ein die ordnungsgemäße Trägerbefestigung überwachender Sensor (18) zur Bestätigung eines Sicherheitsschalters zugeordnet ist.
Der Anspruch 1 untergliedert sich in folgende Merkmale:
Fruchtpresse
a) mit einem Gestell (1),
a1 in dem parallele Wellen (2, 3) einerseits für zwei beidseits eines Messers (8) angeordnete, gegensinnig antreibbare Presswalzen (4) mit über den Umfang verteilten, halbkugelförmigen Pressausnehmungen (6), und
a2 andererseits für zwei unterhalb der Presswalzen (4) vorgesehene, gegensinnig zu den Presswalzen (4) antreibbare Stempelköpfe (5) gelagert sind,
a3 die über den Umfang verteilte, mit den Pressausnehmungen (6) der Presswalzen (4) zusammenwirkende, kugelförmige Pressstempel (7) tragen, und
b) mit einer lösbaren Abziehsicherung (12) für die axial auf ihren konischen Wellen (2, 3) aufgeschobenen Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5),
dadurch gekennzeichnet, dass
c) die Abziehsicherung (12) in einem gemeinsamen Träger (13) drehbar gehaltene, axiale Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) umfasst, und dass
d) der Träger (13) mit dem Gestell (1) in Richtung der Wellen (2, 3) lösbar verbunden ist.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Fruchtpresse so auszugestalten, dass das Abnehmen und die neuerliche Befestigung der Presswerkzeuge erheblich vereinfacht wird, ohne die Funktionssicherheit der Fruchtpresse zu gefährden [0004]. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Abziehsicherung in einem gemeinsamen Träger drehbar gehaltene, axiale Anschläge für die Presswalzen und Stempelköpfe umfasst und dass der Träger mit dem Gestell in Richtung der Wellen lösbar verbunden ist [0005].
Die Klägerin behauptet, dass die vom Beklagten vertriebene Fruchtpresse „Speed Pro +Plus Self Service” der spanischen Zumex Group S.A. (in der Folge „Eingriffsgegenstand”) ihr Patent verletze und begehrt unter anderem die Unterlassung.
Zur Sicherung des Unterlassungsbegehrens beantragte sie auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.
Der Eingriffsgegenstand weise die Merkmale a) und b) des Oberbegriffs des Klagepatents auf. Dass der Träger (13) des Eingriffsgegenstands axiale Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) habe, ergebe sich unmittelbar aus den Abbildungen 5 und 6. Diese Anschläge (14) seien drehbar im Träger (13) gehalten, sodass das Merkmal c) des Anspruchs 1 ebenso verwirklicht sei. Nach dem Lösen der Befestigungsschraube (16) könne der Träger (13) in Richtung der Wellen (2, 3) vom Gestell (1) gelöst werden, wie dies dem Merkmal d) entspreche.
Der Beklagte bestritt sämtliche Begehren und wandte ein, dass das Klagepatent nicht verletzt werde. Der von ihm vertriebene Eingriffsgegenstand falle nicht unter den Schutzbereich des Anspruchs 1 des Klagepatents, weil er insbesondere keine Abziehsicherung für die axial auf ihren konischen Wellen aufgeschobenen Presswalzen und Stempelköpfe aufweise, die im Sinne der Beschreibung des Klagepatents ein einzelnes und separates Abziehen der einzelnen Presswalzen und Stempelköpfe von ihren Wellen nach Lösen des Trägers vom Gestell ermöglichen soll. Die Presswalzen und Stempelköpfe des Eingriffsgegenstands seien fix zu einer Baugruppe zusammengefasst, die nur als Ganzes von dem Gestell abgenommen werden könne. Es seien auch keine mit den rotierbaren Anschlägen gemäß Anspruch 1 vergleichbaren, synchron mit den Presswerkzeugen mitrotierbare axiale Anschläge gegeben. Die beim Eingriffsgegenstand vorgesehenen Stopper für die Presswerkzeuge seien nicht als Drehlager mit den Presswerkzeugen synchron mitrotierend gebildet, sondern nähmen im Pressenbetrieb eine Gleitreibung in Kauf, die nach der technischen Lehre des Klagepatents gerade vermieden werden solle.
Es seien auch die Merkmale b), c) und d) nicht verwirklicht. Würde man den Anspruch 1 des Klagepatents unzutreffend im Sinne der Klägerin interpretieren (der Schutzbereich erfasse nicht nur eine Drehlagerung der Anschläge, durch welche eine Gleitreibung bei der Lagerung der Presswerkzeuge vermieden werde, sondern vielmehr auch eine Gleitlagerung der Anschläge), so weise das Klagepatent keine Rechtsbeständigkeit auf; das kennzeichnende Merkmal c) ergäbe sich unmittelbar aus dem aus der ES 2 189 556 A1 bekannten Stand der Technik.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsbegehren statt, weil der vom Beklagten vertriebene Eingriffsgegenstand unzulässig in das Patent der Klägerin eingreife. Der Eingriffsgegenstand verwirkliche die Merkmale a), b), c) und d). Die Merkmale c) und d) konkretisierten die Ausgestaltung der Abziehsicherung gemäß Merkmal b). Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe, nämlich die Abnahme und neuerliche Sicherung der Presswerkzeuge (4, 5) an den Wellen zu vereinfachen, werde dadurch gelöst. Ein separates Entfernen und Befestigen der axialen Sicherungen könne entfallen. Es sei ausreichend, den einen gemeinsamen Träger (13) zu entfernen oder zu befestigen.
Die Formulierung des Merkmals c) sei ausreichend klar und verständlich und keineswegs auslegungsbedürftig. Es sei Aufgabe der Anschläge (14), eine axiale Sicherung der Presswerkzeuge (4, 5) zu gewährleisten. Nichts anderes sei der Patentbeschreibung zu entnehmen. Dazu sei ein aktives Anschlagen im Zuge der Montage nicht zwingend erforderlich, sondern nur das Vermögen der Anschläge (14), die Presswerkzeuge (4, 5) an den Wellen zu sichern. Gleiches gelte für die geforderte drehbare Halterung der Anschläge (14) im gemeinsamen Träger (13). Auch in Bezug auf dieses Teilmerkmal sei es irrelevant, ob sich die Anschläge während des Betriebs der Fruchtpresse tatsächlich drehen oder nicht. Gefordert werde nur deren grundsätzlich drehbare Halterung im Träger (13), wodurch die Voraussetzung dafür geschaffen werde, dass sich die Anschläge mit den Presswalzen (4) oder den Stempelköpfen (5) mitdrehen können. Ein derartiges Verständnis des Anspruchs 1 führe nicht zu seiner Nichtigkeit. Die Fruchtpresse in der ES 2 189 556 A1 zeige keine drehbare gehaltenen Anschläge in einem gemeinsamen Träger.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Beklagten aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Sicherungsantrag abzuweisen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1 Nach Ansicht des Beklagten gehe das Erstgericht zu Unrecht davon aus, dass der Eingriffsgegenstand das Merkmal c) des Anspruchs 1 des Klagepatents verwirkliche. Dies beruhe auf einer unzutreffenden Beurteilung des Schutzbereichs infolge der fälschlich vertretenen Auffassung, dass der Patentanspruch des Klagepatents nicht auslegungsbedürftig sei. Bei richtiger Auslegung würde man zum Ergebnis gelangen, dass das Merkmal c) den Schutzbereich des Klagepatents dahin beschränke, dass davon ausschließlich Fruchtpressen erfasst seien, deren axiale Anschläge eine Drehlagerung der Presswerkzeuge verwirklichen. Der Eingriffsgegenstand sehe keine solche Drehlagerung vor.
1.2 Zudem hätte das Erstgericht zum Ergebnis gelangen müssen, dass der Anspruch 1 des Klagepatents wegen der ES 2 189 556 A1 keinen Rechtsbestand habe. Diese Veröffentlichung zeige eine Lasche, die die rotierenden Presswerkzeuge auf ihren jeweiligen Wellen fixiere und somit eine Abziehsicherung für diese bilde. Da die Lasche einheitlich die Lage sämtlicher Presswerkzeuge festlege, weise sie überdies die Eigenschaft eines gemeinsamen Trägers der durch sie verwirklichten Abziehsicherung auf. Als Anschläge für die Presswerkzeuge seien die jeweiligen Anlageflächen an der Innenseite der Lasche vorgesehen. Der aus dieser Veröffentlichung bekannte Stand der Technik sehe in diesem Sinn unbewegliche Anschläge in einem gemeinsamen Träger vor.
Dem Fachmann seien – abgesehen vom Merkmal c) („drehbaren Halterung der Anschläge im gemeinsamen Träger”) – aus dem Stand der Technik somit bereits alle Merkmale offenbart, die den Gegenstand des Anspruchs 1 des Klagepatents kennzeichnen. Das zusätzliche Merkmal c) könne jedoch für die Beurteilung der Erfindungshöhe des Gegenstands des Anspruchs 1 des Klagepatents nur dann berücksichtigt werden, wenn es gegenüber dem bekannten Stand der Technik einen technischen Vorteil biete. Die bloße Ausgestaltung der Anschläge, konkret ob diese drehbar oder unbeweglich gehalten seien, begründe für sich noch keinen vorteilhaften technischen Effekt und sei insofern unerheblich. Für die axiale Sicherung der Presswerkzeuge auf den Wellen spiele es keine Rolle, ob die Anschläge unbeweglich oder drehbar am gemeinsamen Träger gehalten seien.
Die Klägerin habe im (Patent-)Erteilungsverfahren ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die drehbar gehaltenen axialen Anschläge den Zweck der Vermeidung von Gleitreibung zwischen den Anschlägen und den Presswerkzeugen verfolgen. Nach der Beurteilung des Erstgerichts solle es auf einen bestimmten technischen Effekt der drehbaren Halterung der Anschläge im gemeinsamen Träger, insbesondere auf eine Vermeidung von Gleitreibung zwischen Anschlägen und Presswerkzeugen allerdings nicht ankommen.
Unzutreffend sei auch, dass der Eingriffsgegenstand das Merkmal b) des Anspruchs 1 des Klagepatents verwirkliche. Bei rechtsrichtiger Anspruchsauslegung hätte das Erstgericht erkannt, dass das Merkmal b) den Schutzgegenstand auf eine Ausgestaltung der Abziehsicherung beschränke, die vorsehe, dass die Presswerkzeuge nach dem Lösen des gemeinsamen Trägers „jeweils für sich” von ihren Wellen abgezogen werden. Da der Eingriffsgegenstand konstruktiv in keiner Weise darauf ausgelegt sei, bei bestimmungsgemäßer und vernünftiger Verwendung eine einzelne Abnahme der Presswerkzeuge von den Wellen zu ermöglichen, hätte das Erstgericht die behauptete Patentverletzung verneinen müssen.
1.3 In Bezug auf die Auslegungsbedürftigkeit des Anspruchs 1 und in Bezug auf die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents lägen sekundäre Feststellungsmängel vor. Es fehlten Konstatierungen zum vollständigen Inhalt der Beschreibung des Klagepatents, zum Inhalt der Stellungnahme der Klägerin auf den 1. Vorbescheid im Erteilungsverfahren zum prioritätsbegründenden Parallelpatent AT 508 944 B1, zur bestimmungsgemäßen Bedienung des Eingriffsgegenstands und zu dem in der Veröffentlichung ES 2 189 556 A1 offenbarten Stand der Technik.
2. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass im Rekursvortrag im Wesentlichen dieselben Argumente angeführt werden, die bereits aus dem erstinstanzlichen Verfahren bekannt sind. Da das Rekursgericht grundsätzlich die Beurteilung des Erstgerichts teilt, ist zur Vermeidung von Wiederholungen einleitend auf diese zu verweisen.
Zum Klagepatent:
2.1 Aus dem Dokument WO 2004/052126 A1 waren im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents Fruchtpressen bekannt, die Früchte in den Zwickelbereich zwischen zwei nebeneinander liegenden Presswalzen fördern, wo sie in halbkugelförmigen Pressausnehmungen aufgenommen und mit Hilfe eines von unten zwischen die Presswalzen hochgehobenen Messers halbiert werden, bevor die Fruchthälften in den Pressausnehmungen durch Pressstempel ausgepresst werden, die auf unterhalb der Presswalzen, synchron mit den Presswalzen angetriebenen Stempelköpfe angeordnet sind. Diese Presswerkzeuge sind auf parallelen, konischen Mehrkantwellen lösbar aufgeschoben und werden jeweils auf zu ihnen gehörenden, in einem gemeinsamen Gestell gelagerten Wellen durch axiale Sicherungsschrauben gehalten. Sowohl Presswalzen als auch Stempelköpfe sind auf Grund des Kontakts mit den Früchten oder dem Fruchtsaft wiederholt zu reinigen. Hiefür werden sowohl die Presswalzen als auch die Stempelköpfe nach einem Lösen der jeweiligen Sicherungsschrauben von ihren Wellen abgezogen und nach ihrer Reinigung wieder aufgeschoben, wobei nach dem erneuten Aufschieben auch eine erneute axiale Sicherung erforderlich ist, was mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden ist. Außerdem besteht bei diesem bekannten System bei nicht ordnungsgemäßer axialer Fixierung eines dieser Presswerkzeuge eine Beschädigungsgefahr.
Aus der ES 2 189 556 A1 ist weiters bekannt, die beiden Wellen für die Presswalze und den Stempelkopf am freien Ende stirnseitig mit einer Lasche zu verbinden, die eine Abziehsicherung für die Presswalze und den Stempelkopf bildet, wobei dennoch jede Welle mit einer eigenen Befestigungsschraube der Abziehsicherung gesichert ist, so dass sich hinsichtlich des Arbeitsaufwands keine Erleichterung im Vergleich zu einer für jede Welle gesonderten axialen Festlegung der Presswalze und des Stempelkopfes ergibt.
Der Erfindung lag nach der Beschreibung [0004] die Aufgabe zugrunde, die bekannte Fruchtpresse dahingehend zu verbessern, dass das Abnehmen und das neuerliche Befestigen der Presswerkzeuge erheblich vereinfacht wird, ohne die Funktionssicherheit der Fruchtpresse zu gefährden. Diese Aufgabe wird dadurch gelöst, dass die Abziehsicherung axiale Anschläge für Presswalzen und Stempelköpfe umfasst, die in einem gemeinsamen Träger gehalten werden, und dass der Träger mit dem Gestell in Richtung der Wellen lösbar verbunden ist [0005].
Auf Grund dieser Maßnahmen bedarf es zum Abziehen der Presswerkzeuge von ihren Wellen nur der Abnahme des Trägers, weil die axiale Sicherung der Presswalzen und der Stempelköpfe auf ihren Wellen durch die im gemeinsamen Träger gehaltenen Anschläge erfolgt. Zum Ausgleich der Drehbewegung der Presswalzen sind die axialen Anschläge für die Presswalzen und Stempelköpfe im Träger drehbar gehalten, sodass zum Reinigen der Presswalzen und Stempelköpfe nur der Träger vom Gestellt gelöst und mit den axialen Anschlägen von den Wellen entfernt zu werden braucht, um die einzelnen Presswalzen und Stempelköpfe jeweils für sich von ihren Wellen abziehen zu können. Die Montage erfolgt in umgekehrter Reihenfolge [0006].
Zum Eingriffsgegenstand:
2.2 Der vom Beklagten vertriebene Eingriffsgegenstand sieht eine einheitliche Baugruppe vor, in der die Presswalzen und die Stempelköpfe zusammengefasst sind. Diese Baugruppe weist eine Frontplatte (101) und eine hintere Platte (102) auf, die beide über einen Verbindungsstab (103) zusammengehalten sind. Zwischen der Frontplatte (101) und der hinteren Platte (102) sind die Presswerkzeuge (4, 5), das heißt die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) fixiert. An der Frontplatte (101) sind vier Stopper (104) für die Presswerkzeuge (4, 5) vorgesehen. Zur Halterung der Baugruppe (100) am Gestell (1) ist ein Drehgriff (105) mit einem die Frontplatte (101) durchsetzenden Gewindefortsatz vorgesehen, der in eine entsprechende Lagerstange (106) am Gestell (1) geschraubt ist. Um die Baugruppe (100) von den Wellen (2, 3) zu lösen, wird zunächst der Drehgriff (105) betätigt. Sodann kann die Baugruppe (100) als Ganzes von den Wellen (2, 3) abgezogen werden.
Für eine gründlichere Reinigung kann die Baugruppe (100) weiter zerlegt werden. Dazu werden zunächst die Schalenabwerfer (107) abgenommen (Abbildung 5). Danach wird ein rückseitiger Haltegriff (108) gelöst, der einen Halteflansch (109) mit dem Verbindungsstab (103) hinter der hinteren Platte (102) verbindet (Abbildung 6). Dadurch kann die Frontplatte (101) abgenommen werden. Erst danach können die Presswerkzeuge – zum Zweck der Reinigung – einzeln der Baugruppe (100) entnommen werden.
Die an der Frontplatte (101) vorgesehenen vier Stopper (104) für die Presswerkzeuge (4, 5) sind topfförmig ausgebildet, wobei ihre offenen Enden den Presswerkzeugen (4, 5) zugewandt sind. Im Pressenbetrieb kommt daher nur der umlaufende Rand der topfförmigen Stopper (104) mit den Presswerkzeugen (4, 5) in Kontakt.
3. Zur Auslegung und Rechtsbeständigkeit des Klagepatents:
3.1 Die Fruchtpresse der Klägerin ermöglicht das Abziehen der Presswalzen sowie der Pressstempel von den sie antreibenden konischen Wellen zu Reinigungszwecken. Damit sich die axial auf ihren konischen Wellen aufgeschobenen Presswalzen oder Stempelköpfe während des Betriebs von den Wellen nicht lösen können, ist eine lösbare Abziehsicherung vorgesehen [Merkmal b)]. Die Merkmale c) und d) konkretisieren die Ausgestaltung der Abziehsicherung gemäß dem Merkmal b). Das Merkmal c) umfasst die Abziehsicherung (12), axiale Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und die Stempelköpfe (5), wobei diese axialen Anschläge (14) in einen gemeinsamen Träger (13) drehbar gehalten sind. Die Anschläge (14) bewirken eine axiale Sicherung der Presswerkzeuge (4, 5) auf ihren Wellen.
Der nächstliegende Stand der Technik ist durch die Veröffentlichung WO 2004/052126 gegeben, die dem gattungsbildenden Teil des Anspruchs 1 entspricht. Diesem Stand der Technik gegenüber wird im Klagepatent die Aufgabe formuliert, eine Fruchtpresse der gattungsmäßigen Art so auszugestalten, dass das Abnehmen und die neuerliche Befestigung der Presswerkzeuge erheblich vereinfacht wird, ohne die Funktionssicherheit der Fruchtpresse zu gefährden. Ausgehend von der WO 2004/052126 als nächstliegendem Stand der Technik wird zur Lösung der Aufgabe vorgeschlagen, dass die Abziehsicherung (12) in einem gemeinsamen Träger (13) drehbar gehaltene, axiale Anschläge (14) für die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) umfasst [Merkmal c)] und, dass der Träger (13) mit dem Gestell (1) in Richtung der Wellen (2, 3) lösbar verbunden ist [Merkmal d)].
Durch das Abnehmen des gemeinsamen Trägers (13) werden auch die Anschläge (14) entfernt und die Freigabe der Presswerkzeuge zwecks Abziehen von ihren Wellen kann erfolgen. Beim erneuten Befestigen des gemeinsamen Trägers (13) werden gleichzeitig auch die Anschläge (14) – wieder – positioniert und dadurch die Presswerkzeuge (4, 5) axial gesichert.
Damit ist die der Erfindung zugrunde liegende objektive Aufgabe gelöst, nämlich die Abnahme und neuerliche Sicherung der Presswerkzeuge (4, 5) an den Wellen zu vereinfachen. Ein separates Entfernen und Befestigen der axialen Sicherungen kann entfallen.
3.2 Der Wortlaut des Anspruchs 1 ist unmissverständlich und bedarf keiner Auslegung im Sinne einer (notwendigen) Klarstellung. Der Beklagte übersieht in seinem Rekursvortrag, dass man nicht aus den drei der Beschreibung entnommenen Worten „jeweils für sich” des Halbsatzes „... um die einzelnen Presswalzen und Stempelköpfe jeweils für sich von ihren Wellen abziehen zu können” (Klagepatent Spalte 2 Zeilen 25/26, [0006]) eine angeblich objektive, tatsächlich jedoch subjektive Aufgabenstellung konstruieren kann, die mit dem Gesamtinhalt des Klagepatents (dann) nicht in Einklang zu bringen ist. Seine Form der Auslegung nach § 22a PatG widerspricht dem klaren Wortlaut des Anspruchs 1 des Klagepatents und ignoriert auch den Hinweis in der Beschreibung [0012]: „Es braucht ja lediglich der Träger (13) mit den im Träger (13) gelagerten Anschlägen (14) nach dem Lösen der Befestigungsmutter (16) vom Tragbolzen (15) abgenommen zu werden, um die Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5) von den Wellen (2, 3) axial abziehen zu können.”
In dieser Passage der detaillierten Beschreibung finden sich die Worte „jeweils für sich” nicht. Sie können daher schon aus diesem Grund nicht als so wesentlich angesehen werden, dass eine von ihrem Wortlaut der Ansprüche abweichende Auslegung gerechtfertigt wäre.
3.3 Für eine funktionale Auslegung des Merkmals b) dahingehend, dass – nach der Abnahme des Trägers (13) – die Presswalzen (4) und die Stempelköpfe (5) zwingend unabhängig voneinander von ihren Wellen abnehmbar sein müssten, findet sich weder in Merkmal b) noch in der Beschreibung eine Grundlage. Wesentlich ist, dass die Abziehsicherung lösbar sein muss, wobei sich „lösbar” auf die Lösbarkeit in Bezug auf das Gestell der Fruchtpresse bezieht [vgl Merkmal d)].
Es ist nicht die dem Gegenstand des Anspruchs 1 zugrundeliegende Aufgabe, eine Fruchtpresse vorzusehen, bei welcher die Presswerkzeuge (4, 5) voneinander unabhängig auf die dazugehörenden Wellen geschoben und wieder abgenommen werden können, sondern das Abnehmen und die neuerliche Befestigung der Presswerkzeuge (4, 5) an den Wellen zu vereinfachen (vgl [0005]). Dies wird durch die vereinfachte Handhabung der die Abnahme und Befestigung erst ermöglichenden axialen Anschläge gewährleistet, die zu diesem Zweck an einem gemeinsamen Träger angeordnet sind, nicht aber durch eine wie auch immer geartete Reihenfolge der Abnahme der Presswerkzeuge.
Soweit die Beschreibungseinleitung ausführt, „... um die einzelnen Presswalzen und Stempelköpfe jeweils für sich von ihren Wellen abziehen zu können”, wird nicht eine Funktion der Abziehsicherung beschrieben, sondern das Abziehen der Presswerkzeuge (4, 5) als solches. Der Vorgang des Abziehens der Presswerkzeuge (4, 5) von ihren Wellen ist jedoch ein von der Funktionalität der Abziehsicherung unabhängiger Vorgang, denn letztere ermöglicht nur das – vereinfachte – Abziehen (und das Sichern) der Presswerkzeuge (4, 5), ohne dass es dabei auf die Art und Weise dieses Abziehens (und Wiederaufsteckens) ankommt. Die Erleichterung besteht in der Handhabung der drehbaren Anschläge (14) über den gemeinsamen Träger (13).
In Bezug auf Merkmal c) ist festzuhalten, dass diese Formulierung ausreichend klar und verständlich ist. Die Anschläge (14) dienen dazu, eine axiale Sicherung der Presswerkzeuge (4, 5) zu gewährleisten. Nichts anderes ist der Patentbeschreibung zu entnehmen. Dazu ist ein aktives Anschlagen im Zuge der Montage nicht zwingend erforderlich, sondern nur das Vermögen der Anschläge (14), die Presswerkzeuge (4, 5) an ihren Wellen zu sichern.
Dem Argument des Beklagten, Anspruch 1 lasse völlig offen, wie viele Schrauben für das Abnehmen oder Befestigen des gemeinsamen Trägers (13) erforderlich sein sollen, kann nicht gefolgt werden: Zum vereinfachten Abnehmen und neuerlichen Befestigen der Presswerkzeuge kommt es darauf an, nicht für jedes Presswerkzeug gesondert Anschläge montieren zu müssen. Alle Anschläge werden erfindungsgemäß gemeinsam durch das Befestigen des Trägers montiert. Das Klagepatent zeigt, dass die lösbare Befestigung des Trägers am Gestell keines großen Montageaufwands bedarf. Da die Anschläge alle am gemeinsamen Träger montiert sind und zusammen mit dem Träger abgenommen werden, ist die erfindungsgemäße objektive Aufgabe gelöst.
Gleiches gilt für die geforderte drehbare Halterung der Anschläge (14) im gemeinsamen Träger (13). Auch in Bezug auf dieses Teilmerkmal ist es irrelevant, ob sich die Anschläge während des Betriebs der Fruchtpresse tatsächlich drehen oder nicht. Gefordert wird nur ihre grundsätzlich drehbare Halterung im Träger (13), wodurch die Voraussetzung geschaffen wird, dass sich die Anschläge mit den Presswalzen (4) oder den Stempelköpfen (5) mitdrehen können (vgl [0012]).
Da die axialen Anschläge für die Presswalzen und Stempelköpfe im Träger drehbar gehalten sind, kommt es zu einem Ausgleich der Drehbewegung der Presswerkzeuge ([0006]). Zu diesem Zweck bedarf es nicht des im Anspruch 2 angesprochenen axialen Andrückens der Anschläge an die Presswerkzeuge. Es kann ja durchaus sein, dass im Betrieb überhaupt keine Axialkräfte auf die Presswerkzeuge ausgeübt werden, sondern nur durch das Pressen der Früchte entstehende Radialkräfte. Bei einer fehlenden axialen Beaufschlagung werden die axialen Anschläge nur dann drehend mitgenommen, wenn die zwischen den Presswerkzeugen und den Anschlägen auftretende Gleitreibung grundsätzlich vorhanden ist und die auf Grund der drehbaren Halterung der Anschläge ergebende Lagerreibung übersteigt, wodurch ein Ausgleich der Drehbewegung der Presswerkzeuge eingeleitet und die Funktionssicherheit der Fruchtpresse durch eine Begrenzung der Reibungskräfte zwischen den Presswerkzeugen und den Anschlägen sichergestellt wird.
Im Klagepatent ist erwähnt, dass die Lagerreibung durch Ausbildung als Wälzlager minimiert werden könne, eine solche Maßnahme aber nicht zwingend sei, sondern es nur darum gehe, die Drehmitnahme der Anschläge (14) durch die Presswerkzeuge zu sichern (vgl [0014]). Im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten geht es bei der Erfindung somit nicht um jegliche Vermeidung von Gleitreibungen. Daran ändert sich auch nichts, wenn der ES 2 189 556 A1 der Nachteil einer Gleitreibung anhaftet.
Es ist daher nicht nachzuvollziehen, warum die gestellte Aufgabe nicht durch die im Anspruch 1 angebotenen Lösungsmittel in ihrem wortsinngemäßen Gesamtumfang gelöst werden sollte. Folglich wäre es auch nicht zu rechtfertigen, diese Lösungsmittel auf Ausführungsformen einzuschränken, die bestimmte, zur Lösung der gestellten Aufgabe nicht notwendige Wirkungen mit sich bringen.
3.4 Das Klagepatent geht bei der Anspruchsformulierung von der WO 2004/052126 als nächstem Stand der Technik aus, der dem gattungsbildenden Teil des Anspruchs 1 entspricht. Die vom Beklagten beanspruchte ES 2 189 556 A1 (die ohnedies im Prüfungsverfahren des Klagepatents behandelt worden war) stellt demzufolge einen gattungsfremden Stand der Technik dar, der zwar in Bezug auf die erfinderische Tätigkeit des Klagepatents und damit für die Beurteilung der Rechtsbeständigkeit des Klagepatents zu berücksichtigen ist, nicht aber heranzuziehen ist zur Bestimmung der erfindungsgemäß zu lösenden technischen Aufgabe (vgl Kühnen, Handbuch der Patentverletzung 10 Kap A Rn 55 ff).
Die Fruchtpresse der ES 2 189 556 A1 zeigt keine drehbar gehaltenen Anschläge in einem gemeinsamen Träger und derartige Anschläge werden auch nicht nahegelegt. Wie die Beklagte selbst ausführt, dienen die Anlageflächen an der Innenseite der Lasche (10) als Anschläge für die Wellen (4, 6). Die in der ES 2 189 556 A1 offenbarte Lasche (10) zur stirnseitigen Verbindung der beiden Werkzeugwellen (4a und 6a) dient dazu, die auf Grund der Presskräfte zwischen diesen beiden Wellen auftretenden Biegemomente aufzunehmen und trotz einer vergleichsweisen leichten Konstruktion ein Auseinanderbiegen der Wellen zu unterbinden, wie dies sonst bei frei auskragenden, an den freien Stirnseiten nicht miteinander verbunden Wellen der Fall wäre. Die Lasche (10) bildet aber keinen gemeinsamen Träger, der drehbar gehaltene, axiale Anschläge aufweist. Die Lasche (10) ist auch nicht mit dem Gestell, sondern mit den Wellen verbunden.
Für die Nichtigkeit des Klagepatents gibt es daher keinen Anhaltspunkt. Diese Ansicht deckt sich auch mit jener der Prüfungsabteilung des EPA, die unter Berücksichtigung der ES 2 189 556 A1 das Klagepatent erteilt hat; ebenso hat das österreichische Patentamt das dem Klagepatent zugrunde liegende österreichische Patent AT 508 944 B1 in Kenntnis der ES 2 189 556 A1 erteilt.
4. Zum Patenteingriff:
4.1 Beim Eingriffsgegenstand handelt es sich um eine Fruchtpresse mit dem Merkmal a), umfassend die Untermerkmale a1, a2 und a3. Die Verwirklichung dieser Merkmale beim Eingriffsgegenstand ist unstrittig.
4.2 Es sind aber auch die Merkmale b) und d) verwirklicht. Das Merkmal b) fordert eine lösbare Abziehsicherung (12) für die axial auf ihren konischen Wellen (2,3) aufgeschobenen Presswalzen (4) und Stempelköpfe (5). Eine solche Abziehsicherung (12) ist beim Eingriffsgegenstand in Form der Frontplatte (101) wortsinngemäß verwirklicht. An der Frontplatte (101) sind vier Anschläge [topfförmige Stopper] (104) für die Presswerkzeuge (4, 5) vorgesehen. Über eine Lagerstange (106) und einen damit zusammenwirkenden Drehgriff (105) ist die Frontplatte (101) in Richtung der Wellen (2, 3) lösbar mit dem Gestell (1) verbunden, wodurch auch das Merkmal d) wortsinngemäß erfüllt ist.
Dass zusätzlich noch eine hintere Platte (102) vorgesehen ist, über die die Frontplatte (101), die Anschläge (104) und die Presswerkzeuge (4, 5) zu einer Baueinheit zusammengefasst werden können, ändert an der wortsinngemäßen Verwirklichung der Merkmale b) und d) nichts.
4.3 Sinn und Zweck der in einem gemeinsamen Träger gehaltenen Anschläge der Abziehsicherung ist es, das Abnehmen und die neuerliche Befestigung der Presswerkzeuge zu vereinfachen. Dieser Vorteil ist mit dem Eingriffsgegenstand grundsätzlich ungeachtet dessen erzielbar, ob von der Möglichkeit der Bildung einer Baueinheit (100) bestehend aus Frontplatte (101), hinterer Platte (102), Presswerkzeugen (4, 5) und Anschlägen (104) Gebrauch gemacht wird oder nicht, indem der Haltegriff (108) nicht benutzt wird. Auch dass zusätzlich die Abwerfer (107) entfernt werden müssen, um die Abziehsicherung vom Gestell lösen zu können, ändert nichts am Umstand, dass beim Eingriffsgegenstand die Merkmale b) und d) verwirklicht sind.
Ob der patentgemäße Gebrauch der Abziehvorrichtung dadurch weniger „vernünftig” oder „zweckmäßig” ist, wie es der Beklagte formuliert, kann dahingestellt bleiben. Durch die zusätzliche hintere Platte (102), die mit dem gemeinsamen Träger in Form der Frontplatte (101) verbindbar ist und so das Abziehen der gesamten Baueinheit, die auch die Presswerkzeuge (4, 5) und Anschläge [Stopper] (104) umfasst, ermöglicht, sind – je nach Betrachtung – möglicherweise zusätzliche Vorteile (Abnahmemöglichkeit als ganze Baugruppe) gegenüber der beanspruchten Fruchtpresse erzielbar und/oder es liegt (nur) eine verbesserte Ausführungsform vor. Beides ist aber bei einer wortsinngemäßen Verwirklichung der Merkmale des Patentanspruchs nicht relevant. Eine wortsinngemäße Übereinstimmung mit dem Patentanspruch verletzt das Patent (vgl Kühnen, Handbuch der Patentverletzung 10 Kap A Rn 191 f mwN).
4.2 Beim Eingriffsgegenstand ist darüber hinaus auch das Merkmal c) wortsinngemäß verwirklicht. Bei den Stoppern (104) des Eingriffsgegenstands handelt es sich um Anschläge im Sinne des Merkmals c). Sie verhindern das unbeabsichtigte Abziehen der Presswerkzeuge (4, 5) von ihren Wellen, indem sie einen Anschlag für die Presswerkzeuge (4, 5) ausbilden. Ob es tatsächlich während der Montage oder während des normalen Betriebs zu einem – permanenten – Kontakt zwischen den Presswerkzeugen (4, 5) und den Anschlägen (104) kommen muss, kann dahingestellt bleiben. Sinn und Zwecke der Anschläge ist es jedenfalls, das unbeabsichtigte Abziehen der Presswerkzeuge (4, 5) zu verhindern. Spätestens zu diesem Zeitpunkt, nämlich jenem des Verhinderns des unbeabsichtigten Abziehens, muss es zu einem Kontakt zwischen Anschlägen (104) und Presswerkzeugen (4, 5) kommen.
Da die Stopper (104) drehbar an der Frontplatte (101) gelagert sind, sind sie auch zur Drehmitnahme geeignet. Somit sind die Stopper (104) beim Eingriffsgegenstand jedenfalls Anschläge im Sinne des Merkmals c), weil sie genau dessen Zweck erfüllen.
Auf den Umstand, ob beim Eingriffsgegenstand die Anschläge synchron mit den Presswerkzeugen (4, 5) mitdrehen oder nicht, kommt es für die Beurteilung der Verwirklichung des Merkmals c) aus den bereits genannten Gründen nicht an. Der Beklagte hat selbst vorgebracht, dass die Stopper (104) drehbar an der Frontplatte (101) gehalten sind. Damit ist grundsätzlich die Möglichkeit geschaffen, dass die Bauteile (104) mit den Presswerkzeugen – auch – synchron mitrotieren. Wenn eine solche synchrone Mitrotation aus unterschiedlichsten Gründen dann doch nicht erfolgt oder eine Mischung aus Haft- und Gleitreibung zwischen den Stoppern (104) und den Presswerkzeugen (4, 5) stattfindet, so ist dies für die Eingriffsfrage bei wortsinngemäßer Verwirklichung dieses Merkmals unerheblich.
4.3 Im Ergebnis sind daher sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents beim Eingriffsgegenstand des Beklagten verwirklicht. Die Entscheidung des Erstgerichts bedarf keiner Korrektur.
5. Sekundäre Feststellungsmängel liegen gemäß § 496 Abs 1 Z 3 ZPO dann vor, wenn erforderliche Feststellungen infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung nicht getroffen und notwendige Beweise nicht aufgenommen wurden ( Pochmarski/Lichtenberg, Berufung in der ZPO 2 132).
Solche Mängel liegen aus Sicht des Rekursgerichts nicht vor. Ungeachtet dessen, dass der Inhalt der Beschreibung des Klagepatents unstrittig ist, ist der Wortlaut der Patentansprüche des Klagepatents eindeutig und nicht auslegungsbedürftig (vgl die Ausführungen zu Punkt 3.). Da auch der heranzuziehende Stand der Technik unzweifelhaft ist und sich weder im Erteilungsverfahren noch im Provisorialverfahren geändert hat, kann die Maßgeblichkeit der vom Beklagten vermissten Feststellungen nicht erkannt werden.
6. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren beruht auf § 78 EO iVm §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf die Bewertung nach § 56 Abs 2 durch die Klägerin. Der Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO genannten Qualität und von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu lösen waren.