133R8/18a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbild-Marke ViruProtect über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 3.11.2017, AM 372/2017 3, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist unzulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortbild-Marke
für folgende Waren der Klasse 5:
Pharmazeutische Erzeugnisse; medizinische und veterinärmedizinische Präparate; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke; Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide; Herbizide.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Rechtsabteilung des Patentamts den Antrag mit Ausnahme der Eintragung für „ Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide ” ab, weil dem Zeichen für die anderen Waren der Klasse 5 die erforderliche Unterscheidungskraft fehle. Ungeachtet des fehlenden „ s ” würden die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen als informativen Hinweis dahingehend verstehen, dass die so bezeichneten Waren vor Viren schützen sollen. Im Gesundheitsbereich seien Wortverbindungen mit „protect” durchaus gängig, wenn beispielsweise Arzneimittel mit „UroProtect”, „Cardioprotect” oder „Neuroprotect” bezeichnet werden. Die grafische Ausgestaltung mit Groß- und Kleinschrift sei nicht unüblich und könne daher keine Unterscheidungskraft bewirken.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Zeichen für sämtliche Waren und Dienstleistungen zu registrieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nämlich nicht erfüllen (RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; RIS-Justiz RS0118396). Ob einem Zeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (RIS-Justiz RS0079038; Koppensteiner, Markenrecht 4 82).
2. Nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 MSchG sind zudem unter anderem solche Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können oder im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung üblich sind. Nach der Rechtsprechung ist ein Zeichen nicht einzutragen, wenn die beteiligten Verkehrskreise den Begriffsinhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung verstehen (RIS-Justiz RS0066456 und RS0109431). Enthält das Zeichen demgegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht „ rein beschreibend ” und daher auch ohne Verkehrsgeltung schützbar (RIS-Justiz RS0066456, RS0090799 und RS0109431 [T3]). Dass Zeichen „auch beschreibend” sind, steht der Unterscheidungskraft einer solchen Marke nicht entgegen (4 Ob 237/01h, Drivecompany; 17 Ob 27/07f, laendleimmo.at; 4 Ob 102/12x, My TAXI ).
3. Jedenfalls unterscheidungskräftig sind frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (RIS-Justiz RS0066644).
Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland so weit verbreitet ist, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen kann (4 Ob 7/05s, Car Care; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche ). Das kann auch dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).
Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken sind nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken, weshalb die Schutzfähigkeit zu verneinen ist, wenn sie nur eine Aussage über die Ware oder Dienstleistung selbst enthalten, die sie beschreiben (RIS-Justiz RS0122385).
Eine Wortverbindung ist nicht unterscheidungskräftig, wenn sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch das Unternehmen, die Ware oder deren wesentliche Merkmale zu bezeichnen, wohl aber, wenn die dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung der Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist (C 383/99, Baby-dry; 4 Ob 186/03m, djshop = RIS-Justiz RS0066456 [T14]).
4. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise abzustellen, also auf den Handel und den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73). Auch die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen ist dementsprechend immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen, für die es als Marke registriert werden soll (4 Ob 139/02y, Summer Splash; 4 Ob 10/03d, More ).
5. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das OLG Wien erst unlängst die Eintragung von BRONCHOCOLD, BRONCHOAKUT und BRONCHONIGHT (133 R 137/17w, 133 R 138/17w und 133 R 139/17w, bisher nicht veröffentlicht) sowie die Eintragung von UROPROTECT (133 R 140/17m, nv) mangels Unterscheidungskraft verneint und dies damit begründet, dass diese Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen als beschreibende Hinweise auf die Schutzwirkungen und Anwendungsmöglichkeiten der unter diesen Zeichen vertriebenen Waren verstanden würden.
Auch das Zeichen VIRUPROTECT würden die beteiligten Verkehrskreisen zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen als Hinweis auf den Schutz vor Viren verstehen. Damit hat das Zeichen zumindest hinsichtlich jener Waren, für welche die Rechtsabteilung die Eintragung verweigerte, beschreibenden Charakter. Ungeachtet des fehlenden „ s ”, welches weder schriftlich noch klanglich besonders auffiele, ist die Wortverbindung im Sinne der zitierten Rechtsprechung auch nicht so ungewöhnlich, dass damit eine Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG hergestellt würde.
6. Die Beurteilung der markenrechtlichen Kennzeichnungskraft im Einzelfall wirft keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs nicht zuzulassen war. Angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben war aber auszusprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands EUR 30.000 übersteigt.