133R4/18p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke SCHNEEWETTE über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 25.10.2017, AM 1273/2012 7, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beantragte - soweit für das Rekursverfahren noch relevant (Anm: das Eintragungsverfahren betreffend die ebenfalls beantragten diversen Dienstleistungen in der Klasse 35 wurde über Antrag der Antragstellerin rechtskräftig geteilt [ON 5 und AV vom 18.11.2017; nicht einjournalisiert]; vgl auch die in der Zwischenzeit erfolgte Eintragung zu AT 295313) - noch die Eintragung der Wortmarke
SCHNEEWETTE
für folgende Dienstleistungen in der Klasse
41 Veranstaltung von Spielen aller Art einschließlich von Glücks- und Gewinnspielen.
Sie brachte dazu vor, das beanspruchte Zeichen sei nicht beschreibend iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG: Die Verwendung des Worts SCHNEE sei für die beanspruchten Dienstleistungen äußerst ungewöhnlich und daher auch nicht beschreibend. Zudem sei SCHNEEWETTE eine Wortneuschöpfung, die mehrere Gedankenschritte erfordere, um ihre Bedeutung zu erschließen.
Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Patentamt die Registrierbarkeit von SCHNEEWETTE nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG aus und führte dazu begründend aus:
Die beteiligten Verkehrskreise würden in der Marke lediglich einen Hinweis darauf sehen, dass die so bezeichneten Dienstleistungen in der Abhaltung von Wettspielen in Bezug auf Schnee(fall) bestehen. Eine Wette sei eine Übereinkunft zwischen zwei Personen, die besage, dass derjenige, der etwas behaupte und nicht Recht behalte, dem anderen etwas zahlen oder geben müsse. Wettspiele könnten zu allen möglichen Themen abgehalten werden und erfreuten sich großer Beliebtheit. Das angemeldete Zeichen beschreibe unter diesen Voraussetzungen unmittelbar den Gegenstand der so bezeichneten Dienstleistungen.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Abänderungsantrag, das Zeichen im (letztlich noch) beantragten Umfang zu registrieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist eine Registrierung ausgeschlossen, wenn das Zeichen ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen kann.
1.2. Die Unterscheidungskraft fehlt bei einer Wortmarke jedenfalls dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf deren Herkunft (EuGH C-304/06 P, Eurohypo, Rn 69). Eine beschreibende Marke iSd § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSd § 4 Abs 1 Z 3 MSchG (C-363/99, Postkantoor , Rn 86). Insofern überschneiden sich die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (Om 10/09, Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f, My TAXI ).
Ein Zeichen ist beschreibend, wenn es im normalen Sprachgebrauch der relevanten Verkehrskreise die angemeldete Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale kennzeichnet ( Koppensteiner , Markenrecht 4 71 mwN; Newerkla in Kucsko/Schumacher , marken.schutz² Rz 175 ff; RIS-Justiz RS0109431). Vom Registrierungsverbot sind nur Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen (vgl 4 Ob 38/03x, music-channel.cc ) und ohne besondere Denkarbeit (vgl 4 Ob 10/03d, More II ) erschlossen werden kann. Der beschreibende Charakter muss sohin allgemein, zwanglos und ohne besondere Gedankenoperation erkennbar sein (Om 1/01, R. Lanerossi ; EuGH C-326/01 P, Universaltelefonbuch , C-494/08 P, Pranahaus ).
Im Allgemeinen reicht es nicht zur Schutzversagung, dass nur auf eine beschreibende Angabe angespielt oder ein der Ware oder Dienstleistung zu Werbezwecken zugeschriebenes Image angedeutet wird, wenn dies nicht über den erlaubten Bereich der Suggestion oder Anspielung hinausgeht (vgl 4 Ob 239/98w; RIS-Justiz RS0109431, RS0090799, RS0066456; 4 Ob 11/14t ua).
1.3. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (C 326/01, Universaltelefonbuch, Rn 33 mwN; C 494/08 P, Pranahaus; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644).
1.4. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
1.5. Mit dem Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, wird der Zweck verfolgt, zu verhindern, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die wegen ihrer Übereinstimmung mit der üblichen Art und Weise die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen, die Funktion, dass sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen könnten und die daher nicht die Unterscheidungskraft besitzen, die diese Funktion voraussetzt. Darunter fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis des Verbrauchers die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können. Eine Marke, die dieser Definition entsprechend Zeichen oder Angaben enthält, kann außerdem nur dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht noch weitere Zeichen oder Angaben enthält und wenn ferner die in ihr enthaltenen ausschließlich beschreibenden Zeichen oder Angaben nicht in einer Weise wiedergeben oder angeordnet sind, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art und Weise die fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder ihrer wesentlichen Merkmale zu bezeichnen, unterscheidet (vgl EuGH C-383/99, Baby-Dry ; 17 Ob 4/08z; Om 10/09, Obm 4/12).
1.6. Die Eintragung eines Wortes als Marke scheidet bereits dann aus, wenn sie nur in einer der innerhalb der Gemeinschaft im Verkehr verwendeten Sprachen ausschließlich beschreibend ist (vgl EuGH C-383/99, Baby-Dry ; C 363/99, Postkantoor ; C-326/01, Universaltelefonbuch ). Für die Frage, ob eine Wortmarke beschreibend ist, ist der normale Wortsinn, wie er sich aus Wörterbüchern oder ähnlichen Werken ergibt, heranzuziehen (RIS-Justiz RS0123978).
2. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen.
2.1. Zunächst kann im Hinblick auf die sich in Relation zum Vorbringen in erster Instanz wiederholende Argumentation im Rekurs auf die sich damit bereits vertieft auseinander setzende und zutreffende Begründung des Patentamts verwiesen werden, wonach dem Zeichen abseits der Frage der Benutzung keine Unterscheidungskraft zukommt (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
2.2. Auch wenn die Antragstellerin keine Rekursgründe nennt, so ergibt sich aus dem Vorbringen im Rechtsmittel ohne Weiteres, dass sie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht (RIS-Justiz RS0041851 [T8]; RS0111425).
2.3. Die Schutzfähigkeit der Wortverbindung SCHNEEWETTE hängt aus den bereits eingangs der Rekursentscheidung dargestellten Gründen davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt als normale Ausdrucksweise auffassen, um im üblichen Sprachgebrauch diese Dienstleistungen zu bezeichnen oder ihre wesentlichen Merkmale wiederzugeben beschreibenden (vgl RIS-Justiz RS0109431).
Die Unterscheidungskraft fehlt, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Dienstleistung von den beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash; 4 Ob 158/05x, Steirerparkett ).
Enthält das Zeichen hingegen nur Andeutungen einer bestimmten Beschaffenheit, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht rein beschreibend (RIS-Justiz RS0109431 [T3, T4]; MR 1999, 354, Wirtschaftswoche; ÖBl-LS 01/20, E MED; 4 Ob 237/01h, drivecompany; Om 4/01, Holztherm; Om 7/01, DERMACURE; 4 Ob 69/15y, Chrysal [höchstens eine Andeutung]).
2.4. Beteiligte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten oder Abnehmer/Auftraggeber für die beantragten Dienstleistungen, wobei hier in erster Linie nur der Fachkreis der damit befassten Unternehmer und weniger auch jener der normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher in Betracht kommt (vgl RIS-Justiz RS0079038): Ein solcher Durchschnittsverbraucher wird derartige Dienstleistungen nämlich in eher nur seltenen Ausnahmefällen in Anspruch nehmen.
2.5. Von einer lexikalischen Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (s C 383/99, ÖBl 2002, 43, Baby Dry ) geht das Rekursgericht entgegen dem Rechtsmittelvorbringen nicht aus. Das Zeichen ist dafür in seiner Zusammensetzung weder eigentümlich noch in der Bedeutung vage, sondern das Verständnis wird ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten gewonnen.
Der Definition des Teils WETTE durch das Patentamt ist nichts hinzuzufügen. Es hat auch eine realitätsbezogene Prognose vorgenommen; auf sie ist daher zu verweisen (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG): Dass es in Kombination mit dem Wort SCHNEE gleichzeitig darauf hindeutet, dass unter dem angemeldeten Zeichen (Glücks-)Spiele vermarktet werden sollen, welche die Schneelage und/oder den Schneefall zum Inhalt haben, ist aus dem maßgeblichen und damit zugleich prognostizierenden Blickwinkel im Anmeldeverfahren für die Adressaten ohne Weiteres und ohne Gedankenoperationen naheliegend und damit ohne weitere Umschweife unmittelbar verständlich.
2.6. Die insoweit aus für sich allein und in Kombination rein beschreibenden Wortbestandteilen zusammengesetzte Marke enthält damit keinen Aussagegehalt, der über die Bedeutung dieser Bestandteile hinausgeht (zu dieser Prüfung vgl etwa C 37/06 P, BioID , Rn 29 und 34). Das Mindestmaß an Individualität macht das Zeichen noch zu keiner unterscheidungskräftigen Angabe, die dem Markenschutz zugänglich wäre. Das angemeldete Zeichen SCHNEEWETTE ist als Aussage über die Beschaffenheit oder die Zweckbestimmung der so bezeichneten Dienstleistungen beschreibend iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG. An diesem Verständnis ändert sich nichts dadurch, dass diese Dienstleistungen im Wesentlichen an Unternehmer gerichtet sind.
2.7. SCHNEEWETTE ist daher beschreibend und somit - auch nicht gering – unterscheidungskräftig; ohne Nachweis der Verkehrsgeltung ist es nicht eintragungsfähig. Der Rekurs, der diesem Kernargument der angefochtenen Entscheidung, das Zeichen enthalte im Wesentlichen nur eine Beschreibung der beabsichtigten Dienstleistungen, nicht substanziiert entgegentritt, führt somit zu keiner Korrektur der bekämpften Entscheidung.
3. Auf das im Rekurs relativ breit begründete Argument, dass bereits diverse Schutzzulassungen für ähnliche Wortmarken (mit den Bestandteilen „bet“ oder „Wette“) im österreichischen Markenregister bestünden, ist nicht näher einzugehen, weil eine präjudizielle Bindung zu verneinen ist (4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; RIS-Justiz RS0125405; C 37/03 P, BioID , Rn 47; C 39/08 und C 43/08, Schwabenpost und Volks.Handy , Rn 39; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 75 ff mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 70).
4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 23.8.2018 zurück, 4 Ob 78/18a.]