133R95/17v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 280284 über den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 14.4.2017, WM 18/2015 7, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Begründung
Text
Die Antragstellerin beruft sich auf diese Marken und zwar
a) die Wortmarke EUTM 1593938 (erste Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 20.6.2001:
FRANZ HAAS
und
b) die Wortbildmarke IR 910561 (zweite Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 24.11.2006 (mit Priorität vom 9.10.2006; IT VE2006C000336):
Beide Marken sind für die Waren „Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)” der Klasse 33 eingetragen.
Sie widersprach basierend auf diesen Registrierungen dieser Wortbildmarke mit dem Anmeldedatum vom 3.4.2014 (angegriffene Marke) AT 280284 :
eingetragen für diese Waren der Klassen
21 Geräte und Behälter für Haushalt und Küche; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind;
29 Konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren;
30 Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig , Saucen (ausgenommen Salatsaucen); Gewürze; Kühleis;
32 Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;
33 Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), Schnäpse, Sekt.
(Die Waren, für die das Patentamt die Registrierung aufgehoben hat, sind durch Fettdruck hervorgehoben.)
Diese Marke und die für sie eingetragenen Waren seien zur Gänze zur Verwechslung geeignet, nehme die angegriffene Marke doch den auch die Widerspruchsmarken prägenden Bestandteile „HAAS” bei teilweiser Identität und teilweiser Ähnlichkeit der Waren in identischer Weise in sich auf. Sie selbst habe die Widerspruchsmarken zudem entsprechend ihrer Hauptfunktion verwendet.
Die Antragsgegnerin erhob in ihrer Äußerung rechtzeitig die Einrede der mangelnden Benutzung gegenüber beiden Widerspruchsmarken: Der Handel mit Weinen sei ein Massenmarkt; die Verkaufsumsätze der Antragstellerin seien in Anbetracht des Stückumfangs vernachlässigbar.
Darüber hinaus bestehe keine Zeichenähnlichkeit und eine nur geringe Warenähnlichkeit; davon ausgehend bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Patentamt dem Widerspruch mit der wesentlichen Begründung teilweise Folge, dass es der Antragstellerin gelungen sei, die Benutzung der beiden Widerspruchsmarken im relevanten Zeitraum für „Weine” zu bescheinigen. Wegen der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit bestehe hinsichtlich der Waren Essig (Klasse 30) und im Hinblick auf sämtliche Waren der Klassen 32 und 33 der angegriffenen Marke Verwechslungsgefahr; insofern sei dem Widerspruch teilweise stattzugeben.
Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich der wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs der Antragsgegnerin mit dem Antrag, den Beschluss abzuändern und den Widerspruch zur Gänze abzuweisen; hilfsweise stellt die Antragsgegnerin einen Aufhebungsantrag.
Die Antragsstellerin beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Gemäß § 29a iVm § 30 Abs 1 Z 2 MSchG kann auf Widerspruch des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke die Löschung einer Marke erfolgen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.
1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).
1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P, Yorma’s, Rn 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rn 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R
IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon ). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt ( quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).
1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rn 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64; 17 Ob 23/07t, Henson ; Om 6/11, revölution ; RIS-Justiz RS0117324 [T7]; 4 Ob 25/05p, Zorro ; Om 9/04, McCruise ).
1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753 [insb T9]; C 251/95, Sabel/Puma; C 206/04, Muelhens ). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner ). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).
1.7. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer ; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).
1.8. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164, Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b, GARANTA; 4 Ob 225/03x, luminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438).
1.9. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ).
1.10. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b, gotv ; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01, Jack Jones ; RIS-Justiz RS0079033 [T20], 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel ; 17 Ob 32/08t, Jukebox ; RIS-Justiz RS0079033 [insb T26]).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04, Thomson life ) kann – mit der daher übereinstimmenden ständigen nationalen Rechtsprechung des OGH – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t, Jukebox ; Om 12/10, PeakZero ; 4 Ob 181/14t, Peter Max/Spannmax ) .
2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr im durch das Rekursgericht zu prüfenden stattgebenden Umfang des Beschlusses der Rechtsabteilung zu bejahen und das Zeichen der Antragsgegnerin in diesem Ausmaß zu löschen.
3. Zur Tatsachenrüge (Benutzungsnachweis):
3.1. Nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts ist die Frage der „ernsthaften markenmäßige Benützung” keine reine Rechtsfrage, sondern zumindest eine sogenannte quaestio mixta, sodass also (auch) ein taugliches Tatsachensubstrat ermittelt werden muss, anhand dessen diese Frage beurteilt werden kann (OLG Wien 34 R 100/14x, ICEGRIP/ICE; der OGH sieht in der verwandten Frage der Verkehrsgeltung eine reine Tatfrage: RIS-Justiz RS0043668; für das Eintragungsverfahren s OBm 3/13, Steirerfleisch ). Soweit daher die Antragsgegnerin ausdrücklich auch die Beweiswürdigung der Rechtsabteilung kritisiert, ist diese grundsätzlich durch das Rekursgericht zu prüfen.
3.2. Eine Marke wird „ernsthaft benutzt”, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (C 40/01, Ansul, Rn 43; C 416/04 P, Sunrider, Rn 70; C 259/02, La Mer Technology, Rn 27; Om 8/11, WEG; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RIS-Justiz RS0123519; RW0000854). Das Zeichen muss als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl; siehe auch RIS-Justiz RW0000854).
Ohne einen konkreten Bezug zu einer Ware oder zu einer Dienstleistung bezieht sich ein solcher Hinweis allenfalls auf die Dienstleistung des Handelsunternehmens, nicht aber auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZB 10/03 = GRUR 2006, 150, Rz 9, 11, Norma; Fezer, Markenrecht 4 § 26 MarkenG Rz 70).
3.3. Wenn der Markeninhaber eine Marke nur für einen Teil der im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis eingetragenen Waren und Dienstleistungen benutzt hat, so gilt nach der Judikatur des OPM die Verwendung der Marke auch für weitere Waren und Dienstleistungen, sofern diese in ihren Eigenschaften und Zweckbestimmungen mit den benutzen Waren übereinstimmen (Om 6/07; Om 3/11, Jones; vgl ferner Engin-Deniz, MSchG² 350: „zum gleichen Bereich gehören”; Koppensteiner, Markenrecht4 138 [bei und in FN 301]). Diese Judikatur setzt voraus, dass für zumindest eine eingetragene Ware oder Dienstleistung der Benutzungsnachweis gelang. Für diesen Fall erstreckte der OPM die rechtserhaltende Wirkung auf ähnliche (im Sinne von zweckgleiche) Waren oder Dienstleistungen.
3.4. Es gibt kein Mindestmaß einer Benutzung; selbst eine geringfügige, aber wirtschaftlich tatsächlich gerechtfertigte Benutzung kann ausreichen, um die Ernsthaftigkeit zu belegen (C 416/04 P, Vitafruit ; Om 14/06, Dreher ; Om 4/09, Sallaki ; Om 10/10, Nuke mwN).
Auch eine mengenmäßig geringfügige Benutzung kann also ernsthaft sein, wenn sie im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen wird, um Marktanteile zu behalten oder zu gewinnen (C 259/02, La Mer Technology ; C 416/04 P, Sunrider , Rn 72). Die Größe des Vertriebsgebiets ist dabei nur einer der zu berücksichtigenden Faktoren (C 416/04 P, Sunrider , Rn 76). Auch die Eigenschaften des Markts, die einen unmittelbaren Einfluss auf die kaufmännische Strategie des Markeninhabers haben können, können dabei herangezogen werden (C 259/02, La Mer Technology , Rn 3; Om 10/10, Nuke ; Om 11/09, BT ). Letztlich ist auch zu unterscheiden, ob die Marke zur Kennzeichnung von Massenartikeln oder von Nischenprodukten verwendet wird (Om 11/09, BT ).
Im Zweifel sind aber keine hohen Anforderungen an den Gebrauch der Marke zu stellen (Om 3/11, Jones ; Om 5/10, Coolwater ; RIS-Justiz RS0066797 [das Löschungsverfahren betreffend]).
3.5. Ausgehend von diesen Grundsätzen überzeugt das Rekursgericht im Rahmen der anzustellenden Plausibilitätskontrolle die Argumentation der Rechtsabteilung, wonach die Einträge über die Antragstellerin in diversen Weinführern bei der erforderlichen Gesamtschau ebenso wenig außer Betracht zu lassen sind wie der Umstand, dass die Antragstellerin eher hochpreisige Weine produziert (vgl BS 1, erster Absatz).
Dem daraus gezogenen Schluss, dass die Benutzung ausreichend erscheint, „um sich Marktanteile am österreichischen Weinmarkt zu sichern bzw diese zu halten” (BS 8, fünfter Absatz), setzt der Rekurs keine überzeugenden, aus den vorliegenden Beweisergebnissen gewonnen Argumente entgegen, wie überhaupt der Rekursvortrag sich auf eine zergliedernde Betrachtungsweise der vorgelegten Urkunden beschränkt, ohne aber gewichtige Gründe gegen die darauf aufbauende – und wie bereits ausgeführt – plausible Beweiswürdigung des Patentamts vorzutragen. Abgesehen davon ergibt sich aus der Beilage ./F ohne Weiteres, das der „Falstaff-Weinguide 2012” eine Auflage von 35.000 Exemplaren hatte, sodass auch der Auszug daraus (Beilage ./G) bedeutsam ist, wie die Antragstellerin richtig betont (Rekursbeantwortung, Punkt 1.1.5). Die zutreffende Analyse der Rechtsabteilung, wonach der Schriftzug „FRANZ HAAS” in der Form der zweiten Widerspruchsmarke zwar in verschiedenen Farben verwendet wurde, dies aber nicht schadet, greift der Rekurs nicht an, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
3.6. Der Umstand, welche Beweise belastbar und damit in der Lage sind, die Benutzung zu bescheinigen, ist zudem entgegen dem Rekursvortrag (Punkt 1.8.) nicht den Feststellungen zugrunde zu legen, sondern als ein Akt der Beweiswürdigung diesem Entscheidungsteil zuzurechnen. In diesem Kontext trägt die Antragstellerin in ihrer Rekursbeantwortung überzeugend vor, dass hinsichtlich des Rechnungskonvoluts Beilage ./A nicht allein auf das Datum der jeweiligen Faktura allein, sondern auch darauf abzustellen ist, dass es sich bei den Kunden der Antragstellerin prima vista durchwegs um Wiederverkäufer handelte und dass damit davon auszugehen ist, dass die fakturierten Weine (zumindest zu einem beträchtlichen Teil) noch innerhalb des hier relevanten Zeitraums (vgl dazu BS 3, zweiter Absatz) unter der zweiten Widerspruchsmarke innerhalb Österreichs veräußert und damit die beiden Zeichen auch geltungserhaltend verwendet wurden.
3.7. Die mit der Rekursbeantwortung vorgelegte Beilage ./AB verstößt zwar nicht gegen das eingeschränkte Neuerungsverbot des § 37 Abs 3 MSchG iVm § 139 Z 3 PatG, sie ist aber nicht in der Lage, die Auflage von „Der Feinschmecker” für das hier relevante Heft September 2013 zu bescheinigen, sodass diese Urkunde im Sinn des Rekursvortrags für die Bescheinigung der unmittelbaren Benutzung der Widerspruchsmarken außer Betracht bleibt. Dies ändert aber nichts daran, dass der Antragstellerin insgesamt der Nachweis ausreichender Benutzung gelungen ist, weil bereits die Benutzung der zweiten Widerspruchsmarke, die in ihrem Wortteil die gesamte erste Widerspruchsmarke enthält, ausreicht:
Der Markeninhaber kann sich nach dem EuGH zum Nachweis der Benutzung auch darauf berufen, dass die Marke in einer von ihrer Eintragung abweichenden Form benutzt wird, ohne dass die Unterschiede zwischen diesen beiden Formen die Unterscheidungskraft der Marke beeinflussen, und zwar ungeachtet dessen, dass die abweichende Form ihrerseits als Marke eingetragen ist (EuGH C 553/11, Proti, Rn 30 [in Weiterentwicklung von C 234/06 P, Bainbridge , Rn 83]; BGH I ZR 84/09, Proti II ; zur Kritik an EuGH C 234/06 P vgl etwa Koppensteiner , Markenrecht 4 139; differenzierend Ströbele in Ströbele/Hacker , MarkenG 11 § 26 Rz 171 ff, Ingerl/Rohnke , MarkenG³ § 26 Rz 197; alle zitiert bei OLG Wien 34 R 100/14x, ICE GRIP/ICE = RIS-Justiz RW0000807).
3.8. Auch wenn daher die wesentliche Begründung im Rekurs zutrifft, dass die Behauptungs- und Bescheinigungslast für die Benutzung die Antragstellerin trifft und daher allfällige Zweifel zu ihren Lasten zu werten sind (§ 29 Abs 3 erster Satz MSchG; zu § 33a Abs 5 MSchG: Om 3/11, Jones; Engin-Deniz, MSchG² 356; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 33a Rz 127; allgemein zB RIS-Justiz RS0039939), so ist die Feststellung der Rechtsabteilung, wonach der Antragstellerin die Bescheinigung der rechtserhaltenden Benutzung der beiden Widerspruchsmarken nur für „Weine” gelungen ist, ausführlich begründet und für das Rekursgericht gut nachvollziehbar, sodass es sie übernimmt und seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde legt.
4. Zur Rechtsrüge :
4.1. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Waren, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzelnen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina; 4 Ob 180/02d, Opus One ).
Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist (OLG Wien, 34 R 69/16s, Silan/HydroPurSilan uva).
4.2. Legt man zur Vermeidung von Wiederholungen dieses Verständnis der Überprüfung zugrunde, so ist der Beurteilung der Identität und Ähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen durch die Rechtsabteilung in concreto im Ergebnis im Sinn teilweise gegebener Identität und hochgradiger Ähnlichkeit in allen Waren- und Dienstleistungsklassen der angefochtenen Marke beizupflichten.
Insgesamt ist also die Auffassung im angefochtenen Beschluss, wonach die Waren zum einen Teil überhaupt ident und zum anderen Teil hochgradig ähnlich sind (was sich aus der tabellarischen Gegenüberstellung im angefochtenen Beschluss ergibt [BS 10]), nicht zu beanstanden, weil Essig auch aus Wein hergestellt wird und dann aus denselben Produktionsstätten stammt ( Klasse 30 ).
Dieses Argument trifft auch auf sämtliche Waren der Klasse 33 der angegriffenen Marke zu, weil es sich dabei durchwegs um alkoholische Getränke handelt, die sowohl an einem gemeinsamen Ort produziert als auch im Rahmen eines gemeinsamen Vertriebswegs auf den Markt gebracht werden können.
Es ist auch vertretbar, in der Klasse 32 für die vom Patentamt im Spruch benannten Waren eine Ähnlichkeit zu „Weinen” der beiden Widerspruchsmarken zu sehen, weil es sich bei allen um Getränke handelt, die etwa in Supermärkten in einer Getränkeabteilung zum Kauf oder etwa aber auch in Restaurants in der Speisekarte (oder einer eigenen Getränkekarte) zusammen als Kaltgetränke angeboten werden und sich dort gegenseitig ergänzen.
4.3. Diese als ident und/oder ähnlich zu qualifizierenden Waren sind überwiegend nicht solche des täglichen Bedarfs, daher ist der Grad der Aufmerksamkeit ihres Adressaten, der entweder Endverbraucher oder Fachmann ist, bei ihrer Inanspruchnahme durchschnittlich hoch (Koppensteiner, Markenrecht 4 114). Der Durchschnittskunde, der die einander ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (RIS-Justiz RS0117324), wird daher fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten.
4.4. Im Wort bild stimmen die Zeichen im Begriff HAAS jeweils überein; der gleichnamige zweite Teil beider Widerspruchsmarken wurde zur Gänze in das angegriffene Zeichen aufgenommen, das diesen Begriff doppelt verwendet und mit einem kaufmännischen Und verbindet.
Die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke ist sowohl farblich (reines Schwarz) als auch typographisch als innerhalb des Üblichen anzusehen und damit banal und für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Belang (statt vieler OLG Wien 34 R 148/14f, Princess Sisi/Sisi [Verwendung von Zierschrift]).
4.5. Klang lich besteht eine bedeutsame Gemeinsamkeit in der Sprechweise darin, dass auch die angegriffene Marke HAAS bei identer Aussprache dieses Worts enthält. HAAS prägt daher die angefochtene Marke mit, sodass durch seine doppelte Verwendung zwar ein gewisser, aber ein nur äußerst geringer Abstand besteht, denn gerade Endungen haben einen hohen Erinnerungswert (vgl die Nw oben bei Punkt 1.8.).
4.6. In Bezug auf die Wort bedeutung argumentiert die Rechtsabteilung überzeugend (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG), es handle sich dabei zwar um einen in Österreich weit verbreiteten Familiennamen, doch würde sich der Verkehr eher an Familien-, denn an Vornamen orientieren. Unter diesen Umständen sei der die beiden Widerspruchsmarken wesentlich stärker als der noch häufiger Vorname FRANZ prägende Bestandteil HAAS in die angegriffene Marke unverändert aufgenommen worden.
4.7. Mit anderen Worten spielt HAAS im Sinngehalt des Zeichens der Antragsgegnerin keine untergeordnete, sondern eine dominierende Rolle:
Wird aber der kennzeichnungskräftige Teil einer Marke komplett in ein Zeichen aufgenommen, so ist bei Ähnlichkeit und bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen, weil selbst bei der Übernahme eines schwachen Zeichens Verwechslungsgefahr besteht, wenn die übernommene Marke innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (oben Punkt 1.10.; Om 4/11, Leo/Leo Löwenzahn ; s im Übrigen auch OLG Wien 34 R 32/16z, ImPuls/IMPULS360 = 4 Ob 164/16w; 34 R 148/14f, Princess Sisi/Sisi ; 34 R 41/16y, Mona/Monalisa; 34 R 52/15i Felix/Felix Weinstock [Vorname prägend]). Dies ist hier der Fall. (Als Beispiel für die Vernachlässigbarkeit der Zeichen-Übernahme wegen In-den-Hintergrund-Tretens kann 34 R 94/15s, OLYMPIC/OLD SCHOOL OLYMPIC BOXING CLUB JA*B VIENNA, dienen.)
4.8. Wo und wofür die Antragsgegnerin ihr Zeichen verwendet ist wegen des abstrakten, am Registerstand orientierten Prüfungsmaßstabs im Widerspruchsverfahren bedeutungslos (oben Punkt 1.1.), sodass auf die Behauptung einer insoweit angeblich bestehenden Notorietät nicht eingegangen werden muss (Rekurs, Punkt 4.4.).
5. Unter diesen Umständen ist wegen der grafischen, semantischen und phonetischen Gemeinsamkeiten sowie der teilweisen Identität und der teilweisen (hochgradigen) Ähnlichkeit der durch den angefochtenen Beschluss adressierten Waren der miteinander zu vergleichenden Zeichen die Verwechslungsgefahr in diesem Umfang zu bejahen.
6. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880 [Ermessensspielraum]; RIS-Justiz RS0066779 [T24]), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
7. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.