JudikaturOLG Wien

133R98/17k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
17. November 2017

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Schober und Dr. Terlitza in der Rechtssache der gefährdeten Partei ***** , vertreten durch Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Gegnerin der gefährdeten Partei ***** , vertreten durch Kletzer Messner Mosing Schnider Schultes Rechtsanwälte OG in Wien, wegen einstweiliger Verfügung (Unterlassung [EUR 28.000] und Beseitigung [EUR 7.000]), Sicherungsinteresse EUR 35.000, über den Rekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 21.8.2017, 6 Cg 68/17k 7, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

A. Die Entscheidung wird geändert und lautet:

«I. Einstweilige Verfügung

1. Der Gegnerin der gefährdeten Partei wird es ab sofort verboten, im geschäftlichen Verkehr die im Markenregister des österreichischen Patentamts zu 251788 und im Markenregister der WIPO World Intellectual Property Organization zu Nr 1056469 eingetragene Wortbildmarke

direkt auf den Verpackungen ihrer Produkte, insbesondere auf den Verpackungen der unter der Bezeichnung ***** produzierten und vertriebenen Gläsern abzubilden.

2. Die Bewilligung der einstweiligen Verfügung wird von einer Sicherheitsleistung der gefährdeten Partei in der Höhe von EUR 50.000 für die der Gegnerin der gefährdeten Partei hieraus drohenden Nachteile abhängig gemacht. Mit ihrem Vollzug darf nicht begonnen werden, bevor der gerichtliche Erlag der Sicherheit nachgewiesen ist.

3. Die einstweilige Verfügung ist aufzuheben, wenn die

zur Geltendmachung des behaupteten Anspruchs notwendige Klage (Rechtfertigungsklage) nicht binnen einem Monat ab Rechtskraft der Entscheidung über den Sicherungsantrag eingebracht wird. Die einstweilige Verfügung wird grundsätzlich bis zur rechtskräftigen Erledigung der Rechtfertigungsklage erlassen.

II. Abgewiesen wird hingegen der Sicherungsantrag,

a) es der Gegnerin der gefährdeten Partei zu verbieten, diese Wortbildmarke im geschäftlichen Verkehr direkt auf ihren Produkten, insbesondere auf den unter der Bezeichnung ***** produzierten und vertriebenen Gläsern abzubilden;

b) der Gegnerin der gefährdeten Partei den Auftrag zu erteilen, jene Verpackungen ihrer Produkte, insbesondere jene Verpackungen der unter der Bezeichnung ***** produzierten und vertriebenen Gläser, zu beseitigen, auf denen diese Wortbildmarke abgebildet ist.

III. Die gefährdete Partei hat die Hälfte ihrer Kosten des Provisorialverfahrens vorläufig, die andere Hälfte endgültig selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei ist schuldig, der Gegnerin der gefährdeten Partei EUR 732,96 (darin EUR 122,16 USt) an Kosten des Provisorialverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat ihre darüber hinausgehenden Kosten des Provisorialverfahrens endgültig selbst zu tragen.»

B. Die gefährdete Partei ist schuldig, der Gegnerin der gefährdeten Partei EUR 915,63 (darin EUR 152,43 USt.) an Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Gegnerin der gefährdeten Partei hat die darüber hinausgehenden Kosten des Rekursverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die gefährdete Partei hat die Hälfte der Kosten des Rekursverfahrens vorläufig, die andere Hälfte dieser Kosten endgültig selbst zu tragen.

C. Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000. Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

1. Die Gefährdete ist ein inländisches Unternehmen mit Sitz in *****, NÖ. Sie entwickelt und vertreibt Trinkgläser im In- und Ausland unter den beim EUIPO eingetragenen Marken *****.

Die Gegnerin hat ihren Sitz in *****, NÖ. Sie betreibt ein auf Glaswaren spezialisiertes Unternehmen, das ein aus Trinkgläsern bestehendes Produktsortiment unter der Marke „*****“ (eingetragen beim Patentamt zu *****) vertreibt.

Die Parteien stehen in einem Wettbewerbsverhältnis.

2. Die Gefährdete behauptet in diesem Zusammenhang eine irreführende Geschäftspraktik und einen Rechtsbruch der Gegnerin durch die Verwendung der im Spruch abgebildeten Wortbildmarke (in der Folge kurz: Austria-Zeichen ) und begehrt, 1. der Gegnerin zu verbieten, die Marke direkt auf ihren Produkten oder auf den Verpackungen abzubilden, und ihr 2. den Auftrag zu erteilen, die Verpackungen zu beseitigen.

Die Gegnerin verwende Verpackungsschachteln, auf denen das Austria-Zeichen zusätzlich zum eigenen Logo und dem Firmennamen angebracht sei. Das Austria-Zeichen sei für die Wirtschaftskammer Österreich (WKO) registriert. Nach deren Nutzungsbedingungen dürfe dieses Zeichen nicht auf Verpackungen abgebildet werden, um keine Verwechslung mit der Herkunft, dem Ursprung oder der Qualität der Leistung hervorzurufen. Durch das Anbringen das Austria-Zeichens auf der Verpackung werde der irrige Eindruck erweckt, die Gläser der Gegnerin würden in Österreich hergestellt. Der Produktionsstandort der Gegnerin liege aber überwiegend im Ausland. Zudem verstoße das Verhalten der Gegnerin gegen die Nutzungsbedingungen der Markeninhaberin. Durch diesen Rechtsbruch erlange die Gegnerin einen spürbaren Vorteil gegenüber lauteren und redlichen Mitbewerbern, die sich an die Nutzungsbedingungen halten.

3. Die Gegnerin beantragte, den Sicherungsantrag abzuweisen und wandte im Wesentlichen die mangelnde Aktivlegitimation der Gefährdeten in Bezug auf die Verwendung des Austria-Zeichens ein. Ein Teil des Unterlassungsbegehrens sei jedenfalls zu weit gefasst. Es liege auch keine Irreführung im Sinn des § 2 UWG und/oder der Z 2 des Anhangs zum UWG vor. Das Austria-Zeichen sei kein Qualitäts- und/oder Gütezeichen und seine Verwendung bedürfe keiner Genehmigung. Das Austria-Zeichen werde nur auf der Seitenwand der Verpackung, nicht aber auf deren Front verwendet, wo auch die Glaswaren der Gegnerin abgebildet seien. Die Verwendung erfolge auch nur im Zusammenhang mit dem „*****”-Logo. Dadurch sei dem potenziellen Kunden völlig klar, dass ganz links die produkt- oder herstellungsspezifischen Angaben und ganz rechts nur die firmenspezifischen Angaben der Gegnerin stehen. Es werde das Austria-Zeichen daher nur auf das Unternehmen der Gegnerin und nicht etwa auch auf den Herstellungsort des Produkts bezogen. Somit liege auch keine Irreführungsgefahr vor; im Übrigen erfolge auch über 50 Prozent der Wertschöpfung der Glaswaren der Gegnerin in Österreich.

4. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag zur Gänze ab, wobei es von folgendem Sachverhalt ausging:

Das Austria-Zeichen wird auf der Internetseite der Inhaberin, der WKO, ua wie folgt beschrieben: „Das Austria-Zeichen ist eine starke Marke, die im In- und Ausland seit über 30 Jahren als Symbol für die österreichische Wirtschaft steht. [...] Das neue Austria „A” steht für die Qualität und die Innovationskraft österreichischer Produkte. [...] “.

Die Nutzungsbedingungen lauten:

«1. Das Austria-Zeichen ist eine in Österreich rechtlich geschützte Wort- und Bildmarke, die sich im Eigentum der Wirtschaftskammer Österreich/AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA befindet.

2. Das Austria-Zeichen dient als reines werbliches Orientierungszeichen für österreichische Unternehmen und Freie Berufe mit folgendem Motto: „Hier ist Österreich!”. Es besitzt eine klare Identifikationsfunktion. Das Austria-Zeichen ist weder ein Herkunftszeichen, noch fungiert es als Qualitäts- oder Gütezeichen. Jeder Hinweis „MADE IN ...” in Verbindung mit dem Austria-Zeichen ist untersagt.

3. Das Austria-Zeichen darf von allen Mitgliedern der Wirtschaftskammer Österreich und von Angehörigen der Freien Berufe, die im Interesse der österreichischen Wirtschaft im Ausland tätig sind, verwendet werden. Für die Verwendung fallen keine Kosten an.

4. Um keine Missverständnisse über die Herkunft, den Ursprung oder die Qualität der Leistung hervorzurufen, darf das Austria-Zeichen nicht direkt für Produkte/Waren oder diesen beigelegte Zertifikate eingesetzt werden bzw. auf diesen oder auf deren Verpackungen abgebildet werden. Da das Austria-Zeichen als Orientierungszeichen dient, darf es lediglich auf unternehmensspezifischen Kommunikationsmitteln eingesetzt werden (Drucksorten, Werbekampagnen, Homepage/Internet, Informationsunterlagen zum Unternehmen, Messestände, etc.).»

Rechtlich folgerte es, dass das Austria-Zeichen ein reines Werbemittel sei, das keine Aussage über die Herkunft, die Qualität oder die Güte der damit gekennzeichneten Waren ausdrücke. Als „rein werbliches Orientierungszeichen” mit dem Motto „Hier ist Österreich!” besage es offensichtlich ausschließlich, dass ein Unternehmen, das das Austria-Zeichen verwendet, ein österreichisches Unternehmen sei. Die Nutzungsbedingungen untersagen den Einsatz dieses Zeichens unter anderem auf Verpackungen, um keine Missverständnisse über die Herkunft, den Ursprung oder die Qualität der Leistung hervorzurufen. Bei einem derartigen, weitgehend aussagelosen Zeichen seien solche Missverständnisse aber ohnehin nicht zu erwarten. Somit sei der Tatbestand nach § 2 UWG oder nach der Z 2 des Anhangs nach dem UWG nicht erfüllt.

Dem Parteienvorbringen sei nicht zu entnehmen, dass die Gegnerin mit der WKO eine Lizenzvereinbarung abgeschlossen oder sich deren Lizenzbedingungen unterworfen hätte. Eine allenfalls unbefugte Verwendung des Austria-Zeichens könne nur die Markeninhaberin geltend machen. Die Missachtung fremder Ausschließlichkeitsrechte könnte von Dritten nach dem UWG nur unter besonderen, hier nicht behaupteten Umständen aufgegriffen werden.

5. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Gefährdeten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung samt sekundärer Feststellungsmängel mit dem Antrag, dem Sicherungsbegehren vollinhaltlich stattzugeben, in eventu dem Sicherungsbegehren nur in Bezug auf die Verwendung auf den Verpackungen stattzugeben.

Die Gegnerin beantragte, dem Rekurs keine Folge zu geben, in eventu das Sicherungsbegehren von einer Sicherheitsleistung von zumindest EUR 100.000 abhängig zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist teilweise berechtigt.

6. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass das im Rekurs formulierte Eventualbegehren gegenüber dem Sicherungsbegehren im erstinstanzlichen Verfahren ein Minus und daher eine Einschränkung ist. Derartige Einschränkungen sind auch noch im Rekursverfahren zulässig (vgl Kodek in Rechberger 4 § 483 ZPO Rz 4; RIS-Justiz

RS0081567; 4 Ob 48/09a ua.).

7. Die Gefährdete moniert, dass dem Beschluss erhebliche Begründungsmängel anhafteten, die eine abschließende und inhaltliche Überprüfung unmöglich machten. Das Erstgericht habe weder die erforderlichen Tatsachenfeststellungen getroffen (was auch als sekundärer Feststellungsmangel gerügt werde) noch die vorgelegten Bescheinigungsmittel gewürdigt.

Das Erstgericht habe sich nur auf die Beilagen ./G und ./H gestützt. Mangels Begründung sei unklar, ob das Erstgericht sich mit den anderen Bescheinigungsmitteln auseinandergesetzt habe. Das Erstgericht habe keine Feststellungen über die Verwendung des Austria-Zeichens durch die Gegnerin getroffen. Hätte das Erstgericht die vorliegenden Bescheinigungsmittel richtig gewürdigt, hätte es feststellen müssen, dass die Gegnerin hat auf ihrem Verpackungsmaterial das Austria-Zeichen angebracht habe (Beilage ./I, Beilage ./J = Verpackungskarton im Original), dessen Inhaberin die WKO sei.

Die begehrten Feststellungen seien deshalb relevant, weil das Anbringen des Austria-Zeichens gegen die auf der Website veröffentlichten Nutzungsbedingungen der Markeninhaberin verstoße. Wegen der Symbolträchtigkeit des Austria-Zeichens habe die Gegnerin einen spürbaren Vorteil gegenüber lauteren und redlichen Mitbewerbern wie der Gefährdeten, die sich an die Nutzungsbedingungen halte. Dies sei ein Rechtsbruch im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UWG.

Die Verwendung des Austria-Zeichens auf den Verpackungen sei aber auch irreführend im Sinne des § 2 UWG, und Mitbewerber und Konsumenten würden dadurch getäuscht, weil sie annehmen müssten, dass die *****-Gläser aus Österreich stammen. Die Täuschungseignung des Zeichens ergäbe sich alleine schon aus dem zwecks Vermeidung von Missverständnissen über die Herkunft erlassenen Verbot der Verwendung auf Verpackungen. Ungeachtet dessen verstoße die Verwendung des Austria-Zeichens auf Verpackungen auch gegen das Gebot der beruflichen Sorgfalt.

8.1 Zutreffend ist, dass das Erstgericht keine Feststellungen über die Verwendung des Austria-Zeichens durch die Gegnerin getroffen hat. Da diese Verwendung auf den Verpackungen im Provisorialverfahren ohnehin unstrittig ist und durch die Urkunden Beilage ./1 sowie ./I und ./J und auch im Original objektiviert vorliegt, wird der bescheinigte Sachverhalt durch nachstehende Feststellungen ergänzt:

Die Gegnerin hat auf dem Verpackungsmaterial ihrer Wein- und Trinkgläser das Austria-Zeichen auf der Seitenwand der Verpackung gleich über ihrer Firmenbezeichnung sowie ihrer Internet- und E Mail Adresse rechtsseitig angebracht.

Die Gesamtansicht stellt sich wie folgt dar: [...]

8.2 Ausgehend davon trifft daher die Beanstandung zu, dass die Gegnerin gegen die von der WKO festgelegten Nutzungsbedingungen in Bezug auf das Austria-Zeichen verstößt, wonach es (zur Vermeidung von Missverständnissen über die Herkunft, den Ursprung oder die Qualität der Lesitung) nicht auf dem Verpackungsmaterial angebracht werden darf.

Zu beurteilen ist hier aber nicht eine nicht bewilligte Verwendung des Austria-Zeichens, sondern eine Verwendung des Austria-Zeichens in einer nicht von den Nutzungsbedingungen umfassten Form.

8.3 Die Verletzung von Ausschließlichkeitsrechten Dritter kann in der Regel nicht von Mitbewerbern als Lauterkeitsverstoß geltend gemacht werden. Die Missachtung von Ausschließlichkeitsrechten verstößt aber dort gegen § 1 und/oder § 2 UWG, wenn sich Wettbewerber, die solche Rechte missachten, einen ungerechtfertigten Vorsprung vor ihren Mitbewerbern verschaffen, die diese Rechte respektieren oder als Lizenznehmer eine Vergütung zahlen, und wenn sie durch ihre Handlungsweise vortäuschen, zur Benützung des Zeichens befugt zu sein. Erforderlich sind daher „besondere Umstände”, das heißt eine über die Rechtsverletzung hinausgehende „sonstige” Unlauterkeit, die schützenswerte Belange des Wettbewerbs betreffen (vgl Frauenberger in Wiebe/G. Kodek, UWG 2 § 1 Rz 978 f).

Für das Vorliegen eines Ausschließlichkeitsrechts, dessen Verletzung sie als Verstoß gegen das UWG geltend macht, ist die Gefährdete behauptungs- und bescheinigungspflichtig (RIS-Justiz RS0079466).

8.4 Notorisch ist, dass beide Parteien Mitglieder der WKO (vgl § 2 Wirtschaftskammergesetz 1998 [WKG]) und daher verpflichtet sind, Kammerumlagen zu zahlen (§ 4 Abs 2 Z 2 WKG). Demnach sind sie (aufgrund der Nutzungsbedingungen) auch berechtigt, das Austria-Zeichen zu verwenden.

In diesem Zusammenhang ist die Aktivlegitimation der Gefährdeten nach § 14 UWG nicht weiter problematisch, weil sie im obigen Sinn eine über die Rechtsverletzung hinausgehende „sonstige“ Unlauterkeit geltend macht, nämlich die Verschaffung eines ungerechtfertigten Vorsprungs der Gegnerin gegenüber den unmittelbaren Mitbewerbern durch die Missachtung von (Nutzungs )Rechten, die die übrigen Mitbewerber beachten und für die die Mitglieder der WKO (indirekt) durch die Kammerumlage auch eine Vergütung zahlen. Dadurch wird auch gleichzeitig der Eindruck vorgetäuscht, nur die Gegnerin sei zur Benutzung auf dem Verpackungsmaterial befugt.

Die Mitgliedschaft der Parteien zur WKO ist auch keine unzulässige Neuerung im Rekursverfahren. Zum Einen hat die Gefährdete nach dem bisherigen maßgeblichen Sachvorbringen im erstinstanzlichen Verfahren einen Rechtsbruch durch diese den Nutzungsbedingungen der WKO widersprechende Verwendung des Austria-Zeichens sowie eine irreführende Geschäftpraktik behauptet, wobei sich die Mitgliedschaft beider Parteien zu dieser Interessensvertretung schon daraus implizit ergibt. Dies kommt auch in dem von der Gefährdeten gestellten Sicherungsantrag hinreichend deutlich zum Ausdruck. Zum Anderen ist diese Zugehörigkeit aufgrund der bestehenden Gesetzeslage notorisch.

8.5 Da die Nutzungsbedingungen zu diesem Zeichen grundsätzlich eine für alle Mitglieder der WKO einheitliche Verwendungsform vorsehen, nämlich für unternehmensspezifische Kommunikationsmittel, ist die von der Gegnerin gewählte Form auf der Verpackung als unlauter zu beurteilen. Sie verstößt gegen die Auflage, das Zeichen nicht auf Verpackungen von Produkten/Waren abzubilden (vgl 4 Ob 121/15w mwN). Ein Rechtsbruch nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG ist daher zu bejahen, der aus Sicht des Rekursgerichts deshalb begangen wird, um den Verbraucher bei seiner Kaufentscheidung zu beeinflussen. Mit dem Zeichen wird der Durchschnittskonsument eine bestimmte – durchwegs positive – Aussage über die Qualität/Herkunft und die Innovationskraft österreichischer Produkte assoziieren.

Dass die Gefährdete für die Nutzung des Austria-Zeichens keine direkte Vergütung zahlt (sondern nur indirekt durch die Kammerumlage), ändert an der Rechtslage nichts. Die Gegnerin täuscht durch ihre den auferlegten Nutzungsbedingungen widersprechende Vorgehensweise vor, (alleine) zur Benützung des ausschließlichen Rechts befugt zu sein, und will sich damit von ihren Mitbewerbern – wie der Gefährdeten – abheben.

8.6 Ob eine Angabe zur Irreführung geeignet ist, hängt davon ab, wie sie die angesprochenen Verkehrskreise nach ihrem Gesamteindruck verstehen. Sie ist irreführend, wenn die Vorstellungen, die die Umworbenen haben, mit den wirklichen Verhältnissen nicht in Einklang stehen (RIS-Justiz RS0078541). Für die Beurteilung entscheidend ist das Verständnis eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der eine dem Anlass angemessene – unter Umständen daher auch bloß „flüchtige” (4 Ob 58/06t) – Aufmerksamkeit aufwendet (4 Ob 196/00b, Lego-Klemmbausteine; 4 Ob 107/06y, Betonsteine; 4 Ob 208/06a, Medizinischer Disclaimer; zuletzt 4 Ob 177/07v; RIS-Justiz RS0114366).

Ausgehend davon ist der Gefährdeten zuzustimmen, dass diese Verwendung auch zur Irreführung geeignet ist. Durch die Verwendung des Austria-Zeichens könnte ein nicht unerheblicher Teil der umworbenen Abnehmer bei der Auswahlüberlegung beeinflusst werden (vgl RIS-Justiz RS0078396). Dabei ist es nach Ansicht des Rekursgerichts nicht erheblich, ob der Durchschnittskonsument das Austria-Zeichen als produkt- oder herstellungsspezifische Angabe oder als firmenspezifische Angabe versteht, weil er damit grundsätzlich eine positive Assoziation verbindet, die ihn in seiner Kaufentscheidung beeinflussen könnte.

Im Sinne des Eventualbegehrens – nur soweit ist hier die rechtsbrüchliche/irreführende Verwendung des Austria-Zeichens bescheinigt – ist daher dem Sicherungsbegehren mit der anschließend wiedergegebenen Einschränkung Folge zu geben, wobei der Spruch zur leichteren Verständlichkeit ohne inhaltliche Veränderung umformuliert wurde.

9.1 Allgemein gilt, dass im Sicherungsverfahren keine nicht mehr rückführbare Situation geschaffen werden darf (RIS-Justiz RS0009418[T5]; RS0005696). Die Beseitigung (Vernichtung) der beanstandeten Verpackungen würde aber einen derartigen Zustand schaffen, weil nach Aufhebung oder Ablauf der einstweiligen Verfügung Beeinträchtigungen (zum Beispiel Imageverlust) bleiben können, die nicht ohne Weiteres in Geld ausgleichbar sind (vgl König in FS Griss [2011], Die Nichtrückführbarkeit einstweiliger Verfügungen, 389 [401 f]; vgl auch 4 Ob 141/16p).

Ungeachtet dessen ist das Beseitigungsbegehren an sich zu weit gefasst, weil sich daraus dessen Umfang nicht eindeutig ergibt und zum Beispiel nicht klar ist, ob davon auch die bereits verkauften Warenverpackungen oder die in Verkaufsregalen bei Dritten stehende Verpackungen umfasst sind.

9.2 Im Hinblick auf die Folgen und Auswirkungen der einstweiligen Verfügung ist der Gefährdeten eine Sicherheitsleistung von EUR 50.000 aufzutragen.

Das Gericht bestimmt die Sicherheit nach freiem Ermessen (aM G. Kodek in Burgstaller/Deixler-Hübner § 390 Rz 114, der von „gebundenem Ermessen” spricht); es bedarf hiebei keiner besonderen Erhebungen über die mögliche Höhe eines dem Gegner der gefährdeten Partei allenfalls drohenden Schadens (

Kodek in Angst/Oberhammer, EO 3 § 390 EO Rz 10 mwN).

9.3 Wenn eine einstweiligen Verfügung wie hier vor der Einleitung des Prozesses bewilligt wird, ist gemäß § 391 Abs 2 erster Satz EO im Beschluss eine angemessene Frist für die Einbringung der Klage zu bestimmen. Die Frist von einem Monat erscheint im Hinblick der Sachlage angemessen.

10. Die Gefährdete ist ca mit der Hälfte ihres Sicherungsbegehrens als durchgedrungen anzusehen. Eine Kostenaufhebung kann im Hinblick auf § 393 Abs 1 EO iVm § 43 ZPO aber nicht erfolgen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich für die Gefährdete auf § 393 Abs 1 EO und für die Gegnerin auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 43, 50 Abs 1 ZPO.

11. Von der Bewertung des Sicherungsbegehrens durch die Gefährdete war nicht abzugehen.

Der Revisionsrekurs war nicht zuzulassen, weil Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO genannten Qualität und von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung nicht zu lösen waren.

Rückverweise