JudikaturOLG Wien

133R53/17t – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
23. August 2017

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Schutzgewährung der Marke IR 1292668 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 27.10.2016, IR 516/2016/W1 4, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf diese Wortmarke EUTM 10839793 (Widerspruchsmarke) mit dem Registrierungsdatum 27.11.2013 und der Priorität vom 26.4.2012:

UNITY

eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

09 Compact-Disks (ROM, Festspeicher); Compact Disks (Ton, Bild); Computerbetriebsprogramme (gespeichert); Computer-Programme (gespeichert); Computer-Programme (herunterladbar); Computer-Software (gespeichert); Disketten; Elektronische Publikationen (herunterladbar).

16 Broschüren; Diagramme; grafische Darstellungen; Kataloge; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Veröffentlichungen (Schriften).

35 Aufstellung von Kosten-Preis-Analysen; Auskünfte in Geschäftsangelegenheiten; Beratung bei der Organisation und Führung von Unternehmen; Beratungsdienste in Fragen der Geschäftsführung; betriebswirtschaftliche Beratung; Dateienverwaltung mittels Computer; Entwicklung von Nutzungskonzepten für Immobilien in betriebswirtschaftlicher Hinsicht (Facility management); Ermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Erstellen von Abrechnungen; Erstellen von Statistiken; Erstellung von betriebswirtschaftlichen Gutachten; Erstellung von Wirtschaftsprognosen; Erteilung von Auskünften in Handels- und Geschäftsangelegenheiten; Herausgabe von Statistiken; Hilfe bei der Führung von gewerblichen oder Handelsbetrieben; Informationen in Geschäftsangelegenheiten; Marketing (Absatzforschung); Marketing auch in digitalen Netzen; Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; organisatorische Beratung; organisatorisches Projektmanagement im EDV-Bereich; Pflege von Daten in Computerdatenbanken; Planung und Überwachung von Unternehmensentwicklungen in organisatorischer Hinsicht; Planungen (Hilfe) bei der Geschäftsführung; Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Unternehmensberatung; Wertermittlungen in Geschäftsangelegenheiten; Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken.

42 Aktualisierung von Computer-Software; EDV-Beratung; Entwicklung von Nutzungskonzepten in technischer Hinsicht (Facility management); Entwicklungsdienste und Recherchedienste bezüglich neuer Produkte (für Dritte); Implementierung von EDV-Programmen in Netzwerken; technische Beratung; technische Projektplanungen; technisches Projektmanagement im EDV-Bereich.

Sie widersprach der Schutzzulassung dieser internationalen Wortbildmarke (angegriffene Marke) IR 1208559 (Priorität vom 22.05.2015 [DE 30 2015 102 805]):

eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen

09 Recorded data files; recorded data; information technology and audiovisual equipment; navigation, guidance, tracking, targeting and map making devices; computer software; databases [electronic]; digital maps; electric or electronic data index; data recorded electronically; computer programmes [stored in digital form]; computer programs [downloadable].

38 Telecommunications; transmission of data or audio visual images via a global computer network or the internet; transmission of video films for selected user groups; electronic file transfer; providing access to a worldwide computer network; providing of worldwide computer network access services; providing user access to the internet (services providers); providing access via internet for social networking; access to content, websites and portals; providing chatroom services for social networking; provision of email services; providing access to interactive Internet forums; providing Internet chatrooms; internet service provider services; interactive communication services via computer; communications via a global computer network or the internet; on-line communication services; transfer of information and data via online services; distribution of data or audio visual images via a global computer network or the internet; providing online forums for communication on topics of general interest.

41 Education; entertainment; providing online electronic publications; electronic publication; on-line publication of journals or diaries [blog services].

42 Computer software design; updating of computer software for databases; designing and developing of computer databases; design services for computer software; software development, programming and implementation; planning, design, development and maintenance of online web sites for third parties; design and development of computer networks; web hosting services; software as a service [SaaS]; rental of software; IT consultancy, advisory and information services; IT security services in the nature of protection and recovery of computer data; computer network configuration services; rental and maintenance of computer software.

Die Marken und die dafür eingetragenen Waren sowie Dienstleistungen seien zur Verwechslung geeignet.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Widerspruch mit der wesentlichen Begründung ab, dass trotz teilweiser Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit wegen der beiden kennzeichnungsschwachen Wortbestandteile der zu vergleichenden Marken der unterscheidungskräftige Bildbestandteil der angegriffenen Marke die Verwechslungsgefahr beseitige.

Dagegen richtet sich der erkennbar allein wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss abzuändern und der angefochtenen Marke in Österreich den Schutz zur Gänze zu verweigern.

Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass diese in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3 bis Abs 1 und 3 ter MMA/PMMA) ebenso geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA/PMMA; Koppensteiner, Markenrecht 4 243; 4 Ob 128/03g; Om 4/10).

2.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553 [T13]; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).

2.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R

IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

2.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).

2.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rn 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).

2.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190 [T22], RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rn 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rn 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rn 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rn 52; C 104/01, Orange, Rn 64).

2.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753 [insb T9]; C 251/95, Sabel/Puma; C 206/04, Muelhens ). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190 [T22]; Om 4/02, Kathreiner ). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

2.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164, Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b, GARANTA; 4 Ob 225/03x, luminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438)

2.8. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).

2.9. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154, Preishammer ; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara ; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d, More ).

2.10. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ). Maßgebend sind auch hier der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ).

3. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr insgesamt zu verneinen.

3.1. Die Antragsstellerin weist zunächst darauf hin, dass aus ihrer Sicht in den Klassen 9 und 42 Identität, in der Klasse 38 hochgradige Ähnlichkeit und in der Klasse 41 „mittlere“ Ähnlichkeit der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe.

3.2. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören insbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rn 23; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 102 mwN). Die Nähe zwischen den fraglichen Waren muss geeignet sein, bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Vorstellung hervorzurufen, dass die Waren, wenn sie mit dem gleichen oder einem ähnlichen Zeichen versehen sind, unter der Kontrolle eines einzelnen Unternehmens erbracht werden, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann. Es ist auf die Verkehrsauffassung nach den berechtigten Verbrauchererwartungen abzustellen (vgl 4 Ob 225/03x, Lumina, 4 Ob 180/02d, Opus One ).

Für die Auslegung des Warenverzeichnisses ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Prioritätszeitpunkt abzustellen. Die im Warenverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren jeweils in der selben Klasse aufscheinen (Om 3/09, Arccos/Archos ). Als relevante Faktoren kommen auch die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob 18/02d, opus one ; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at ).

Beim Ähnlichkeitsvergleich sind einander ergänzende Waren solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware für die Verwendung der anderen Ware unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Vom Fehlen der Verwechslungsgefahr kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren von Vornherein ausgeschlossen ist.

3.3. Unter diesen Umständen hält das Rekursgericht die Beurteilung der Rechtsabteilung zur Ähnlichkeit der beiden Schutzbereiche für zutreffend, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen darauf zu verweisen ist (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG): Es ist in den Klassen 9, 38 und 42 von einer teilweisen, dabei mitunter auch hochgradigen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen auszugehen. Im Bereich der Klasse 41 erkennt das Rekursgericht hingegen ungeachtet der Argumente der Antragstellerin keine relevanten Übereinstimmungen, weil es nicht naheliegt, diese Dienstleistungen mit den für die Widerspruchsmarke geschützten Waren der Klasse 9 zueinander in Beziehung zu setzen.

3.4. Diese für den Ähnlichkeitsvergleich daher relevanten Waren und Dienstleistungen sind keine des täglichen Bedarfs, wenn auch an die Allgemeinheit, vor allem aber an die Fachkreise gerichtet, sodass der Grad der Aufmerksamkeit dieser Konsumenten bei ihrer Inanspruchnahme nicht bloß gering, sondern durchschnittlich ist, weil der relevante, den beiden Zeichen gemeinsame Schutzumfang den Bereichen EDV und Telekommunikation zuzurechnen ist. Der Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann, wird fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324 [insb T1 und T5]).

3.5. Bei der klang lichen Beurteilung muss auf die Wahrnehmung des durchschnittlichen Konsumenten und auf das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden. Phonetisch besteht in beiden Fällen eine bloß teilweise Übereinstimmung in der Sprechweise durch den Anfang „UN-“. Allerdings ergeben sich, worauf die Antragsgegnerin in der Rekursbeantwortung überzeugend hinweist, relevante Unterschiede durch die unterschiedliche Aussprache des darauf folgenden Buchstabens „I“ sowie jeweilige Endung, die durch verschiedene Vokale und einen Konsonanten (angegriffene Marke: „[T]ID“ [phonetisch kurz]) oder einen Vokal (Widerspruchsmarke: „[T]IE“) erzeugt werden. Hinzu kommt, dass in klanglicher Hinsicht Endungen einen erheblichen Auffälligkeitswert haben (oben Punkt 2.7.).

Auch bei der Betonung besteht ein Unterschied; „unity“ wird – wie zumindest des Englischen Kundige wissen – auf der ersten Silbe betont, während „united“ auf der zweiten Silbe betont wird (was auch alle Personen wissen, die den Fußballverein „Manchester United“ kennen, wenn sie auch nicht Englisch sprechen).

3.6. Auch in der Bedeutung besteht erneut eine gewisse Übereinstimmung aufgrund desselben Wortstamms; das Publikum wird - wie auch der Rekurs durchaus im Einklang mit der Argumentation der Rechtsabteilung vorträgt - darunter unmittelbar einen Bezug auf etwas Einheitliches und/oder Vereinigtes verstehen.

Dieses Verständnis legt auch die Antragstellerin ihren Ausführungen prinzipiell zugrunde, sie meint jedoch, der weitere, grafische Zeichenbestandteil der angegriffenen Marke sei für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Bedeutung. Mit dieser Argumentation kann sie nicht reüssieren, weil es sich bei den Wortteilen UNITY und UNITED - wenn überhaupt - nach ihrem Begriffsinhalt um einen jeweils kennzeichnungsschwachen Bestandteil handelt, der nur wenig zum Gesamteindruck beiträgt (weiterführend RIS-Justiz RS0066749; Om 8/95, ROYAL/ARC ROYAL ): Waren und Dienstleistungen markenmäßig als „gemeinschaftlich“ oder „einig“ zu bezeichnen kommt unter Bedachtnahme auf den hier relevanten Ähnlichkeitsbereich nach Auffassung des Rekursgerichts einer werblichen Anpreisung ohne Zuordnung zu einem bestimmten Anbieter bereits sehr nahe, weil der Verkehr an die Verwendung dieser Begriffe gewöhnt ist. Davon abgesehen steht fest, dass sich der Bestandteil „UNITED“ bei mehr als 650 Marken und der Bestandteil „UNITY“ bei 18 Marken wiederfindet (Ergebnis der Ähnlichkeitsrecherche, BS 9, Mitte). Die Wortteile beider Marken sind damit sowohl per se als auch wegen der Häufigkeit der Verwendung für Unternehmenskennzeichen als schwach kennzeichnungskräftig zu bezeichnen, wie die Rechtsabteilung schlüssig aus diesen, dem Rekursverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen ableitet. Diese Argumentation greift auch die Rekursbeantwortung unter Hinweis auf einschlägige Rechtsprechung des OGH und des Rekursgerichts durchaus überzeugend auf.

Der bereits dargelegte Grundsatz, dass bei Wortbildmarken in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist (oben Punkt 2.8.), gilt nur für solche Wortbestandteile, die unterscheidungskräftig sind und damit den Gesamteindruck des Zeichens maßgebend mitbestimmen; andernfalls wird die Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums von den schutzunfähigen oder schwachen Wortbestandteilen zwangsläufig auf die bildlichen Bestandteile des Zeichens hingelenkt werden. Es genügen also schon geringe Abweichungen, um die Verwechslungsgefahr zu beseitigen (RIS-Justiz RS0066779 [T9, Wunderbaum ]; 4 Ob 334/74 SZ 47/103, Pregnex/Pregtest ; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17Ob 18/11p, Junkerschinken ; OLG Wien, 34 R 146/14m, Gourmet uva).

3.7. Was die Optik anlangt, so trifft die Beurteilung der Rechtsabteilung zu, wonach nicht nur die Widerspruchsmarke, sondern auch das Eingriffszeichen „UNIT“ am Anfang enthält, sich die beiden Marken aber jeweils in der Endung wie auch in der Zahl der Buchstaben voneinander unterscheiden. Visuell besteht daher nur teilweise Ähnlichkeit. Zusätzlich werden die angesprochenen Verkehrskreise, wie gerade ausgeführt, ihre Aufmerksamkeit auch auf einen anderen Zeichenbestandteil richten und auch als überwiegend kennzeichnend in Erinnerung behalten:

Im Sinn der Beurteilung durch die Rechtsabteilung ist dies wegen der Schwäche der Bedeutung die grafisch e Aufmachung der angefochtenen Marke, soweit sie über die Wiedergabe des Wortteils hinausgeht. Die Charakterisierung als „ gelbe[.] Kugel mit eine[m] stilisierten Verbindungsnetz und einem blauen Pfeil“ (BS 8, zweiter Absatz) im angefochtenen Beschluss und damit als originell und einprägsam ist zutreffend (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG). Das Rekursgericht vollzieht dabei die pauschal gehaltene und nicht durch entsprechenden Nachweise unterlegte Kritik im Rekurs nicht nach, wonach diesen Elementen „ keine Eigentümlichkeit und keine Originalität “ hätten. Über einen solchen erinnerungskräftigen bildlichen Teil verfügt die Widerspruchsmarke hingegen nicht (zuletzt zur Frage der grafisch einprägsamen Gestaltung 4 Ob 222/16z, Schärdinger Hex [Verletzungsstreit]).

3.8. Entscheidend ist somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500), ob Zeichenähnlichkeit besteht, zumal dem Ähnlichkeitsvergleich keine isolierte Betrachtung der Bestandteile zugrunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0066753; 4 Ob 211/14d ua, McTirol ; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts , Rz 21 ff). Der ohnehin nur teilweise übereinstimmende begriffliche Inhalt wird im relevanten Gesamteindruck durch die optischen und phonetischen Unterschiede bei weitem neutralisiert (RIS-Justiz RS0079137, insb T3; RS0079571, T17, T20): In erster Linie der deutlich einprägsamere grafische Gehalt der angegriffenen Wortbildmarke, aber auch die klanglichen Unterschiede drängen die bestehende enge Übereinstimmung in begrifflicher Hinsicht in den Hintergrund (RIS-Justiz RS0079571 [T29]).

Auf dieser Grundlage besteht trotz dieser teilweisen Ähnlichkeit und trotz der teils hochgradigen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen abstrakten Betrachtung ein noch ausreichender Abstand zwischen dem Eingriffszeichen und der Marke der Antragstellerin und damit keine Verwechslungsgefahr.

4. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.

5. Da die Entscheidung keine bisher von der Rechtsprechung unbeantworteten Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufweist und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise