JudikaturOLG Wien

133R26/17x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
04. April 2017

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hinger als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Schober und Dr. Terlitza in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei *****, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (EUR 34.900,--) und Urteilsveröffentlichung (EUR 100,--), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 13.2.2017, 1 Cg 91/14x 69, Rekursinteresse: EUR 10.950,64, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die Rekurskosten von EUR 574,92 (darin EUR 95,82 USt) zu ersetzen.

Begründung

Text

1. Mit Schriftsatz vom 19.1.2017 (ON 64) zog die Klägerin die Klage unter Anspruchsverzicht zurück. Fristgerecht beantragte der Beklagte die Bestimmung seiner Verfahrenskosten mit EUR 25.996,74. Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss bewilligte das Erstgericht diesen Antrag mit der Ausfertigungstampiglie „grün“ in der beantragten Höhe; die Kosten für den Antrag sprach es nur auf Basis der TP 1 RATG zu.

2. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss dahingehend abzuändern, dass dem Beklagten nur EUR 15.046,10 an Kosten und EUR 77,75 an Kosten für den Antrag nach § 237 Abs 3 ZPO zugesprochen werden.

Der Beklagte beantragte, dem Rekurs keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Sinne einer Aufhebung berechtigt.

3. Als mangelhaft rügt die Klägerin, dass ihr keine Möglichkeit gegeben worden sei, gegen die verzeichneten Kosten Einwendungen zu erheben. Dies begründe einen wesentlichen Verfahrensmangel, der zu einer deutlich überhöhten Kostenersatzpflicht geführt habe.

4.1 Zutreffend ist, dass sich die Klägerin erstmals im Rekurs zu den verzeichneten Kosten des Beklagten äußern konnte. Der Antrag auf Kostenbestimmung wurde zwar gemäß § 112 ZPO dem Klagevertreter direkt übermittelt, jedoch erfolgte die Beschlussfassung des Erstgerichts bereits drei Tage nach der Antragseinbringung, bevor sich die Klägerin (eigeninitiativ) äußern konnte.

4.2 Im Anwendungsbereich des § 237 Abs 3 ZPO gelten die allgemeinen Kostenersatzregelungen der §§ 40 ff ZPO. Die Klägerin hat daher bei der Rücknahme der Klage – wenn keine anders lautende Vereinbarung getroffen wurde – dem Beklagten die nach den §§ 41 ff ZPO zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten zu ersetzen (RIS-Justiz RW0000091). Dabei kommt dem Gericht die volle Überprüfungspflicht und -befugnis zu.

Da bei der Rücknahme der Klage für die Kostenersatzpflicht in erster Linie auch die Parteienvereinbarung maßgebend sein kann, ist ein infolge einer Klagsrücknahme (außerhalb der Verhandlung) eingebrachter Kostenbestimmungsantrag dem Verfahrensgegner zur Äußerung zuzustellen (RIS-Justiz RS0106421; 3 Ob 2149/96t).

4.3 Die Rechtsprechung toleriert zwar, dass die Möglichkeit des Rekurses gegen die Kostenentscheidung die Verletzung des rechtlichen Gehörs saniert. Der Verfahrensmangel wird im vorliegenden Fall jedoch relevant, weil der Entscheidung jede Begründung und daher auch die Überprüfbarkeit fehlt.

Die Bewilligung mit der Ausfertigungsstampiglie „grün“ hat zwar den bloßen Text des § 428 Abs 1 ZPO für sich, weil zur Zeit der Beschlussfassung „kein widerstreitender Antrag“ der Klägerin vorlag, doch lag der Grund nur darin, dass das Erstgericht den Kostenbestimmungsantrag der Klägerin nicht zur Äußerung zustellte, obwohl dies wegen der Bedeutung für die Rechtsposition der Klägerin geboten gewesen wäre (vgl auch Obermaier, Kostenhandbuch 2 Rz 107; Lovrek in Fasching/Konecny 2 § 237 ZPO Rz 36).

Die Entscheidung des Erstgerichts war aufzuheben und ihm die Abfassung einer neuen – begründeten – Entscheidung aufzutragen.

5. Da die vorliegenden Entscheidung das Rekursverfahren erledigt, war nach § 52 Abs 1 ZPO auch über die Kosten zu entscheiden.

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