JudikaturOLG Wien

18Bs280/16g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
27. Januar 2017

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Bruzek und Mag. Heindl als weitere Senatsmitglieder in der Strafsache gegen A* und andere Beschuldigte wegen §§ 146, 147 Abs 3, 148 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Beschwerde 1.) der B* GmbH , 2.) des Mag. C* , 3.) des Dr. D* und 4.) des Mag. E* je gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 23. September 2016, GZ 354 HR 154/14t-2106, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Text

Bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption wurde zu 19 St 43/13y aufgrund einer am 16. Juli 2013 eingelangten anonymen Sachverhaltsdarstellung (ON 2) ein Ermittlungsverfahren gegen A* und andere wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 StGB und diverser anderer strafbarer Handlungen eingeleitet, das sukzessive auf weitere, nachträglich hinzugekommene Beschuldigte ausgedehnt wurde.

Am 24. November 2014 bezog die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption in ihre Ermittlungen drei Geschäftsführer der B* GmbH ein, nämlich Mag. C*, Dr. D* und Mag. E* jeweils wegen § 122 Abs 1 GmbHG; §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3; § 159 StGB; § 12 dritter Fall StGB, § 15 KMG, sowie die B* GmbH als verantwortlichen Verband wegen § 122 Abs 1 GmbHG; §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3; § 159 StGB; § 12 dritter Fall StGB, § 15 KMG iVm § 3 Abs 1 Z 1 VbVG, wobei die WKStA die Beschuldigten als der Bilanzfälschung im Zusammenhang mit den Jahresabschlüssen der F* G* GmbH 2009 bis 2011 und den Konzern– und Jahresabschlüssen der F* Holding GmbH 2009 bis 2011, des Beitrags zum schweren Betrug bei den Anleihebegebungen der F* Holding GmbH 2010 bis 2012, eines Vergehens nach dem KMG sowie der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen im Zusammenhang mit der Insolvenz der F* G* GmbH und der F* Holding GmbH als verdächtig ansah (AS 281 f/AB-Bogen).

In der Zeit von 2. bis 6. Juni 2014 sowie am 24. Juni 2014 wurden in den Geschäftsräumlichkeiten der F* G* GmbH und der F* Holding GmbH, **, **straße **, sowie in den Geschäftsräumlichkeiten der F* G* GmbH im **, **, Durchsuchungen von Örtlichkeiten durchgeführt (ON 495 und ON 509; staatsanwaltschaftliche Anordnung und gerichtliche Bewilligungen ON 244 und ON 269), dies mit dem Ziel, dort für den Sachverhalt relevantes Beweismaterial aufzufinden. Im Zuge dieser Hausdurchsuchungen stießen die Ermittler auf außerordentlich umfangreiches physisches und elektronisches (Daten)Material; zum Zwecke des Vollzugs der von der Anklagebehörde angeordneten Sicherstellungen wurden nach einer ersten, überblicksartigen Grobsichtung vor Ort eine Fülle an so gewonnenen körperlichen Unterlagen bzw Sicherungskopien der elektronischen Daten in Transportfahrzeugen nach ** in das Büro der Kriminalbeamten verbracht (AS 1 ff/ON 495; AS 1 ff/ON 509). In der Folge wurde weiteres Material von den Masseverwaltern der an den durchsuchten Orten ansässigen Gesellschaften freiwillig übergeben (s etwa Bericht ON 1293). Insgesamt wurden etwa 800 Ordner Papierunterlagen mitgenommen und elektronische Daten im Umfang von rund 70 Terabyte kopiert. Die Papierunterlagen wurden in der Folge vom Bundeskriminalamt eingescannt und somit elektronisch erfasst, sodass eine Rückstellung der Originaldokumente ermöglicht wurde (siehe zB ON 2042). Die solcherart gewonnenen Daten befinden sich seither auf Servern des Bundeskriminalamtes, wo sie unter Zurverfügungstellung der notwendigen IT Dienstleistungen in einem Suchportal (INTELLA) aufbereitet wurden. Die Daten werden nunmehr durch die Ermittler der Kriminalpolizei (unter Teilnahme der Staatsanwaltschaft und eines Sachverständigen) mit Hilfe dieser Suchsoftware nach und nach ausgewertet und dadurch auf ihre Verfahrensrelevanz überprüft (vgl Stellungnahme der WKStA ON 2061).

Mit an das Bundeskriminalamt gerichteter Eingabe vom 10. März 2016 (ON 1866) beantragten die Beschuldigten B* GmbH, Mag. C*, Dr. D* und Mag. E* die Gewährung von Akteneinsicht „ in den Ermittlungsakt samt sämtlicher Beweisakten, Beweismittelordner und sonstigen Beweisstücke “.

Mit Note vom 23. Juni 2016 (AS 725/AB-Bogen) teilte die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption den Antragstellern mit, dass keine Akteneinsicht in die beim Bundeskriminalamt vorliegenden Unterlagen (Beweisakten, Beweismittelordner und sonstigen Beweisstücke) gewährt werden würde und verwies zur Begründung auf den mitübermittelten Erlass der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom 20. Juni 2016 (ON 2003), in welchem die Oberstaatsanwaltschaft Wien der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption nach § 29 Abs 1 StAG die Weisung erteilt hatte, von der Gewährung von Akteneinsicht in sichergestellte, jedoch noch nicht ausgewertete, noch nicht als verfahrensrelevant erkannte und daher nicht in schriftlicher oder elektronischer Form zum Akt genommene Schriftstücke und Daten Abstand zu nehmen und hievon den Rechtsvertreter der Antragsteller zu verständigen. Die Oberstaatsanwaltschaft Wien ihrerseits bezog sich in ihrem Erlass erläuternd auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 10. März 2016, AZ 17 Bs 42/16z, der ein vergleichbarer Fall zugrunde lag (längere Zeit dauernde Auswertung sichergestellter und freiwillig ausgehändigter Unterlagen und Daten großen Umfangs durch die Polizei unter Zuhilfenahme eines Suchportals), und schloss sich der in dieser Vorentscheidung vertretenen Rechtsansicht zur Begründung der Ablehnung der begehrten Akteneinsicht an.

Diese Note der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 23. Juni 2016 samt beiliegendem Erlass der Oberstaatsanwaltschaft wurde am 24. Juni 2016 abgefertigt (AS 725/AB Bogen) und ging den Antragstellern am 27. Juni 2016 zu (s Zustellkarte als Auszug aus der VJ; s auch AS 9/ON 2052).

Am 28. Juni 2016 bekräftigte die Anklagebehörde diesen ablehnenden Standpunkt noch einmal inhaltsgleich in einem Mail (ON 2037).

Rechtzeitig - im Hinblick auf das Datum der Zustellung der die Verweigerung der Akteneinsicht enthaltenden Note am 27. Juni 2016 - innerhalb der in § 106 Abs 3 StPO genannten sechswöchigen Frist erhoben die Antragsteller – hier relevant – Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß § 106 Abs 1 StPO gegen die Verweigerung der Akteneinsicht in die beim Bundeskriminalamt befindlichen Unterlagen durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (ON 2052), wobei sie – hier verfahrensgegenständlich – beantragten, das Landesgericht für Strafsachen Wien möge feststellen, dass die von der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption erteilte Bekanntgabe, wonach den Antragstellern keine Akteneinsicht in die beim Bundeskriminalamt vorliegenden Unterlagen (Beweisakten, Beweismittelordner und sonstige Beweisstücke) gewährt werden würde, das Gesetz " in den Bestimmungen der §§ 6, 49, 51, 52, 57 StPO, Art 6 EMRK sowie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B VG, Art 2 StGG)" verletze, sodass der Anklagebehörde aufzutragen sei, den gesetzmäßigen Zustand durch Gewährung der begehrten Akteneinsicht herzustellen (AS 35/ON 2052).

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23. September 2016 (ON 2106) wurde dieser Einspruch wegen Rechtsverletzung mit dem - hier interessierenden Spruchpunkt 2 - unter Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien AZ 17 Bs 42/16z mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, dass sich aus §§ 110 Abs 1 Z 1, 117 Z 2 und 119 Abs 1 StPO ergebe, dass die Auswahl der verfahrensrelevanten Gegenstände oder Spuren von der Kriminalpolizei bzw der Staatsanwaltschaft vorab im Rahmen einer Prüfung vorgenommen werde, welche in der Regel im Zuge der Durchsuchung erfolge, wobei eine (aktive) Teilnahme des Beschuldigten an diesem Vorgang, also eine Beteiligung an der Sichtung und Auswahl sämtlicher in Frage kommender Gegenstände im Gesetz grundsätzlich nicht vorgesehen sei. Unter den „vorliegenden Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens“ iSd § 51 Abs 1 StPO seien aufgrund einer systematischen Interpretation der angeführten Bestimmungen im Fall einer Durchsuchung und Sicherstellung von Daten nur all jene Daten zu verstehen, die durch die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft bereits geprüft und als verfahrensrelevant eingestuft worden seien. Dass Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zum Zweck der Prüfung der Verfahrensrelevanz aus praktischen Gründen längere Zeit auf einen sehr umfangreichen Datenbestand zugreifen können, mache diesen in seiner Gesamtheit nicht zu einem vorliegenden Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, sodass sich das Recht des Beschuldigten auf Akteneinsicht nicht auf diesen Datenbestand erstrecke. Im konkreten Fall sei eine sehr große Menge an physischen Unterlagen und elektronischen Daten sichergestellt worden, die sich derzeit im Stadium der Auswertung befänden. Erst wenn dieser Vorgang abgeschlossen sei, könne die Staatsanwaltschaft beurteilen, ob allfällige Ausnahmetatbestände des § 51 Abs 2 StPO vorliegen, aufgrund derer das Recht des Beschuldigten auf Akteneinsicht (vorläufig) eingeschränkt werden könne.

Ausschließlich gegen den Spruchpunkt 2 des Beschlusses richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der B* GmbH, des Mag. C*, des Dr. D* und des Mag. E* (ON 2127), mit der sie begehren, das Oberlandesgericht Wien möge den angefochtenen Spruchpunkt 2 dahingehend abändern, dass in Stattgebung des Einspruchs wegen Rechtsverletzung festgestellt werde, dass die Verweigerung der Akteneinsicht in die beim Bundeskriminalamt vorliegenden Unterlagen durch die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 23. Juni 2016 das Gesetz in den Bestimmungen der §§ 6, 49, 51, 52, 57 StPO, Art 6 EMRK sowie den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art 7 B VG, Art 2 StGG) verletze, und es möge der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption auftragen werden, den gesetzmäßigen Zustand durch Gewährung der begehrten Akteneinsicht herzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Der erkennende Senat schließt sich nämlich im Ergebnis der in der Vorentscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 10. März 2016, AZ 17 Bs 42/16z, dargestellten Rechtsansicht an, auf die sich auch das Erstgericht in seiner Beschlussbegründung stützte und die sich in ihren wesentlichen Passagen wie folgt gestaltet (S 3 ff):

„Nach § 51 Abs 1 StPO ist der Beschuldigte berechtigt, in die der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und dem Gericht vorliegenden Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens Einsicht zu nehmen. Gemäß dem Grundsatz der Aktenvollständigkeit hat der Beschuldigte Anspruch auf Einsicht in sämtliche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens. Demzufolge muss ihm Einsicht in alle Unterlagen gewährt werden, die dem Gericht beim Einbringen der Anklage vorzulegen sind, dh in alle vom Beginn des Ermittlungsverfahrens an gesammelten be- und entlastenden Schriftstücke einschließlich allfälliger Bild- und Tonaufnahmen, Fahndungsnachweise und polizeilicher „Spurenakten“, soweit diese Unterlagen bei der Verfolgung einer bestimmten Tat gegen einen bestimmten - bekannten oder unbekannten - Täter angefallen sind und ihr Inhalt für die Feststellung der dem Beschuldigten vorgeworfenen Tat und für etwaige gegen ihn zu verhängende Rechtsfolgen von Bedeutung sein kann ( Fabrizy , StPO 12 § 51 Rz 2, Achammer , WK-StPO § 53 Rz 20).

Der [...] gesicherte Datenbestand ist der Staatsanwaltschaft im Wege des eingerichteten Suchportals zugänglich. Zu prüfen ist aber, ob es sich bei diesen Daten bereits um „vorliegende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens“ iSd § 51 Abs 1 StPO handelt. Bereits aus obigen Ausführungen folgt, dass Unterlagen und Daten nicht schon durch die bloße (vorläufige) Sicherstellung, die bloß eine Erlangung der Gewahrsame darstellt, bedeutet, dass diese damit auch Bestandteil des Ermittlungsaktes sind.

In Übereinstimmung mit der Oberstaatsanwaltschaft Wien können zur Beantwortung dieser Frage auch die Vorschriften betreffend die Durchsuchung und Sicherstellung angezogen werden, die Aufschluss darüber geben, unter welchen Voraussetzungen und Modalitäten Beweismittel für das Strafverfahren zu sichern sind.

Gemäß § 110 Abs 1 Z 1 StPO ist Sicherstellung zulässig, wenn sie aus Beweisgründen erforderlich ist, dh wenn die Gegenstände zu Beweiszwecken in einem bestimmten Verfahren erforderlich sind. Dazu ist nötig, dass der Gegenstand, um den es geht, auch geeignet ist, das Beweisthema zu führen. Er muss entweder selbst beweisrelevant sein oder es müssen sich bloß beweisrelevante Spuren auf ihm befinden. Seine Bedeutung für die konkrete Untersuchung muss nachvollziehbar sein, andernfalls ist die Sicherstellung unzulässig ( Tipold/Zerbes , WK-StPO § 110 Rz 5). Die Verwahrung ist allein auf die tatsächlich untersuchungserheblichen Gegenstände einzuschränken. Alles, was von diesen ohne Beschädigung trennbar ist, kann dem Berechtigten (wieder) ausgefolgt werden. Die Dauer der Sicherstellung ist möglichst gering zu halten ( Tipold/Zerbes aaO Rz 51). Die Sicherstellung ist jedenfalls aufzuheben, wenn Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft feststellen, dass ihre Voraussetzungen irrtümlich angenommen wurden oder nachträglich weggefallen sind ( Fabrizy , StPO 12 § 113 Rz 1), allenfalls bereits durch die Kriminalpolizei aus eigenem.

Gemäß § 117 Z 2 StPO ist die „Durchsuchung von Orten und Gegenständen“ das Durchsuchen eines nicht allgemein zugänglichen Grundstückes, Raumes, Fahrzeuges oder Behältnisses (lit a) bzw einer Wohnung oder eines anderen Ortes, der durch das Hausrecht geschützt ist und darin befindlicher Gegenstände (lit b). Sie ist nach § 119 Abs 1 StPO zulässig, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sich dort Gegenstände oder Spuren befinden, die sicherzustellen oder auszuwerten sind.

Die Auswahl der verfahrensrelevanten Gegenstände oder Spuren wird sohin von der Kriminalpolizei bzw der Staatsanwaltschaft vorab im Rahmen einer Prüfung vorgenommen. Diese erfolgt in der Regel im Zuge der Durchsuchung. Eine (aktive) Teilnahme des Beschuldigten an diesem Vorgang, also eine Beteiligung an der Sichtung sämtlicher in Frage kommender und an der Auswahl der verfahrensrelevanten Gegenstände, sieht das Gesetz grundsätzlich nicht vor (vgl hingegen § 139 Abs 1 und Abs 3 StPO).

Die zitierten Vorschriften haben physische Gegenstände vor Augen, sind aber auf (elektronische) Daten sinngemäß anzuwenden, wobei der Zweck der Sicherstellung hier in der Regel durch Kopien erfüllt werden kann (§ 110 Abs 4 StPO). Wie viel Zeit die Prüfung von physischen Gegenständen (insbesondere von Dokumenten) oder von elektronischen Daten auf ihre Verfahrensrelevanz in Anspruch nimmt und ob sie im Rahmen einer Durchsuchung abgeschlossen werden kann, hängt naturgemäß von deren Umfang, aber auch von den zur Verfügung stehenden technischen und personellen Ressourcen ab. Kann diese Prüfung im Rahmen der Durchsuchung abgeschlossen werden, so besteht hinsichtlich jener Gegenstände, die als nicht verfahrensrelevant eingestuft wurden, kein Grund zur Sicherstellung. Sie sind zurückzulassen bzw wiederauszufolgen, ohne dass der Beschuldigte ein Recht dazu hätte, sie in Augenschein zu nehmen und mit der Begründung, dass sie – entgegen der Einschätzung der Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft – doch verfahrensrelevant seien (etwa seiner Entlastung dienen könnten), ihre Sicherstellung zu begehren.

Dem Erstgericht ist beizupflichten, dass dies bei vorgefundenen physischen Dokumenten in überschaubarem Umfang leicht zeitnah vor Ort erfassbar und beurteilbar ist, während dies für elektronische Daten – noch dazu wie fallkonkret in großem Umfang – schon rein technisch nicht möglich ist und nicht vor Ort auf ihre Relevanz abschließend beurteilbar geprüft werden kann. Das Vorgehen der Ermittlungsbehörden, die Unterlagen und Daten sicherzustellen, um diese bzw. Kopien der elektronischen Daten in weiterer Folge auf eine Bedeutung für das gegenständliche Ermittlungsverfahren hin zu prüfen, um dann verfahrensrelevante Dateien zum Akt zu nehmen und infolge über die Gewährung der Akteneinsicht zu entscheiden, ist nicht zu beanstanden.

Die nicht zuletzt von den verfügbaren Ressourcen abhängige Dauer der Prüfung der Verfahrensrelevanz kann nicht ausschlaggebend dafür sein, ob dem Beschuldigten ein Recht auf Einsicht in sichergestelltes aber ungeprüftes (potentielles) Beweismaterial zukommt.

Gegenständlich wurden Speichermedien sichergestellt, deren Prüfung auf verfahrensrelevante Dateien aufgrund des großen Umfangs der Daten noch Zeit in Anspruch nehmen wird. Die Sicherstellung der Speichermedien aus Beweisgründen wird recht besehen zunächst lediglich durch die Notwendigkeit der Prüfung ihres Inhalts gerechtfertigt. Erst im Rahmen dieser Prüfung kann die Verfahrensrelevanz der gespeicherten Daten beurteilt und auf dieser Grundlage entschieden werden, welche Dateien tatsächlich iSd § 110 Abs 1 Z 1 StPO aus Beweisgründen erforderlich und daher dem Ermittlungsverfahren, physisch also dem Ermittlungsakt, zuzuordnen sind.

In diesem Zusammenhang ist auch zu bedenken, dass eine Beschränkung der Akteneinsicht nach § 51 Abs 1 zweiter Satz StPO nur insoweit zulässig ist, als besondere Umstände befürchten lassen, dass durch eine sofortige Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken der Erfolg der Ermittlungen gefährdet wäre. Ob solche Umstände in Ansehung bestimmter Aktenstücke vorliegen, kann naturgemäß erst nach Prüfung der sichergestellten Unterlagen bzw Daten beurteilt werden. Würde dem Beschuldigtem vor Abschluss dieser Prüfung Akteneinsicht gewährt, hätte er bei Einsatz entsprechender Ressourcen die Möglichkeit, vor den Ermittlungsbehörden Kenntnis vom Inhalt der Beweismittel zu erlangen.

Auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit und der gebotenen Wahrung schutzwürdiger Interessen Dritter (§ 74 StPO) kommt der von der Kriminalpolizei bzw Staatsanwaltschaft zunächst - und ohne Beteiligung des Beschuldigten - vorzunehmenden Prüfung der Verfahrensrelevanz Bedeutung zu.

Schließlich wäre unter dem Aspekt des durch Art 6 EMRK garantierten fairen Verfahrens darauf zu verweisen, dass die auf den sichergestellten Datenträgern befindlichen Dateien bis zum Abschluss ihrer Prüfung im Strafverfahren weder zum Vorteil noch zum Nachteil des Beschuldigten Verwendung finden können.

Unter „vorliegende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens“ iSd § 51 Abs 1 StPO sind aufgrund einer systematischen Interpretation der angeführten Bestimmungen im Fall einer Durchsuchung und Sicherstellung von Daten daher all jene Daten zu verstehen, die durch die Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft geprüft und als verfahrensrelevant eingestuft wurden. Davon ist jedenfalls in Ansehung aller physisch oder in elektronischer Form zum Akt genommenen Daten auszugehen. Dass Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft zum Zweck der Prüfung der Verfahrensrelevanz fallgegenständlich aus praktischen Gründen längere Zeit auf einen sehr umfangreichen Datenbestand zugreifen können (müssen), macht diesen in seiner Gesamtheit nicht zu einem vorliegenden Ergebnis des Ermittlungsverfahrens iSd § 51 Abs 1 StPO, sodass sich das Recht des Beschuldigten auf Akteneinsicht nicht auf diesen Datenbestand erstreckt.“

Diesen Ausführungen, die auch auf den gegenständlichen Fall Anwendung finden, wird (in Abkehr von der gegenteiligen Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Linz zu AZ 8 Bs 171/14) im Ergebnis beigetreten, wobei diesen Erwägungen noch folgende Aspekte hinzuzufügen sind:

Keine Probleme in der praktischen Handhabung bereitet eine – wie im vorliegenden Fall angeordnet – Sicherstellung aus Beweisgründen nach § 110 Abs 1 Z 1 StPO immer dann, wenn innerhalb eines überschaubaren Umfelds an einzelnen, im Vorhinein einfach zu individualisierenden, konkreten Gegenständen Gewahrsam begründet werden soll (zB an Werkzeugen und Instrumenten der Tatbegehung, der Beute, einem Sparbuch etc; vgl Tipold/Zerbes , WK StPO § 110 Rz 6). Diesen Regelfall hatte der Gesetzgeber bei der Schaffung der einschlägigen Vorschriften offenkundig auch vor Augen.

Auf praktische Schwierigkeiten, im Einklang mit den Gesetzesbestimmungen zu agieren, stoßen die Ermittlungsbehörden stets dann, wenn in einem (Wirtschafts)Großverfahren mit (hoch)komplexem Sachverhaltsbezug nach sehr umfangreichem, von Vornherein noch nicht exakt eingrenzbarem Material gefahndet wird, das sich noch dazu vermengt mit anderen Dokumenten oder Daten von nicht ad hoc überblickbarem Inhalt in einem weitläufigen Areal bzw auf diversen großen Speichermedien befindet. Um entsprechende Sicherstellungsanordnungen in derartigen Verfahren vollziehen zu können, dh aus der Fülle an vorhandenen Unterlagen und elektronischen Daten jene herauszufiltern, die überhaupt von der Sicherstellungsanordnung umfasst sind, weil sie einen Sachverhaltsbezug aufweisen und daher als Beweis für das weitere Verfahren von Bedeutung sind, müssen zumeist mehrere Personen mit dem nötigen wirtschaftlichen Hintergrundwissen und dem erforderlichen technischen Know-how eine große Zeitspanne hindurch tätig sein, in der sie die physischen Unterlagen Stück für Stück durchgehen bzw den in elektronischer Form vorhandenen Datenbestand allenfalls unter Zuhilfenahme von Entschlüsselungssoftware oder eigens zu konzipierenden Suchprogrammen durchforsten. Nur so können die relevanten Dokumente von jenen getrennt werden, die keinen Bezug zum konkreten Verfahren aufweisen und auf die sich die Sicherstellungsanordnung daher gar nicht bezieht. Je nach Umfang der Unterlagen bzw Menge der Daten und je nach Größe der personellen Ressourcen kann ein derartiger Sortierungsvorgang als Teil des Vollzugs einer Sicherstellungsanordnung mehrere Tage/Wochen/Monate, im Einzelfall auch länger, dauern.

Da es für die von einer Sicherstellung betroffenen Personen mit erheblichen Nachteilen und Einschränkungen verbunden wäre, würden die Ermittlungsbehörden die Vollziehung der Zwangsmaßnahmen bis zu ihrem Abschluss vor Ort in den Räumlichkeiten der Betroffenen durchführen, wird - eben auch zur Schonung der Betroffenen - oftmals vor Ort gleichsam als erste Stufe des Vollzugs der Sicherstellungsanordnung nur eine rasche Grobprüfung vorgenommen, im Zuge derer jenes Material als unwesentlich ausgeschieden wird, das auf den ersten Blick erkennbar von der Sicherstellungsanordnung nicht umfasst ist, während das übrige Material, bei dem eine derartige Vorselektion nicht prima facie bewerkstelligt werden kann, allenfalls auch in Kopie in die Räumlichkeiten der Sicherheitsbehörden mitgenommen wird, wodurch der weitere Vollzug der Sicherstellungsanordnung in Gestalt der nötigen Feinprüfung in die Behördenräume verlagert wird.

Nach diesem Schema wurde auch im konkreten Fall vorgegangen, wobei die zu durchsuchenden Bürokomplexe einige Tage hindurch gegen unbefugten Zutritt polizeilich versiegelt wurden, bis man sich einen Überblick verschaffen und eine erste Vorauswahl nach einem grobmaschigen Raster vornehmen konnte, wodurch bereits diverse Dokumente als für das Verfahren bedeutungslos ausgesondert werden konnten. Das übrige potentielle Beweismaterial wurde (teilweise in Kopie) mitgenommen, um es anschließend in einem langwierigen, komplexen und technisch anspruchsvollen Prozess danach zu selektieren, ob es einen Sachverhaltsbezug aufweist und sohin unter die Sicherstellungsanordnung fällt oder ob dies nicht der Fall ist, was zur Folge hat, dass derartige Unterlagen/Daten als nicht verfahrensrelevant ausgeschieden werden. Würde dieser (einen Teil des Vollzugs der Sicherstellungsanordnung bildende) zweite, der Feinauswahl dienende Prüfungsvorgang - wie dies bei herkömmlichen Verfahren der Fall ist - in den Räumlichkeiten der Betroffenen stattfinden, hätten die Beschuldigten – wie das Erstgericht bereits zutreffend herausarbeitete – auch nicht das Recht, sich an der Selektionsarbeit der Polizei zu beteiligen bzw Einfluss auf die Auswahl des beweisrelevanten Materials zu nehmen.

Im vorliegenden Fall dauert also der Vollzug der Sicherstellungsanordnungen – wenn auch verlegt in die Räumlichkeiten der Polizei – noch an, weshalb bis zum Abschluss dieser Maßnahmen noch nicht gesagt werden kann, was – weil unter die Sicherstellungsanordnungen fallend – tatsächlich als beweiserheblich eingestuft und dadurch naturgemäß auch Teil des Aktes wird, und was als nicht verfahrensrelevant, dh von den Sicherstellungsanordnungen von vornherein gar nicht umfasst, ausgemustert und daher auch nie Bestandteil des Aktes wird.

Zusammengefasst wird daher für den vorliegenden Fall die Ansicht vertreten, dass der Vollzug der Sicherstellungsanordnung noch gar nicht beendet ist, sondern die genaue inhaltliche Überprüfung der übergroßen Dokumenten- bzw Datenmenge noch andauert, weshalb dieses noch auszuwertende Material noch nicht Aktenbestandteil geworden und sohin noch nicht vom Recht auf Akteneinsicht umfasst ist (vgl damit in Einklang stehend EBRV 25 BlgNR 22. GP 69 f, wonach das Recht auf Akteneinsicht sämtliche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens umfassen soll, wobei vom Grundsatz der Aktenvollständigkeit ausgegangen werde; was für das Ermittlungsverfahren geschaffen oder in diesem [gemeint: abschließend] sichergestellt worden sei, unterliege im Hinblick auf den Anspruch des Beschuldigten auf rechtliches Gehör grundsätzlich dessen Akteneinsicht).

Folgt man dieser Rechtsansicht, kann - wie auch das Oberlandesgericht Wien in seiner Entscheidung AZ 17 Bs 42/16z bereits herausstrich - die Staatsanwaltschaft de facto auch (neben der Beachtung des Gebots des § 74 Abs 2 StPO zur Wahrung von schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen) von der ihr gesetzlich in § 51 Abs 2 StPO eingeräumten Möglichkeit Gebrauch machen, personenbezogene Daten unkenntlich zu machen oder die Akteneinsicht zu beschränken, wenn durch die sofortige Kenntnisnahme von bestimmten Aktenstücken der Zweck der Ermittlungen gefährdet wäre. Für die Beurteilung, ob derartige Ausnahmetatbestände vorliegen, ist es nämlich unabdingbare Voraussetzung, dass die Staatsanwaltschaft den Inhalt der Unterlagen kennt, wofür es wiederum zumeist eines Scanvorgangs und der Entschlüsselung und Aufbereitung des Materials durch die Polizei bedarf, welcher Vorgang naturgemäß auch längere Zeit in Anspruch nehmen kann. So lange aber der Vollzug der Sicherstellungsanordnung andauert, stellt sich die Frage der Akteneinsicht (noch) nicht, weshalb die Staatsanwaltschaft auch nicht gezwungen ist, allfällige Entscheidungen nach § 51 StPO bei unbekanntem Akteninhalt zu treffen.

Die Beschwerdeargumente vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern.

Wenn die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die ON 495 sowie 509 einwenden, dass den polizeilichen Ausführungen selbst zu entnehmen ist, dass bereits vor Ort eine Selektion zwischen verfahrensrelevanten und -irrelevanten Unterlagen erfolgt ist, so ist dem zu erwidern, dass – wie oben bereits ausgeführt – an den durchsuchten Orten nach einem groben Raster eine Vorauswahl getroffen wurde, die immer dann vor Ort zu bewerkstelligen ist, wenn der mangelnde Zusammenhang mit den im Strafverfahren vorherrschenden Verdachtsmomenten durch äußere Beschriftung oder sonst auf den ersten Blick leicht erkennbar ist. Die eigentliche Sortierarbeit im Sinn einer abschließenden Feinprüfung erfolgte jedoch nicht vor Ort, sondern diese - immer noch als Teil des Vollzugs der Sicherstellungsanordnungen zu betrachtende - Tätigkeit wurde in den Räumen der Polizei durchgeführt.

Dass – wie die Beschwerdeführer vermeinen – die Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption den Antragstellern „pauschal“ die Einsichtnahme in jedwedes, bei der Polizei erliegendes Aktenmaterial verweigert hätte, womit suggeriert wird, dass sich im polizeilichen Akt diverse andere, über den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakt hinausgehende (Geheim)Dokumente befänden, ist schlicht unzutreffend. Auch wenn die Note der Staatsanwaltschaft vom 23. Juni 2016, mit der die Akteneinsicht verweigert wurde, knapp formuliert wurde, geht aus dem zur Begründung angeführten und beigelegten Erlass der Oberstaatsanwaltschaft Wien vom 20. Juni 2016 sowie aus der darin zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien zu 17 Bs 42/16z zweifelsfrei hervor, dass die Anklagebehörde lediglich hinsichtlich jener Teile, die bei den umfangreichen Hausdurchsuchungen bzw im Zuge der freiwilligen Herausgaben zum Vollzug der Sicherstellungsanordnungen mitgenommen und noch nicht fertig aussortiert wurden, die Akteneinsicht nicht gestattete. Der Mitteilung der Staatsanwaltschaft kann demnach aufgrund ihres expliziten Verweises auf die Erwägungen der Oberstaatsanwaltschaft, die sich wiederum auf den Vorbeschluss des Oberlandesgerichts Wien stützte, nicht der von den Beschwerdeführern unterlegte Sinngehalt entnommen werden, die Staatsanwaltschaft würde jedwede Einsichtnahme in den Polizeiakt per so ausschließen.

Dies ist auch aus dem Umstand ableitbar, dass die von den Beschwerdeführer regelmäßig beantragte Akteneinsicht diesen auch stets bewilligt wurde (mit Ausnahme der Einsicht in jene [wenigen] Aktenbestandteile, bei denen entsprechend begründet wurde, warum diese vorläufig von der Akteneinsicht ausgenommen wurden). Wenn in der Beschwerde nunmehr vorgebracht wird, dass sich bei zwei Ordnugnsnummern angeblich keine bzw nicht alle aufgezählten Beilagen befunden hätten, woraus sich ergebe, dass sich im Ermittlungsakt der Polizei mehr Dokumente befinden würden als in jenem der Anklagebehörde, so kann diese Schlussfolgerung nicht geteilt werden. Selbst wenn diese Behauptung von fehlenden Beilagen stimmte, wäre es aufgrund des immensen Aktenumfangs viel naheliegender, dass die Übermittlung von Beilagen irrtümlich mangelhaft oder aber bereits die Aufzählung der angeblich beiliegenden Unterlagen fehlerhaft erfolgte, ohne dass darin ohne Hinzutreten weiterer Indizien eine gewollte (versteckte) Beschränkung der Akteneinsicht erblickt werden könnte. Dass die vermeintlich fehlenden Beilagen trotz Aufforderung auch nachträglich nicht übermittelt worden wären, behaupten nicht einmal die Beschwerdeführer selbst.

Aus all dem ergibt sich, dass nach dem erkennbaren Aussageinhalt der Mitteilung der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption daher die Einsichtnahme ausschließlich in jene bei der Polizei befindlichen Daten verweigert wurde, die als erstes Ergebnis der Sicherstellungen gewonnen wurden und bei denen der Auswahl- und Durchforstungsvorgang noch nicht abgeschlossen ist. Einzig in diese Richtung wurde von der Anklagebehörde im Rahmen dieses Einspruchsverfahrens auch stets argumentiert, sodass der Vorwurf, die Staatsanwaltschaft hätte den Antragstellern untersagt, auf jedwede polizeilichen Ermittlungsergebnisse Zugriff zu erhalten, der Note vom 23. Juni 2016 einen spekulativen Bedeutungsinhalt unterstellt, der ihr nicht zukommt.

Insofern kann sich der Einspruch wegen Rechtsverletzung auch nur auf die (einzig stattgefundene) Weigerung der Staatsanwaltschaft, Akteneinsicht in die noch nicht zu Ende auf ihre Verfahrensrelevanz hin überprüften Sicherstellungsunterlagen beziehen, die – mit Blick auf das oben Gesagte – gesetzeskonform ist.

Dass – so die Ausführungen der Rechtsmittelwerber – Zweck der Ermittlungen nicht die Behinderung der Verteidigung sein könne, ist unbestritten; ein Widerspruch zu dieser Prämisse ist in der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft auch nicht zu erblicken.

Das Beschwerdeargument, Akteneinsicht könne nur aus ganz speziellen Gründen verweigert werden, ist grundsätzlich zutreffend. Die Beschwerdeführer verkennen jedoch, dass bei dieser Fülle an gewonnenem Datenmaterial schon denklogisch nicht unmittelbar im Anschluss an die Begründung des Gewahrsams an diesen Dokumenten beurteilt werden kann, ob hinsichtlich einzelner Schriftstücke oder Passagen einer der Ausschlussgründe des § 51 Abs 2 StPO vorliegt, weil – wie oben schon dargetan – Voraussetzung dafür die Kenntnis des Inhalts ist. Im Übrigen ist auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach während des Vollzugs einer Sicherstellungsanordnung, der sich bei derartig umfänglichem Auswahlmaterial naturgemäß dementsprechend lange hinzieht, das Recht auf Einsicht in sämtliche, solcherart gewonnenen Unterlagen ohnehin noch nicht besteht, weil erst mit der endgültigen Beendigung des Sicherstellungsvollzugs iS einer abschließenden Beurteilung, ob Informationen verfahrensrelevant und daher die Träger dieser Informationen als der Sicherstellungsanordnung unterliegend zu Beweiszwecken im Gewahrsam der Ermittlungsbehörden verbleiben, dieses Material Aktenbestandteil wird und sohin dem Recht auf Akteneinsicht unterliegt.

Mit ihren Ausführungen, durch die Protokollierung der Durchsuchung und Sicherstellung durch die Ermittlungsbehörden seien diese Bestandteile als Beweisaufnahmen „vorliegende Ergebnisse“ des Ermittlungsverfahrens geworden, sind die Beschwerdeführer auf ebendiese rechtlichen Erläuterungen zu verweisen.

Zutreffend merken die Beschwerdeführer an, dass Beschuldigte grundsätzlich kein Recht darauf haben, am durch die Polizei zu erfolgenden Vorgang der Auswahl an Unterlagen als fallaktuell bzw der Zurücklassung solcher als nicht verfahrensgegenständlich zu partizipieren und in jenes Material, das von der Polizei als nicht beweisgegenständlich eingestuft wird, Einsicht zu nehmen. Damit treffen sie den Kernpunkt der Argumentation, wonach die temporäre Verweigerung der Gewährung von Einsicht in jene Dokumente, bei denen diese Auswahl noch nicht abgeschlossen ist, somit bevor sie überhaupt Aktenbestandteil wurden, mit dem Gesetz in Einklang steht. Daran ändert – wie oben schon ausführlich dargelegt – der Umstand nichts, dass aus Praktikabilitätsgründen und zur Schonung der Betroffenen der Prüfungsvorgang dahingehend, ob die Unterlagen von der Sicherstellungsanordnung überhaupt betroffen sind, wegen dessen (langer) Dauer nicht vor Ort durchgeführt wird, sondern in den Räumen der Polizei.

Nicht richtig ist das Beschwerdevorbringen, der Zeitpunkt des „zum Akt Nehmens“ stünde bei der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht im Belieben der Staatsanwaltschaft. Vielmehr nimmt die vom erkennenden Senat vertretene Meinung Maß an den reellen Gegebenheiten und billigt der Polizei in solchen Fällen – im Gegensatz zur Handhabe von Sicherstellungsanordnungen, die sich auf konkret bezeichnete, überschaubare Gegenstände oder Daten beziehen - eine gewisse Zeitspanne zu, die Unterlagen und Daten so aufzubereiten, dass deren Inhalt nach und nach erfasst und an Hand dessen die gebotene Auswahl getroffen werden kann. Dass dieser Vorgang unter Umständen auch einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen kann, ist lebensnah und hängt mit dem Umfang des vorgefundenen Materials zusammen. Gegen einen zu lange dauernden Prüfungsvorgang kann ohnehin mit dem Argument der Verletzung des Beschleunigungsgebots rechtlich vorgegangen werden.

Im Hinblick auf die exorbitant große Menge an Papierunterlagen und elektronischen Daten (vgl dazu AS 3/ON 2061) und die Notwendigkeit der Aufbereitung dieser Daten sowie der Installierung einer geeigneten Suchsoftware kann von einer Verletzung des Beschleunigungsgebots, das die Beschwerdeführer - wenn auch nicht unter Verweis auf die Gesetzesbestimmung nach (§ 9 StPO), so doch erkennbar - bereits in ihrem Einspruch thematisierten (AS 27/ON 2052), aber gerade noch nicht gesprochen werden. In der Folge wird jedoch der Beachtung dieses Gebots im Zusammenhang mit dem Abschluss der Sicherstellungsauswertung erhöhtes Augenmerk zu schenken sein, damit die Maßnahmen in noch füglicher Zeit beendet werden können und die Beschuldigten ihr Recht auf Akteneinsicht in die schlussendlich als verfahrensrelevant ausgewählten Unterlagen ausüben können.

Die Auffassung der Rechtsmittelwerber, dass der erstgerichtliche Beschluss an einem „ Begründungsmangel “ leide, kann nicht geteilt werden. Vielmehr hat das Erstgericht seine Erwägungen ausführlich dargelegt und sich deklariertermaßen der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Wien, AZ 17 Bs 42/16z, angeschlossen, womit es klar erkennbar zum Ausdruck brachte, dass es die von den Einspruchswerbern ins Treffen geführte divergierende Rechtsmeinung, die auch der Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz, AZ 8 Bs 171/14z, zugrunde liegt, ablehnt.

Nicht nachvollzogen werden kann die von den Beschwerdeführern vermeintlich erblickte Ungleichbehandlung zwischen Berufsgeheimnisträgern iS des § 112 StPO und sonstigen Personen, soll doch § 112 StPO verhindern, dass die Ermittlungsbehörden allenfalls von Unterlagen Kenntnis erlangen, die dem Berufsgeheimnisschutz unterliegen, weshalb das Gericht die sichergestellten Dokumente zunächst auf diesen Aspekt hin zu sichten hat. Eine derartige Sichtung zum Zwecke der Anordnung, dass Unterlagen (letztlich), so die Ermittlungsbehörden bei ihrer nachfolgenden inhaltlichen Prüfung deren Verfahrensrelevanz bejahen, zum Akt genommen werden dürf(t)en, widerspricht dem oben Gesagten nicht und schafft keine verpönte Ungleichbehandlung. Auch bei § 112 StPO hat der Gesetzgeber somit den einfachen Fall vor Augen, dass der Vollzug einer Sicherstellungsanordnung innerhalb kurzer Zeit präzise möglich ist. Dies ist – wie an mehreren Stellen davor bereits herausgearbeitet – bei komplexen Verfahren der vorliegenden Art eben oftmals nicht der Fall. Aber auch § 112 StPO lässt sich in das oben erklärte Regime problemlos einfügen, indem sich während des Sicherstellungsvorgangs das Sichtungsgericht zwischenschaltet und die im Rahmen der Sicherstellung einzusehenden Gegenstände vorweg dahingehend überprüft, ob sie einem Berufsgeheimnisschutz unterliegen; wenn dies nicht der Fall ist, dürften die Unterlagen grundsätzlich zum Akt genommen werden und wieder der Polizei auszufolgen, die für die Sicherstellung nötige Feinprüfung auf Beweisrelevanz vornimmt.

Im Recht sind die Beschwerdeführer indes mit ihrem Einwand, dass das zur Problematik bei der Sicherstellung von Unterlagen aus einer sehr großen Menge bei komplexem Sachverhaltsbezug Gesagte nicht nur für elektronische Daten, sondern auch für physische Dokumente gilt. Auch bei Papierunterlagen im Ausmaß einer Vielzahl von Aktenordnern ist es nämlich in der Regel nicht ad hoc möglich, deren Inhalte im Umfang von vielen tausenden Seiten so zügig zu erfassen, dass die Prüfung dessen, ob die Papiere von der Sicherstellungsanordnung umfasst sind oder nicht, innerhalb weniger Stunden oder Tage vorgenommen werden kann.

Schließlich liegt auch die von den Beschwerdeführern reklamierte Verletzung des Art 6 Abs 1 MRK nicht vor. Die dem gewaltigen Umfang an vorgefundenem, potentiell wichtigem Material geschuldete temporäre Verzögerung des Abschlusses der Vollziehung der Sicherstellungsanordnungen, in welchem „Schwebezustand“ noch nicht gesagt werden kann, was Inhalt des Aktes wird, beeinträchtigt das Fundament umfassender Verteidigung nicht, weil nach Abschluss dieser Zwangsmaßnahme das letztendlich zu Beweiszwecken, weil in einem Konnex zum Verfahrensgegenstand stehende, sichergestellte Material ohnehin eingesehen werden kann, außer es würde einer der im Gesetz vorliegenden Ausnahmetatbestände bestehen.

Dass bei einander widersprechenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte kein Mechanismus vorhanden sei, die Rechtsfrage endgültig zu klären, weil das Oberlandesgericht gegenständlich letztinstanzlich entscheide, trifft in dieser Allgemeinheit nicht zu. Vielmehr steht es jeder Person frei, jedes unrichtige Urteil, jeden gesetzwidrigen Beschluss oder sonstigen Vorgang eines Strafgerichts der Generalprokuratur zur Kenntnis zu bringen, die dann eine vom Obersten Gerichtshof zu entscheidende Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO) erheben kann. Im Übrigen ist ein Verbot von divergierenden Judikaten der StPO nicht immanent.

Ergänzend sei angemerkt, dass mit Einspruch wegen Rechtsverletzung wirksam nur Verstöße gegen die nach der StPO eingeräumten subjektiven Rechte geltend gemacht werden können, während dieses Remedium gegen eine Verletzung anderer im Hinblick auf die Gerichtsbarkeit unbestrittener subjektiver Rechte, wie etwa auch das verfassungsgesetzlich verankerte Recht auf den gesetzlichen Richter (Art 83 Abs 2 B-VG), keinen Schutz bietet ( Koenig/Pilnacek , WK-StPO § 106 Rz 14).

Eine allfällige erfolgte Verletzung des Art 6 MRK und/oder des Gleichheitsgrundsatzes nach Art 7 B-VG, Art 2 StGG bliebe daher ohne Relevanz.

Dem Einwand der Beschwerdeführer, die ermittelnden Beamten würden nicht über das erforderliche Hintergrundwissen/Sachverhaltswissen und die entsprechende Fachkunde verfügen, um abschließend beurteilen zu können, welche Dokumente – auch aus Entlastungsgründen – wichtig sind, zielt ins Leere. Wie das Erstgericht bereits zutreffend ausführte und die Einspruchswerber selbst einräumen, obliegt die Auswahl der verfahrensrelevanten Gegenstände oder Spuren der Kriminalpolizei bzw der Staatsanwaltschaft, während das Gesetz eine aktive Beteiligung der Beschuldigten an derartigen, der Stoffsammlung dienenden Zwangsmaßnahmen nicht vorsieht.

Nicht überzeugend ist schließlich der Hinweis darauf, die Polizei könnte entlastendes Material bewusst nicht an die Staatsanwaltschaft weiterleiten. Abgesehen davon, dass es in diese Richtung überhaupt keine Anhaltspunkte gibt und die Ausführungen bloße Spekulation bleiben, würde nämlich einem solchen, im Übrigen Amtsmissbrauch indizierenden Verhalten durch antragsgemäße Gewährung der Akteneinsicht nicht wirksam begegnet werden können, da auch diesfalls nicht auszuschließen wäre, dass die ermittelnden Organe nicht auch gegenüber den übrigen Verfahrensbeteiligten Material verheimlichen. Derartige pathologische Beispiel sind daher nicht geeignet, den Rechtsstandpunkt der Beschwerdeführer zu untermauern.

Zusammengefasst lässt sich ausführen, dass die von den Beschwerdeführern aufgezeigten Verletzungen von in der StPO eingeräumten subjektiven Rechten tatsächlich nicht vorliegen, sodass das Erstgericht den darauf gegründeten Einspruch wegen Rechtsverletzung in seinem (allein bekämpften) Spruchpunkt 2 rechtsrichtig abgewiesen hat.

Da der erstgerichtliche Beschluss sohin der Sach- und Rechtslage entspricht, ist der der dagegen erhobenen Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

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