JudikaturOLG Wien

34R114/16h – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
07. Dezember 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 283.291 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 25.5.2016, WM 125/2015 3, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin beruft sich auf die internationale Wortmarke IR 727.695 (Widerspruchsmarke) mit dem Registerdatum 17.12.1999 und der Priorität 24.3.1999 (UK 99.782.676)

NOVALAC ,

die in folgenden Warenklassen mit diesem Schutzumfang eingetragen ist:

05 Pharmaceutical and sanitary products; dietetic substances for medical use available in all forms, dietetic food supplements for medical purposes, available in all forms, baby food in all forms, food for children in all forms, dietetic goods for children and the sick.

29 Preserved, dried and cooked fruits and vegetables; jellies, jams; milk and dairy products, milk in all forms for children, formulations in all forms intended for children.

30 Cocoa; flour and preparations made from cereals, cereal bars, chocolate bars, food supplements containing cereals and/or chocolate, confectionery goods, edible ice; honey.

Sie widersprach dieser Wortmarke (angegriffene Marke) AT 283.291 mit dem Anmeldedatum 17.2.2015:

NOVALIVE ,

deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die – soweit für das Rekursverfahren relevant (Zurückziehung des Widerspruchs in Bezug auf die Waren der Klasse 35 in der Gegenäußerung vom 26.1.2016 [ON 3]) – unter anderem in den folgenden Waren- und Dienstleistungsklassen mit diesem Schutzumfang erfolgt ist:

05 Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Lebensmittel und Erzeugnisse für medizinische oder veterinärmedizinische Zwecke, Babykost; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen und Tiere; Pflaster, Verbandsmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide;

44 Medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen; Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere; Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft.

Die angegriffene Marke sei hinsichtlich dieser Waren und Dienstleistungen zur Verwechslung geeignet. Die Widerspruchsmarke weise eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit auf und habe daher überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Ein erhöhte Aufmerksamkeit der beteiligten Verkehrskreise bestehe nicht, hingegen sei eine hochgradige Warenähnlichkeit gegeben. Aufgrund der bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit bestehe Verwechslungsgefahr.

Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen der Verwechslungsgefahr mit der wesentlichen Begründung, die gemeinsamen Silben „Nova“ seien ein schwacher Zeichenbestandteil und erinnerten an den Begriff der Neuheit. „Nova“ sei ein portugiesisches Wort und die weibliche Form von „novo“, auf Deutsch „neu“. Die Wortlänge, der Rhythmus und die Intonation seien unterschiedlich.

Das Patentamt wies mit dem angefochtenen Beschluss den Widerspruch ab. Die Antragstellerin habe den Nachweis der (erg: infolge Benutzung) gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht erbracht. Das Patentamt ging in der Klasse 5 von Warenähnlichkeit bis hin zu Warenidentität aus. Von den geschützten Dienstleistungen der angegriffenen Marke in der Klasse 44 sah es medizinische und veterinärmedizinische Dienstleistungen sowie Gesundheits- und Schönheitspflege für Menschen und Tiere als „über Kreuz“ ähnlich an, weil diese Dienstleistungen als Verstärkung von gesundheitsfördernden Waren angesehen werden könnten. Die künftige Verwendung der angegriffenen Marke durch die Antragsgegnerin sei nicht relevant.

Ungeachtet einer durch „NOVA[L]“ begründeten Ähnlichkeit in Bild und Klang bestünden in begrifflicher Hinsicht deutliche Unterschiede. Trotz der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bestehe daher keine Verwechslungsgefahr.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung einschließlich sekundärer Verfahrensmängel mit dem Abänderungsantrag, dem Widerspruch zur Gänze stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsgegnerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553, T13; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).

1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P, Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10, Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159, T One mwN; ÖBl 2003, 182, Kleiner Feigling ua; R

IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97, Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d, FIRN; 17 Ob 36/08f, KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).

1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45, Texhages/Texmoden; ÖBl 1991, 93, quattro/Quadra; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97, Lloyd, Rz 26).

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227, Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).

1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a, GO; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190, T22, RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g, Ionit/Isonit ). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156, Loctite mwN; ÖBl 1996, 279, Bacardi/Baccara; ÖBl 1999, 82, AMC/ATC; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106, Sabel/Puma, Rz 23; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; ecolex 2003, 608, More; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04, Thomson life, Rz 28; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97, Lloyd, Rz 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799, LTJ Diffusion, Rz 52; C 104/01, Orange, Rz 64).

1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb, T9; C 251/95, Sabel/Puma; C 206/04, Muelhens ). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190, T22; Om 4/02, Kathreiner ). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y, Hotel Harmonie/Harmony Hotels ). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74, Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p, Junkerschinken ).

1.7. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164, Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b, GARANTA; 4 Ob 225/03x, luminos/LUMINA; RIS-Justiz RS0079438)

1.8. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).

1.9. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P, Quick/Quicky ).

2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu verneinen.

2.1. Der Rekurs zieht die erstinstanzliche Analyse zur Frage der teilweisen Ähnlichkeit und teilweisen Identität der Schutzumfänge trotz weitwendigen Vorbringens (Punkt b), soweit die Rechtsabteilung sie bejaht, nicht in Zweifel; auf diese Ausführungen ist daher zur Vermeidung von Wiederholungen zu verweisen (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

Die Argumente zur Auffassung der Antragstellerin, auch betreffend die Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft bestehe Ähnlichkeit zum Schutzumfang der Widerspruchsmarke, überzeugen nicht:

Die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis verwendeten Gattungsbezeichnungen sind entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch und nach dem objektiven Verkehrsverständnis auszulegen. Es ist nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in der selben Klasse aufscheinen (Om 3/09, Arccos/Archos; OLG Wien 34 R 9/15s, Gaga/Lady Gaga; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 107).

Faktoren bei der Prüfung der Warenähnlichkeit sind insbesondere die Art, der Verwendungszweck, die Nutzung und die Eigenart der miteinander konkurrierenden oder einander ergänzenden Waren oder Dienstleistungen (C 39/97, Cannon/Canon, Rz 23). Einander ergänzende Waren/Dienstleistungen sind solche, zwischen denen ein enger Zusammenhang besteht, weil die eine Ware/Dienstleistung für die Verwendung der anderen Ware/Dienstleistung unverzichtbar oder bedeutsam ist, sodass der Verbraucher annehmen könnte, die Herstellung beider Waren/Dienstleistungen liege in der Verantwortung des selben Unternehmens (funktionelle Komplementarität). Von einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit kann aber nur dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz der Identität der Marken die Annahme einer Verwechslungsgefahr wegen des Abstands der Waren und Dienstleistung von Vornherein ausgeschlossen ist.

Das Rekursgericht tritt deswegen der Ansicht der Rechtsabteilung bei, wonach die Anbieter von Dienstleistungen im Bereich der Land-, Garten- oder Forstwirtschaft keine verzehrbaren und weiterverarbeiteten Produkte herstellen oder anbieten. Insoweit sind diese Dienstleistungen zu den geschützten Waren des Zeichens der Antragstellerin aber auch nicht funktionell komplementär, ergänzen einander also nicht.

2.2. Der nur aus dem Grund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene Rekurs trägt insofern konsequent nichts gegen die Negativfeststellung der Rechtsabteilung vor, wonach in Bezug auf die Widerspruchsmarke keine durch Benutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft vorliege (Beschluss, S 2); das Zeichen der Antragstellerin ist daher ausgehend vom Registerstand zu prüfen.

2.3. Die Waren und Dienstleistungen sind zwar überwiegend solche des täglichen Bedarfs und an die Allgemeinheit gerichtet, dennoch ist der Grad der Aufmerksamkeit des Konsumenten bei ihrer Inanspruchnahme nicht gering, weil der relevante, den beiden Zeichen gemeinsame Schutzumfang den Bereichen Gesundheit, Schönheit und Ernährung zuzurechnen ist, wie die Rechtsabteilung zutreffend betont. Der Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (oben Punkt 1.5.), wird dennoch fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324, insb T1 und T5).

2.4. Was den optischen Zeichenvergleich anlangt, so trifft die Beurteilung der Rechtsabteilung zu, wonach nicht nur die Widerspruchsmarke, sondern auch das Eingriffszeichen NOVAL am Anfang enthält, dass sich die beiden Marken aber jeweils in der Endung wie auch in der Zahl der Buchstaben voneinander unterscheiden. Visuell besteht daher nur teilweise Ähnlichkeit.

Allerdings kommt der Bildwirkung bei reinen Wortmarken ohnehin bloß geringe Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0079571, T19).

2.5. Bei der klang lichen Beurteilung muss auf die Wahrnehmung des durchschnittlichen Konsumenten und auf das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden. Phonetisch besteht in beiden Fällen eine bloß teilweise Übereinstimmung in der Sprechweise: Im angegriffenen Zeichen findet sich der Bestandteil NOVA[L] wieder. Allerdings ergeben sich relevante Unterschiede durch die jeweilige Endung, die durch verschiedene Vokale und einen harten Konsonanten nach einem kurzen Vokal (Widerspruchsmarke: „lak“ [phonetisch]) oder einen weichen Konsonanten nach einem längeren Vokal (angegriffene Marke: „laif“ [phonetisch]) erzeugt werden. Hinzu kommt, dass in klanglicher Hinsicht Endungen einen erheblichen Auffälligkeitswert haben (oben Punkt 1.7.).

2.6. Auch in der Bedeutung besteht erneut eine Übereinstimmung im Teil NOVA; das Publikum wird – wie auch der Rekurs durchaus im Einklang mit der Argumentation der Rechtsabteilung vorträgt – darunter unmittelbar einen Bezug auf etwas Neues verstehen, stammt dieses Wort doch vom lateinischen „novus“ (neu) ab; es findet sich in teils geringfügig abgewandelter Form auch in vielen romanischen Sprachen wieder, etwa im Italienischen („nuovo“), im Spanischen („nuevo“) und im Portugiesischen („novo“). Davon abgesehen ist unter anderem auch das Substantiv „Novum“ Teil des gängigen deutschen Wortschatzes.

Dieses Verständnis legt auch die Antragstellerin ihren Ausführungen zugrunde, sie meint jedoch, die weiteren Zeichenbestandteile seien für den Ähnlichkeitsvergleich ohne Bedeutung und NOVA sei allein prägend. Mit dieser Argumentation kann sie nicht reüssieren, weil es sich beim Bestandteil NOVA – wenn überhaupt – nur um einen seinem Begriffsinhalt nach äußerst kennzeichnungsschwachen Bestandteil handelt, der nur wenig zum Gesamteindruck beiträgt (weiterführend RIS-Justiz RS0066749; Om 8/95, ROYAL/ARC ROYAL ): Waren und Dienstleistungen markenmäßig als neu zu bezeichnen, grenzt unter Bedachtnahme auf den hier relevanten Ähnlichkeitsbereich nach Auffassung des Rekursgerichts an eine werbliche Anpreisung ohne Zuordnung zu einem bestimmten Anbieter; damit wäre NOVA für sich allein kaum geeignet, einem Zeichen Unterscheidungskraft iSv § 1 MSchG zu verleihen und ist damit als schwach zu bezeichnen.

Umso eher werden die angesprochenen Verkehrskreise ihre Aufmerksamkeit daher auf den jeweils anderen Zeichenbestandteil richten und auch als weit überwiegend kennzeichnend in Erinnerung behalten:

Die Endung LAC wird im Sinn der Beurteilung durch die Rechtsabteilung entweder als „See“ (französisch) oder als Abkürzung für Lacke (Pfütze), allenfalls auch – wie im Rekurs vorgetragen – als Milch (lat lac, lactis n) oder – aus Sicht des Rekursgerichts am ehesten – gar nicht verstanden und damit als Phantasiebestandteil aufgefasst werden.

Demgegenüber wird LIVE sofort als Bezugnahme auf das Leben aufgefasst und die angegriffene Marke daher am ehesten als „neues Leben“ übersetzt werden. Diese beiden Silben sind daher jene, die bei beiden Zeichen die gegenüber NOVA weit überwiegende Kennzeichnungskraft aufweisen.

Das Eingriffszeichen erzeugt somit angesichts seines eigenständigen und im Vergleich zur durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarke nicht ähnlichen Bedeutungsgehalts weder Assoziationen zu einem See, einer Lacke noch zu LAC (als Phantasiewort) überhaupt. Es liegt daher begrifflich keine für die Ähnlichkeitsprüfung relevante Übereinstimmung vor.

2.7. Entscheidend ist somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500), ob Zeichenähnlichkeit besteht, was bereits für Klang und Sinn, nicht aber für das Bild verneint wurde, zumal dem Ähnlichkeitsvergleich keine isolierte Betrachtung der Bestandteile zugrunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0066753; 4 Ob 211/14d ua, McTirol ; C 591/12 P, Doghnuts/Bimbo Doughnuts , Rz 21 ff). Der bei reinen Wortmarken nicht wesentliche und hier auch nur teilweise übereinstimmende visuelle Inhalt wird im relevanten Gesamteindruck durch die begrifflichen und phonetischen Unterschiede bei weitem neutralisiert (RIS-Justiz RS0079137, insb T3; RS0079571, T17, T20): In erster Linie der deutlich verschiedene Begriffsinhalt, aber auch die klanglichen Unterschiede drängen die ohnehin nur im Wortbild und dort auch nur teilweise bestehende optische Ähnlichkeit in den Hintergrund (RIS-Justiz RS0079571, T29).

Selbst wenn man die Silbe LAC des Widerspruchszeichens als Phantasiebezeichnung qualifiziert, ändert sich nichts an dieser Beurteilung, weil es nach der Rechtsprechung des EuGH und des OGH genügt, wenn – wie hier jedenfalls bei der angegriffenen Marke – ein eindeutiger Sinngehalt (bloß) bei einer Marke vorliegt (C 16/06 P, Mobilix/Obelix ; 4 Ob 228/14d, Arktis/Artist mwN [auf diese Entscheidung stützt sich auch die Rechtsabteilung]; zuletzt auch OLG Wien, 34 R 41/16y, Mona/MONALISA [dort wurde die Verwechslungsgefahr allerdings bejaht]).

Auf dieser Grundlage besteht trotz dieser teilweisen Ähnlichkeit und trotz der teils hochgradigen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen bis hin zur Identität bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen abstrakten Betrachtung ein ausreichender Abstand zwischen dem Eingriffszeichen und der Marke der Antragstellerin und damit keine Verwechslungsgefahr (vgl oben Punkt 1.3.).

2.8. Auf die dem Rekurs beigelegte Entscheidung des HABM (nun EUIPO) ist nicht nur wegen an sich fehlender Präjudizialität nicht einzugehen, sondern auch weil andere Marken („NOVAMIL“ und „NOVAKID“) betroffen sind.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

4. Die Antragsgegnerin hat sich am Rekursverfahren nicht beteiligt. Davon abgesehen findet ein Kostenersatz im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.

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