JudikaturOLG Wien

34R109/16y – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
05. Dezember 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen Löschung der Marke AT 189.217 über die Berufung der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 12.4.2016, Nm 12/2015 6, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird in der Hauptsache nicht Folge gegeben.

Der Berufung im Kostenpunkt wird hingegen teilweise Folge gegeben; die Kostenentscheidung wird geändert und lautet:

«Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.435,84 (darin EUR 572,64 USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.»

Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Antragstellerin die mit EUR 3.048,60 (darin EUR 508,10 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wortmarke AT 189.217 (= angegriffene Marke) mit Priorität vom 10.3.2000

MEISSL SCHADN

die für diese Waren und Dienstleistungen der Klassen

32 Biere;

33 Weine, Spirituosen;

42 Betrieb von Restaurants, Cafés , Bars, Selbstbedienungsrestaurants, Schnellimbissrestaurants, Caféterias; Catering;

eingetragen wurde.

Die Antragstellerin begehrt, gestützt auf § 33a MSchG, die Löschung der angegriffenen Marke, weil die Antragsgegnerin die Marke für die geschützten Waren und Dienstleistungen zumindest innerhalb der letzten fünf Jahre weder selbst noch durch Dritte ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt habe, obwohl sie dem Benutzungszwang unterliege. Die Antragsgegnerin behaupte nicht einmal, dass sie das Zeichen zur Kennzeichnung der geschützten Waren und Dienstleistungen benützt habe. Eine bestimmte Tradition fortsetzen zu wollen bewirke noch keine markenmäßige Benutzung.

Die Antragsgegnerin bestritt die Berechtigung des Antrags und führte aus, sie betreibe mehrere weit über Österreich hinaus bekannte Gastronomiebetriebe, ausgerichtet insbesondere auf die gehobene Rindfleischküche, dies auch unter Verwendung der angegriffenen Marke. In der Medienarbeit habe sie stets betont, dass sie die Tradition des Hotels und Restaurants „Meissl Schadn“ bewusst fortsetze. Sie sehe sich auch als Nachfolgerin dieses Restaurants. Auf dieses Zeichen beziehe sich auch das Kochbuch „Plachutta Wiener Küche“ bereits in seiner Einleitung. Sie verwende die angegriffene Marke nicht marktschreierisch, sondern subtil. Sie habe dieses Zeichen als „Zweitmarke“ marktbezogen und nicht unternehmensintern in jenen Printmedien benutzt, die den durchschnittlichen Verbraucher der Gastronomie ansprechen.

In der Verhandlung vom 12.4.2016 stellte die Antragsgegnerin außer Streit, dass sie das angegriffene Zeichen für die Waren der Klassen 32 und 33 gar nicht und in der Klasse 42 für die Dienstleistungen „Betrieb von Bars, Selbstbedienungsrestaurants, Schnellimbissrestaurants, Caféterias und Catering“ nicht benutze (verbleibt somit der „Betrieb von Restaurants [und] Cafés“).

Mit dem angefochtenen Beschluss gab die Nichtigkeitsabteilung dem Löschungsantrag zur Gänze statt. In den von der Antragsgegnerin vorgelegten Beilagen werde die angegriffene Marke nur zur historischen Erinnerung an das Hotel „Meissl Schadn“ verwendet. Eine ernsthafte kennzeichnungsmäßige Benutzung ergebe sich daraus nicht; die Antragsgegnerin habe den dafür erforderlichen Nachweis nicht erbracht. Das Zeichen sei daher nach § 33a MSchG zu löschen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich sekundärer Feststellungsmängel) und im Kostenpunkt; sie beantragt, den Löschungsantrag abzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist in der Hauptsache nicht berechtigt.

1. Zur unrichtigen Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung:

1.1. Aus systematischen Gründen ist in Abkehr vom Aufbau der Berufung zunächst auf die Beweisrüge einzugehen. Die Antragsgegnerin kritisiert dabei diese Feststellung als unzutreffend (S 5 des angefochtenen Beschlusses):

„Aus den vorgelegten Beilagen ergibt sich weder[,] dass die Markeninhaberin das Zeichen ‚Meissl Schadn’ auf Waren, auf deren Aufmachung oder auf Gegenständen, an denen die Dienstleistung ausgeführt wird oder ausgeführt werden soll, angebracht hat, noch dass sie unter dem gegenständlichen Zeichen Dienstleistungen angeboten oder erbracht hat. Auch dass das Zeichen in den Geschäftspapieren, in Ankündigungen oder in der Werbung markenrechtlich relevant für die Dienstleistungen der Kl. 42 benutzt wurde, konnte nicht nachgewiesen werden.“

Sie meint, anhand der von ihr vorgelegten Urkunden hätte positiv festgestellt werden müssen, dass sie das Zeichen markenrechtlich relevant für die Dienstleistungen der Klasse 42 benutzt habe.

1.2. Die Nichtigkeitsabteilung hat (ebenfalls auf S 5 des angefochtenen Beschlusses) weiters festgestellt, dass die von der Antragsgegnerin vorgelegten Urkunden generell nur belegen, dass die angegriffene Marke nur zur historischen Erinnerung „[...] auf [sic] das in der Kaiserzeit berühmte Hotel ‚Meissl Schadn’ verwendet werde . [...] eine vom Gesetz geforderte ernsthafte kennzeichnungsmäßige Benutzung [...] ergibt sich [...] keinesfalls.“

Die begehrte Ersatzfeststellung stünde mit dieser Konstatierung, die daher eindeutig ein Ergebniss der Beweiswürdigung ist, in unlösbarem Widerspruch und kommt schon daher nicht in Betracht.

1.3. Davon abgesehen zeigt die Berufung nicht auf, warum entgegen der stringenten Würdigung durch die Nichtigkeitsabteilung aus den Beilagen ./1 bis ./7 die begehrte Feststellung zu treffen gewesen wäre ( Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 471 Rz 8; RIS-Justiz RW0000137; RS0041835 [insb T2]; RS0043039; Pochmarski/Lichtenberg, Berufung 2 122 mwN).

Dass sich daraus ergeben würde, die Antragsgegnerin habe unter dem Zeichen (oder auch nur unter einem verwandten Zeichen; vgl dazu unten Punkt 2.4.) den Betrieb von Restaurants und Cafés angeboten oder erbracht, ist nicht nachvollziehbar. Die Behauptung einer allgemeinen Traditionspflege kann dies ebenso wenig stützen wie der in der Berufung weiters enthaltene Verweis auf eine „gedankliche Verbindung“.

Mit dem Vorbringen in der Rechtsrüge, wonach die Nichtigkeitsabteilung aus den vorgelegten Unterlagen hätte ableiten müssen, sie hätte die angegriffene Marke markenrechtlich relevant benutzt, lässt die Berufung deutlich erkennen, dass sie neuerlich die oben kursiv gesetzten Feststellungen bekämpft. Da eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe dem Rechtsmittelwerber nicht zum Nachteil gereicht (RIS-Justiz RS0041851), ist auch dieses Vorbringen der Beweisrüge zuzuordnen.

Aus den aufgezeigten Gründen ist ihm allerdings nicht zu folgen.

2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung :

2.1. Auch im Rahmen der Rechtsrüge kommt die Antragsgegnerin auf das Argument einer gedanklichen Verbindung zurück. Sie ist der Ansicht, allein der Umstand genüge, dass sie sich an die Tradition des Hotels „Meissl Schadn“ anlehne.

2.2. Nach § 33a Abs 1 MSchG kann jedermann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten (oder gemäß § 2 Abs 2 MSchG in Österreich Schutz genießenden) Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt (§ 10a MSchG) wurde, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann. Die Benutzung im Sinne des Abs 1 ist gemäß § 33a Abs 5 MSchG vom Markeninhaber nachzuweisen. Zweck der Benutzungsobliegenheit ist es, das Markenregister durch Löschung nicht benutzter Marken zu entlasten (RIS-Justiz RS0066801; 4 Ob 98/14m, Feeling/Feel II; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 33a Rz 4).

Eine Marke wird „ernsthaft benutzt“, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, für die sie eingetragen wurde – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern (EuGH C 40/01, Ansul, Rz 43; C 416/04 P, Sunrider, Rz 70; C 259/02, La Mer Technology, Rz 27; Om 8/11, WEG; 17 Ob 11/08d, BUZZ!; RIS-Justiz RS0123519; RW0000854).

Nur eine kennzeichenmäßige Benutzung kann daher rechtserhaltend sein. Sie liegt vor, wenn im geschäftlichen Verkehr eine wörtliche oder bildliche Bezeichnung zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung oder in Bezug auf sie so gebraucht wird, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren- oder Dienstleistungsart (zum Beurteilungsmaßstab EuGH C 342/97, Lloyd ) annimmt oder annehmen kann, das Zeichen diene der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen von gleichen oder gleichartigen Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (4 Ob 391/84, Ford-Spezialwerkstätte; 4 Ob 79/06f, Smiley; 4 Ob 134/06v, BUZZ!; 17 Ob 1/08h, Feeling/Feel I; RIS-Justiz RS0066671; Beetz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 33a Rz 27 ff). Dieses Zeichen muss daher als Herkunftshinweis für das damit beworbene Produkt verstanden werden (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZR 167/05 = GRUR 2009, 60, Rz 19, LOTTOCARD; Om 2/10, Flügerl; siehe auch RIS-Justiz RW0000854).

Dafür reicht es nicht, die Marke etwa in Katalogen, auf Versandtaschen, Einkaufstüten, Regal- und Preisaufklebern, in Schaufenstern und in Geschäftsräumen sowie in der Werbung oder dergleichen, zum Beispiel auf Rechnungen, Bestellscheinen oder Klebebändern, zu verwenden, wenn der Verkehr im Zeichen nur einen Hinweis auf das Unternehmen und nicht auch einen Hinweis auf die Herkunft der Ware oder Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft sieht.

Ohne einen konkreten Bezug zu einer Ware oder zu einer Dienstleistung bezieht sich ein solcher Hinweis allenfalls auf die Dienstleistung des Handelsunternehmens, nicht aber auf die Herkunft der Ware oder der Dienstleistung zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft (BGH I ZR 293/02 = GRUR 2005, 1047, OTTO; I ZB 10/03 = GRUR 2006, 150, Rz 9, 11, Norma; Fezer, Markenrecht 4 § 26 MarkenG Rz 70).

2.3. Der Antragsgegnerin gelang ausgehend von diesen Grundsätzen nicht der ihr nach § 33a Abs 5 MSchG obliegende Nachweis einer ernsthaften kennzeichenmäßigen Benutzung der Marke in Bezug auf die im Berufungsverfahren allein relevanten Dienstleistungen der Klasse 42 (Betrieb von Restaurants, Cafés; vgl oben Punkt 1.2.). Mit der – auch disloziert im Rahmen der Rechtsrüge aufgestellten – Behauptung, ihre Restaurants böten ein „Gesamterlebnis der Wiener Rindfleischtradition“ an, geht die Berufung einerseits nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (RIS-Justiz RS0043603; RS0043312 [T12, T14]) und andererseits bildet die weiters akzentuierte schlichte Traditionspflege ohne Erfüllung der Benutzungsobliegenheit nach § 33a MSchG keine Dimension der markenmäßigen Verwendung.

2.4. Auf das weitere (sinngemäß vorgetragene) Argument, die angegriffene Marke sei gewissermaßen ein Serienzeichen, ist damit nicht einzugehen, obwohl der Umstand, dass die Widerspruchsmarke möglicherweise nicht nur in der registrierten Form, sondern abgewandelt (§ 33a Abs 4 MSchG) benutzt worden sein könnte, an sich nicht schadet: Die Marke muss allerdings auch in der tatsächlich benutzten (erweiterten) Form eindeutig das die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen kennzeichnende Element bilden (zu § 33a Abs 4 MSchG: 4 Ob 119/06p = RIS-Justiz RS0121289, SIERRA Tequila; Om 1/91 = PBl 1991, 193, ALPO/ALPOFLEX; Om 10/07, Rothmans; Om 13/10, Goudina ). Auch dies steht allerdings nicht fest, zumal die Antragsgegnerin gar nie behauptete, dass und welche sonstigen Marken auf sie im relevanten Schutzumfang in der Klasse 42 registriert sind und welche sie davon verwendet, sodass auch das Argument ins Leere geht, das angegriffene Zeichen werde durch die „subtile Zuhilfenahme“ einer anderen Marke profiliert: Die in der Berufung neuerlich angesprochene „Wiener Rindfleischtradition“ lässt sich nicht darunter subsumieren; hinzu kommt, dass dies ohnehin nicht feststeht.

3. Zur Berufung im Kostenpunkt :

3.1. Wie schon im erstinstanzlichen Verfahren wendet die Antragsgegnerin neuerlich ein, der Antragstellerin stünden mit Ausnahme des Ersatzes von Barauslagen überhaupt keine Kosten zu, weil sie als berufsmäßige Parteienvertreterin im eigenen Namen aufgetreten sei.

Dies überzeugt nicht, weil ein Rechtsanwalt bereits nach der unmissverständlichen Anordnung des § 1 Abs 2 RATG auch Anspruch auf Kostenersatz hat, wenn ihm in eigener Sache Kosten vom Gegner zu ersetzen sind (RIS-Justiz RW0000549 [Notar]).

3.2. Berechtigt ist die Kostenrüge hingegen in der unrichtigen Verzeichnung der 20 % igen USt durch die Antragstellerin (offenbar aufgrund eines Irrtums berechnete sie die USt mit 22 %), die sich tatsächlich nur mit EUR 572,64 anstelle der verzeichneten EUR 629,90 errechnet. Dem hält auch die Berufungsbeantwortung nichts entgegen.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.

5. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.

6. Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Ob eine Marke ausreichend benutzt wurde, ist eine Frage des Einzelfalls.

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