JudikaturOLG Wien

34R61/16i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
08. Juli 2016

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Gewährung des Schutzes der internationalen Formmarke IR 1109244 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 24.2.2016, IR 683/2013 11, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist Inhaberin der internationalen Formmarke IR 1109244 mit Priorität vom 8.2.2012 (DE 395 04 819.2/30)

eingetragen für diese Waren

30 Chocolate goods, also with fillings such as cream and various liquids.

Für diese Marke beantragte sie die nationale Schutzgewährung mit folgender Einschränkung des Schutzumfangs:

30 Chocolate goods in tabular arrangement, also with fillings such as cream and various liquids, except pralines.

Das Zeichen besitze Unterscheidungskraft, gebe es doch keine vorportionierte Tafelschokolade. Entgegen der Auffassung der Rechtsabteilung sei die Marke kein Pyramidenstumpf, ein solcher habe niemals runde gekrümmte Seitenkanten. Die Deckfläche habe eine individuelle Prägung bestehend aus zwei mal vier Rhomben in wechselweiser Abfolge; diese Prägung sei als CTM 1707306 auch in Österreich geschützt. Diese achtzackige sternförmige Prägung sei seit über 50 Jahren einmalig; sie präge den Gesamteindruck. Die Formmarke unterscheide sich von Schokoladetafeln dadurch, dass sie aus losen Einzelstücken in bloß tafelförmiger Anordnung bestehe.

Pralinen würden nicht in dieser Form, sondern in Bonbonnieren angeboten. Die Marke rufe in ihrer Gesamtheit einen Eindruck hervor, der diese Schokoladewaren in tafelförmiger Anordnung für durchschnittlich aufmerksame und informierte Verbraucher von herkömmlicher Tafelschokolade deutlich unterscheide. Die Schutzausdehnung vom 7.12.2012 sei ausdrücklich auf „Schokoladewaren in tafelförmiger Anordnung, ausgenommen Pralinen“ beschränkt. Zudem sei die Marke in Österreich bekannt: Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ergebe sich aus dem vorgelegten demoskopischen Gutachten eine Wiedererkennungsrate von 74,4 % und ein Zuordnungsgrad von fast 42 %. Es genüge die Bekanntheit als Hinweis auf irgendein bestimmtes Unternehmen, welches immer das sein möge.

Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte das Patentamt die Schutzgewährung zur Gänze. Zwar müssten dreidimensionale Marken keine strengeren Kriterien erfüllen als andere Markenkategorien. Das Erkennen der Form einer Ware oder Verpackung als individualisierendes Kennzeichen sei für die an Worte, Bilder oder ähnliche Zeichen als Herkunftsangabe gewöhnten Verkehrskreise schwieriger. Bei Produkt- und Verpackungsformen sei außerdem ein erhöhtes Freihaltebedürfnis zu beachten, sofern es sich nicht um ungewöhnlich oder willkürlich ausgestaltete Formen handle. Die Form einer Ware müsse erheblich aus dem verkehrsüblichen Rahmen fallen und dürfe sich nicht nur in bestimmten gebräuchlichen oder naheliegenden Gestaltungsmerkmalen erschöpfen.

Die Marke bestehe aus einem Pyramidenstumpf mit einer quadratischen Grundfläche und einem sternförmigen Abdruck auf der Oberseite. Die Höhe sei dem Umstand geschuldet, dass ein gewisses Volumen notwendig sei, um die Schokolade mit verschiedenen Füllungen anbieten zu können. Der Abdruck sei nur ein dekoratives Element, in dem der Durchschnittsverbraucher bei flüchtiger Betrachtung keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehe. Einkerbungen und Reliefs seien bei derartigen Süßigkeiten weit verbreitet.

Die Unterteilung von Schokolade in Stücke sei ein übliches Mittel für den unkomplizierten und sauberen Verzehr. Der Konsument würde wahlweise ein quadratisches Einzelstück einer (lose zusammengesetzten) Schokoladetafel oder ein Konfekt in quadratischer Form sehen, das in einer ähnlichen Form wie Schokoladetafeln vertrieben wird. Zudem erfasse der Schutzbereich Schokolade als solches. Die beteiligten Verkehrskreise würden in dem Zeichen nur ein Stück Schokolade ohne Besonderheit sehen. Der Unterschied zwischen Pralinen und Schokoladewaren liege nur im verwendeten Schokoladeanteil.

Es mache keinen Unterschied, ob im Warenverzeichnis „Schokoladewaren (in tafelförmiger Anordnung)“ oder „Schokoladewaren (in tafelförmiger Anordnung) ausgenommen Pralinen“ beansprucht seien. Der Registrierung stehe der Schutzausschließungsgrund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG entgegen. Für die Bejahung der Verkehrsdurchsetzung der als Marke angemeldeten Warenform sei die Feststellung erforderlich, dass die beteiligten Verkehrskreise mit der Form als solcher einen betrieblichen Herkunftshinweis verbinden. Sie müsse auch am Tag der Registrierung vorliegen, wobei die Mindestgrenze bei 50 % liege. Dieser Nachweis der Verkehrsgeltung sei der Antragstellerin nicht gelungen.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, dem Zeichen Schutz zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Zur Nichtigkeit:

1.1. Zunächst vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dem angefochtenen Beschluss fehle eine Begründung „zur Frage der Kennzeichnungskraft“; der darin enthaltene Verweis auf die Amtsschreiben der Rechtsabteilung vom 4.11.2013, vom 20.3.2013, vom 3.9.2014 und vom 4.3.2015 könne eine „vollständige nachvollziehbare“ Begründung nicht ersetzen, zumal die Antragstellerin ein Amtsschreiben 20.3.2013 nicht erhalten habe. Es fehle auch ein festgestellter „oder auch nur feststellbarer“ Sachverhalt.

Erkennbar ist sie daher der Auffassung, die Entscheidung der Rechtsabteilung verstoße schwerwiegend gegen Verfahrensgesetze.

1.2. Eine solche qualifiziert fehlerhafte Fassung des angefochtenen Beschlusses (konkret: § 57 Z 1 AußStrG) liegt jedoch nicht vor. § 57 Z 1 AußStrG entspricht im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, weshalb die in Lehre und Judikatur entwickelten Kriterien zum Vorliegen dieses Nichtigkeitstatbestands heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0121710 [T4]). Danach bewirkt nur das völlige Fehlen von Gründen, nicht jedoch eine mangelhafte Begründung diesen Nichtigkeitsgrund ( Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 477 Rz 12 mwN; RIS-Justiz RS0007484 [auch zu § 57 Z 1 AußStrG]; RS0042206). Mit dem im angefochtenen Beschluss genannten Amtsschreiben vom 20.3.2013 meint die Rechtsabteilung erkennbar die vorläufige Schutzverweigerung vom 20.6.2013, die der Antragstellerin zugegangen ist.

1.3. Eine unvollständige, mangelhafte oder sogar fehlerhafte Beweiswürdigung bewirkt keine Nichtigkeit, sondern sie kann nur mit dem Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung angefochten werden (RIS-Justiz RS0106079).

1.4. Sekundäre Feststellungsmängel liegen hingegen vor, wenn Tatsachen fehlen, die für die rechtliche Beurteilung wesentlich sind, und wenn dies Umstände betrifft, die nach dem Vorbringen der Parteien und den Ergebnissen des Verfahrens zu prüfen waren (stRsp, RIS-Justiz RS0053317). Sie sind vom Rekursgericht bei Vorliegen einer gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge von Amts wegen wahrzunehmen (vgl RIS-Justiz RS0114379). Das Fehlen entscheidungswesentlicher Konstatierungen bildet daher keinen Nichtigkeitsgrund.

1.5. Die von der Rechtsabteilung des Patentamts (regelmäßig) gewählte Verweisungstechnik sowohl im markenrechtlichen Eintragungs- als auch im Widerspruchsverfahren bedeutet nicht, dass eine Begründung fehlen würde oder eine Entscheidung unüberprüfbar wäre, sofern – wie regelmäßig und auch hier der Fall – den Parteien der Inhalt der Schreiben bekannt ist, auf die verwiesen wird (OLG Wien, 34 R 69/15i, BLUEBOARD ).

2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung:

2.1. Rechtsfolge der beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf vorgenommenen Registrierung einer internationalen Marke ist grundsätzlich, dass diese in jedem Vertragsstaat (auf den sich der Schutz erstreckt, vgl Art 3 bis Abs 1 und 3 ter MMA/PMMA) ebenso geschützt ist, wie wenn sie in jedem der betroffenen Vertragsländer unmittelbar hinterlegt (eingetragen) worden wäre (Art 4 Abs 1 S 1 MMA/PMMA; Koppensteiner, Markenrecht 4 243; 4 Ob 128/03g; Om 4/10).

2.2. Die Behörde eines Verbandslands, der eine internationale Registrierung notifiziert wurde, kann diese wie eine nationale Anmeldung prüfen, sie ist bei der Prüfung allerdings gemäß Art 5 MMA/PMMA auf die in Art 6 quinquies Teil B Z 2 der PVÜ genannten Gründe beschränkt (Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 2 Rz 84 f).

2.3. Im Fall der Versagung des Schutzes einer internationalen Marke durch das Patentamt hat der Antragsteller dieselben Rechtsmittel, die er hätte, wäre ein Eintragungsantrag im Schutzverweigerungsland gestellt worden, er kann dagegen also auch mit Rekurs nach § 37 MSchG vorgehen (Koppensteiner, Markenrecht 4 243 mwH; Ullrich in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 2 Rz 101).

3. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

3.1. Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen (K oppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038).

Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; EuG T 471/07, Tame it, Rn 15 mwN; C 398/08, Vorsprung durch Technik; RIS-Justiz RS0118396; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix, oder 4 Ob 49/14f, My TAXI ).

3.2. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (OBm 3/12, Lounge.at , unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11, Starsat; OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C 104/01, Orange, Rn 58 und 59; C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit ).

3.3. Ob die Unterscheidungskraft fehlt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN).

Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen (Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke , MarkenG 3 § 8 Rz 73; C 104/01, Orange , Rn 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).

3.4. Diese Grundsätze gelten auch für Formmarken (C 344/10 P, Freixenet; 4 Ob 239/04g mwN; RIS-Justiz RS0079038 [T4]; OLG Wien 34 R 122/15h, Joghurtbecher = ÖBl 2016/30, 125 [Pöchhacker/Riede]; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 280; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 186 f). Bei der Beurteilung ist der Gesamteindruck maßgebend, den der Durchschnittsbetrachter von der Formmarke gewinnt; eine Zergliederung in schutzfähige und schutzunfähige Bestandteile ist nicht zulässig (17 Ob 2/08f, Roter Koffer; 17 Ob 30/11b, Goldhase VI ; RIS-Justiz RS0119660). Abzustellen ist auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der betreffenden Warenart (C 342/97, Lloyd/Lloint’s, Rn 26 mwN; 17 Ob 15/07s; RIS-Justiz RS0117324).

4. Auf dieser Grundlage fehlt dem Zeichen sowohl die originäre als auch die durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft. Das Rekursgericht hält die Begründung des Patentamts für zutreffend (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

4.1. Die Antragstellerin erneuert unter anderem ihr Vorbringen in erster Instanz, wonach es „überhaupt keine vorportionierte Tafelschokolade“ gebe. Mit diesem Argument vermag sie nicht zu reüssieren, weil der eingeschränkte Schutzumfang sich nicht auf Tafelschokolade, sondern auf die Tafelform bezieht und andererseits dieser Schutzumfang für sich allein keinen unumkehrbaren Rückschluss auf die Unterscheidungskraft des Zeichens selbst zulässt, das ein von der Grundfläche her quadratisches, dunkles (wohl schokoladebraunes: Beilage /.12, Deckblatt) Stück ist, das nach unten mit ebener Fläche abschließt, während es sich nach oben auswölbend verjüngt. In den waagrechten oberen Abschluss, die Deckfläche, ist ein stilisierter Stern mit acht Strahlen eingeprägt. Die im Rekurs relevierte Tafelform ist daher nicht Merkmal der Marke selbst, sondern sie limitiert nur den Schutzbereich, innerhalb dessen die Unterscheidungskraft zu prüfen ist.

Ob die Form ein pyramidenartiger Stumpf ist (Rekurs, Punkt 1.1.1), ist nur eine Frage der Begrifflichkeit, die schon deshalb für die Rekursentscheidung unbedeutend ist, weil die Antragstellerin an anderer Stelle die Marke selbst als „pyramidenstumpfartige Form“ beschreibt (Rekurs, Punkt 1.5).

Zudem ist die dreidimensionale Form als solche und nicht ihre verbale Be- und Umschreibung durch die Rechtsabteilung und/oder die Antragstellerin auf das Bestehen von Kennzeichnungskraft hin zu prüfen.

4.2. Bei den beanspruchten Waren der Klasse 30 handelt es sich um Schokoladewaren, und zwar auch um solche mit insbesondere cremigen oder flüssigen Füllungen. Das sind allgemein verbreitete Konsumartikel, die sich wie Süßwaren überhaupt an weite Verkehrskreise wenden. Süßwaren (nicht nur aus Schokolade) werden im gesamten Lebensmittelhandel, vom Geschäft um die Ecke bis hin zu Supermärkten, aber auch an Kiosken oder in Konditoreien, Süßwarengeschäften und auch in Kaffeehäusern angeboten.

4.3. Beim Einkauf von derartigen Massenartikeln wendet der flüchtige Durchschnittskäufer eher geringere Aufmerksamkeit auf (RIS-Justiz RS0078944 [insb T15] zur Verwechslungsgefahr). Normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren beachten daher angesichts der Formen- und Farbenvielfalt gewohnheitsmäßig auch und gerade auf dem Süßwarenmarkt mehr das Etikett, die Verpackung und die Ausstattung als überwiegend oder gar ausschließlich die Warenform.

4.4. Diese Durchschnittsverbraucher werden in der dreidimensionalen Form eines Stücks Schokolade ohne zusätzliche individualisierende Elemente nur das angebotene spezifische Produkt erkennen und darin nicht einen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Die von der Anmelderin konkret beanspruchte Form ist keine außerordentlich spezielle, eigentümliche oder ungewöhnliche Gestaltung, die sich von den vorhandenen Gestaltungen klar erkennbar unterscheidet, sondern sie gehört zu den auf diesem Markt typischen Grundformen, wie etwa die im Amtsschreiben vom 4.11.2013 der Rechtsabteilung (ON 4, S 2 f) enthaltenen Abbildungen veranschaulichen.

Es besteht also auch unter Zugrundelegung des Verständnisses der angesprochenen Fachkreise kein wesentlicher Unterschied zu den handelsüblichen Formen von (gefüllten) Schokoladestücken oder Konfekt im Allgemeinen, selbst wenn sie nur in Tafelform angeboten werden (siehe nur C 48/09 P, Roter Lego-Stein, Rn 84; C 38/06, Develey/HABM; C 205/13, Verstellbarer Kinderstuhl, Rn 27; BGH I ZB 88/07, ROCHER-Kugel; Hauer in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 1 Rz 48 mwN; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 135; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 283 ff; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 187; Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht I 3 § 8 Rz 34 f je mwN). Dass die Antragstellerin für Österreich ausdrücklich keinen Schutz für Pralinen beantragt hat, ist unter diesen Gegebenheiten ohne Bedeutung.

Der dreidimensionalen Marke fehlt also jedes zusätzliche Beiwerk, das gegenüber den gängigen Gestaltungsformen von Süßwaren als auffallend, eigentümlich oder originell angesehen werden könnte und ihr die Fähigkeit verleihen würde, erkennbar aus dem vorhandenen und geläufigen Formenschatz herauszustechen, um allein auf Grund der Form als Produkt eines bestimmten Unternehmens und nicht als beliebiges Schokoladestück identifiziert werden zu können. Auch der stilisierte Stern auf der Oberseite ist gewöhnlich und schlicht, sodass er dem Schokoladestück keine eigentümliche Charakteristik mit entsprechendem Erinnerungswert verleiht (BGH I ZB 88/07, ROCHER-Kugel; Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 133 mwN). Abgesehen davon ist die Form der Marke im verpackten Zustand nicht erkennbar und die Tafelform nicht Schutzgegenstand, sondern sie beschränkt den Schutzumfang.

Der Schutzgewährung steht daher der Ausschließungsgrund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG entgegen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 4 Abs 2 MSchG erfüllt sind.

5.1. Die dabei verlangte Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise im Zeichen einen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen erblickt (jüngst C 215/14, Kitkat, Rn 58 ff; siehe auch C 108/97, Chiemsee, Rn 46; C 299/99, Philips/Remington, Rn 61; C 353/03, Nestlé/Mars, Rn 30; RIS-Justiz RS0078751; 4 Ob 229/03k, Autobelehnung; 4 Ob 12/05a, Vital Ressort; 4 Ob 38/06a, Shopping City ). Entscheidend ist mit anderen Worten, ob die Marke geeignet ist, die damit bezeichnete Ware (oder Dienstleistung) einem bestimmten Unternehmen zuzuordnen. Ist das Zeichen als solches – etwa wegen seines beschreibenden Charakters – nicht unterscheidungskräftig, muss seine Benutzung dazu geführt haben, dass „die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest ein erheblicher Teil dieser Kreise“ die Ware oder Dienstleistung durch das Zeichen „als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen“ (C 108/97, Chiemsee , Rn 52; C 299/99, Philips/Remington , Rn 61).

5.2. Dem entspricht die österreichische Rechtsprechung, wonach die Verkehrsgeltung sowohl personen- als auch produktbezogen sein muss (RIS-Justiz RS0113084):

Sie begründet die Eintragungsfähigkeit nur für denjenigen, zu dessen Gunsten sie erworben wurde, und sie muss für die Waren oder Dienstleistungen bestehen, für die die Eintragung der Marke beantragt wird (4 Ob 325/99v = ÖBl 2000, 175, Manpower ). Verkehrsgeltung ist anzunehmen, wenn ein nicht unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise in der Bezeichnung einen Hinweis auf einen bestimmten Rechtsträger, ein bestimmtes Unternehmen erblickt (RIS-Justiz RS0078751; 4 Ob 229/03k, Autobelehnung; 4 Ob 12/05a, Vital Ressort ). Sie muss bei der Anmeldung bzw im Prioritätszeitpunkt, hier aber zum Zeitpunkt der Schutzausdehnung gegeben sein (Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 337).

An den Nachweis der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je höher das Freihaltebedürfnis ist (RIS-Justiz RS0078807). Der BGH vertritt – unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Chiemsee- Entscheidung – die Ansicht, dass bei „ glatt“ beschreibenden Zeichen eine „nahezu einhellige Verkehrsbekanntheit“ erforderlich sei (I ZR 257/00, Kinder; zustimmend 4 Ob 38/06a, Shopping City; weiterführend Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 342).

5.3. Die Frage, ob eine bestimmte Bezeichnung Verkehrsgeltung erlangt hat und ob diese auch noch im gegenwärtigen Zeitpunkt aufrecht besteht, oder ob eine etwa ursprünglich vorhandene Kennzeichnungskraft im Laufe der Zeit verloren gegangen ist, ist eine Rechtsfrage, die auf Grund der hiefür in Betracht kommenden tatsächlichen Grundlagen zu lösen ist (RIS-Justiz RS0043586; RS0043668; zuletzt 4 Ob 77/15z, Amarillo ).

5.4. Die Rechtsabteilung hat auf Grund der von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen keine entsprechenden positiven Tatsachengrundlagen geschaffen, sondern sie hat – im Rekursverfahren nicht angefochten – konstatiert, dass „[...] die für den Nachweis einer Verkehrsgeltung [...] vorgelegten Unterlagen [...] nicht als Nachweis geeignet [sind].“ (Amtsschreiben vom 4.3.2015, S 2). Werden keine ausreichenden Beweise angeboten, kann das dazu führen, dass wegen Beweislosigkeit (non liquet) nur Negativfeststellungen getroffen werden können ( Rechberger/Klicka in Rechberger, ZPO 4 § 226 Rz 9; RIS-Justiz RS0039872; RS0039875).

Zwar im Rahmen der rechtlichen Beurteilung, jedoch eindeutig mit Feststellungscharakter (vgl M. Bydlinski in Fasching/Konecny 2 § 417 ZPO Rz 12) führt die Rechtsabteilung noch aus, dass „[...] andererseits ein Prozentsatz von unter 40 % nicht aus[reicht].“ sowie dass auch unter Berücksichtigung der gestützten Fragestellung der „[...] dann erreichte Zuordnungsgrad von 42 % [...] unter der [...] Mindestgrenze von 50 % [liege].“ (beides Beschluss S 3).

5.5. Werden zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so ist dies ein Ergebnis der Beweiswürdigung, auch wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen wurden (7 Ob 185/09w). Aus dem Gesagten folgt, dass sekundäre Feststellungsmängel nicht vorliegen und es damit nicht auf die Behauptung der Antragstellerin ankommt, dass eine Wiedererkennungsrate von 74,4 % gegeben ist (Rekurs Punkt 1.4) und der Bekanntheitsgrad bei 84,5 % liegt (Rekurs Punkt 2.1), weil der Antragstellerin der Nachweis der Verkehrsgeltung nicht gelungen ist und sie nicht auf die von der Rechtsabteilung ermittelte Tatsachengrundlage abstellt (RIS-Justiz RS0043603 [T2]; RS0042359; RS0041585 [T2]; ausdrücklich zu § 66 Abs 1 Z 4 AußStrG: RIS-Justiz RS0043312).

5.6. Im Rekursvortrag könnte aber auch eine (versteckte) Tatsachenrüge zu sehen sein (vgl zur vergleichbaren Rechtslage nach der ZPO Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 471 Rz 8 mwN), die mit der Rechtsrüge vermengt ist (rechtliche Feststellungsmängel sind im Rahmen der Rechtsrüge geltend zu machen; vgl Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 471 Rz 4 mwN).

Soweit entscheidungswesentlich strebt die Antragstellerin vor allem die Ersatzfeststellung an (Rekurs Punkt 2.2.3), wonach die Marke eine Verkehrsdurchsetzung von 54,7 % erreicht habe, was sie durch das von ihr vorgelegten Gutachten (Beilage ./12) als erwiesen ansieht.

Was den behaupteten Bekanntheitsgrad von 84,5 % anlangt (Rekurs Punkt 2.1), befasst sich der angefochtene Beschluss erkennbar im Rahmen der Beweiswürdigung gerade mit diesem Wert und hält dazu richtig fest, dass es nicht auf das Datum der Befragung, sondern auf das Datum der Schutzausdehnung auf das Gebiet der Republik Österreichs ankommt (7.12.2012). Die Antragstellerin bleibt Argumente schuldig, warum die zutreffend von diesem Datum ausgehende Berechnung des Patentamts unrichtig ist, bei Frage 3 des demoskopischen Gutachtens jene 229 Personen aus dem Raster zu nehmen, die das Zeichen zum Zeitpunkt der Umfrage (Beilage ./11, S 3: 11. bis. 30.11.2014) weniger als ein Jahr kannten.

Das Rekursvorbringen kann auch das weitere Argument der Rechtsabteilung nicht entkräften, wonach es für den Nachweis der Verkehrsgeltung nicht allein auf den Bekanntheitsgrad der Marke ankommt, sondern auf die Eigenschaft als unternehmerischer Herkunftshinweis, was umso mehr für Warenformen gilt ( Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 684 und 687; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 325 mwN). Die Bewertung eines demoskopischen Gutachtens ist zudem ein Akt der Beweiswürdigung, es darf nicht „blind“ übernommen werden ( Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 700).

Was die weiters vorgelegten Urkunden und Augenscheinsgegenstände anlangt, argumentiert die Rechtsabteilung auf Grund ihres Inhalts eingehend, dass sie sowohl jeweils für sich als auch insgesamt nicht geeignet sind, eine österreichweite Verkehrsgeltung (im oben beschriebenen rechtlichen Sinn) zu belegen.

Bei Beilage ./13 genügt bereits der Hinweis auf das lange vor der Schutzausdehnung liegende Erscheinungsdatum der Illustrierten (27.2.1997). Zwar ergibt sich aus dem Tarifblatt Beilage ./14 entgegen der Begründung des angefochtenen Beschlusses zwar eine Druckauflage von „medianet“ von bis zu 66.000 Exemplaren (Freitagsausgabe), aber auch dass es sich dabei um eine „ Wirtschafts-Fachzeitung “ handelt, die daher naturgemäß nicht an die hier maßgeblichen Durchschnittsverbraucher adressiert ist und von ihnen daher in der Regel auch nicht gelesen wird (vgl Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 331).

Der daraus gezogene Rückschluss im Rekurs, dass deswegen eine erhebliche Bekanntheit der Marke vorliege, weil sich eine „ B2B Kommunikationsplattform “ damit auseinander gesetzt habe, ist für die Frage der Verkehrsgeltung irrelevant, weil es auf die Leserreichweite als solche und nicht auf die Motivation für das Verfassen des vorgelegten Artikels ankommt.

5.7. Ausgehend von diesen Erwägungen, vor allem aber von der Negativfeststellung der Rechtsabteilung, ist der Antragstellerin der Nachweis der Verkehrsgeltung nicht gelungen.

Davon abgesehen reicht ein Durchsetzungsgrad von unter 50 % in der Regel ohnehin nicht aus ( Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 338; Ströbele in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 691; BGH I ZB 88/07, ROCHER-Kugel [bei Formmarke 62 % ausreichend), auch wenn keine fixen Prozentsätze verlangt sind (zuletzt C 217/13 und C 218/13, Sparkassen-Rot, Rn 44 ff [konturlose Farbmarke]). Je geringer die Kennzeichnungskraft ist, desto höher müsste die Verkehrsgeltung sein, um einen Schutz zu rechtfertigen (RIS-Justiz RS0078807). Dies gilt umso eher, als die Marke einer gewöhnlichen Herstellungsform von Schokoladewaren ähnelt und daher ein umso größeres Freihaltebedürfnis besteht (4 Ob 89/06a, Gmundner Keramik = RIS-Justiz RS0078807 [T6]).

Das Patentamt hat daher der Marke mit Recht den nationalen Schutz verweigert.

6. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

Rückverweise