1R79/16v – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichtes Dr. Jesionek als Vorsitzende sowie den Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Stefula und den Kommerzialrat Mag. Stabauer in der Rechtssache der klagenden Partei C ***** C ***** S.r.o. , D*****, *****, Slowakei, vertreten durch Mag. Stephan Meusburger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei W ***** SE, *****, ***** Wien, vertreten durch die Frotz Rechtsanwälte OG in Wien, wegen EUR 210.277,11 sA (Stufenklage gemäß Art XLII EGZPO), über die Berufung der beklagten Partei gegen das Endurteil des Handelsgerichtes Wien vom 5.4.2016, 22 Cg 73/13y-38, in nicht öffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.703,22 (darin EUR 617,22 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.
Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I.)
DI S*****, der Geschäftsführer der erst später gegründeten Klägerin, wandte sich im Jahr 2009 an die Beklagte mit der Idee, Gold zu vertreiben. Die Beklagte, eine österreichische Bank, sollte als Lagerstelle fungieren. Das Gold sollte insbesondere an osteuropäische Kunden vertrieben werden. Den Vertrieb des Goldes sollten Vertriebspartner übernehmen. Aufgabe von DI S***** (bzw der Klägerin, die nach ihrer Gründung an seine Stelle trat) sollte es sein, den Kontakt zu Vertriebspartnern herzustellen. DI S***** (bzw die Klägerin) sollte hierfür eine „finder´s fee“ erhalten, dies in Höhe von (anfänglich) 5% der eingezahlten Beträge. Die Beklagte sollte sämtliche Entstehungskosten, Konzeptionskosten, Anwaltskosten etc des Projektes tragen.
Die Beklagte zeigte sich dieser Idee nicht abgeneigt. Von Herbst 2009 bis August 2012 wurden zwischen den Streitteilen zahlreiche Entwürfe für eine „Courtagevereinbarung“ ausgetauscht, die jedoch niemals von beiden Parteien unterfertigt wurden. Es waren zahlreiche Themen, wie etwa die Vertriebsmöglichkeiten, die Vertragslaufzeit, Wettbewerbsthemen und die Aufgabenteilung zu besprechen, ebenso rechtliche Probleme mit dem Vertrieb im Ausland. Gleichwohl wurde – ohne einen schriftlichen Vertrag geschlossen zu haben – im Jahr 2010 mit dem Vertrieb begonnen und das Projekt gelebt. Parallel wurden die Verhandlungen über den Abschluss eines schriftlichen Vertrages fortgeführt. Klar war, dass DI S***** (bzw nach ihrer Gründung der Klägerin) vorläufig Provisionen ausbezahlt werden sollten. Tatsächlich zahlte die Beklagte der Klägerin im Jahr 2011 Provisionen in Höhe von EUR 241.013,87. Die Klägerin erhielt von der Beklagten in den Jahren 2011 und 2012 auch regelmäßig Provisionsabrechnungsblätter.
Im April 2012 brachen die Umsätze mit dem gegenständlichen Goldprodukt ein und gingen gegen Null. Es folgten zwischen den Streitparteien diverse Kontakte zur Abklärung der Modalitäten der weiteren Zusammenarbeit. Letztlich gab es am 3.12.2012 eine Besprechung, bei der seitens der Beklagten mitgeteilt wurde, dass das Geschäft, wenn die Klägerin den Änderungen nicht zustimmen würde, mit ihr nicht weitergeführt würde, woraufhin das Gespräch seitens der Klägerin abgebrochen wurde.
Die Prozentsätze, mit denen die Klägerin an den Goldkäufen partizipieren sollte (anfänglich: 5%), wurden in ihrer Höhe zwischen 2011 und Herbst 2012 immer wieder abgeändert. Der Letztstand der Vereinbarung per Herbst 2012 lautete bei Ratenkauf auf 3,65% der monatlichen Veranlagungssumme und 3,65% des Agios, bei Einmalkauf auf 2,28 % der Einmalzahlung und 3,65% des Agios.
Die Klägerin begehrte mit bei Gericht am 27.6.2013 eingebrachter und der Beklagten am 5.7.2013 zugestellter Klage zum einen die Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Vertrag mit dem aus der Urkunde Beilage ./I (identisch Beilage ./E) ersichtlichen Inhalt zustandegekommen sei. Zum anderen begehrte die Klägerin die Beklagte schuldig zu erkennen, ihr über die mit den in der Anlange 1 zur Beilage ./I angeführten Vertriebspartnern geschlossenen Geschäfte für den Zeitraum „1.1.2010 bis laufend“ Rechnung zu legen und ihr den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Provisionsbetrag samt Zinsen zu zahlen (Stufenklage gemäß Art XLII EGZPO).
Im Manifestationsverfahren wurde die mündliche Verhandlung erster Instanz am 10.10.2014 geschlossen.
Das Erstgericht wies mit Teilurteil vom 29.4.2015 das Feststellungsbegehren ab und verurteilte die Beklagte zur begehrten Rechnungslegung, dies jedoch nur für den Zeitraum 1.10.2012 bis 3.12.2012 (dem Tag der abgebrochenen Besprechung).
Mit Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 24.9.2015 wurde die Abweisung des Feststellungsbegehrens bestätigt. In Bezug auf das Rechnungslegungsbegehren änderte das Berufungsgericht das Ersturteil dahin ab, dass der Beklagten die Rechnungslegung für den Zeitraum 1.10.2012 bis 10.10.2014 (dem Tag des Schlusses der mündlichen Verhandlung) aufgetragen wurde. Das Geschehen am 3.12.2012 und die vorangegangenen Ereignisse wurden vom Berufungsgericht damals rechtlich wie folgt beurteilt:
„ Obgleich es Hauptpflicht der Klägerin war, den Kontakt zu Vertriebspartnern herzustellen, war letztlich nur eine einzige Firma (*****) verblieben. Dass ein weiterer Vertriebspartner, auf den man große Hoffnungen legte, nicht mit der Beklagten zusammenarbeiten würde, sondern bereits seit zwei Monaten mit einem Konkurrenten kooperierte, musste die Beklagte von einem Dritten erfahren. Die wirtschaftliche Lage war sehr angespannt; die Umsätze gingen gegen Null. Dennoch war die Klägerin, obgleich sie noch am 3.9.2012 ein Entgegenkommen signalisiert hatte, zu den Abänderungen der geltenden vertraglichen Konditionen nicht bereit. All dies geschah vor dem Hintergrund, dass noch immer kein schriftlicher Vertrag vorlag. Das Gesprächsklima war offenkundig angespannt.
Bei einer Gesamtschau des Sachverhaltes und insbesondere der hervorgehobenen Umstände lag im Dezember 2012 ein wichtiger Grund vor, die Geschäftsbeziehung mit sofortiger Wirkung zu beenden. Eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wäre der Beklagten aufgrund der wirtschaftlichen Situation und des von der Klägerin gezeigten Verhaltens nicht mehr zumutbar gewesen.“ [Urteilsausfertigung Seite 25 f]
[…]
„Das Erstgericht betrachtete daher zurecht den im Jahre 2009 oder 2010 zwischen den Streitteilen mündlich geschlossenen Vertrag für ab dem 3.12.2012 als wirksam aufgekündigt: Die Beklagte hatte einen wichtigen Grund für die Vertragsauflösung. Die Kündigung wurde konkludent ausgesprochen. Eine Nachfristsetzung war nicht erforderlich. Beim Ausspruch der Kündigung wurde das bankrechtliche Vier-Augen-Prinzip gewahrt.“ [Urteilsausfertigung Seite 28]
Eine Anrufung des Obersten Gerichtshofes unterblieb.
II.)
Die Beklagte legte mit Schriftsatz vom 23.10.2015 der Klägerin über die mit den in der Anlage 1 zur Beilage ./I angeführten Vertriebspartnern im Zeitraum 1.10.2012 bis 10.10.2014 geschlossenen Geschäfte Rechnung, indem sie eine Auflistung über die an den einzelnen Tagen jeweils verbuchten Beträge an Ratenkäufen (RK) und Einmalkäufen (EK) samt den jeweiligen Agios vorlegte (Beilage ./1).
III.)
Die Klägerin bezifferte mit Schriftsatz vom 7.1.2016 im Sinne von Art XLII Abs 3 EGZPO die Zahlung, welche sie von der Beklagten beansprucht, mit EUR 210.277,11 zuzüglich einer Zinsstaffel und begehrte die Fortsetzung des Verfahrens. Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass sich dieser Betrag ergibt, wenn man auf die von der Beklagten am 23.10.2015 bekanntgegebenen Beträge die zuletzt (3.12.2012) vereinbart gewesenen Provisionssätze zur Anwendung bringt (siehe insbesondere Schriftsatz der Beklagten vom 24.2.2016 Seite 1). Auch die rechnerische Richtigkeit der von der Klägerin begehrten Zinsstaffel wurde von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen.
Die Beklagte wandte mit Schriftsatz vom 24.2.2016 jedoch ein, sie habe das Goldanlagemodell ab der Zäsur 2012 ausschließlich deswegen weiter fortführen können, weil es ihr gelungen sei, die Kostenstruktur – und damit verbunden auch die allfälligen Vermittlern zu bezahlenden Provisionen – drastisch zu reduzieren. Dies betreffe auch jene Umsätze, die mit Vertriebspartnern/Kunden erzielt worden seien, die als von der Klägerin vermittelt anzusehen seien. Ohne diese Anpassung der Kostenstruktur wäre auch mit diesen Kunden kein Geschäftsabschluss zustande gekommen und hätte das Goldanlagemodell beendet werden müssen, weil die dauerhafte Verlustsituation nur so bereinigt hätte werden können. Im Übrigen gelte es zu bedenken, dass die außerordentliche Kündigung gerade deswegen wirksam gewesen sei, weil der Beklagten eine weitere Zusammenarbeit mit der Klägerin aufgrund der Verlustsituation des vertriebenen Produkts nicht mehr länger zumutbar gewesen sei. Nicht mehr länger zumutbar sei der Beklagten damit auch eine Anwendung der bis dahin vereinbarten Prozentsätze gewesen. Mit der am 3.12.2012 erfolgten Kündigung sei die Provisionsvereinbarung weggefallen. Es fehle daher für die Zeit danach an einer Einigung der Parteien über die Provisionshöhe. In Analogie zu § 10 Abs 1 HVertrG richte sich die Provisionshöhe nach den für den Geschäftszweig üblichen Sätzen. Die Beklagte stellte einen „ Antrag auf Einholung von Befund und Gutachten durch einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet Bankwesen (Wertpapiere, Fondsgeschäfte) über die Höhe der angemessenen Provision für Absatzmittler von Goldanlagemodellen wie dem gegenständlichen im (teil)urteilsgegenständlichen Zeitraum zum Beweis dafür, dass die von der Klägerin angenommene Provisionshöhe unangemessen hoch ist, sodass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht in der Höhe besteht “.
Die Klägerin replizierte, die Kündigung vom 3.12.2012 habe nur insofern eine Beendigung des Vertragsverhältnisses bewirkt, als es zu keiner weiteren Vermittlungstätigkeit der Klägerin für die Beklagte mehr komme. Nur die künftige Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte sei von der Kündigung betroffen. Mit der Kontaktherstellung zu den in der Anlage 1 zur Beilage ./I aufgelisteten Vermittlern habe die Klägerin bereits ihre Pflicht erfüllt. Dadurch sei ihr Provisionsanspruch bereits dem Grunde nach während der Vertragslaufzeit entstanden. Die Klägerin habe daher Anspruch auf Provision aufgrund der Einzahlungen von Kunden, die jene Vertriebspartner vermittelten, zu welchen sie bis 3.12.2012 den Kontakt vermittelt habe. Zur Provisionshöhe habe das Erstgericht bereits in seinem Teilurteil vom 29.4.2015 rechtskräftig festgestellt, dass die Provisionen im urteilsgegenständlichen Zeitraum unstrittig in der Höhe der in Beilage ./I zur Klage enthaltenen Ansätze vereinbart gewesen seien. Diese Sätze lägen der Bezifferung des Zahlungsbegehrens durch die Klägerin zugrunde. Für eine analoge Anwendbarkeit von Handelsvertreterrecht sei kein Raum. Die Klägerin habe nie Einfluss darauf gehabt, wann die Vertriebspartner, zu denen sie den Kontakt hergestellt habe, Kunden akquirieren und diese sodann Einzahlungen tätigen würden, zu welchen Konditionen diese Kunden Geschäftsabschlüsse tätigen würden und/oder ob die Beklagte ihre Vertriebs- und/oder Preisstruktur verändere.
Das Erstgericht trat dem Beweisantrag der Beklagten auf Hinzuziehung eines Sachverständigen nicht näher. Vielmehr fasste es in der Tagsatzung vom 2.3.2016 den Beschluss nach § 275 Abs 1 ZPO auf Zurückweisung der weiteren Beweisanträge, dies „wegen sowohl geklärter Sach- und Rechtslage als auch Unerheblichkeit“. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses unterblieb, wurde jedoch auch nicht beantragt.
Mit dem angefochtenen Endurteil vom 5.4.2016 gab das Erstgericht dem Zahlungs- und Zinsenbegehren vollinhaltlich statt. Es traf die aus der Seite 8 (Mitte) und den Seiten 9 bis 12 der Urteilsausfertigung ersichtlichen (zum Teil eingangs des Berufungsurteils wiedergegebenen und dabei um unstrittige Sachverhaltsteile ergänzten) Feststellungen, auf die verwiesen wird. Rechtlich nahm das Erstgericht im Wesentlichen den Standpunkt ein, dass das auf unbestimmte Zeit geschlossene Dauerschuldverhältnis von der Beklagten mit 3.12.2012 fristlos gekündigt worden sei, die Kündigung aber weder eine Zäsur des Rechnungslegungs- noch des Provisionszahlungsanspruchs bewirkt habe. Die Provisionen seien bereits während der Vertragslaufzeit verdient worden, weil nach dem Vertrag die Hauptpflicht der Klägerin einzig und allein darin bestanden habe, den Kontakt zu Vertriebspartnern herzustellen. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin nachgekommen. Sie habe – schon vor der Kündigung – den Kontakt zu jenen Vertriebspartnern hergestellt, die in weiterer Folge der Beklagten jene Kunden vermittelten, die die in der Beilage ./1 ersichtlichen Summen einzahlten. Als Gegenleistung sei vereinbart gewesen, dass die Klägerin an den Einzahlungen der Kunden, welche die vermittelten Vertriebspartner zum Goldkauf bewogen, partizipiere. Dabei handle es sich um eine „Superprovision“. Durch eine solche werde der Aufbau einer Vertriebsorganisation durch Partizipation an den Umsätzen, die auf der unteren Ebene erzielt wurden, abgegolten. Die zuletzt zwischen den Streitteilen gültigen Prozentsätze als Multiplikator zur Bestimmung der Provisionshöhe seien bereits rechtskräftig festgelegt. Gegen die Höhe sei im Rechtsmittelverfahren zum Rechnungslegungsbegehren von der Beklagten auch kein Einwand erhoben worden. Die erfolgte Kündigung bewirke lediglich, dass die klagende Partei ihrer Vermittlertätigkeit nicht weiter nachzugehen habe. Es sei daher nach wie vor von den festgestellten Provisionssätzen auszugehen gewesen.
Gegen den Beschluss auf Zurückweisung der weiteren Beweisanträge gemäß § 275 Abs 1 ZPO wegen sowohl geklärter Sach- und Rechtslage als auch Unerheblichkeit, protokolliert im Verhandlungsprotokoll vom 2.3.2016 (Seite 3), erhob die Beklagte (gemeinsam mit der Berufung) einen förmlichen Rekurs wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung in Form eines sekundären Feststellungsmangels und mit dem Antrag, „ das Berufungsgericht möge (1) dem Rekurs Folge geben und den Beweisbeschluss des Erstgerichts dahingehend abändern, dass dem Beweisantrag der Rekurswerberin vom 24.2.2016 stattgegeben und der von der beklagten Partei beantragte Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens über die Höhe der angemessenen und (orts-)üblichen Provision für Absatzmittler von Goldanlagemodellen wie dem gegenständlichen im urteilsgegenständlichen Zeitraum beauftragt wird; in eventu (2) den angefochtenen Beschluss des Handelsgerichts Wien aufheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen “.
Die Klägerin beantragt, den Rekurs nach § 291 Abs 1 ZPO als absolut unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht stattzugeben.
Gegen das Endurteil richtet sich die Berufung der Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung (einschließlich eines sekundären Feststellungsmangels) mit dem Antrag, das Endurteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern, hilfsweise es aufzuheben und zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.
1. Vor der Behandlung der beiden Rechtsmittel ist deren Verhältnis zueinander zu untersuchen:
Sowohl die Mängelrüge in der Berufung (Punkt I.1. des Rechtsmittelschriftsatzes) als auch der Rekurs (Punkt II. des Rechtsmittelschriftsatzes) besagen im Wesentlichen, das Erstgericht sei in Verkennung der Rechtslage davon ausgegangen, dass die zur Zeit der außerordentlichen Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die Beklagte vereinbart gewesenen Provisionssätze auch auf die danach getätigten Goldkäufe anzuwenden seien. Nach richtiger Rechtsansicht gäbe es ab der Aufkündigung jedoch keine vereinbarten Provisionssätze mehr, weshalb sich in Analogie zu § 10 Abs 1 HVertrG die Provisionshöhe nach den für den Geschäftszweig üblichen Sätzen richte. Zu deren Ermittlung habe die Beklagte die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Durch die Abweisung dieses Antrages wegen irrig angenommener Unerheblichkeit des Beweisthemas habe das Erstgericht einen Stoffsammlungsmangel zu verantworten.
Beide Rechtsmittel sind auch hinsichtlich des Rechtsschutzzieles deckungsgleich. Es wird jeweils letztlich die Einholung des besagten Sachverständigengutachtens angestrebt.
Das Berufungsgericht hat zum Verhältnis der beiden Rechtsmittel erwogen:
1.1. Von den Parteien angebotene, jedoch dem Gericht unerheblich scheinende Beweise sind nach der Bestimmung des § 275 Abs 1 ZPO ausdrücklich zurückzuweisen. Gegen Beschlüsse, durch welche angebotene Beweise zurückgewiesen werden, ist nach § 291 Abs 1 ZPO ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig. In den Fällen, in welchen nach den Bestimmungen der ZPO gegen einen Beschluss ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, können nach § 515 ZPO die Parteien ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen.
1.2. Das Erstgericht entsprach dem Gebot des § 275 Abs 1 ZPO in Bezug auf den ihm unerheblich erscheinenden Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur üblichen Höhe der Provisionssätze für Absatzmittler von Goldanlagemodellen, indem es (auch) diesen Antrag mit dem am Ende der Tagsatzung vom 2.3.2016 gefassten Beschluss zurückwies. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in der mündlichen Verhandlung gefasste Beschlüsse, die nicht gesondert anfechtbar sind, nach § 426 ZPO, § 79 Abs 4 GOG nur mündlich zu verkünden sind. Sie werden mit der Verkündung wirksam. Auch wenn § 79 Abs 4 GOG für solche (nicht amtswegig zuzustellende Beschlüsse) den Parteien ein Antragsrecht auf Ausfertigung einräumt, berührt dies die bereits eingetretene rechtliche Wirksamkeit nicht (8 ObA 9/15d = EvBl 2016/5 [ Schumacher ] mwN).
1.3. Der Oberste Gerichtshof sprach in jüngerer Zeit überwiegend aus, ein Rechtsmittel gegen einen nicht abgesondert anfechtbaren Beschluss bleibe auch dann ein Rekurs, wenn es mit einer Berufung verbunden werde. Diese Rechtsprechung entwickelte sich aus Entscheidungen über die Zulassung einer Nebenintervention (RIS-Justiz
RS0108617), erfasst aber auch etwa Abweisungen von Ablehnungsanträgen (RIS-Justiz
RS0108617 [T6]) und Zurückweisungen von Vorbringen (RIS-Justiz
RS0108617 [T7]).
Auf Zurückweisungen von Beweisanboten wegen Unerheblichkeit (§§ 275 Abs 1, 291 Abs 1 ZPO) wurde die besagte Judikatur - soweit ersichtlich - noch nicht ausdrücklich ausgedehnt.
1.4. Ob ein Rechtsmittel als selbstständiger Rekurs oder als der Berufung zugehörige Mängelrüge qualifiziert wird, hat zumindest in zweierlei Hinsicht praktische Relevanz, zum einen in Bezug auf die Zusammensetzung des Rechtsmittelgerichts (Berufsrichtersenat oder Kausalsenat), zum anderen in Bezug auf eine unterschiedliche Anfechtbarkeit der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts vor dem Obersten Gerichtshof (4 Ob 50/06s [in Punkt 2.]; Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 [2005] § 515 ZPO Rz 9; Pochmarski/Lichtenberg , Berufung 2 [2010] 112).
1.5. Die Ansicht, ein Rechtsmittel gegen einen nicht abgesondert anfechtbaren Beschluss bleibe auch dann ein Rekurs, wenn es mit einer Berufung verbunden werde, gilt nicht ausnahmslos. Nach 4 Ob 50/06s hat die Zuordnung zur Mängelrüge zumindest dann gute Gründe für sich, wenn der angefochtene Beschluss - wie hier - in untrennbarem Zusammenhang mit der Entscheidung in der Hauptsache steht und gleichzeitig mit dieser angefochten wird. Dieser Einschränkung ist das Oberlandesgericht Wien in bereits mehreren Entscheidungen gefolgt (4 R 13/08y [unveröff]; 5 R 29/09k [unveröff]; 10 Rs 89/10x = SVSlg 59.739; 10 Rs 93/10k [unveröff]). Für diese Sicht lässt sich dogmatisch ins Treffen führen, dass in einem solchen Fall, wenn der Rekurs erst mit der Bekämpfung des Urteils erhoben wird, der Erfolg des Rekurses nur zur gleichzeitigen Aufhebung des Urteils führen kann, sodass die Zulässigkeit eines weiteren Rechtsmittels zu nichts führen kann, weshalb unrichtige Beschlüsse nur zur Mängelrüge im Rahmen der Berufung berechtigen sollten ( Rassi in Fasching/Konecny 3 II/3 [2015] § 186 ZPO Rz 15).
1.6. Es ist daher zulässig und ausreichend, dass ein die Beweisaufnahme bzw die Stoffsammlung betreffender, nicht abgesondert anfechtbarer Beschluss im Wege der Mängelrüge in der Berufung gegen die Sachentscheidung angefochten wird (OLG Wien 1 R 34/07p [unveröff]; 16 R 123/08p [unveröff]). Wird – wie hier – sowohl Rekurs erhoben als auch eine inhaltlich idente Mängelrüge in der Berufung vorgenommen, ist von einem einheitlichen Rechtsmittel auszugehen (OLG Wien 14 R 43/07g [unveröff]; 16 R 123/08p [unveröff]). Dieses unterliegt gemäß § 462 Abs 2 ZPO der Kognition des Berufungsgerichts (hier: Kausalsenat), zumal nach dieser Vorschrift der Beurteilung des Berufungs gerichts gleichzeitig auch diejenigen Beschlüsse unterliegen, „welche in dem dem Urteil vorausgegangenen Verfahren erlassen wurden, sofern nicht deren Anfechtung nach dem Gesetz ausgeschlossen ist oder dieselben infolge Unterlassung der rechtzeitigen Rüge (§ 196 ZPO), des Rekurses oder durch die über den eingebrachten Rekurs ergangene Entscheidung unabänderlich geworden sind“ (in diesem Sinne bereits OLG Wien 14 R 43/07g [unveröff]; E. Kodek in Rechberger 4 [2014] § 515 ZPO Rz 3).
1.7. Zusammengefasst liegt aufgrund des identischen Rechtsschutzzieles ein einheitliches Rechtsmittel vor, nämlich eine Berufung samt Mängelrüge, über das allein vom Berufungsgericht (Kausalsenat) zu entscheiden ist. Als einheitliches Rechtsmittel verstanden ist das Rechtsmittel zulässig. Dem Zurückweisungsantrag der Klägerin ist daher nicht näherzutreten.
1.8. Weil nach richtigem Verständnis ein einheitliches Rechtsmittel (Berufung einschließlich Mängelrüge) vorliegt, war dieses von der Klägerin auch nur einheitlich und einmalig zu beantworten. Die gesamte Rechtsmittelbeantwortung der Klägerin ist daher gleichfalls als Einheit aufzufassen und als Berufungsbeantwortung zu qualifizieren. Folglich ist der Verzeichnung von Rekursbeantwortungskosten durch die Klägerin der Boden entzogen.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung ist nicht berechtigt.
2. Es ist zunächst auf die Rechtsrüge einzugehen. Davon ausgehend erweist sich die Zurückweisung des Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens über die üblichen Provisionssätze als richtig.
2.1. Die Beklagte kündigte am 3.12.2012 den mit der Klägerin (konkludent) geschlossenen Vertrag außerordentlich auf. Auf die betreffenden Ausführungen auf den Seiten 17 bis 28 des Teilurteils des Berufungsgerichts vom 24.9.2015 kann zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden.
Anschließend führte das Berufungsgericht im Teilurteil zum Rechnungslegungszeitraum wie folgt aus:
„ 19. Die Rechtstatsache, dass der Vertrag am 3.12.2012 wirksam aufgekündigt wurde, bedeutet aber – und insofern befindet sich die Berufung im Recht – nicht, dass die Klägerin nur berechtigt sei, bis zu diesem Tag Rechnungslegung zu begehren:
Im bereits erwähnten Fall NJW 1983, 42 merkte der BGH an, dass die Kündigung des Vertrages (über die Herstellung von Geschäftsbeziehungen zu den jugoslawischen Firmen) „nur die im Vertrag vorgesehene künftige Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte“ betroffen habe. Der ihr nach dem Vertrag zustehende Provisions- und Lizenzgebührenanspruch betreffend die Abschlüsse der Beklagten mit der jugoslawischen Firma werde von der Kündigung nicht berührt.
Der BGH brachte, wie bereits erwähnt, in diesem Fall nicht Handelsvertreterrecht, sondern bürgerliches Recht zur Anwendung. Zum selben Ergebnis gelangt aber auch in ständiger Rechtsprechung der OGH zum Handelsvertreter- und Maklerrecht (
RIS-Justiz RS0062800 samt [T1] und [T2]; RS0062568): Für das Entstehen des Provisionsanspruchs genüge schon die Mitveranlassung des Geschäftsabschlusses. Nicht erforderlich sei, dass der Abschluss eines vermittelten Geschäftes in den Zeitraum des aufrechten Vertrages falle. Entscheidend sei, ob der Makler bzw Handelsvertreter seine vertragsgemäße Vermittlungstätigkeit während des Bestehens des Vertrags erbracht habe.
Schließlich ist anzumerken, dass das OLG Hamm (18 U 193/11 = BeckRS 2013, 13109) und das OLG Köln (19 U 177/13 = BeckRS 2015, 02080) in Konstellationen, die der hier vorliegenden ähnlich waren, bereits entschieden, dass dann, wenn ein Handelsvertreter seine Provisionsansprüche unmittelbar aus der vertraglichen Beziehung des Unternehmers zu den vom Handelsvertreter für den Unternehmer angeworbenen Vermittlern herleitet, die Geschäftsabschlüsse dieser Vermittler nicht für das Entstehen des Provisionsanspruchs, sondern lediglich für die Höhe der Provisionen maßgeblich seien. Die von den geworbenen Vermittlern verdienten Provisionen bzw getätigten Vertragsabschlüsse seien ohne entsprechende Vereinbarung auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages hinsichtlich der Preisbildung für die Provisionen des Handelsvertreters maßgeblich, weil die Provision dem Grunde nach bereits während der Vertragslaufzeit verdient worden sei.
Das Berufungsgericht sieht keinen Grund, warum diese Grundsätze beim hier vorliegenden Vertrag sui generis nicht sinngemäß Anwendung finden sollten. Im Sinne der dargelegten deutschen und österreichischen Judikatur ist es daher nicht zulässig, in der Kündigung vom 3.12.2012 eine Zäsur für den Rechnungslegungsanspruch (von dem der Provisionszahlungsanspruch abhängt) zu sehen.
Dies erscheint auch sachgerecht: Nach dem Vertrag war Hauptpflicht der Klägerin einzig und allein, den Kontakt zu Vertriebspartnern herzustellen. Dies tat die Klägerin. Sie stellte – und dies schon vor dem 3.12.2012 – den Kontakt zu den aus der Anlage 1 der Beilage ./I ersichtlichen Unternehmen her. Damit hat sie ihrer vertraglichen Hauptpflicht entsprochen. Als Gegenleistung für die Herstellung des Kontaktes mit dem Vertriebspartner war vereinbart, dass die Klägerin an den Einzahlungen der Kunden, welche dieser Vertriebspartner zum Goldkauf bewog, partizipieren sollte. Es handelte sich also um eine sogenannte „Superprovision“. Durch eine solche wird der Aufbau einer Vertriebsorganisation durch Partizipation an den Umsätzen, die auf der unteren Ebene erzielt wurden, abgegolten (vgl BGH VIII ZR 203/10 = IHR 2012, 63 [Rz 31]; Nocker, HVertrG 2 [2015] § 1 Rz 59; Schürr in Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts I 4 [2012] Kap I Rz 189). Mit der Kontaktherstellung stand die von der Beklagten versprochene Provision im funktionellen Synallagma. Die Klägerin hatte keinen Einfluss darauf, wann die Vertriebspartner, zu denen sie den Kontakt herstellte, Kunden akquirieren würden und diese sodann tatsächlich Einzahlungen tätigen würden. Es wäre daher unbillig, zur Bestimmung der Höhe des Provisionsanspruchs nur die bis zum 3.12.2012 vorgenommenen Einzahlungen heranzuziehen. Danach unterscheidet auch der geschlossene Vertrag nicht.
Es ist daher ohne Belang, ob aufgrund der Vermittlungstätigkeit der Vertriebspartner die Kunden bereits vor dem 3.12.2012 oder erst danach Beträge einzahlten.
20. Es ergibt sich bereits aus den getroffenen Feststellungen im Lichte der referierten Judikatur, dass die Klägerin ungeachtet der Kündigung vom 3.12.2012 weiterhin Ansprüche auf Provisionen hat, dies aufgrund der Einzahlungen der Kunden, die jene Vertriebspartner vermittelten, zu welchen die Klägerin bis 3.12.2012 der Beklagten den Kontakt vermittelte. Es bedarf daher entgegen der Ansicht der Klägerin – die insofern von einem sekundären Feststellungsmangel ausgeht – gar keiner ausdrücklichen Feststellung des Erstgerichts, zwischen den Streitteilen sei vereinbart gewesen, dass die Klägerin solange Provisionen erhalten sollte, als ihr zurechenbare Vertriebspartner der Beklagten Umsatz bringen würden. “
2.2. An diesen Ausführungen ist festzuhalten. Die Klägerin erbrachte damit bereits vor der Kündigung jene Leistungen, deren Entlohnung sie nunmehr begehrt. Dass die Goldverkäufe, an die der Entlohnungsanspruch der Berechnung nach anknüpft, erst nach der Aufkündigung getätigt wurden, ist nach der referierten Rechtslage irrelevant.
2.3. Als der Vertrag am 3.12.2012 aufgekündigt wurde, galten kraft Vereinbarung jene Provisionssätze, welche die Klägerin nunmehr rechnerisch ihrem Zahlungsbegehren zugrunde legt. Die Beklagte meint, seit ihrer Vertragsaufkündigung mangle es an einvernehmlich (vertraglich) festgesetzten Provisionssätzen, sodass in Analogie zu § 10 Abs 1 HVertrG auf die für den Geschäftszweig üblichen Sätze zu rekurrieren und zu deren Ermittlung das von ihr beantragte Gutachten einzuholen sei.
Damit verkennt die Beklagte aber die Wirkung einer außerordentlichen Kündigung im allgemeinen Zivilrecht:
2.4. Das Vertragsverhältnis der Streitteile war auf Dauer angelegt. Die Klägerin sollte der Beklagten ohne zeitliche oder numerische Limitierung Vertriebspartner zuführen und hierfür entlohnt werden. Es lag also ein Dauerschuldverhältnis vor.
Ein Dauerschuldverhältnis kann, sei es befristet oder – wie hier – unbefristet, analog den §§ 1117 f ABGB, aber auch zu anderen Regelungen im ABGB jederzeit aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst werden (RIS-Justiz RS0018377 [T17]; Rummel in Rummel/Lukas 4 [2014] § 859 ABGB Rz 47). Durch die außerordentliche Kündigung wird zwar das Vertragsverhältnis beendet, dies aber nach völlig herrschender zivilrechtlicher Ansicht nur mir Wirkung ex nunc (RIS-Justiz RS0018377; RS0018350; Gschnitzer in Klang 2 IV/1 [1968], 27 f, 446 f; Würth in Rummel 2 I [2000] § 1118 ABGB Rz 2; Grillberger in Rummel 2 II/1 [2002] § 1175 ABGB Rz 24; Gartner/Karandi , Maklergesetz 2 [2013] § 12 Rz 13; Rummel in Rummel/Lukas 4 [2014] § 859 ABGB Rz 47), das heißt nur ab sofort, nur für die Zukunft ( Böttcher in Erman , BGB 14 I [2014] § 314 Rz 17; Krüger in Münchener Kommentar zum BGB 7 II [2016] § 314 Rz 23). Die Kündigung entfaltet keine Rechtswirkungen für die Vergangenheit ( Steininger , Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses [1969] 6; Oetker , Das Dauerschuldverhältnis und seine Beendigung [1994] 285). In bereits entstandene Ansprüche der einen oder anderen Vertragspartei wird durch eine Kündigung also nicht eingegriffen ( Krüger aaO mwN). Die Aufhebung eines dauernden Schuldverhältnisses lässt die bereits daraus entstandenen Ansprüche in der Regel fortbestehen ( Ehrenzweig/Mayrhofer , Schuldrecht AT 3 [1986] 623). Ist beispielsweise bereits bei einem Arbeitsverhältnis der Lohnanspruch für einen bestimmten Monat entstanden, so wird dieser durch die Aufkündigung des Arbeitsvertrages nicht beseitigt ( Gschnitzer , Die Kündigung nach deutschem und österreichischem Recht, JherJB 76 [1926] 317 [333, 345]).
2.5. Die Klägerin erbrachte ihre Leistung, als sie die in der Anlage 1 zur Beilage ./I aufgelisteten Vermittler anwarb. Bereits dadurch entstand jeweils - wie aus der im Teilurteil des Berufungsgerichts referierten Judikatur ersichtlich - der Entlohnungsanspruch der Klägerin dem Grunde nach. Lediglich der Höhe nach hing der Anspruch noch vom Umfang der durch die angeworbenen Vermittler erzielen Goldkäufe der einzelnen Kunden ab. Auch ein von bestimmten Umständen (Wird es den Vermittlern gelingen, Kunden zum Kauf von Gold zu bewegen? In welcher Höhe werden diese Gold kaufen?) abhängiger und damit bedingter Entlohnungsanspruch ist bereits ein Entlohnungsanspruch, in den durch eine Aufkündigung des auf Dauer angelegten Vertragsverhältnisses nicht mehr eingegriffen werden kann.
2.6. Nach der unangefochten gebliebenen Feststellung auf Seite 9 der Ausfertigung des Urteils waren für den Entlohnungsanspruch der Klägerin zuletzt (Herbst 2012) die dem Zahlungsbegehren zugrundegelegten Prozentsätze vereinbart (bei Ratenkauf 3,65% der monatlichen Veranlagungssumme und 3,65% des Agios, bei Einmalkauf 2,28 % der Einmalzahlung und 3,65% des Agios). An dieser Vereinbarung vermochte die Beklagte entgegen ihrer in der Berufung vertretenen Ansicht durch ihre Aufkündigung des Vertragsverhältnisses am 3.12.2012 nichts zu ändern.
3. Nichts gewonnen ist für die Beklagte auch durch ihre Hinweise in Punkt 2.1.4. ihrer Berufung auf das HVertrG. Das Berufungsgericht legte bereits in seinem Teilurteil vom 24.9.2015 auf den Seiten 19 bis 22 unter Hinweis auf die Leitentscheidung des BGH I ZR 68/80 = NJW 1983, 42 und die ihr folgende Literatur und Judikatur dar, dass das vorliegende Vertragsverhältnis nicht als Handelsvertretervertrag qualifiziert werden kann und die besonderen Vorschriften des HVertrG folglich nicht anzuwenden sind, sondern vielmehr allgemeines Zivilrecht zur Anwendung kommt. Hieran ist festzuhalten.
4. Entgegen der Ansicht der Beklagten in Punkt 2.1.6. der Berufung liegt damit in Bezug auf die prozentuelle Höhe der Provision keine Vertragslücke vor. Auch nach dem 3.12.2012 lebte die vertragliche Vereinbarung insofern fort, als sich nach ihr die Entlohnung der von der Klägerin bereits vor dem 3.12.2012 erbrachten Leistungen (Anwerbung der in der Anlage 1 der Beilage ./I aufgelisteten Vermittler) richtet. Weiterhin vertraglich geregelt war damit insbesondere auch, welcher Prozentsatz der Umsätze, die die angeworbenen Vermittler mit osteuropäischen Kunden erzielen, der Klägerin zufallen soll. Es bestand daher entgegen der Ansicht der Beklagten in der Berufung keine Veranlassung zur Ermittlung der „üblichen“ Prozentsätze, um im Wege einer sinngemäßen Anwendung des § 10 Abs 1 HVertrG die vermeintliche Vertragslücke zu schließen. Der Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur üblichen Prozenthöhe wurde vom Erstgericht zutreffend als unerheblich zurückgewiesen.
5. Dass die vereinbarten Prozentsätze von 3,65% bzw 2,28% sittenwidrig (§ 879 ABGB) oder übermäßig im Sinne des § 934 ABGB wären, wurde von der Beklagten nicht behauptet.
6. Die Beklagte wendet ferner ein, durch die weitere Anwendung der vereinbarten Prozentsätze würde ihre außerordentliche Aufkündigung des Dauerschuldverhältnisses konterkariert, da die außerordentliche Aufkündigung vom Berufungsgericht in seinem Teilurteil auch mit der Unzumutbarkeit einer Aufrechterhaltung des Vertrages aufgrund der schlechter gewordenen wirtschaftlichen Lage begründet worden sei.
Dies überzeugt nicht.
Die Beklagte war nicht gehalten, das Goldanlagemodell weiterhin zu betreiben. Sie unterlag - worauf sie in Punkt 2.1.4. ihrer Berufung selbst hinweist - keinem Kontrahierungszwang mit Vertriebspartnern. Es wäre ihr also freigestanden, mangels Rentabilität des Goldverkaufes auf Basis der mit der Klägerin vereinbarten Provision den Goldverkauf über Vermittlung jener Vermittler, welche die Klägerin angeworben hatte, einzustellen. Dies tat die Beklagte aber gerade nicht. Sie vertrieb vielmehr weiterhin auch über die von der Klägerin angeworbenen Vermittler Gold. Damit nahm sie es selbst billigend in Kauf, weiterhin den mit der Klägerin vereinbarten Prozentsatz pro Umsatz der Klägerin abführen zu müssen. Der Prozessstandpunkt der Beklagten liefe auf eine eigenmächtige Reduzierung des konsensual festgelegten Prozentsatzes zulasten der Klägerin hinaus. Derartiges widerspräche dem Grundsatz pacta sunt servanda (vgl Emde in Emde , Vertriebsrecht 3 [2014] § 89 Rz 61; Petsche/Petsche-Demmel , Handelsvertretergesetz 2 [2015] § 10 Rz 8).
7. Die Beklagte führt letztlich ins Treffen, das Erstgericht habe festgestellt, dass die Parteien keine Vereinbarung über die Abrechnung der Provisionen nach Vertragsende getroffen haben (Ersturteil Seite 8). Diese Feststellung ist aber lediglich dahingehend zu verstehen, dass die Parteien keine besondere Regelung für den Fall trafen, dass ihr Vertrag (durch Aufkündigung) beendet würde. Vertragsparteien steht es kraft der Privatautonomie frei, eine solche Situation einvernehmlich zu regeln. Fehlt eine solche besondere Regelung, so gilt der Vertrag einfach ohne sie weiter, zumal die Beendigung des Vertrages durch Aufkündigung wie referiert nur für die Zukunft Bedeutung hat, der Vertrag somit hinsichtlich bereits entstandener (wenngleich möglicherweise noch - wie hier - bedingter) Ansprüche unverändert weiter gilt.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
8. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 50, 41 ZPO. Hinsichtlich der zu Unrecht verzeichneten Rekursbeantwortungskosten wird auf Punkt 1.8. verwiesen.
9. Die ordentliche Revision ist gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig, weil sich keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung stellte. Das Berufungsgericht orientierte sich an der zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofes.