34R55/16g – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortbildmarke FairUse über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 12.2.2016, AM 52087/2014 10, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortbildmarke (Wiedergabe wie im Antrag)
(„FairUse“) unter anderem in diesen Waren- und Dienstleistungsklassen und mit diesem – für das Rekursverfahren relevanten, weil strittigen – Schutzumfang:
16 Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher; Fotografien;
35 Zusammenstellen und Systematisieren von Daten in Computerdatenbanken; Ermittlungen und Nachforschungen in Geschäftsangelegenheiten über Computernetzwerke und Computerdatenbanken; Erstellen von Statistiken; Verbraucherberatung; Sammeln und Zusammenstellen von themenbezogenen Presseartikeln;
38 Sammeln und Liefern von Pressemeldungen; Nachrichten- und Bildübermittlung und -übertragung mittels Computernetzwerken und elektronische Kommunikationsmedien; Bereitstellen von Internet-Chatrooms; Bereitstellen von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste;
41 Online Publikation elektronischer Zeitschriften.
Zwar sei richtig, so das Vorbringen der Antragstellerin, dass als Fair Use nach Wikipedia eine Rechtsdoktrin im Urheberrecht einiger Common Law-Länder bezeichnet werde. Dieser Fachausdruck sei den beteiligten Fachkreisen in Österreich unbekannt. Der Begriff sei auch dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher unbekannt. Kein Unternehmer wolle, dass seine Waren und Dienstleistungen ohne Entgelt erlangt werden können. Es seien Gedankenoperationen erforderlich, um zu erschließen, was Fair Use überhaupt mit dem begehrten Schutzumfang zu tun habe. Zudem sei das angemeldete Zeichen „FairUse“ anhand seines Gesamteindrucks von „fair use“ zu unterscheiden. Die Wortbildmarke garantiere die Ursprungsidentität. Gerade bei Zeitungs- und Zeitschriftentiteln solle bei der Prüfung ein eher großzügiger Maßstab angelegt werden. Das Wort „fair“ sei zwar im Zusammenhang mit Sport und Spiel in die deutsche Sprache eingegangen, es habe aber daneben noch zahlreiche andere Bedeutungen wie blond, billig, klar oder hell. Als Substantiv verwendet bedeute es Messe, Markt oder Kirmes . Daraus würden sich mehrere Deutungen ergeben, so zB Messeverwendung , Marktverwendung oder Kirmesverwendung oder aber auch von „billiger“ Verwendung. Damit deute das Zeichen ganz undeutlich die Art der erbrachten Waren und Dienstleistungen an, bezeichne sie aber nicht in einer sprach- und verkehrsüblichen Form.
Mit dem angefochtenen Beschluss verweigerte das Patentamt im oben wiedergegebenen Umfang (teilweise) die Eintragung, kündigte die Fortsetzung des Registrierungsverfahrens hinsichtlich der verbleibenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 38 nach Rechtskraft des Beschlusses an und verwies zur Begründung der im Rekursverfahren relevanten Teilabweisung darauf, „Fair Use“ (übersetzt: angemessene Verwendung ) bezeichne als Fachausdruck eine Rechtsdoktrin des anglo-amerikanische Urheberrechts-Systems, die bestimmte, nicht autorisierte Nutzungen von geschütztem Material zugestehe, sofern sie der öffentlichen Bildung und der Anregung geistiger Produktionen diene. Eine Suche über Google bringe über 25 Mio Treffer.
Das beanspruchte Zeichen habe im Bereich des Urheberrechts oder der Verwendung von Informationen durch Anwender eine ganz erhebliche Bedeutung; der Grundgedanke sei immer derselbe: Der Nutzer eines Angebots solle dieses in einer für den Anbieter fairen Art und Weise verwenden. Diese hinter dem Zeichen stehende Frage beschäftige unter anderem auch die Europäische Union. Daneben könne das angemeldete Zeichen auch artverwandt im Sinn eines fairen, das heißt angemessenen Gebrauchs diverser Dienstleistungsangebote verstanden werden. „Fair use“ sei daher wegen des klaren Aussagegehalts entweder ein informativer Hinweis, betreffe das übergeordnete Motto oder Thema der beanspruchten, im Rekursverfahren relevanten Waren und Dienstleistungen. Dem Zeichen fehle die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG. Davon abgesehen bestehe auch ein zukünftiges Freihaltebedürfnis.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Zeichen im Umfang der erfolgten Teilabweisung in den Klassen 16, 35, 38 und 41 zu registrieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Zur Nichtigkeit :
1.1. Zunächst vertritt die Antragstellerin die Ansicht, dem angefochtenen Beschluss fehle eine Begründung „zur Frage der Deskriptivität“; der darin enthaltene Verweis auf die beiden Amtsschreiben der Rechtsabteilung vom 19.11.2014 und vom 28.7.2014 könne eine „vollständige“ Begründung nicht ersetzen. Erkennbar ist sie daher der Auffassung, die Entscheidung der Rechtsabteilung verstoße schwerwiegend gegen Verfahrensgesetze.
1.2. Eine solche qualifiziert fehlerhafte Fassung des angefochtenen Beschlusses (konkret: § 57 Z 1 AußStrG) liegt jedoch nicht vor. § 57 Z 1 AußStrG entspricht im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO, weshalb die in Lehre und Judikatur entwickelten Kriterien zum Vorliegen dieses Nichtigkeitstatbestands heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0121710 [T4]). Danach bewirkt nur das völlige Fehlen von Gründen, nicht jedoch eine mangelhafte Begründung diesen Nichtigkeitsgrund ( Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 477 Rz 12 mwN; RIS-Justiz RS0007484 [auch zu § 57 Z 1 AußStrG]; RS0042206).
1.3. Die von der Rechtsabteilung des Patentamts (regelmäßig) gewählte Verweisungstechnik sowohl im markenrechtlichen Eintragungs- als auch im Widerspruchsverfahren bedeutet nicht, dass eine Begründung fehlen würde oder eine Entscheidung unüberprüfbar wäre, sofern – wie regelmäßig und auch hier der Fall – der oder den Partei/en der Inhalt der Schreiben bekannt ist, auf die verwiesen wird (OLG Wien, 34 R 69/15i, BLUEBOARD ).
2. Zur unrichtigen rechtlichen Beurteilung :
Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
2.1. Ob einer Waren-/Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038).
Unterscheidungskräftig ist eine Marke, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen mit anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; EuG T 471/07, Tame it, Rz 15 mwN; C 398/08, Vorsprung durch Technik; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix, oder 4 Ob 49/14f, My TAXI ).
2.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11, Oxi-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a, Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung verhindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (vgl OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet aber nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C 104/01, Orange, Rn 58 und 59; C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit ).
2.3. Ob die Unterscheidungskraft vorliegt, ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu prüfen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN).
Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; C 104/01, Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038, T1; RIS Justiz RS0114366, T5; vgl zuletzt 4 Ob 77/15z, Amarillo ).
2.4. Nach der Rechtsprechung des EuGH gelten Zeichen als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres Nachdenken erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen (vgl Koppensteiner, Markenrecht 4 71 mwN; RIS-Justiz RS0109431; C 326/01, Universaltelefonbuch mwN; C 494/08p, Pranahaus; vgl zuletzt 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383). Trifft das zu, kann auch Wortneubildungen die Unterscheidungskraft fehlen (4 Ob 38/06a, Shopping City; 4 Ob 28/06f, Firekiller; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 Rz 120 mwN; RIS-Justiz RS0117763, RS0066456, RS0066644).
2.5. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t, immofinanz; 17 Ob 27/07f, ländleimmo; OBm 1/12, Die grüne Linie ). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.
2.6. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644).
2.7. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ). Englisch ist als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache (Koppensteiner, Markenrecht 4 84 mwN; RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 36/14v, selective/line ).
2.8. Auch eine Zusammensetzung von mehreren Worten und grafischen Elementen ist nicht ohne Weiteres als unterscheidungskräftige Marke anzusehen. Bei der Prüfung, ob einem Wortbildzeichen Unterscheidungskraft zukommt, ist darauf abzustellen, ob sich ein Wortelement der Marke von den in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen trennen lässt, ob allenfalls typografischen Merkmalen der Marke irgendeine unterscheidungskräftige Besonderheit zukommt oder ob sie sonst einen Aspekt enthalten, wie etwa eine phantasievolle Gestaltung oder eine Art ihrer Kombination (vgl C 37/03, BioID, Rz 70 bis 74).
3. Auf dieser Grundlage fehlt dem angemeldeten Zeichen in jenem Umfang, der im Rekursverfahren zu beurteilen ist, die Unterscheidungskraft. Das Rekursgericht hält die Begründung des Patentamts für im Wesentlichen zutreffend, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
3.1. Die Unterscheidungskraft einer Wortverbindung hängt davon ab, ob sie als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Waren und/oder Dienstleistungen oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben. Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (4 Ob 230/01d = ÖBl 2002/25, Internetfactory; 4 Ob 186/03m, djshop ). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese wiederum als Ganzes zu betrachten (C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit, Rz 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 77 f mwN).
3.2. Die Schutzfähigkeit der zusammengesetzten Wortbildmarke FairUse hängt davon ab, ob die beteiligten Verkehrskreise ihren Inhalt zwanglos und ohne komplizierte Schlussfolgerungen erschließen können und als Hinweis auf die beanspruchten Waren verstehen (RIS-Justiz RS0109431).
3.3. Beteiligte Verkehrskreise sind hier alle Interessenten oder Abnehmer/Auftraggeber für die beantragten Waren und Dienstleistungen, also nicht nur der Fachkreis der EDV-Dienstleister und Nachrichtendienste und der Buch- und Zeitschriftenhändler sowie Unternehmer ganz allgemein, sondern auch die normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher insbesondere der beantragten Waren der Klasse 16 (RIS-Justiz RS0079038).
3.4. Schon im Verfahren vor dem Patentamt hat die Antragstellerin nicht bezweifelt, dass „fair use“ nach Wikipedia eine Rechtsdoktrin einiger Common Law-Länder ist. Sie vertritt jedoch die Auffassung, dass dieser Rechtsbegriff in Österreich maximal fünf bis zehn Personen bekannt sei.
Dass der Begriff jedoch zumindest den genannten Fachkreisen bekannt ist und enorme Bedeutung im Bereich des Urheberrechts und damit für Fragen der Werknutzung besitzt, hat aber das Patentamt im Amtsschreiben vom 28.7.2015 (S 2 f) anhand mehrerer Fundstellen überzeugend nachgewiesen. Besonders relevant ist davon, dass der Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments im Rahmen einer geplanten Harmonisierung des Urheberrechts auch die Einführung einer „Fair-Use-Regelung“ plant.
Diese Kenntnis der Fachleute ist bei der Beurteilung der voraussichtlichen Wahrnehmung entsprechend zu berücksichtigen (vgl etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f, My TAXI II ). Bei einer gespaltenen Verkehrsauffassung genügt es nämlich, wenn diese Kenntnis nur für einen dieser Verkehrskreise besteht, auch wenn er zahlenmäßig kleiner als jener der Endverbraucher ist (vgl jüngst 4 Ob 77/15z, AMARILLO mwN; s auch C 412/05 P, Alcon Inc.; C-421/04, Matratzen Concord, Rn 24; C 102/07, Adidas/Marca Mode II , Rn 23; BGH I ZB 52/09 = GRUR 2012, 64, Maalox/Melox-GRY; 4 Ob 7/12a, Sinupret/Sinuvex; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 74 und 206 jeweils mwN; Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 393 f; OLG Wien 34 R 69/15i, BLUEBOARD; 34 R 27/14m, MAJA/CAYA ).
3.5. Auch aus Sicht des Rekursgerichts liegt es im Rahmen der im Eintragungsverfahren stets anzustellenden Prognose für die angesprochenen Verkehrskreise nahe, das Zeichen angesichts des im Rekursverfahren relevanten Schutzumfangs am ehesten als „angemessene Verwendung“ oder „faire Nutzung“ zu verstehen, ohne dass es dazu relevanter Gedankenoperationen bedürfte.
Durch die Wortverbindung „FairUse“ entsteht damit entgegen der Auffassung der Rekurswerberin keine eigentümliche sprachliche Neubildung, die anders verstanden würde als die Summe ihrer Bestandteile und daher geeignet wäre, als betrieblicher Herkunftshinweis zu wirken. Die beteiligten Verkehrskreise sind außerdem an ähnliche zusammengesetzte Worte bereits gewöhnt. Weder die Schreibweise noch die grafische Gestaltung sind originell und erinnerungskräftig: Der Bildbestandteil des Zeichens beschränkt sich neben dem Fehlen eines Leerzeichens zwischen den beiden Wörtern auf die Verwendung einer banalen Schriftart (vgl C 37/03, BioID, Rz 70 bis 74); er hat daher für die Prüfung der Unterscheidungskraft keine eigenständige Bedeutung. Eine lexikalische Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (siehe C 383/99, Baby Dry ) liegt nicht vor.
3.6. Davon abgesehen ist bei der Prüfung des beschreibenden Charakters einer Marke nicht nur auf die aktuellen Gegebenheiten abzustellen, sondern auch auf die Möglichkeit Bedacht zu nehmen, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit des Zeichens vernünftigerweise erwartet werden kann ( Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 342 f; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 198 und 211 jeweils mwN) und es auf ein „konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis“ nicht ankommt (C 108/97, Chiemsee, Rz 35; C 80/09 P, Patentconsult, Rz 35 f).
Dieses absolute Schutzhindernis soll beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz ausschließen, weil die Allgemeinheit ein Bedürfnis an der freien Verwendung dieser Begriffe hat, wobei bereits eine bloße potentielle Beeinträchtigung der freien Verwendbarkeit des Begriffs ausreicht (jüngst OLG Wien, 34 R 147/15k, SKYR ).
Eine solche realitätsbezogene Prognose hat die Rechtsabteilung zutreffend vorgenommen; auf sie ist daher zu verweisen (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
3.7. Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (C 191/01 P, Doublemint, Rz 32; C 265/00, Biomild, Rz 38). Dies ist hier für den begehrten Schutzumfang der Klassen 35 und 38 nach § 4 Abs 1 Z 4 MSchG der Fall, wobei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Rechtsabteilung in ihrem Amtsschreiben vom 28.7.2015 (S 3) zu verweisen ist, insbesondere auf das Argument, wonach das Zeichen zumindest von den Fachkreisen nur als animierender und/oder informativer Hinweis verstanden wird. Das Rekursgericht hält diese Begründung des Patentamts für zutreffend (§ 39 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG), denn damit deutet das angemeldete Zeichen unmittelbar an, dass die Dienstleistungen der „angemessenen Verwendung“ dienen oder unter ihrer Beachtung erstellt werden.
Für die Waren der Klasse 16 und die Dienstleistung der Klasse 41 fehlt es der beantragten Marke wegen des sofortigen Begriffsverständnisses, dass die so bezeichneten Waren Informationen oder Hinweise im Zusammenhang mit „fairer Nutzung“ als thematischen Schwerpunkt enthalten, an der erforderlichen Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG, da das Zeichen somit als sachbezogener Titel für Werke mit darauf bezogenem Inhalt zu verstehen ist ( Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 141; OLG Wien 34 R 73/14a, STYLEBOOK/LOOKBOOK [mit eingehenden Ausführungen zur Schutzfähigkeit von Zeitschriftentiteln]; 34 R 49/14x, DAS TAGEBUCH DER ANNE FRANK ).
3.8. Aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ist die beantragte Marke damit nicht geeignet, die betriebliche Ursprungsidentität der darunter vertriebenen (im Rekursverfahren zu beurteilenden) Waren und Dienstleistungen zu garantieren.
4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
[Der Oberste Gerichtshof wies den außerordentlichen Revisionsrekurs am 25.10.2016 zurück, 4 Ob 180/16y.]