34R30/16f – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke DANK DIR! über den Rekurs der Antragsteller gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 23.12.2015, AM 51471/2015 3, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
1. Die Antragsteller beantragten die Eintragung der Wortmarke
DANK DIR!
für die Dienstleistungen der Klassen
2. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag mit der wesentlichen Begründung ab, die beteiligten Verkehrskreise würden das Zeichen als allgemeine Dankesformel verstehen, die die besondere Verbundenheit mit dem Adressaten dieser Aussage oder die Dankbarkeit des Anbieters ausdrücke. Das Zeichen sei daher nicht als individualisierender Unternehmenshinweis zu werten; ihm fehle die Unterscheidungskraft nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG.
3. Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss des Patentamts abzuändern und das Zeichen für die beantragten Dienstleistungen einzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
4. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
4.1 Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; C 398/08, Vorsprung durch Technik; C 104/01, Orange, Rz 62; EuG T 471/07, Tame it, Rz 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f, My TAXI ) .
4.2 Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11, OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a, Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung verhindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen (OBm 3/12, Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11, Starsat; OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C 104/01, Orange, Rz 58 und 59; C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit ).
4.3 Ob die Unterscheidungskraft vorliegt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit zu prüfen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also bezogen auf den vorliegenden Fall auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsadressaten der Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73; C 104/01, Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).
4.4 Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93, Smash ). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen einen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P, Doublemint, Rz 32, und C 363/99, Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s, car care ).
4.5 Zeichen gelten als beschreibend, wenn sie eine unmittelbare und ohne weiteres Nachdenken erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Dienstleistungen enthalten, das heißt einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Dienstleistungen herstellen (vgl Koppensteiner, Markenrecht 4 71 mwN; RIS-Justiz RS0109431; C 326/01, Universaltelefonbuch mwN; C 494/08p, Pranahaus; vgl zuletzt 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383). Trifft das zu, kann auch Wortneubildungen die Unterscheidungskraft fehlen (4 Ob 38/06a, Shopping City; 4 Ob 28/06f, Firekiller; Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 Rz 120 mwN; RIS-Justiz RS0117763, RS0066456, RS0066644).
Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456; 4 Ob 116/03t, immofinanz; 17 Ob 27/07f, ländleimmo; OBm 1/12, Die grüne Linie ). Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, so lange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen.
Eine beschreibende Angabe liegt auch dann nicht vor, wenn ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff herstellt, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen (17 Ob 33/08i, happykauf mwN; OBm 3/12, Lounge.at ). Ist somit die angemeldete Marke nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11, Atelier prive; OBm 2/13, Primera ua).
5. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen.
Die Antragsteller betonen zwar mit Recht, dass das Verstehen des Zeichens als Kombination der zwei Wörter „Dank dir!“ einen Denkprozess erfordert, weil diese Wortkombination zweideutig ist. Sie ist als Anrede im Sinne von „[Ich] dank[e] dir!“ und als Befund im Sinne von „Dank dir [ist das möglich]!“ zu verstehen. Diese Mehrdeutigkeit führt üblicherweise vom rein beschreibenden Charakter des Zeichens weg, bewirkt Unterscheidungskraft und ermöglicht die Registrierung (vgl zum Beispiel OLG Wien 34 R 21/14d, Shifting the Limits; 34 R 96/14h, Flatprovider; 34 R 97/14f, Nachlasshopping; RIS Justiz RW0000784).
Im konkreten Fall ist aber zu berücksichtigen, dass sich beide mögliche Bedeutungen unmittelbar auf die beantragten Dienstleistungen beziehen. Bei diesen Dienstleistungen dominiert die Spendensammlung, bei der der Wendung „Dank dir!“ in beiden denkbaren Bedeutungen die Originalität und die Eignung fehlt, einen Denkprozess auszulösen. Die weiteren Dienstleistungen „Werbung“ und „Öffentlichkeitsarbeit“ sind dabei als Hilfstätigkeiten für den primären Zweck der Spendensammlung einzustufen. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch vom Sachverhalt, der der Entscheidung OBm 2/12, Einfach leben, zugrunde lag. Dort war ein breit gefächertes Spektrum von Waren (Druckerzeugnis, Bekleidung, Spielkarten, Bier etc) betroffen.
Auch in OBm 1/12, Die grüne Linie, wurde auf „eine gewisse Originalität und Prägnanz“ abgestellt, die dem hier zu beurteilenden Zeichen fehlt, weil die oben beschriebene Doppeldeutigkeit allein noch nicht in origineller und prägnanter Weise von den betroffenen Dienstleistungen wegführt.
Trotz der im Rekurs zutreffend vorgetragenen Doppeldeutigkeit des Zeichens fehlt dem Zeichen somit die Unterscheidungskraft, weil jede der beiden möglichen Bedeutungen einen zu starken inhaltlichen Bezug zu den Dienstleistungen hat, für die das Zeichen eingetragen werden soll.
6. Da die Entscheidung keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.