34R147/15k – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke SKYR über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 20.4.2015, AM 51695/2014 4, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung:
Die Antragstellerin beantragte die Eintragung der Wortmarke
SKYR
in der Warenklasse 29 für Milch und Milchprodukte .
Sie vertrat die Auffassung, das angemeldete Zeichen sei unterscheidungskräftig, weil der Anteil der österreichischen Bevölkerung, der Isländisch spreche, statistisch unter der Beachtlichkeitsgrenze liege, was auch für die Reisetätigkeit nach Island gelte. Ebenso wenig spiele die isländische Küche in Österreich eine Rolle. Skyr sei zudem in Österreich gar nicht erhältlich und daher als reine Phantasiebezeichnung aufzufassen. Dass Wikipedia den Begriff im Sinn des Isländischen erkläre, erlaube keine Rückschlüsse auf das Verständnis des durchschnittlichen österreichischen Michproduktekonsumenten oder -händlers, weil dies Lexikonwissen sei. Es bestehe daher kein Freihaltebedürfnis.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt den Antrag auf Registrierung des Anmeldezeichens aus dem Grund des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ab. Unter „Skyr“ verstehe man ein traditionelles isländisches Milchprodukt, das in etwa mit Topfen oder dickflüssigerem Joghurt vergleichbar sei und einen geringeren Fettgehalt aufweise. Das gleichnamige Zeichen biete den Verkehrskreisen nur einen beschreibenden Hinweis. § 4 Abs 1 Z 4 MSchG schütze das Allgemeininteresse an der Freihaltung beschreibender Angaben und solle daher auch ungerechtfertigte Markenmonopole verhindern. Dabei müsse auch ein in der Zukunft bestehendes Freihaltebedürfnis in vernünftiger Weise berücksichtigt werden.
Eine fremdsprachige Bezeichnung sei nach gängiger Rechtsprechung dann nicht registrierbar, wenn ihr beschreibender Charakter zumindest von den Fachkreisen erkannt werde, die am zwischenstaatlichen Handelsverkehr beteiligt seien. Die Bezeichnung „Skyr“ sei den Händlern derzeit oder jedenfalls in Zukunft bekannt. Abgesehen davon verstünden aber auch die Endverbraucher das Zeichen im geschäftlichen Verkehr bereits, was anhand diverser Rezepte mit und Informationen über Skyr naheliege. Daher bestehe ein aktuelles und zukünftiges Freihaltebedürfnis.
Dagegen richtet sich der (mit einem rechtskräftig bewilligten [vgl ON 7] Wiedereinsetzungsantrag verbundene) Rekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Zeichen zu registrieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1. Gemäß § 4 Abs 1 Z 4 MSchG ist eine Markenregistrierung ausgeschlossen, wenn das Zeichen ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Werts, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen kann.
Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06, Eurohypo ). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C 304/06 P, Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C 363/99, Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OPM OM 10/09, Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f, My TAXI II ).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne Weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (C 326/01, Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN; C 494/08 P, Pranahaus; vgl siehe auch 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; RS0117763, RS0066456, RS0066644; RS0109431; Koppensteiner , Markenrecht 4 71 mwN). Vom Registrierungsverbot sind nur Zeichen betroffen, deren Begriffsinhalt von den beteiligten Verkehrskreisen zwanglos, ohne komplizierte Schlussfolgerungen (vgl 4 Ob 38/03x, music-channel.cc ) und ohne besondere Denkarbeit (vgl 4 Ob 10/03d, More II; Om 1/01, R. Lanerossi; C 326/01 P, Universaltelefonbuch, C 494/08 P, Pranahaus ) erschlossen werden kann.
Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 73; C 104/01, Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).
Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50, Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175, Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; 4 Ob 10/03d, More). Im Allgemeinen reicht es zur Schutzversagung daher nicht, dass nur auf eine beschreibende Angabe angespielt oder ein der Ware oder Dienstleistung zu Werbezwecken zugeschriebenes Image angedeutet wird, wenn dies nicht über den erlaubten Bereich der Suggestion oder Anspielung hinausgeht (vgl 4 Ob 239/98w, Geo/Geos; RIS-Justiz RS0109431 [T3], RS0090799, RS0066456; 4 Ob 11/14t ua, EXPRESSGLASS ).
1.2. Für fremdsprachige Wortzeichen gilt grundsätzlich nichts anderes als für deutschsprachige. Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s, Car Care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; zuletzt 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; vgl C 421/04, Matratzen Concord ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ).
Es ist also im Einzelfall zu prüfen, wie der inländische Verkehr die fremdsprachige Form der Angabe versteht. Versteht er den Sinngehalt nicht, wird er das Zeichen als Phantasiebezeichnung auffassen, womit die Unterscheidungskraft regelmäßig zu bejahen sein wird (vgl Ingerl/Rohnke, Markengesetz 3 § 8 Rz 85; Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 401 f mwN).
1.3. Das Verbot, ausschließlich beschreibende Zeichen oder Angaben als Marken einzutragen, soll verhindern, dass Zeichen oder Angaben als Marken eingetragen werden, die die Funktion, das sie vertreibende Unternehmen zu identifizieren, nicht erfüllen könnten, weil sie mit der üblichen Art und Weise übereinstimmen, die betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder ihre Merkmale zu bezeichnen. Darunter fallen nur solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch einen Hinweis auf ein wesentliches Merkmal bezeichnen können. Eine Marke, die derartige Zeichen oder Angaben enthält, kann außerdem nur dann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn sie nicht noch weitere Zeichen oder Angaben enthält und wenn ferner die in ihr enthaltenen ausschließlich beschreibenden Zeichen oder Angaben nicht in einer Weise wiedergegeben oder angeordnet sind, die das Gesamtzeichen von der üblichen Art und Weise unterscheidet, die fraglichen Waren oder Dienstleistungen oder ihre wesentlichen Merkmale zu bezeichnen (vgl C 383/99, Baby-Dry; 17 Ob 4/08z; Om 10/09, Lümmeltütenparty, OBm 4/12, wonderful tonight ).
1.4. Für die Frage, ob eine Wortmarke beschreibend ist, ist der normale Wortsinn heranzuziehen, wie er sich aus Wörterbüchern oder ähnlichen Werken ergibt (RIS-Justiz RS0123978).
2.1. Unter dem Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung (aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung) rügt die Antragstellerin die Passage im (vom angefochtenen Beschluss mittels Verweises inkludierten) Schreiben der Rechtsabteilung vom 3.9.2014 (ON 2, AS 9), wonach das Zeichen „[...] den beteiligten Verkehrskreisen lediglich einen beschreibenden Hinweis dahingehend [biete], dass es sich bei den so bezeichneten Waren um Milchprodukte [...] aus Island bzw. auf deren Basis handelt.“
Der Rekurs trägt vor, diese Feststellung sei unzulässiger Weise allein unter Verweis auf Wikipedia und ein Online-Wörterbuch getroffen worden. Aus bloßen Internetfundstellen könne nichts über das Verständnis des durchschnittlichen Milch(produkte)konsumenten ausgesagt werden.
Die Antragstellerin strebt stattdessen als Ersatzfeststellung an, dass „[...] nicht festgestellt werden kann, welche Bedeutung die österreichischen beteiligten Verkehrskreise dem Zeichen zumessen [...]“ (Rekurs, Punkt 2.4., Seite 9).
2.2. Die Frage des Eindrucks der beteiligten Verkehrskreise ist nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage, wenn zu ihrer Beurteilung die Erfahrungen des täglichen Lebens ausreichen; sie ist (nur dann) eine Tatfrage, wenn dies nicht der Fall ist (RIS-Justiz RS0039926 [insb T26, T28]; jüngst 4 Ob 63/15s, Kornspitz [Nichtigkeitsverfahren]). Eine Beweisaufnahme ist daher nur geboten, wenn im konkreten Fall Zweifel bestehen, dass die strittige Frage allein aufgrund der Lebenserfahrung der zur Entscheidung berufenen Organe beantwortet werden kann (17 Ob 27/11m, Red Bull/Run Cool mwN).
2.3. Nach genauso ständiger Rechtsprechung des OGH, der nicht Tatsacheninstanz ist, muss im Anmeldeverfahren eine – daher nach Auffassung des Rekursgerichts zwingend (wenigstens auch) der rechtlichen Beurteilung zuzurechnende – Prognose angestellt werden, wie die Adressaten ein angemeldetes Zeichen ausgehend vom beanspruchten Schutzumfang verstehen werden (vgl 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; 4 Ob 9/14y, Jimi Hendrix II; 4 Ob 36/14y, Selective/line; 4 Ob 49/14f, My TAXI II; für zahlreiche vom Rekursgericht entschiedene Fälle siehe RIS-Justiz RW0000784).
2.4. Im Sinn dieser Grundsätze hat der OGH in der ebenfalls eine Markenanmeldung betreffenden Entscheidung 4 Ob 77/15z, AMARILLO, jüngst ausgesprochen:
„[...]
3. Der fachkundige Rekurssenat hat unter Heranziehung der allgemeinen Lebenserfahrung bzw seines Fachwissens die Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0043658) der Eigenschaft des Wortes Amarillo als für Fachkreise (vgl 4 Ob 259/97k) beschreibendes Zeichen zutreffend bejaht und ist folgerichtig davon ausgegangen, dass das Eintragungshindernis des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG vorliegt.
4.1 Im Rechtsmittel wird nicht substantiiert bestritten, dass die Fachkreise die Bedeutung von Amarillo als Sortenbezeichnung für eine Melone kennen. Die Antragstellerin hält der Bezugnahme auf den beschreibenden Charakter des Wortes Amarillo nur die von ihr (erkennbar) behauptete Verkehrsgeltung der Bezeichnung AMARILLO bei den Fachkreisen entgegen und nimmt damit erkennbar auf § 4 Abs 2 MSchG Bezug. In einem solchen Fall kann auch ein an sich nicht schutzfähiges Zeichen registriert werden ( Mutz in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 Rz 327).
[...]
2.5. Die Rechtsabteilung begründet die kritisierte Passage im Einklang mit diesen Grundlagen. Die Antragstellerin zieht davon abgesehen weder im Verfahren vor dem Patentamt noch im Rekurs in Zweifel, dass „Skyr“ aus dem Isländischen stammt und ein traditionelles isländisches Milchprodukt bezeichnet. Damit kann sie aber auch mit ihrer Kritik an der Heranziehung des diesbezüglichen Wikipedia-Eintrags nicht reüssieren, weil sein (dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegter) Inhalt selbst nach ihrem eigenen Standpunkt im Verfahren richtig ist. Damit ist aber evident, dass die Anmelderin in Wahrheit nur die von der Rechtsabteilung daraus gezogene Schlussfolgerung über den Kenntnisstand der Adressaten für unrichtig hält. Schon allein deshalb bestehen aus Sicht des Rekursgerichts in Ermangelung substrattragender Hinweise auf angebliche Unrichtigkeiten der Fundstelle keine Zweifel (vgl bereits oben Punkt 1.4.).
Außerdem zitiert der Rekurs selbst (wenngleich in anderem Kontext) aus Wikipedia, sodass für das Rekursgericht nicht ohne Weiteres nachvollziehbar ist, warum die Anmelderin die Verwertung von Wissen aus Wikipedia ablehnt. Auch wenn Wikipedia ein freies Onlinelexikon ist, dessen Inhalte daher anlassbezogen durchaus kritisch auf Plausibilität zu prüfen und die jedenfalls nicht unwiderlegbar richtig sind, so bestehen in casu – angesichts des Rekursvortrags – keine Bedenken gegen die Verwendung des Wikipedia-Artikels zu „Skyr“.
2.6. Dass nach dem Rekursstandpunkt nur ein äußerst geringer Anteil der in Österreich lebenden Personen (die, anders als die Rekurswerberin vertritt, gerade nicht nur die österreichische Bevölkerung umfasst) über Isländischkenntnisse verfügt, ist gleichermaßen richtig wie irrelevant: Die Geläufigkeit der Bezeichnung eines bestimmten Lebensmittels, die einer Fremdsprache entstammt, setzt nicht zwingend irgendwelche Kenntnisse dieser Sprache oder gar einen Aufenthalt im jeweiligen Herkunftsland voraus. Um etwa Ricotta, Mascarpone, Parmesan, Camembert oder Gervais und das jeweils so bezeichnete Milchprodukt zu kennen, bedarf es weder irgendwelcher Italienisch- noch Französischkenntnisse (was mutatis mutandis etwa auch für Wodka, Champagner, Lavoir, Trottoir oder Couscous uvm gilt).
2.7. Abgesehen davon liegt eine ordnungsgemäße Beweisrüge nur dann vor, wenn klar ersichtlich ist, durch welche Tatsachen sich der Rechtsmittelwerber für beschwert erachtet, infolge welcher unrichtigen Beweiswürdigung sie getroffen wurden, welche Feststellungen stattdessen begehrt werden und aufgrund welcher Beweismittel die begehrten Feststellungen getroffen werden könnten (RIS-Justiz RS0041835 uva). Dabei ist dem Argument der Rekurswerberin, „Skyr“ entstamme dem Lexikonwissen, zu entgegnen, dass sie sich abgesehen von pauschaler Kritik nicht in für das Rekursgericht nachvollziehbarer Weise mit den zahllosen weiteren Internet-Fundstellen befasst, die vor allem Rezepte (auch zur Herstellung von Skyr) betreffen und anhand derer die Rechtsabteilung für das Rekursgericht einwandfrei nachvollziehbar argumentiert (Schreiben vom 13.1.2015, ON 3, Seite 3), dieses Milchprodukt sei jedenfalls den involvierten Händlern, aber auch den Endverbrauchern bereits namentlich bekannt. Gerade auch wegen der vom Patentamt nur unter österreichischen Domains recherchierten Rezepte zur Herstellung von Skyr geht auch das (Anm: unrichtige; siehe gleich unten) Argument ins Leere, dieses Produkt (gemeint: als Importware) sei in Österreich nicht erhältlich.
Genauso wenig ist der Verweis darauf, dass in Österreich angeblich kein isländisches Restaurant existiert, geeignet, die Beweiswürdigung des Patentamts zu erschüttern, weil Skyr ein Milchprodukt im weiteren Sinn vergleichbar etwa mit Topfen und keine zwingend von einem Koch nach einem bestimmten Rezept zubereitete Speise ist, die man daher entweder nur in einem (spezialisierten) Restaurant oder aber erst nach der Zubereitung anhand eines Rezepts konsumieren kann.
Außerdem war beispielsweise (eine Variante von) Skyr erst vor kurzem – im Juli 2015 – Teil der Werbung eines auch in Österreich vertretenen Lebensmitteldiskonters und damit Teil des Warenangebots in seinen in ganz Österreich situierten Filialen, in denen Endverbraucher einkaufen (http://www.wogibtswas.at/milbona-skyr-angebot-513678; http://www.marktguru.at/Angebot/Lidl-Milbona-Skyr:416948/; beides abgefragt am 30.11.2015).
Schon allein deshalb vermag die Antragstellerin nicht mit ihrer zwar im Rahmen der Rechtsrüge formulierten, aber nach Auffassung des Rekursgerichts noch der Beweisrüge zuzuordnenden (RIS-Justiz RS0041851 [T8]; RS0111425) Kritik zu reüssieren, die sich wegen der „Informationsflut“ des Internet dagegen richtet, jede im Internet aufgefundene Bedeutung auch als dem tatsächlichen (eher gemeint:) Verständnis entsprechend zu bewerten. Das Rekursgericht ist im Gegenteil der Ansicht, dass im Registrierungsverfahren im Allgemeinen Ergebnisse einer Internetrecherche genauso verwertet werden dürfen (jüngst 4 Ob 126/15f, BUKHARA ) wie es daneben zulässig bleibt, auf die im Regelfall für die Beurteilung ausreichende Notorietät zu verweisen (vgl 4 Ob 189/14v, Viva = RS0110714 [T14]).
Wenn das Patentamt also derartige Fundstellen nennt, so bedeutet dies nicht, dass es sein Wissen (allein oder auch nur teilweise) daraus bezogen hat, sondern es zeigt nur das Bemühen, sein ohnehin bereits bestehendes Fachwissen für den jeweiligen Anmelder entsprechend transparent zu untermauern. Der grundsätzlich der rechtlichen Beurteilung zuzuordnende Vorgang, die wahrscheinliche Wahrnehmung der Adressaten einzuschätzen, fußt daher auf dem notorischen Wissen und/oder auf der dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Würdigung der dem Anmelder vor der Entscheidung offen gelegten (Art 6 Abs 1 EMRK) Recherchen. Welche Vorgehensweise zu wählen ist, bleibt stets eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.
2.8. Auch wenn daher die Frage der Verkehrsauffassung in concreto ausnahmsweise eine gemischte Tat- und Rechtsfrage bildet, die eine Beweisrüge im Umfang des betroffenen Tatsachensubstrats zulässig macht, kommt die intendierte (Negativ )Ersatzfeststellung zusätzlich deswegen nicht in Betracht, weil sie die notwendige Differenzierung zwischen dem Fachpublikum und den Endverbrauchern in unzulässiger Weise vermissen lässt (siehe jüngst 4 Ob 77/15z, AMARILLO mwN auch der deutschen Rsp) und sich der Rekurs auch nicht mit dem Argument der Rechtsabteilung befasst, wonach in der Schweiz und in Deutschland bereits reges Interesse an und rege Nachfrage nach Skyr besteht und gerade auch deshalb „ein aktuelles bzw. zukünftiges Freihaltebedürfnis für die Bezeichnung SKYR besteht“ (Schreiben vom 13.1.2015, ON 3, Seite 3).
2.9. Soweit also in den von der Anmelderin beanstandeten Ausführungen der Rechtsabteilung die Feststellung von Tatsachen zu sehen ist, sind diese unbedenklich, sodass sie das Rekursgericht übernimmt und seiner weiteren Entscheidung zugrunde legt.
3. Auf dieser Grundlage erweist sich das angemeldete Zeichen als nicht schutzfähig.
3.1. Die Antragstellerin fasst die bereits im Rahmen der Behandlung der Tatsachenrüge kritisierte Feststellung auch im Rahmen der Rechtsrüge ins Auge und vertritt dazu die Auffassung, (auch) aus rechtlichen Gründen wäre die von ihr bereits oben wiedergegebene (Ersatz )Feststellung zu treffen gewesen (vgl oben Punkt 2.1.), liege doch ein sekundärer, also rechtlicher Feststellungsmangel vor.
Diese Behauptung trifft nicht zu: Wenn nämlich zu einem bestimmten Thema Tatsachenfeststellungen getroffen wurden, mögen diese auch von den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers abweichen, können diesbezüglich auch keine rechtlichen Feststellungsmängel erfolgreich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0053317 [T1]; 10 ObS 155/02w; 9 ObA 272/01t; 6 Ob 74/15y ua). Werden also zu einem bestimmten Thema (positive oder negative) Feststellungen getroffen, so beruhen sie auf der Beweiswürdigung, selbst wenn die vom Rechtsmittelwerber gewünschten (abweichenden) Feststellungen nicht getroffen werden (RIS-Justiz RS0053317 [T3]).
Unter Bedachtnahme auf die soeben bei der Behandlung der Beweisrüge angeführten Grundsätze ist das Rekursgericht somit der Auffassung, dass im Markenanmeldeverfahren solche tatsächlichen Annahmen der Rechtsabteilung, die auf – wie hier – fundierten Recherchen zum etwaigen Begriffsverständnis basieren und die zudem der/dem jeweilige/n Anmelder/in auch im Rahmen der erstinstanzlichen Prüfung mitgeteilt wurden, ausnahmsweise zumindest auch Ergebnisse der Ermittlung von Tatsachen sind, von denen ausgehend im Rahmen der Lösung der Rechtsfragen die Verkehrsauffassung zu prognostizieren ist.
3.2. Ausgehend davon steht aber fest, dass (zumindest) den Fachkreisen in Österreich die Bedeutung von „Skyr“ bekannt ist, sodass die Rechtsrüge nicht von den bindenden Feststellungen ausgeht (zB RIS-Justiz RS0043603 [T2]). Diese Kenntnis der Fachleute, die hier nicht nur durch (Import )Händler, sondern etwa auch durch Molkereien repräsentiert sind, ist bei der im Eintragungsverfahren anzustellenden Beurteilung der voraussichtlichen Wahrnehmung entsprechend zu berücksichtigen (vgl etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f, My TAXI II; zum Freihaltebedürfnis vgl Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 201).
Bei einer gespaltenen Verkehrsauffassung genügt es nämlich, wenn diese Kenntnis nur für einen dieser Verkehrskreise besteht, auch wenn er zahlenmäßig kleiner als jener der Endverbraucher ist (vgl jüngst wiederum 4 Ob 77/15z, AMARILLO mwN; s auch C 412/05 P, Alcon Inc.; C 421/04, Matratzen Concord, Rz 24; C 102/07, Adidas/Marca Mode II, Rz 23; BGH I ZB 52/09 = GRUR 2012, 64, Maalox/Melox-GRY; 4 Ob 7/12a, Sinupret/Sinuvex; Ingerl/Rohnke , MarkenG³ § 8 Rz 74 und 206 jeweils mwN; Ströbele/Hacker , MarkenG 11 § 8 Rz 393 f; OLG Wien 34 R 69/15i, BLUEBOARD; 34 R 27/14m, MAJA/CAYA ).
Davon abgesehen ist bei der Prüfung des beschreibenden Charakters einer Marke nicht nur auf die aktuellen Gegebenheiten abzustellen, sondern auch auf die Möglichkeit Bedacht zu nehmen, ob eine entsprechende beschreibende Verwendbarkeit des Zeichens vernünftigerweise erwartet werden kann ( Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 8 Rz 342 f; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 198 und 211 jeweils mwN) und es auf ein „konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis“ nicht ankommt (C 108/97, Chiemsee, Rz 35; C 80/09 P, Patentconsult, Rz 35 f).
Eine solche realitätsbezogene Prognose hat die Rechtsabteilung zutreffend vorgenommen; auf sie ist daher zu verweisen (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
Dieses absolute Schutzhindernis soll beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz ausschließen, weil die Allgemeinheit ein Bedürfnis an der freien Verwendung dieser Begriffe hat, wobei bereits eine bloße potentielle Beeinträchtigung der freien Verwendbarkeit des Begriffs ausreicht. Auch deswegen ist das angemeldete Zeichen SKYR als Produktbezeichnung und damit gleichzeitig als Aussage über die Beschaffenheit der so bezeichneten Waren beschreibend iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG.
3.3. Dass in einem derartigen Fall ein Freihaltebedürfnis besteht, hat der OGH bereits in seiner älteren Rechtsprechung ausdrücklich anerkannt: Im Interesse insbesondere des inländischen Absatzes ausländischer Waren könne ein Freihaltebedürfnis auch an solchen fremdsprachigen Angaben bestehen, die zwar im Ausland als beschreibend gelten, im Inland aber unbekannt sind und hier für Phantasieangaben gehalten werden, würde es doch sonst den Export- und Importunternehmern unmöglich gemacht, die von ihnen aus- oder eingeführten Waren in der Sprache des Ursprungs- oder des Bestimmungslands zu bezeichnen. Demnach könne daher das, was die breite Öffentlichkeit (vorerst) darunter versteht, rechtlich bedeutungslos sein (RIS-Justiz RS0066504; RS0066557; RS0066708; 4 Ob 138/89, Kombucha ; 4 Ob 266/98s, Tabasco [keine Monopolisierung durch einen Importeur]; siehe etwa auch Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht I 3 § 8 MarkenG Rz 43 mwN der vergleichbaren, auch aktuelleren deutschen Rsp).
3.4. Auf die im Rekurs vertiefte Frage des Verständnisses der Endverbraucher kommt es damit an sich nicht mehr an, zumal auch der im Rekurs enthaltene Verweis auf die Entscheidung C 421/04, Matratzen Concord, zu kurz greift:
Denn die Verbreitung der isländischen Sprache in Österreich ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht maßgeblich, sondern nur, dass der Begriff „Skyr“ – jedenfalls in den österreichischen Fachkreisen – bereits konnotiert ist und daher (nicht nur) im Isländischen für die so zu bezeichnenden Waren glatt beschreibend ist. Der EuGH stellt nämlich in dieser Entscheidung (auch) darauf ab, „ob die beteiligten Verkehrskreise in dem Mitgliedstaat, in dem die Eintragung beantragt wird, imstande sind, die Bedeutung dieses Wortes zu erkennen“ (C 421/04, Matratzen Concord, Rz 26). Dass dies neben dem bereits angesprochenen Fachpublikum auch für die Endverbraucher der Fall ist, ergibt sich aus der vom Rekursgericht geteilten, in jedem Fall der rechtlichen Beurteilung zuzuordnenden Prognose der Rechtsabteilung in Bezug auf Endverbraucher (Schreiben vom 13.1.2015, S 3).
3.5. Die Rechtsabteilung ist daher wegen des bereits bestehenden aktuellen und auch zukünftig zu erwartenden Freihaltebedürfnisses mit Recht zum Ergebnis gelangt, dass das beantragte Zeichen in Österreich wegen des Eintragungshindernisses des § 4 Abs 1 Z 4 MSchG schutzunfähig ist.
4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.