JudikaturOLG Wien

34R143/15x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
21. Dezember 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke BARBACOA EVENTGASTRO über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 19.8.2015, AM 52378/2014 5, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Text

Begründung

Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortmarke

BARBACOA EVENTGASTRO

für die Waren und Dienstleistungen der folgenden Klassen

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die Eintragung teilweise – und zwar in Bezug auf die oben nicht hervorgehobenen Waren und Dienstleistungen – aufgrund des § 4 Abs 1 Z 3 MSchG ab. Für die hervorgehobenen Waren und Dienstleistungen wird das Zeichen eingetragen; diese sind daher im Rekursverfahren nicht mehr strittig.

Das Patentamt erwog, dass das angemeldete Zeichen als gastronomisches Barbecue Event verstanden werde, bei dem die Waren der Klassen 29, 30, 32 und 33 angeboten werden. In Bezug auf die anderen Waren und Dienstleistungen werde ein eindeutiger thematischer Bezug zu einem beliebigen gastronomischen Barbecue Event/Veranstaltung hergestellt. Einen individualisierenden Hinweis auf einen Anbieter der konkreten Waren und Dienstleistungen biete das angemeldete Zeichen nicht.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Antrag, die Marke für sämtliche Waren und Dienstleistungsklassen einzutragen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1.1 Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.

Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97, Chiemsee; C 104/00 P, Companyline; C 398/08, Vorsprung durch Technik; C 104/01, Orange, Rz 62; EuG T 471/07, Tame it, Rz 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f, My TAXI) .

1.2 Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11, OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a, Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396 [T7]). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft die Eintragung hindert, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12, Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11, Starsat; OBm 1/13, Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist (vgl C 104/01, Orange, Rz 58 und 59; C 64/02, Das Prinzip der Bequemlichkeit ).

1.3 Ob die Unterscheidungskraft fehlt, ist anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde, nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit zu prüfen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57; 4 Ob 10/14w, Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke , MarkenG³ § 8 Rz 73; C 104/01, Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038 [T1]; RIS Justiz RS0114366 [T5]).

1.4 Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06, Eurohypo; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 171 ff). Die Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C 304/06 P, Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C 363/99, Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OPM OM 10/09, Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f, My TAXI ).

1.5 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres Nachdenken erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, also einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen (C 326/01, Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN; C 494/08 P, Pranahaus; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383 [T1]; 4 Ob 69/15y, Chrysal; RIS-Justiz RS0117763; RS0066456; RS0066644).

Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431 [T3]; RS0090799; RS0066456; 4 Ob 116/03t, immofinanz; 17 Ob 27/07f, ländleimmo; OBm 1/12, Die grüne Linie; OBm 3/11, Atelier Prive; OBm 2/13, Primera ua; 4 Ob 66/02p, Cornetto ).

Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über die Herstellung oder die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i, happykauf mwN; OBm 3/12, Lounge.at ).

1.6 Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50, Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175, Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y, Summer Splash; 4 Ob 10/03d, More ).

1.7 Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93 = ÖBl 1993, 99, Smash; 4 Ob 158/05x, Steirerparkett ). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P, Doublemint, Rz 32, und C 363/99, Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387, car care ).

1.8 Ob Begriffe, die einer Fremdsprache entnommen sind, unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob ihre Kenntnis im Inland im Prioritätszeitpunkt so weit verbreitet war, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387, car care; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 17 Ob 21/07y, Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t, EXPRESSGLASS ). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w, Powerfood; 4 Ob 28/06f, Firekiller; 4 Ob 38/06a, Shopping City ). Englisch ist allerdings als wichtigste Handelssprache in Österreich die geläufigste Fremdsprache ( Koppensteiner, Markenrecht 4 84 mwN; RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 36/14v, selective/line ).

2. Auf dieser Grundlage fehlt dem angemeldeten Zeichen im Umfang der Teilabweisung die Unterscheidungskraft. Gerade auch weil der Rekurs zum überwiegenden Teil mit der Äußerung des Antragstellers vom 13.8.2015 (ON 5) übereinstimmt, ist vorab auf die Begründung des Patentamts zu verweisen, die das Rekursgericht für zutreffend hält (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).

2.1 Zum Eintragungshindernis des beschreibenden Charakters und des Fehlens der Unterscheidungskraft (iSd Art 3 Abs 1 lit b und c RL 89/104/EWG) fremdsprachiger Zeichen hat der EuGH in der Entscheidung C 421/04, Matratzen Concord/Hukla, klargestellt, dass bei der Beurteilung der „beteiligten Verkehrskreise“ auf den „Handel und/oder normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist“ (Rz 24). Aus der Verwendung der Formulierung „und/oder“ geht hervor, dass es auch auf die Fachkreise alleine ankommen kann (vgl 4 Ob 77/15z, Amarillo ). Demnach kann bereits das Verständnis eines von mehreren angesprochenen Verkehrskreisen entscheidend sein und das Registrierungshindernis auch dann bewirken, wenn der kleinere Teil der beteiligten Verkehrskreise betroffen ist ( Newerkla in in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 214). Das Eintragungshindernis darf somit in keinem der möglichen Verkehrskreise vorliegen.

2.2 Um zu beurteilen, ob unter den dargelegten Grundsätzen die Wörter (die Wortmarke) BARBACOA EVENTGASTRO Unterscheidungskraft haben können (kann), ist jedenfalls vom Verständnis eines inländischen und daher deutschsprachigen Verkehrskreises auszugehen. Das spanische Wort „Barbacoa“ wird unter der bedeutend größeren Anzahl der Durchschnittsverbraucher in Bezug auf die in Rede stehenden Waren- und Dienstleistungsklassen weder als „Zubereitungsform von Fleisch, die in der Karibik verbreitet ist“ (vgl https://en.wikipedia.org/wiki/Barbacoa ) noch in der (Übersetzungs )Bedeutung des mexikanisch-spanischen Wortes für „Grill“ als beschreibend wahrgenommen werden. Auch wird der Durchschnittsverbraucher nicht wissen, dass sich das Wort Barbecue von diesem Wort ableitet (vgl https://de.wikipedia.org/wiki/Barbecue ), es möglicherweise nur aus den damit thematisch zusammenhängenden Waren und Dienstleistungen (phantasiehaft) schlussfolgern.

Hingegen sieht der Rekurssenat den beschreibenden Charakter darin, dass die mitbeteiligten Verkehrskreise der Gastronomie/Köche sowie der damit befasste Fachhandel die Bedeutung von „Barbacoa“ oder das Wort kennen und den Begriff Barbecue von diesem ableiten oder diesem zumindest (auch thematisch) zuordnen. Es wird für diese Verkehrskreise ohne weitere Gedankenoperation somit ein eindeutiger Bezug hergestellt.

In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob der weitere Wortteil „Eventgastro“ eine lexalische Neubildung ist, weil auch dieser Begriff für diese Fachkreise in Bezug auf die beantragten Waren und Dienstleistungen ausschließlich beschreibend ist.

2.3 Da das Patentamt unter Heranziehung seiner allgemeinen Lebenserfahrung und/oder seines Fachwissens die Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0043658) der Eigenschaften der Wörter „Barbacoa“ und „Eventgastro“ sowohl in der Einzel- als auch Gesamtbetrachtung als für Fachkreise unterscheidungskräftiges Zeichen zutreffend verneinte, kann darin auch keine unvollständige Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung bestehen.

Auch kommt es nicht darauf an, ob der Markenwortlaut einen Aufschluss darüber gibt, welche Waren und Dienstleistungen angeboten werden. Hauptkriterium ist, dass der Markenwortlaut eine Herkunftsfunktion erfüllen kann, nämlich dass der beteiligte Verkehrskreis die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen als von einem Unternehmen stammend identifizieren wird können. Ein anderes Ergebnis ist auch in der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung nicht zu erreichen.

Im Ergebnis bedarf die Entscheidung des Patentamts keiner Korrektur.

3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.

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