JudikaturOLG Wien

34R103/15i – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
28. September 2015

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht ***** wegen teilweiser Löschung der Marke AT 233.958 über die Berufung der Antragstellerin gegen den Beschluss der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts vom 26.3.2014, Nm 5/2012 6, in nicht öffentlicher Sitzung

I. den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag der Antragstellerin auf Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die Antragstellerin ist schuldig, der Antragsgegnerin die mit EUR 2.721,90 (darin EUR 453,65 USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Text

Entscheidungsgründe und Begründung

Die Antragsgegnerin ist Inhaberin der österreichischen Wortbildmarke AT 233.958 (= angegriffene Marke)

geschützt unter anderem mit Priorität vom 6.4.2006 für diese Dienstleistungen der Klasse 39: „ Veranstaltung von Reisen “; mit Prioritätsdatum 22.11.2007 erweitert um „ Veranstaltung von Ausflugsfahrten, Beförderung von Personen mit Autobussen, Beförderung von Personen mit Vergnügungsdampfern, Beförderung von Reisenden, Reisebegleitung, Buchung von Reisen, Beförderung von Personen mit Omnibussen, Beförderung von Passagieren, Veranstaltung von Kreuzfahrten, Personenbeförderung mit Straßenbahnen “.

Die Antragstellerin begehrt die teilweise Löschung der angegriffenen Marke im gesamten Umfang der Klasse 39 und stützt sich dabei auf ihre Bildmarke AT 133.463 (= Klagsmarke) mit Priorität vom 31.7.1990

eingetragen in der Klasse 39 für die Dienstleistungen „ Transport- und Lagerwesen “.

Der Schutz der Klagsmarke erstrecke sich auf gleiche oder ähnliche Dreieckslogos, deren Dreieck schwarz oder farbig gehalten und deren blitzförmiger Bogen weiß oder relativ zum Dreieck hell gefärbt sei. Die angegriffene Marke zeige ein auf der Basis stehendes Dreieck, das durch einen blitzförmigen Bogen, der von der linken unteren zur rechten unteren Dreieckspitze verlaufe, in eine obere und untere Hälfte unterteilt werde. Dass dieses Zeichen zusätzlich einen Wortbestandteil habe, sei irrelevant. Einerseits sei die Klagsmarke darin vollständig und wesensgleich aufgenommen und andererseits habe der Wortteil „Eurotours International“ keine Unterscheidungskraft, denn er sei für sämtliche Dienstleistungen der Klasse 39 klar beschreibend und verlange keine Denkarbeit.

Die farbliche Gestaltung der angegriffenen Marke sei nebensächlich, weil der Verbraucher an einen Farbwechsel gewöhnt sei und die Farbe auf kopierten, gefaxten oder in schwarz-weiß gehaltenen Ausdrucken verloren gehe. Abgesehen davon erstrecke sich der Schutz der Klagsmarke auf alle Farben.

Die Dienstleistungen seien gleichartig, weil Synonymität zwischen allen Dienstleistungen der Klagsmarke und jenen der angefochtenen Marke bestehe. Sowohl „Transportwesen“ als auch „Veranstaltung von Reisen“ seien ähnliche Oberbegriffe. Die Unterscheidungskraft der Klagsmarke sei überdurchschnittlich hoch. Es bestehe daher Verwechslungsgefahr.

Von einer Duldung der angegriffenen Marke und einer allenfalls daraus resultierenden Verwirkung des Löschungsanspruchs könne keine Rede sein, sei doch im Vorverfahren kein Hinweis auf die angegriffene Marke erfolgt, die auch in der damaligen Gegenschrift vom 18.2.2004 schon allein deswegen keine Erwähnung habe finden können, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht einmal angemeldet gewesen sei.

Zusätzlich bestehe die angegriffene Marke nicht nur aus dem Logo, sondern auch aus einem Wortbestandteil.

Die Antragsgegnerin bestritt die verwechselbare Ähnlichkeit der beiden Zeichen und wandte zudem ein, der Löschungsanspruch sei im Hinblick auf das Verfahren Nm 66/2003 der Nichtigkeitsabteilung gemäß § 30 Abs 3 MSchG verwirkt, denn darin habe die Österreichische Verkehrsbüro AG – die Konzernmutter der Antragsgegnerin – vorgebracht, dass Konzernunternehmen unter Marken mit dem strittigen Bildelement am Verkehr teilnehmen würden und dass das Zeichen der essentielle Bildbestandteil des Corporate Designs sei. Dieses Verfahren sei auf Antrag der Antragstellerin eingestellt worden. Die Antragstellerin, mit der eine Kooperation bestanden habe und der zudem eine aufmerksame Marktbeobachtung abzuverlangen sei, habe daher die Nutzung der angegriffenen Marke über einen Zeitraum von fünf Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet.

Abgesehen davon bestehe auch keine visuelle Ähnlichkeit, unterscheide sich doch die angegriffene Marke nicht nur in ihrem zweifarbigen Bildelement, das als Grundform eine Mischung aus einem rechtwinkeligen Dreieck und einem Kreis aufweise, sondern auch in ihrem Wortteil von der Klagsmarke. Dieser Markenbestandteil sei auch nicht rein beschreibend, sondern als reine Phantasiebezeichnung unterscheidungskräftig.

Auch liege keine Ähnlichkeit oder gar eine Identität der Dienstleistungen vor, weil der hier mit erhöhter Aufmerksamkeit agierende Durchschnittsverbraucher sehr wohl zwischen dem Reiseveranstalter und dem ausführenden Luftfahrtunternehmen unterscheide. Zusätzlich verfüge die Marke „Eurotours“ – insbesondere aufgrund der Kooperation mit „Hofer Reisen“ – über einen herausragenden Bekanntheitsgrad.

Selbst wenn die angefochtene Marke als beschreibend angesehen werden sollte, so habe sie doch die Schutzfähigkeit kraft Verkehrsgeltung erlangt.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Nichtigkeitsabteilung den Löschungsantrag ab. Ausgehend von der besseren Priorität der Klagsmarke beurteilte es die Dienstleistungen als in Bezug auf „Transportwesen“ und „Beförderung von Personen“ als ident und hinsichtlich „Veranstaltung von Reisen; Reisebegleitung; Buchung von Reisen; Veranstaltung von Kreuzfahrten“ als hochgradig ähnlich. Wegen der überwiegenden Hochpreisigkeit dieser Dienstleistungen sei von erhöhter Aufmerksamkeit und damit von einer niedrigen Wahrnehmungsschwelle für Details auszugehen.

Wegen der Erweiterung des Schutzumfangs der angegriffenen Marke mit Priorität vom 22.11.2007 und dem Beginn des Schutzes am 14.4.2008 komme im Hinblick auf diese Dienstleistungen eine wissentliche Duldung der Benutzung der Marke der (richtig) Antragsgegnerin während eines Zeitraums von fünf Jahren nicht in Betracht, da die Antragstellerin die Teillöschung am 29.1.2012 beantragt habe.

Nur für die Dienstleistung „Veranstaltung von Reisen“ sei der Tatbestand des § 30 Abs 3 MSchG allenfalls anwendbar, doch lasse sich dies aus dem Vorverfahren nicht ableiten, weil einerseits daran nicht die nunmehrige Antragsgegnerin beteiligt gewesen sei und weil die angefochtene Marke in den Jahren 2003/04 andererseits noch gar nicht registriert gewesen sei.

Optisch bestehe nur in der Grundfigur eines Dreiecks als Außenlinie eine Übereinstimmung, alle übrigen Elemente seien jedoch verschieden. Das Zeichen der Antragsgegnerin erwecke zudem einen vielschichtigeren Bildeindruck. Da somit keine visuelle und auch keine klangliche oder begriffliche Markenähnlichkeit gegeben sei, sei die Verwechslungsgefahr zu verneinen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Berufung der Antragstellerin; als Berufungsgründe werden unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Mangelhaftigkeit geltend gemacht. Die Antragstellerin beantragt, die Entscheidung aufzuheben und die angefochten Marke hinsichtlich sämtlicher Dienstleistungen der Klasse 39 zu löschen.

Die Antragsgegnerin beantragt, der Berufung keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Verfahrensgesetze sind, sofern nicht ausdrücklich eine andere Regelung getroffen wurde, immer nach dem letzten Stand anzuwenden (RIS-Justiz RS0008733). Gemäß § 40 iVm § 77c Abs 1 MSchG können Entscheidungen der Nichtigkeitsabteilung des Patentamts nur durch Berufung angefochten werden. Für das Berufungsverfahren gelten aufgrund des Verweises von § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG die Bestimmungen der ZPO sinngemäß mit der Ausnahme des § 461 Abs 2 ZPO und mit weiteren – im konkreten Fall nicht relevanten – Ausnahmen.

Nach § 480 Abs 1 ZPO idF BGBl I 2009/52 ist eine mündliche Verhandlung über eine Berufung nur dann anzuberaumen, wenn der Berufungssenat dies im einzelnen Fall nach eigenem Ermessen, so etwa wegen der Komplexität der zu entscheidenden Rechtssache, für erforderlich hält ( Kodek in Rechberger, ZPO 4 § 480 Rz 1); sonst erfolgt die Entscheidung über die Berufung – wie hier – in nicht öffentlicher Sitzung ohne vorhergehende mündliche Verhandlung. Der Antrag der Antragstellerin war daher als unzulässig zurückzuweisen.

2. Eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Rechtsmittelgründe gereicht dem Rechtsmittelwerber nicht zum Nachteil (RIS-Justiz RS0041851), denn das Rechtsmittel muss als Ganzes betrachtet und danach beurteilt werden, welchem Rechtsmittelgrund die im Rechtsmittel enthaltenen Rügen zuzuordnen sind (RIS-Justiz RS0041851, T8; RS0111425). Die Antragstellerin führt den in der Anfechtungserklärung genannten Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit inhaltlich jedoch überhaupt nicht aus; auf ihn ist daher nicht weiter einzugehen.

3. Gemäß § 30 Abs 1 MSchG ist eine Marke auf Antrag des Inhabers einer früher angemeldeten, noch zu Recht bestehenden Marke zu löschen, sofern die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich sind oder die beiden Marken und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, gleich oder ähnlich sind und dadurch für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht würde.

3.1. Auch im Löschungsverfahren nach § 30 MSchG ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 30 Rz 5 f mwN; vgl RIS-Justiz RS0066553, T13).

3.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P – Yorma’s , Rz 43; EuG T 599/10 – Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; R

IS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482, RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 10 Rz 51 ff mwN).

3.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).

So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – FIRN; 17 Ob 36/08f – KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).

3.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden ; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97 – Lloyd , Rz 26).

3.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a – GO ; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190, T22, RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g – Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324).

Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC ; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106 – Sabel/Puma , Rz 23; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More ; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04 – Thomson life, Rz 28; C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97 – Lloyd, Rz 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799 – LTJ Diffusion, Rz 52; C 104/01 – Orange , Rz 64).

3.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb T9; C 251/95 – Sabel/Puma; C 206/04 – Muelhens). Für das Bejahen der Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190, T22; Om 4/02 – Kathreiner). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74 = SZ 47/103 – Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p – Junkerschinken).

3.7. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 – Preishammer; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d – More).

3.8. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b – gotv; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t – Jukebox; RIS-Justiz RS0079033, T20; RIS-Justiz RS0079033, insb T26).

Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04 – Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox ; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero; jüngst 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax).

3.9. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P – Quick/Quicky).

4. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu verneinen.

4.1. Dass in der allein strittigen Dienstleistungsklasse 39 teilweise Identität und teilweise hochgradige Ähnlichkeit des Schutzumfangs der beiden miteinander zu vergleichenden Marken besteht, wird im Berufungsverfahren zwar nicht von der Antragstellerin, sehr wohl aber von der Antragsgegnerin bestritten. Ihre Argumente überzeugen jedoch nicht, sodass zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Beschluss (Seite 19) verwiesen werden kann (§ 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500a ZPO; s auch Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 9 Rz 111 ff).

Auch wenn das Berufungsgericht die Argumentation der Berufung teilt, dass bei der Inanspruchnahme von (nicht zwingend hochpreisigen) Reisedienstleistungen nicht von einer generell erhöhten Aufmerksamkeit des angesprochenen Publikums, sondern vielmehr von einer nur durchschnittlichen auszugehen ist (RIS-Justiz RS0114366 mwN), so ist daraus für die Frage der Verwechslungsgefahr in concreto nichts weiter zu gewinnen, weil die Beurteilung der Nichtigkeitsabteilung, wonach der Klagsmarke nur eine „gewisse Unterscheidungskraft“ zukommt (Beschluss, Seite 20) nichts anderes bedeutet, als dass von einer unterdurchschnittlichen Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis auszugehen ist. Darauf weist daher auch die Antragsgegnerin zutreffend hin (Berufungsbeantwortung, Punkt 1.). Der Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (oben Punkt 3.5.), wird außerdem fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324, insb T1 und T5).

4.2. Visuell zeigt sich insofern eine gewisse Ähnlichkeit in der Gestaltung der beiden Logos, als beide Zeichen ein mit der Spitze nach oben ragendes Dreieck als Grundform zeigen. Unterschiede resultieren jedoch daraus, dass die Klagsmarke ein gleichseitiges Dreieck und die angefochten Marke stattdessen ein rechtwinkliges, gleichschenkeliges Dreieck verwendet. Während das Zeichen der Antragstellerin aus einem im unteren Drittel durchbrochenen Dreieck besteht, enthält die angegriffene Marke an ihrer Basis einen Kreisbogen, der auch nicht mittig unter der Spitze des Dreiecks zentriert, sondern rechtsbündig situiert ist. Dadurch bildet sich eine weiße, strahlartig von rechts nach links breiter werdende Fläche aus, die das in Grün gehaltene Dreieck von dem in Dunkelblau ausgeführten Kreisbogen trennt.

Anders als die Antragstellerin kann das Berufungsgericht in der Klagsmarke hingegen keinen hellen Bogen erkennen, enthält sie doch gerade kein gekrümmtes Kurvenstück. Wenn daher die Nichtigkeitsabteilung dem Zeichen der Antragsgegnerin einen „vielschichtigeren“ Bildeindruck beimisst und darin eine abstrahierte Landschaft (Bergspitze über stehendem Gewässer [See]) erkennt, so ist dies aus Sicht des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden (§ 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500a ZPO). Mit Ausnahme des von der Nichtigkeitsabteilung im weißen Strahl erkannten Nebels bestreitet dies auch die Antragstellerin im Ergebnis nicht.

Gerade diese Gedankenoperationen zeigen aber deutlich die schon allein aus der Grafik resultierende Unterscheidungskraft der angegriffenen Marke, die sich klar vom deutlich banaler gestalteten Logo der Klagsmarke abhebt. Auch diese Mehrfarbigkeit der angefochtenen Marke lässt gegenüber der älteren Schwarz-Weiß-Marke die Farbgestaltung im relevanten Gesamteindruck besonders hervortreten (näher Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 9 Rz 234; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 14 Rz 954). Dass eine Schwarz-Weiß-Marke keine Beschränkung auf eine bestimmte farbliche Gestaltung bedeutet ( Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 14 Rz 956 mwN), wie die Antragstellerin argumentiert, trifft zwar grundsätzlich zu, doch ist dies wegen der erwähnten assoziativen Besonderheit beim Logo der angegriffenen Marke für den vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht von Bedeutung.

Außerdem tritt der Wortbestandteil der Marke der Antragsgegnerin hinzu, der aus zwei Worten und nicht weniger als 22 Buchstaben (obgleich in banaler Schrift) besteht. All diese Unterschiede erzeugen einen optisch ausreichenden Zeichenabstand, sodass sich die von der Nichtigkeitsabteilung aufgeworfene Frage des Motivschutzes nicht stellt, weil er ohnehin ein Fall der Verwechslungsgefahr ist und daher dem österreichischen Markenrecht als eigenständiger Tatbestand an sich fremd ist (vgl Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 209 f; siehe auch Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 9 Rz 301).

4.3. Bei der klang lichen Beurteilung muss auf die Wahrnehmung des durchschnittlichen Konsumenten und auf das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden: Dass die Klagsmarke als reines Bildzeichen naturgemäß phonetisch keine Relevanz hat, zeigt bereits die Nichtigkeitsabteilung zutreffend auf (siehe 4 Ob 57/89 – Charles Lindbergh-Pullover = RIS-Justiz RS0066779, T13; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG 11 § 9 Rz 313; Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 14 Rz 953). Auch wenn das Berufungsgericht die Einschätzung der Nichtigkeitsabteilung und der Antragstellerin teilt, wonach die Wortfolge „EUROTOURS INTERNATIONAL“ für die hier maßgeblichen Dienstleistungen der Klasse 39 beschreibend (§ 4 Abs 1 Z 4 MSchG) oder zumindest nicht unterscheidungskräftig (§ 4 Abs 1 Z 3 MSchG) ist, so führt dies im Gegensatz zum Berufungsvorbringen nicht dazu, dass diese beiden Worte im Ähnlichkeitsvergleich überhaupt nicht berücksichtigt werden dürften. Der bereits dargestellte Grundsatz, dass bei Wortbildmarken in der Regel der Wortbestandteil maßgebend ist (oben Punkt 3.7.), gilt zwar nur für solche Wortbestandteile, die unterscheidungskräftig sind und damit den Gesamteindruck des Zeichens maßgebend mitbestimmen, weil andernfalls die Aufmerksamkeit des Publikums von den schutzunfähigen Wortbestandteilen zwangsläufig auf die bildlichen Bestandteile hingelenkt wird (RIS-Justiz RS0066779, T9 – Wunderbaum). Dass diese beiden Worte dennoch – wenngleich in geringem Ausmaß – in den Ähnlichkeitsvergleich einzubeziehen sind, resultiert aus dem Umstand, dass die angegriffene Marke ein Wortbildzeichen ist und schon allein deswegen nicht nur auf die grafische Komponente abzustellen ist, weil auch diese nicht unterscheidungskräftigen Worte trotzdem (ein eher diffuser) Teil des Erinnerungsbilds der angesprochenen Durchschnittsverbraucher bleiben ( Fuchs-Wissemann in Ekey/Bender/Fuchs-Wissemann, Markenrecht I 3 § 8 MarkenG Rz 33). Schutzunfähige Bestandteile tragen damit zusammengefasst im Regelfall zwar nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sie sind aber dennoch in gewisser Weise in den Ähnlichkeitsvergleich einzubeziehen, wenngleich die Aufmerksamkeit des Verbrauchers in solchen Fällen zwangsläufig auf die übrigen Zeichenelemente gelenkt wird (4 Ob 334/74 = SZ 47/103 – Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p – Junkerschinken).

4.4. Bei der Bedeutung zeigen sich ebenfalls Unterschiede, weil der Klagsmarke als reinem Bildzeichen angesichts des Schutzumfangs kein eigenständig fassbarer Inhalt zuzuordnen ist, während die angegriffene Marke in ihrer Kombination aus Bild und (obschon nicht unterscheidungskräftigen) Worten wie bereits ausgeführt Assoziationen zu Bergen und Gewässern herstellt. Wie die Nichtigkeitsabteilung daher im Ergebnis richtig ausführt, ist wegen des Umstands, dass das Zeichen der Antragstellerin eine reine Bildmarke ist, für die Frage der Sinnbedeutung wiederum in erster Linie auf die bestehenden grafischen Unterschiede zwischen den beiden Logos abzustellen.

4.5. Entscheidend ist somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500), ob Zeichenähnlichkeit besteht, was bereits für Klang, Sinn und Bild verneint wurde, zumal dem Ähnlichkeitsvergleich keine isolierte Betrachtung der Bestandteile zugrunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0066753; zuletzt 4 Ob 211/14d ua – McTirol; C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21 ff ). Auf dieser Grundlage besteht trotz der teilweisen Identität und der teils hochgradigen Ähnlichkeit der Dienstleistungen keine verwechselbare Ähnlichkeit zwischen dem Eingriffszeichen und der Klagsmarke und damit keine Verwechslungsgefahr, ohne dass für den Ähnlichkeitsvergleich detailliert und gesondert auf alle Dienstleistungen eingegangen werden müsste, wie die Antragstellerin dies in der Berufung vertritt.

5. Ob daneben die Antragstellerin ihren Löschungsanspruch auch nach § 30 Abs 3 MSchG verwirkt haben könnte oder aber die Marke der Antragsgegnerin herausragend bekannt ist, muss einerseits mangels Verwechselbarkeit der beiden Zeichen schon nach dem Registerstand und andererseits auch mangels tragfähiger Feststellungen der Nichtigkeitsabteilung nicht geprüft werden. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, wonach ihre Marke Verkehrsgeltung erlangt habe (Berufungsbeantwortung, Punkt 1.1.), ist daher unbeachtlich, weil es nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RIS-Justiz RS0043603, T2; uva).

6. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens beruht auf §§ 35 Abs 5 und 40 MSchG iVm §§ 122 Abs 1 und 141 Abs 2 PatG sowie §§ 41 und 50 ZPO.

7. Der Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands stützt sich auf § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 500 Abs 2 Z 1 lit b ZPO. Der Entscheidungsgegenstand ist rein vermögensrechtlicher Natur, besteht aber nicht in einem Geldbetrag. Wegen der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben übersteigt er EUR 30.000,--.

Die ordentliche Revision war gemäß § 40 MSchG iVm § 141 Abs 2 PatG und § 502 Abs 1 ZPO nicht zuzulassen, weil keine Rechtsfrage zu lösen war, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt: Ob Verwechslungsgefahr besteht, ist stets eine Frage des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0111880; RIS-Justiz RS0066779, T24).

Rückverweise