34R102/15t – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Eintragung der Wortmarke SICHER OHNE KONSERVIERUNGSMITTEL über den Rekurs des Antragstellers gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 16.6.2015, AM 5632/2010 6, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Der Antragsteller beantragte die Eintragung der Wortmarke
SICHER OHNE KONSERVIERUNGSMITTEL
in folgenden Warenklassen mit diesem Schutzumfang:
05 Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Medizinprodukte, soweit in Klasse 5 enthalten;
10 Desinfektionsmittel; Behältnisse mit Dosiervorrichtungen zur Abgabe insbesondere von pharmazeutischen Erzeugnissen (soweit in Klasse 10 enthalten).
Er vertrat die Auffassung, dem angemeldeten Zeichen komme auch wegen seiner zwei völlig diametralen Begriffsinhalte und der daraus resultierenden Interpretationsbedürftigkeit Unterscheidungskraft zu, denn es bleibe vage und unbestimmt, was mit SICHER genau gemeint sei, komme doch sowohl ein adjektivisches als auch ein adverbielles Verständnis in Betracht. Außerdem beruhe die Unterscheidungskraft auf einer Widersprüchlichkeit, weil normalerweise die Sicherheit von Produkten durch die Beigabe von Konservierungsmitteln erzielt werde. Gerade mit Desinfektionsmitteln werde üblicher Weise eine erwünschte Konservierung erzielt, sodass das angemeldete Zeichen zum Nachdenken anrege. Zudem weise die Marke einen eingängigen, geregelten Sprachrhythmus und damit Prägnanz und Eigentümlichkeit auf. Bei Konsumenten mit hochgradiger Technikfeindlichkeit, die alternative Behandlungsmethoden vorziehen, sei der Slogan SICHER OHNE KONSERVIERUNGSMITTEL als werbliche Anpreisung gerade nicht geeignet.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt – nach über vierjähriger Verfahrensdauer – den Antrag zur Gänze ab. Die Entscheidung stehe im Einklang mit der Judikaturlinie, nicht unterscheidungskräftige Zeichen, die bloß werbesloganhafte Aussagen transportieren, nicht zur Registrierung zuzulassen. Die Entscheidungspraxis, ein Zeichen bereits dann als schutzfähig anzusehen, wenn es mehrdeutig sei, sei als überholt anzusehen. Eine Widersprüchlichkeit könne nur bei adjektivischer Verwendung des Worts „sicher“ angenommen werden („[auch] ohne Konservierungsmittel sicher“).
Bei einer Verwendung als Adverb enthalte das Zeichen keinen Widerspruch, sondern es sei eine eindeutige werbliche Anpreisung, dass die so bezeichneten Waren „sicher“ im Sinn von „garantiert“, „definitiv“ oder „gewiss“ keine Konservierungstoffe enthalten würden. Immer größere Anteile der beteiligten Verkehrskreise hätten oft auch diffuse Angst vor herkömmlicher Chemie und Technik. Gerade bei Gesundheitserzeugnissen der Klasse 5 würden solche Personen darauf achten, etwas „Natürliches“ zu kaufen. Auch bei Behältnissen der Klasse 10 sei gut vorstellbar, dass diese Personen glauben, dass darin standardmäßig Konservierungsmittel enthalten seien. Der Schutzrechtswerber müsse bei mehreren Deutungsmöglichkeiten jede Auslegung gegen sich gelten lassen. Selbst bei adjektivischer Verwendung des Worts „sicher“ handle es sich um eine reine Werbebotschaft dahingehend, dass das Produkt keine Konservierungsmittel enthalte und es trotzdem sicher sei.
Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem Abänderungsantrag, das Zeichen in den beantragten Klassen zu registrieren.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1. Nach § 4 Abs 1 Z 3 MSchG sind Zeichen von der Registrierung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben.
1.1. Ob einer Waren- oder Dienstleistungsbezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, ist wie bei beschreibungsverdächtigen Zeichen anhand des Gesamteindrucks des Zeichens zu beurteilen ( Koppensteiner, Markenrecht 4 82; RIS-Justiz RS0079038). Diese Eigenschaft kommt einer Marke zu, wenn sie unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann und so die Ursprungsidentität garantiert, sodass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren oder Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können (C 108/97 – Chiemsee; C 104/00 P – Companyline ; C 398/08 – Vorsprung durch Technik; C 104/01 – Orange, Rz 62; EuG T 471/07 – Tame it , Rz 15 mwN; RIS-Justiz RS0118396; zuletzt etwa 4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix; 4 Ob 49/14f – My TAXI) .
1.2. Fehlt die Unterscheidungskraft, so kann das Zeichen die Hauptfunktion der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis nicht erfüllen (OBm 1/11 – OXI-Effekt mwN; 4 Ob 38/06a – Shopping City mwN; RIS-Justiz RS0118396, T7). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen; jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (OBm 3/12 – Lounge.at, unter Hinweis auf BGH I ZB 22/11 – Starsat; OBm 1/13 – Malzmeister mwN; ähnlich RIS-Justiz RS0122383). Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Marke im Zweifel zuzulassen ist: Aus Gründen der Rechtssicherheit sind Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht einzutragen (vgl C 104/01 – Orange , Rz 58 und 59; C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit).
1.3. Die Beurteilung, ob das Eintragungshindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft vorliegt, erfolgt anhand der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen angemeldet wurde ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 57). Die Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion muss nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Branchenüblichkeit geprüft werden (4 Ob 10/14w – Jimi Hendrix mwN). Abzustellen ist auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise, also auf den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher dieser Waren und Dienstleistungen ( Asperger in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 4 Rz 67 mwN der Rsp; Ingerl/Rohnke, MarkenG³ § 8 Rz 73; C 104/01 – Orange, Rz 46 und 63; RIS-Justiz RS0079038, T1; RIS Justiz RS0114366, T5).
1.4. Die Gründe nach § 4 Abs 1 Z 3 bis 5 MSchG (Art 3 Abs 1 lit b bis d MarkenRL) sind zwar nach der Rsp des EuGH gesondert zu prüfen (C 304/06 – Eurohypo ; Newerkla in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 4 Rz 171 ff). Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke aber dann, wenn die maßgebenden Verkehrskreise sie als Information über die Art der mit ihr gekennzeichneten Dienstleistungen verstehen, nicht aber als Hinweis auf die Herkunft dieser Dienstleistungen (C 304/06 P – Eurohypo, Rz 69); eine beschreibende Marke iSv § 4 Abs 1 Z 4 MSchG und Art 3 Abs 1 lit c MarkenRL ist daher auch nicht unterscheidungskräftig iSv § 4 Abs 1 Z 3 MSchG und Art 3 Abs 1 lit b MarkenRL (C 363/99 – Postkantoor, Rz 86). Insofern überschneiden sich daher die Anwendungsbereiche von § 4 Abs 1 Z 3 und Z 4 MSchG (OPM OM 10/09 – Lümmeltütenparty; 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS; 4 Ob 49/14f – My TAXI).
1.5. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gelten Zeichen dann als beschreibend, wenn sie für die beteiligten Verkehrskreise eine unmittelbare und ohne weiteres erkennbare Aussage über die Art, Natur, Beschaffenheit oder Ähnliches der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen enthalten, das heißt das Publikum muss sofort und ohne weiteres Nachdenken einen konkreten und direkten Bezug zwischen dem fraglichen Zeichen und den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen herstellen können (C 326/01 – Universaltelefonbuch, Rz 33 mwN; C 494/08 P – Pranahaus ; vgl zuletzt auch 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS = RIS-Justiz RS0122383, T1; RS0117763; RS0066456; RS0066644).
1.6. Enthält das Zeichen dem gegenüber nur Andeutungen, ohne die damit bezeichnete Ware oder Dienstleistung konkret oder umfassend zu beschreiben, ist es nicht bloß beschreibend und daher auch ohne Verkehrsgeltung registrierbar (RIS-Justiz RS0109431, T3; RS0090799; RS0066456; 4 Ob 116/03t – immofinanz; 17 Ob 27/07f – ländleimmo; OBm 1/12 – Die grüne Linie) .
Bloße Andeutungen stehen einer Eintragung daher in der Regel nicht entgegen, solange sie nur in phantasiehafter Weise auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, ohne sie in sprach- oder verkehrsüblicher Form unmittelbar zu bezeichnen. Stellt also ein Zeichen nur einen Zusammenhang mit einem allgemeinen Begriff her, ohne etwas Bestimmtes über Herstellung oder Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung auszusagen, liegt keine beschreibende Angabe vor (17 Ob 33/08i – happykauf mwN; OBm 3/12 – Lounge.at).
Ist die angemeldete Marke mit anderen Worten nicht geeignet, beim Durchschnittsverbraucher mehrheitlich eindeutige Vorstellungen über die Art, Natur oder Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen hervorzurufen, ohne dass noch weitere Überlegungen über die mit einer bestimmten Bezeichnung erzielte Aussage erforderlich wären, besitzt sie Unterscheidungskraft (vgl OBm 3/11 – Atelier Prive ; OBm 2/13 – Primera ua; 4 Ob 66/02p – Cornetto).
1.7. Genau so, wie die Eigenschaft eines Wortes als beschreibendes Zeichen immer nur in Bezug auf jene Waren zu prüfen ist, für die es als Marke registriert werden soll, kann auch ein Zeichen nur für jene Gattungen von Waren oder Dienstleistungen nicht als Marke registriert werden, zu deren Bezeichnung es im Geschäftsverkehr allgemein verwendet wird (ÖBl 1981, 50 – Merkur-Versicherungspass; ÖBl-LS 01/175 – Die roten Seiten; 4 Ob 139/02y – Summer Splash; 4 Ob 10/03d – More).
1.8. Unterscheidungskraft haben bei Wortmarken grundsätzlich nur frei erfundene, keiner Sprache angehörende Phantasiewörter (im engeren Sinn) oder Zeichen, die zwar dem allgemeinen Sprachgebrauch angehören, jedoch mit der Ware, für die sie bestimmt sind, in keinem Zusammenhang stehen (Phantasiewörter im weiteren Sinn). Entscheidend ist, ob die Worte im Verkehr als Phantasiebezeichnungen aufgefasst werden (RIS-Justiz RS0066644). Ein Schutzhindernis besteht hingegen, wenn der im Wort enthaltene Hinweis auf die Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der Ware oder Dienstleistung innerhalb der beteiligten Verkehrskreise allgemein und ohne besondere Denkarbeit erfasst werden kann (ständige Rechtsprechung: RIS-Justiz RS0066456; 4 Ob 26/93 = ÖBl 1993, 99 – Smash; 4 Ob 158/05x – Steirerparkett). Dabei genügt es, wenn die strittige Wortfolge zumindest in einer der möglichen Bedeutungen beschreibenden Charakter hat (vgl etwa C 191/01 P – Doublemint, Rz 32, und C 363/99 – Postkantoor, Rz 97; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care).
1.9. Die Eintragung einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeslogans, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen (C 398/08 P – Vorsprung durch Technik, Rz 35 mwN; C 311/11 P – Wir machen das Besondere einfach, Rz 30). Auch aus mehreren Worten zusammengesetzte Marken, etwa Werbeslogans, sind daher nach denselben Kriterien zu prüfen wie herkömmliche Wortmarken (RIS-Justiz RS0122385, T1). Sie sind dann nicht schutzfähig, wenn der Satz oder Satzteil nur eine beschreibende Aussage über die Ware oder Dienstleistung enthält (17 Ob 21/11d – echte Berg e : als Synonym für prächtige, hohe Berge nicht unterscheidungskräftig). Anderes gilt, wenn die Wortfolge eine interpretationsbedürftige Aussage enthält (OBm 1/12 – Die grüne Linie mwN; 17 Ob 15/07s – we will rock you: unterscheidungskräftig für Ton- und Videoaufzeichnungen; VwGH 2009/03/0020 – Doc around the clock: unterscheidungskräftig für ärztliche Dienstleistungen).
2. Auf dieser Grundlage ist dem angemeldeten Zeichen die Unterscheidungskraft abzusprechen. Das Rekursgericht hält die sehr ausführliche Begründung der angefochtenen Entscheidung im Wesentlichen für zutreffend, sodass vorweg auf diese verwiesen werden kann (§ 139 Einleitungssatz PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
2.1. Die Unterscheidungskraft von Wortverbindungen hängt wie gesagt davon ab, ob die zu beurteilende Wortverbindung als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden kann, um im üblichen Sprachgebrauch die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen oder dessen wesentliche Merkmale wiederzugeben (ÖBl 2002/25 – Internetfactory). Die Verbindung von für sich allein im üblichen Sprachgebrauch verwendeten Ausdrücken ist dann nicht rein beschreibend, wenn die der Struktur nach dadurch geschaffene ungewöhnliche Verbindung dieser Worte kein bekannter Ausdruck der verwendeten Sprache ist, um die Ware oder das Unternehmen zu bezeichnen (ÖBl 2002/25 – Internetfactory ; 4 Ob 186/03m – djshop). Es sind nämlich sämtliche Bestandteile und diese als Ganzes zu betrachten (C 64/02 – Das Prinzip der Bequemlichkeit , Rz 27 f; Koppensteiner, Markenrecht 4 77 f mwN).
2.2. Das angemeldete Zeichen besteht aus einer gewöhnlichen, grammatikalisch richtigen Aneinanderreihung von drei in der Alltagssprache gebräuchlichen Worten in der Art einer an den Konsumenten gerichteten werblichen Anpreisung ohne Zuordnung zu einem bestimmten Anbieter, die weder vage ist noch einen nennenswerten Denkprozess auslöst:
2.2.1. Maßgeblich ist nämlich, welche Bedeutung das Publikum dem Zeichen beimisst, unter dem der Antragsteller das Warensortiment anbietet – im Wesentlichen medizinische und diätetische Erzeugnisse und Präparate, Desinfektionsmittel und Behälter für pharmazeutische Erzeugnisse. Das Rekursgericht ist im Einklang mit der Argumentation des Patentamts der Auffassung, dass die angesprochenen Konsumenten nach der im Eintragungsverfahren anzustellenden Prognose ohne Weiteres, das heißt ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten, die Wortfolge nur als werbliche Anpreisung eines beliebigen Anbieters, nicht hingegen – zumindest gleichzeitig auch – als einen markenmäßigen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen verstehen werden (vgl 4 Ob 36/14v – selective/line mwN = RIS-Justiz RS0122385, T3).
Von diesem Verständnis ausgehend kommt es auf eine Unterscheidung zwischen „natürlichen“ und „künstlichen“ Konservierungsmitteln ebenso wenig an wie auf die Frage, welcher Anteil der angesprochenen Verkehrskreise allenfalls gegenüber Chemie und Technik feindselig eingestellt ist, zumal dies für das zugrunde zu legende voraussichtliche Verständnis deswegen bedeutungslos ist, weil Produkte ohne Konservierungsmittel von allen adressierten Durchschnittskonsumenten ganz allgemein als natürlicher und und damit regelmäßig auch als gesünder aufgefasst werden.
2.2.2. Unter diesen Umständen ist SICHER OHNE KONSERVIERUNGSMITTEL nach der im Eintragungsverfahren gebotenen Prognose als eine Werbebotschaft zu qualifizieren.
Das Rekursgericht teilt hinsichtlich der Waren der Klasse 5 die Rechtsansicht des Patentamts, dass die angesprochenen Konsumenten ohne Weiteres, das heißt ohne längeren Denkprozess und ohne Unklarheiten die Wortfolge als anpreisenden Hinweis darauf verstehen, dass die so bezeichneten Waren „sicher“ im Sinn von „garantiert“, „definitiv“ oder „versprochen“ keine Konservierungstoffe enthalten. Selbst bei adjektivischer Verwendung des Worts „sicher“ liegt sofort das Verständnis nahe, dass im Produkt keine Konservierungsmittel enthalten sind und es trotzdem sicher ist. Das Argument des Antragstellers, dass dieses Verständnis den Verbraucher stutzig mache, weil er sich überlege, wie denn die Sicherheit erzeugt werde, überzeugt nicht, weil Konservierungsmittel nach dem allgemeinen Verständnis in erster Linie dazu verwendet werden, die Haltbarkeit von verderblichen Produkten zu verlängern. Bei den Waren der Klasse 10 (Desinfektionsmittel und Behältnisse) wiederum ergibt sich – abweichend von der Begründung der Rechtsabteilung – die Werbeaussage aus dem unmittelbar zugrunde gelegten Verständnis, dass diese beiden so bezeichneten Waren Sicherheit gewährleisten, auch wenn der Konsument bei ihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch keine (zusätzlichen) Konservierungsstoffe verwendet.
Ob man das Zeichen daher nun auf die eine oder andere Weise versteht, ist daher für die Frage der Kennzeichnungskraft nicht weiter von Bedeutung, weil diese unterschiedlichen Bedeutungsvarianten weder vage noch nennenswert doppeldeutig sind. Jede für sich weist nur auf das Sortiment eines beliebigen Anbieters hin (s dazu 4 Ob 36/14v – selective/line).
2.2.3. Von einem relevanten Interpretationsaufwand oder gar einem uneinheitlichen und/oder unpräzisen Begriffsverständnis ist angesichts der vom Anmelder beanspruchten Waren – anders als bei der vom Antragsteller adressierten Entscheidung des OPM OBm 2/12 (Einfach leben) – keine Rede (vgl auch OBm 4/12 – wonderful tonight [Verneinung einer Warenbeschreibung]), fehlen der angemeldeten Marke doch auch die gewisse Originalität und Prägnanz, die sie leicht merkfähig machen könnten (siehe auch C 398/08 P – Vorsprung durch Technik; OBm 15/12 – Gute Laune). Das dort erkannte Mindestmaß an Aufwand, den Sinngehalt zu erfassen und ihn mit der Art, Natur oder Beschaffenheit bestimmter Waren (und Dienstleistungen) gedanklich zu verknüpfen, vermag das Rekursgericht hier auch unter Bedachtnahme auf die Argumentation des Anmelders nicht zu erkennen: Unterscheidungskraft fehlt neben beschreibenden Slogans nämlich vor allem auch üblichen Anpreisungen ( Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 8 Rz 144); solche sind als Marke nicht schützbar ( Koppensteiner, Markenrecht 4 84 mwN; 17 Ob 21/11d – Echte Berge; 4 Ob 36/14v – selective/line; RIS-Justiz RS0122385; für weitere, vom Rekursgericht rechtskräftig entschiedene Einzelfälle siehe RIS-Justiz RW0000784).
Von einer lexikalischen Erfindung eines Gesamtzeichens im Sinne einer ungewöhnlichen Wortverbindung (siehe C 383/99, ÖBl 2002, 43 – Baby Dry) kann ebenfalls keine Rede sein. Abgesehen davon ist ein Wortzeichen von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (C 191/01 P – Doublemint, Rz 32; C 265/00 – Biomild, Rz 38; 4 Ob 7/05s = wbl 2005, 387 – car care).
2.3. Das angemeldete Zeichen SICHER OHNE KONSERVIERUNGSMITTEL ist eine werbliche Anpreisung der beanspruchten Waren ohne Unterscheidungskraft und wird daher von den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht gleichzeitig auch als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft wahrgenommen.
3. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.