34R95/15p – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen des Widerspruchs gegen die Marke AT 276.230 über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Rechtsabteilung des Patentamts vom 26.2.2015, WM 61/2014 4,5, in nicht öffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000,--.
Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.
Text
Begründung
Die Antragstellerin widersprach der Wortbildmarke (angegriffene Marke) AT 276.230 mit dem Anmeldedatum 19.8.2013:
deren Eintragung die Antragsgegnerin beantragt hatte und die in den folgenden Waren- und Dienstleistungsklassen eingetragen ist:
25 Oberbekleidungsstücke;
40 Anfertigung von Bekleidungsstücken;
42 Dienstleistungen eines Modedesigners.
Die Antragstellerin berief sich dabei auf die älteren internationalen Marken und zwar
a) die Wortmarke IR 1.061.834 mit dem Registerdatum 4.11.2010:
THE FAIR SPIRIT ,
die in folgenden Warenklassen mit diesem Schutzumfang eingetragen ist:
18 Leather and imitations of leather, and goods made of these materials and not included in other classes; handbags; saddlebags; bags with handles; shoulder bags; bags worn about the waist (belt bags); bags for the wrist; pouches; evening bags; backpacks; shopping bags; carrying bags; wheeled shopping bags; garment bags for travel; travelling sets (leatherware); vanity cases, not fitted; suit bags; travelling bags; beach bags; gym bags; bags for sports; bags for climbers; bags for campers; school bags; bags and cases for computers; school bags; briefcases; wallets; credit card holders; purses; trunks and travelling bags; umbrellas; parasols; leather leashes; whips;
24 Fabric; bed and table covers; upholstery fabrics, curtains of textile or plastic; wall hangings of textile; household linen; bath linen (except clothing), bath towels, face towels and gloves; bed linen, blankets, sheets, pillowcases, eiderdowns and comforters (duvet coverlets), lap-robes; table linen, tablecloths, sets and napkins for the table (not made of paper); labels of cloth; flags, not of paper;
25 Clothing, namely jeans, dresses, skirts, suits, jackets, slacks, shorts, Bermuda shorts, dungarees, coveralls, shirts, blouses, tee-shirts, sweat shirts, sleeveless pullovers, pullovers; knitwear, gloves, mittens, knitted pullovers, knitted skirts, knitted dresses; vests, overgarments, coats, parkas, raincoats, petticoats, overcoats, wind-resistant jackets, capes, ponchos, swimsuits, underwear, stockings, tights, socks, boxer-shorts, leggings, smock tops, nightdresses, nightshirts, housecoats, dressing gowns, lingerie, layettes, pajamas, belts, neckties, gloves, stoles, shawls, sashes; hats, knitted caps, caps, berets, sunhats, visors, straw hats, hoods; footwear, flip-flops, pumps [footwear], esparto shoes or sandals, sandals, mules, slippers, slippers, half-boots, boots, moccasins, tennis shoes; scarves; sleep masks;
b) die Wortbildmarke IR 713.545 mit dem Registerdatum 19.5.1999 , die in folgender Warenklasse mit diesem Schutzumfang eingetragen ist:
25 Clothing.
Die angegriffene Marke sei zur Verwechslung mit den Widerspruchsmarken geeignet. Hinsichtlich der Klasse 25 bestehe nämlich Warenidentität, die Dienstleistungen der Klassen 40 und 42 seien eng mit den Waren der Klasse 25 verbunden und daher sehr ähnlich. Durch die unterschiedliche Gestaltung der Wortbestandteile nehme der Verbraucher die Bestandteile „SOL“ und „SPIRIT OF LIFE“ als zwei unabhängige Bestandteile wahr. Dabei sei der erste Bestandteil nahezu identisch mit der Widerspruchsmarke SOL'S und der zweite Bestandteil stimme in seinem Wort „SPIRIT“ wiederum mit der Widerspruchsmarke THE FAIR SPIRIT überein. Die Gesamtabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände ergebe Verwechslungsgefahr.
Die Antragsgegnerin bestritt das Vorliegen von Verwechslungsgefahr und argumentierte, beide Widerspruchsmarken seien Wortmarken. Die angegriffene Marke werde durch den Bildbestandteil dominiert. Sie agiere außerdem nur in einem kleinen geografischen Gebiet, während die Widerspruchsmarken weltweit, unter anderem über einen Onlineshop, verwendet würden.
Das Patentamt wies mit dem angefochtenen Beschluss den Widerspruch ab. Es bejahte die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, verneinte jedoch die bildliche, klangliche und begriffliche Ähnlichkeit und davon ausgehend das Bestehen von Verwechslungsgefahr.
Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass dem Widerspruch stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerin erstattete keine Rekursbeantwortung.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1. Im Widerspruchsverfahren ist in erster Linie auf den Registerstand abzustellen, also abstrakt zu prüfen (RIS-Justiz RS0066553, T13; RW0000786; RW0000810). Daher sind die gegenüberstehenden Marken laut Registrierung zu vergleichen. Auch hinsichtlich der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit sind ausschließlich die entsprechenden Registereintragungen maßgeblich und nicht, für welche Waren und Dienstleistungen oder in welchen Vertriebskanälen die Marken tatsächlich verwendet werden ( Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz2 § 30 Rz 5 f mwN).
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehören – ausgehend vom Registerstand – insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen (vgl C 39/97 – Cannon/Canon , Rz 23; Koppensteiner, Markenrecht 4 117 mwN bei FN 108).
1.2. Für den Begriff der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr gilt ein gemeinschaftsweit einheitlicher Maßstab, den der EuGH in mehreren Entscheidungen konkretisiert hat (zB C 191/11 P – Yorma’s, Rz 43; EuG T 599/10 – Eurocool, Rz 97); dem folgt auch die ständige österreichische Rechtsprechung. Danach ist die Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (ÖBl 2001, 159 – T One mwN; ÖBl 2003, 182 – Kleiner Feigling ua; RIS Justiz RS0121500, insb T4; RS0121482; RS0117324; 4 Ob 238/04k; 4 Ob 154/06k; 17 Ob 1/08h; 17 Ob 32/08t; 4 Ob 7/12a; 4 Ob 139/13i; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 51 ff mwN).
1.3. Eine umfassende Beurteilung bedeutet, dass auf die Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere auf die Ähnlichkeit der Marken, auf ihre Kennzeichnungskraft und auf die Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren oder Dienstleistungen Bedacht zu nehmen ist (RIS-Justiz RS0121482).
So kann ein geringer Grad der Gleichartigkeit der erfassten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (C 39/97 – Cannon/Canon; ecolex 2002, 444). Folge dieser Wechselwirkung ist, dass bei Waren- oder Dienstleistungsidentität ein wesentlich deutlicherer Abstand der Zeichen selbst erforderlich ist, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen, als bei einem größeren Waren- oder Dienstleistungsabstand (RIS Justiz RS0116294; 4 Ob 36/04d – FIRN; 17 Ob 36/08f – KOBRA/cobra-couture.at; Koppensteiner, Markenrecht 4 111 mwN).
1.4. Die Verwechslungsgefahr ist nach dem Gesamteindruck auf die durchschnittlich informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Angehörigen der maßgeblichen Verkehrskreise der betreffenden Waren oder Dienstleistungen zu prüfen (C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21; RIS Justiz RS0117324; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz 2 § 10 Rz 94 mwN; Koppensteiner, Markenrecht 4 111). Maßgeblich ist der Gesamteindruck, den ein nicht ganz unbeträchtlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise bei flüchtiger Wahrnehmung empfängt (ÖBl 1979, 45 – Texhages/Texmoden ; ÖBl 1991, 93 – quattro/Quadra ; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More; RIS Justiz RS0078944; C 342/97 – Lloyd , Rz 26).
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist zudem eine Rechtsfrage und daher grundsätzlich keinem Beweisverfahren zugänglich (ÖBl 1994, 227 – Ritter/Knight; RIS Justiz RW0000786).
1.5. Verwechslungsgefahr ist in der Regel schon dann anzunehmen, wenn eine Übereinstimmung in einem der Kriterien Bild, Klang oder Bedeutung besteht (4 Ob 330/97a – GO ; 4 Ob 55/04y = RIS Justiz RS0079190, T22, RS0108039, RS0117324, RS0079571; 4 Ob 57/14g – Ionit/Isonit). Entscheidend ist dabei der Gesamteindruck, den Marke und Zeichen hervorrufen. Dabei sind die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen (4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels; RIS Justiz RS0117324). Zu berücksichtigen ist weiters der Umstand, dass der Durchschnittsverbraucher eine Marke normalerweise als Ganzes wahrnimmt und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (stRsp ua ÖBl 1993, 156 – Loctite mwN; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara ; ÖBl 1999, 82 – AMC/ATC ; EuGH Slg 1997, I 6191 = ÖBl 1998, 106 – Sabel/Puma , Rz 23; 4 Ob 139/02y – Summer Splash ; ecolex 2003, 608 – More ; RIS-Justiz RS0117324; RS0066753; C 120/04 – Thomson life, Rz 28; C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21) . Dem Durchschnittsverbraucher bietet sich nur selten die Möglichkeit, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern er muss sich auf das unvollkommene Bild verlassen, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (C 342/97 – Lloyd, Rz 26; C 291/00, Slg 2003, I 2799 – LTJ Diffusion, Rz 52; C 104/01 – Orange , Rz 64).
1.6. Bei ausschließlich aus Worten bestehenden Zeichen ist für die Ähnlichkeitsprüfung auf Wortklang, -bild und -sinn Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0117324, RS0066753, insb, T9; C 251/95 – Sabel/Puma; C 206/04 – Muelhens). Für das Bejahen von Verwechslungsgefahr muss eine Übereinstimmung in einem der drei genannten Kriterien bestehen (RIS-Justiz RS0079571, RS0079190, T22; Om 4/02 – Kathreiner). Auch hier sind der Gesamteindruck und die Wirkung auf einen Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren oder Dienstleistungen maßgebend (RIS-Justiz RS0117324; 4 Ob 124/06y – Hotel Harmonie/Harmony Hotels). Schutzunfähige oder schwache Bestandteile, die den streitverfangenen Zeichen gemeinsam sind, tragen im Regelfall nur wenig zum jeweiligen Gesamteindruck bei, sodass schon geringe Abweichungen in den übrigen Bestandteilen ausreichen können, um die Verwechslungsgefahr auszuschließen (4 Ob 334/74 = SZ 47/103 – Pregnex/Pregtest; RIS-Justiz RS0066749, RS0066753; 17 Ob 18/11p – Junkerschinken).
1.7. Ob fremdsprachige Begriffe unterscheidungskräftig sind, hängt davon ab, ob sie im Prioritätszeitpunkt im Inland so weit bekannt waren, dass der inländische Verkehr einen die Kennzeichnungsfunktion ausschließenden Sinngehalt erkennen konnte (4 Ob 7/05s – car care; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 17 Ob 21/07y – Anti-Aging-Küche; 4 Ob 11/14t – EXPRESSGLASS). Das kann selbst dann zutreffen, wenn die Bezeichnung in der Fremdsprache selbst nicht gebräuchlich ist (4 Ob 277/04w – Powerfood; 4 Ob 28/06f – Firekiller; 4 Ob 38/06a – Shopping City).
1.8. In klanglicher Hinsicht haben Endungen im Allgemeinen einen erheblichen Auffälligkeitswert (ÖBl 1976, 164 – Palmers/Falmers mwN; 4 Ob 29/98b – GARANTA ; 4 Ob 225/03x – luminos/LUMINA ; RIS-Justiz RS0079438).
1.9. Bei einem aus Wort und Bild zusammengesetzten Zeichen ist in der Regel der Wortbestandteil für den Gesamteindruck maßgebend, weil der Geschäftsverkehr sich meist an diesem Kennwort – sofern es unterscheidungskräftig ist – zu orientieren pflegt und vor allem dieses Wort im Gedächtnis behalten wird (RIS-Justiz RS0066779; Koppensteiner, Markenrecht 4 116). Das Recht an einer Wortbildmarke wird daher regelmäßig auch durch solche Zeichen verletzt, die nur den unterscheidungskräftigen Wortbestandteil in einer zur Herbeiführung von Verwechslungen geeigneten Weise wiedergeben (ÖBl 1988, 154 – Preishammer; ÖBl 1996, 279 – Bacardi/Baccara; 4 Ob 119/02g; 4 Ob 10/03d – More).
1.10. Wird eine Marke vollständig in ein Zeichen aufgenommen, so ist regelmäßig – und zwar auch dann, wenn noch andere Bestandteile vorhanden sind – Ähnlichkeit und damit bei Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit auch Verwechslungsgefahr anzunehmen (4 Ob 138/03b – gotv; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax; RIS-Justiz RS0079033). Bei der Übernahme eines schwachen Zeichens besteht Verwechslungsgefahr, wenn das übernommene Zeichen innerhalb des übernehmenden Zeichens keine untergeordnete Rolle spielt und nicht gegenüber den Bestandteilen, die den Gesamteindruck des übernehmenden Zeichens prägen, gänzlich in den Hintergrund tritt (Om 15/01 = PBl 2002, 135 – Jack Jones; 17 Ob 1/08h – Feeling/Feel; 17 Ob 32/08t – Jukebox; RIS-Justiz RS0079033, T20; RIS-Justiz RS0079033, insb T26).
Auch nach der Judikatur des EuGH (vgl C 120/04 – Thomson life) kann – übereinstimmend mit der vorgenannten, jüngeren Rechtsprechung – bei identischen Waren oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen, wenn das strittige Zeichen durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke gebildet wird und die ältere Marke im zusammengesetzten Zeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält (vgl 7 Ob 32/08t – Jukebox ; Om 12/10 PBl 2011, 67 – PeakZero; jüngst 4 Ob 181/14t – Peter Max/Spannmax).
1.11. Für die Beurteilung der Ähnlichkeit einer zusammengesetzten Marke kann es nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen Bestandteile zu vernachlässigen sind (C 193/06 P – Quick/Quicky).
2. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, so ist die Verwechslungsgefahr zu verneinen.
3.1. Die Antragstellerin kritisiert die Beurteilung der Rechtsabteilung zur Warenähnlichkeit und meint, zwischen den Waren der Klasse 25 bestehe Identität.
3.2. Faktoren bei der Prüfung der Warenähnlichkeit sind insbesondere die Art, der Verwendungszweck, die Nutzung und die Eigenart der miteinander konkurrierenden oder einander ergänzenden Waren oder Dienstleistungen (C 39/97 – Cannon/Canon, Rz 23). Waren sind daher dann gleichartig oder ähnlich, wenn sie nach der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise, also der Abnehmer der betreffenden Waren, gegebenenfalls auch der den Absatz vermittelnden Händlerkreise, in einem solchen Zusammenhang stehen, dass durch den Gebrauch des Zeichens die Annahme hervorgerufen werden könnte, dass sie aus demselben oder aus wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn nach den im betreffenden Geschäftszweig herrschenden Verhältnissen die Vereinigung der Erzeugung oder des Vertriebs in einem Unternehmen naheliegt, die Waren eine verwandte Zweckbestimmung haben und der Abnehmerkreis weitgehend derselbe ist (Om 2/84 = PBl 1984, 204 mwN; Om 3/13 – Arccos/Archos). Als relevante Faktoren kommen auch die Gemeinsamkeit der Waren nach ihrer stofflichen Beschaffenheit, ihrem Verwendungszweck, ihrer Vertriebsstätte und Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren in Betracht (4 Ob 18/02d opus one; 17 Ob 36/08f – KOBRA/cobra-couture.at). Bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist kein strenger Maßstab anzulegen; im Zweifel ist die Ähnlichkeit zu bejahen (Om 9/87 = ÖBl 1989, 99 = PBl 1989, 145 – Sefra/Setta; Om 10/11 – ISS/iss; krit Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 10 Rz 104).
Die im Nizzaer Abkommen festgelegte Klassifikation der Waren und Dienstleistungen dient ausschließlich Verwaltungszwecken. Es ist daher nicht entscheidend, ob die Waren und Dienstleistungen jeweils in derselben Klasse aufscheinen (Om 3/09 – Arccos/Archos; OLG Wien 34 R 9/15s – Gaga/Lady Gaga; Schumacher in Kucsko/Schumacher, marken.schutz² § 10 Rz 107).
3.3. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Beurteilung der Rechtsabteilung, wonach nur Ähnlichkeit besteht, prinzipiell nicht zu beanstanden, weil schon begrifflich ein Unterschied zwischen „Oberbekleidung“ und „clothing“ (also Bekleidungsstücken) besteht, weil der Schutzumfang des ersten Begriffs als Unterbegriff des zweiten weniger weit reicht als dieser. Daher überzeugt auch die Argumentation im Rekurs nicht, es sei von vollständiger Identität auszugehen. Die evidente begriffliche und tatsächliche Nähe führt allerdings dazu, dass hinsichtlich der Warenklasse 25 hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Schutzumfängen gegeben ist.
3.4. Der Beurteilung der Ähnlichkeit der Dienstleistungen der Klassen 40 und 42 der angegriffenen Marke zu den Waren der Klasse 25 der Widerspruchszeichen durch die Rechtsabteilung stimmt die Antragstellerin ohnehin zu. Da auch das Rekursgericht diese Argumentation für zutreffend erachtet, kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden (§ 139 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG und § 60 Abs 2 AußStrG).
4. Die Waren und Dienstleistungen sind solche des täglichen Bedarfs und an die Allgemeinheit gerichtet, dennoch ist der Grad der Aufmerksamkeit des Konsumenten bei ihrer Inanspruchnahme nicht gering. Der Durchschnittskunde, der die ähnlichen Bezeichnungen so gut wie niemals gleichzeitig nebeneinander sieht, sondern immer nur den Eindruck des später wahrgenommenen Zeichens mit einem mehr oder weniger blassen Erinnerungsbild des anderen Zeichens vergleichen kann (oben Punkt 1.5.), wird dennoch fast immer nur einzelne charakteristische und daher auffällige Bestandteile im Gedächtnis behalten (ähnlich RIS-Justiz RS0117324, insb T1 und T5).
5. Im (Wort ) Bild finden sich im angegriffenen Zeichen der Bestandteil SPIRIT der Marke IR 1.061.834 und das Wort SOL der Marke IR 713.545 wieder. Keines dieser beiden Zeichen wird jedoch vollständig in die Marke der Antragsgegnerin aufgenommen, weil die Marke IR 1.061.834 SOL’S lautet.
Die Erstwiderspruchsmarke besteht aus 13 und die Zweitwiderspruchsmarke aus vier Buchstaben, hingegen setzt sich das angefochtene Zeichen aus fünfzehn Buchstaben zusammen.
Während die Erstwiderspruchsmarke zudem eine reine Wortmarke ist, genießt die Zweitwiderspruchsmarke Schutz als Wortbildzeichen. Allerdings ist die grafische Gestaltung durch in Schwarz gehaltene Großbuchstaben auf weißem Grund nicht einprägsam und daher für den Ähnlichkeitsvergleich vernachlässigbar.
Die demgegenüber in Dunkelgrau/Weiß/Gelb gehaltene, kreisförmige angegriffene Marke besteht als echtes Wortbildzeichen aus einem normalen Schriftzug in Großbuchstaben, der eine symbolisierte, in Gelb gehaltene, von einem dunkelgrauen Ring umfasste Sonne umrahmt. Diese Sonne ist zwar nicht besonders originell gestaltet und damit für sich allein nur wenig kennzeichnungskräftig, sie greift aber auf den ersten Blick erkennbar das Thema „Sonne“ grafisch auf, weil parallel dazu auch die drei gesperrt gesetzten Buchstaben des Worts SOL im selben Gelbton gehalten sind.
Auch wenn daher die Marke SOL SPIRIT OF LIFE jeweils in einem - unterschiedlichen - Wort ident mit den Widerspruchszeichen ist, so resultieren signifikante visuelle Unterschiede daraus, dass sich die angegriffene Marke als Wortverbindung aus drei Nomen, die Widerspruchsmarken hingegen aus drei bzw einem Nomen zusammensetzen und nur die Marke der Antragsgegnerin einen über den Wortteil hinausgehenden signifikant auffälligen Bildteil aufweist. Eine verwechselbare Ähnlichkeit in optischer Hinsicht ist daher trotz der jeweils nur teilweise bestehenden Übereinstimmung zu verneinen.
6. Bei der klang lichen Beurteilung muss auf die Wahrnehmung des durchschnittlichen Konsumenten und auf das bei ihm eingeprägte Erinnerungsbild der Silben abgestellt werden. Phonetisch besteht bereits in allen drei Fällen eine bloß teilweise Übereinstimmung in der Sprechweise. Im angegriffenen Zeichen findet sich der Bestandteil SPIRIT und das Wort SOL wieder. Markante Unterschiede bestehen in der Länge: Die Marke der Antragsgegnerin besteht aus vier Worten, die Widerspruchszeichen setzen sich hingegen aus einem bzw aus drei Worten zusammen. Diese größere Länge der angegriffenen Marke und die sich von den Zeichen der Antragstellerin deutlich unterscheidende Kombination dieser beiden genannten Begriffe prägen das angefochtene Zeichen stark mit und erzeugen so einen deutlich anderen Wortklang (s dazu etwa Ingerl/Rohnke, MarkenG 3 § 14 Rz 885). Die bestehende, ohnehin nur teilweise klangliche Ähnlichkeit wird dadurch neutralisiert.
7. Bei der Wortbedeutung zeigen sich ebenfalls Unterschiede. Die Antragstellerin argumentiert dabei einerseits mit der aus ihrer Sicht vollständigen Übernahme von SOL’S und der teilweise Übernahme von SPIRIT in das angegriffene Zeichen.
Anders als die Rechtsabteilung und die Antragstellerin ist das Rekursgericht der Ansicht, dass „SOL“ in der Marke der Antragsgegnerin von den angesprochenen Durchschnittsverbrauchern durch einen kombinatorischen Rückschluss von der symbolisierten Sonne und dem auch im Deutschen existierenden Wortstamm „solar“ als „Sonne“ erfasst wird (und nicht bloß als Aneinanderreihung von unzusammenhängenden Einzelbuchstaben). Das Zeichen SOL SPIRIT OF LIFE wird daher am ehesten als „Sonne [–] Geist des Lebens“ verstanden.
Bei der Widerspruchsmarke IR 1.061.834 THE FAIR SPIRIT liegt ein Verständnis „der gerechte/faire Geist“ am nächsten, wie das Patentamt zutreffend darlegt.
Die Widerspruchsmarke IR 713.545 hingegen wird in Ermangelung ausreichender Spanisch- und/oder Portugiesischkenntnisse von den angesprochenen Verkehrskreisen als Phantasiewort mit keinem sofort fassbaren Sinngehalt aufgefasst, weil für den Ähnlichkeitsvergleich darauf abzustellen ist, dass die Marken nicht nebeneinander, sondern nur anhand des mehr oder minder blassen Erinnerungsbilds auf ihre Verwechselbarkeit zu prüfen sind (siehe oben Punkt 1.5.). Dass SOL daher in beiden Sprachen „Sonne“ bedeutet, ist für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr ebenso bedeutungslos wie der Umstand, dass der Apostroph und das folgende „S“ auf eine Genitivform hindeuten.
Das Eingriffszeichen erzeugt somit angesichts seines eigenständigen und zugleich zu den Widerspruchsmarken nicht ähnlichen Bedeutungsgehalts weder Assoziationen zur Gerechtigkeit noch zum Fantasiebgriff SOL. Es liegt daher auch begrifflich keine Übereinstimmung vor.
8. Entscheidend ist somit im Rahmen der Gesamtbetrachtung (RIS-Justiz RS0117324; RS0121482; RS0121500), ob Zeichenähnlichkeit besteht, was bereits für Klang und Sinn, nicht aber für das Bild verneint wurde, zumal dem Ähnlichkeitsvergleich keine isolierte Betrachtung der Bestandteile zugrunde zu legen ist (RIS-Justiz RS0066753; zuletzt 4 Ob 211/14d ua – McTirol; C 591/12 P – Doghnuts/Bimbo Doughnuts, Rz 21 ff). Der teilweise übereinstimmende visuelle Inhalt wird im relevanten Gesamteindruck durch die begrifflichen und phonetischen Unterschiede bei weitem neutralisiert (RIS-Justiz RS0079137, insb T3; RS0079571, T17, T20): Der deutlich verschiedene Begriffsinhalt und die dominanten klanglichen Unterschiede drängen die ohnehin nur im Wortbild bestehende optische und für beide Widerspruchsmarken getrennt voneinander zu beurteilende Ähnlichkeit in den Hintergrund (RIS-Justiz RS0079571, T29; zur Maßgeblichkeit des abweichenden Begriffsinhalts zuletzt 4 Ob 228/14d – Arktis/Artist). Auf dieser Grundlage besteht trotz dieser teilweisen Ähnlichkeit und trotz der teils hochgradigen Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen bei der im Widerspruchsverfahren gebotenen abstrakten Betrachtung ein ausreichender Abstand zwischen dem Eingriffszeichen und den Marken der Antragstellerin und damit keine Verwechslungsgefahr (vgl oben Punkt 1.3.).
9. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist (RIS-Justiz RS0111880), ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.
In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000,-- übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung des Markenschutzes im Wirtschaftsleben gegeben.
10. Ein Kostenersatz findet im Widerspruchsverfahren nach § 29b Abs 7 MSchG und § 139 Z 7 PatG iVm § 37 Abs 3 MSchG nicht statt.